Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae: Lignitz

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Topographia Germaniae
Lignitz (heute: Legnica)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1650, S. 158–159.
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[158]
Lignitz.

Dieses ist eine vornehme Stadt in Schlesien / und das Haupt im Fürstenthum dieses Namens / den Hertzogen von Lignitz und Brig gehörig. Es werden in deß D. Schickfusii Chronik in dieses Fürstenthum gesetzt / die Städte und Städtlein / Goldberg / Lüben / Hain / Wolau / Steinau / Wintzig / Rauden / Parchwitz / Herrnstat / Wallstatt und Niclasstat / oder Nicolstadt / und die Vestung Spitzberg. Herr Johann Heinrich Hagelganß läst die Städte / Wolau / Steinau / Wintzig / Rauden und Herrnstat / auß / und macht (ausser Wintzig) darauß ein eigenes / nemlich das Wolauische Fürstenthum; thut aber hergegen zum Lignitzischen / Kleinkutzen / Kunitz und Koschwitz / deren 2. letztere jede an einem See / so unter der Erden zusammen gehen / gelegen seyen. Siehe unten Wolau; und von den hochgedachten Hertzogen dieses Fürstenthums oben Brig / und im Eingang dieser Beschreibung Schlesien. So viel aber die vorhabende Stadt Lignitz betrifft / so hält man darfür / daß sie von den Lygiis, einem Teutschen Volck / den Namen bekommen. Ums Jahr Christi 1170. ist sie vom Hertzog Boleslao, dem Langen / Geraden und Starcken / zugenant / (von deme diese Hertzogen zur Lignitz / etc. herstammen) erweitert / bevestiget / und erst zu einer rechten Stadt gemacht worden. Hertzog Friederich der Ander von Lignitz / (so der erste auß den Fürsten in Schlesien gewesen / der Anno 1523. die Evangelische Religion angenommen) hat im Jahr 1532. sie / zusampt dem Schloß / an Gebäuen / Mauren und Wällen / also starck und zierlich verwahret / daß sie / nechst Breßlau / für eine Landes Vestung billich zu achten. Ist ziemlich groß / und liget im Mitten deß Landes Nider-Schlesien / auff einem ebenen / schönen und flachen Felde. Hat herrlichen köstlichen Boden / und gute Lufft / neben welcher die Katzbach hinrinnet. Es ist Stadt und Schloß / zumal mit 2. Wassergräben / (so tieff / weit und voll Wassers seyn) außwendig umfangen; aber inwendig gegen der Stadt ist das Schloß und Fürstliche Residentz / mit einem sondern Graben und Brücke / unterschieden. Der Wall / an dem äussern Stadtgraben / ist von gebackenen Steinen auff Pfäl / oder einem Rost / ungefehr auff acht Schuh hoch von Grund auffgemauert / hernachmals mit Erden darauff gebauet / und rings herum mit grossen Runtelen / so einander wol erreichen können / und ungefehr 4. zum theil 5. und mehr hundert Schuh von einander gelegen / so gleicher Gestalt / wie an den geraden Mauren / anfangs mit Steinen / hernach mit Erden darauff / ums Jahr 1604. und folgenden / vor dem jetzigen Teutschen Krieg / gebauet gewesen; so aber seithero auff die neue Manir / so viel man Nachrichtung hat / mehrers fortificirt worden ist. Man hat allbereit vordiesem / und noch bey Friedens Zeiten / wegen der Fürstlichen Hofhaltung / gute Wacht allda unter den Thoren gehalten. Man sagt / daß bey der Lignitz die breiteste Brück in gantz Teutschland seye / nemlich auff der Breßlauischen Strassen / dieweil da der grosse See zu Cunitz oder Künitz / unter der Erden / in den Koischwitzer / oder Koschwitzer See / gehe / und sie also beyderseits zusammen fliessen. Die Vorstädte zu Lignitz seyn / vor dem jetzigen Krieg / auch groß und volckreich / gewesen. Sie / die Stadt / führet 2. weise überschränckte Schlüssel im blauen Felde. Hat in Ehesachen ein vornehmes Consistorium, allda man auch die Prediger / so der Augspurgischen Confession seyn / ordiniren thut.

[T34 & 35]

[159] Dann der Hertzog derselben zugethan ist / und deß Religions-Friedens im Römischen Reich zu geniessen hat; der aber benebens auch die Römisch-Catholische allhie nicht vertreiben darff; wie es dann bey dieser Stadt noch eine derselben Religion Aebbtissin / und Closter / wie vordiesem / also noch / wie auch einen Breßlauischen Bischoffs-Hof hat. Die Kirch zu S. Peter und Paul ist ein schönes hohes Gebäu / wie auch die zu Unser Frauen. Die Kirch zu S. Johann ist Anno 1347. gestifftet. Im Dominicaner-Closter liget Hertzog Boleslaus Calvus. Es hat ingleichem eine wolgebaute Schul / und Häuser für die Armen allhier. In dem schönen vesten Schloß / haben die Hertzogen vor diesem / allwegen ein wolgerüstetes Zeughauß / auch dabey einen herrlichen Garten / gehabt. Es hat ingleichem in der Stadt ein feines Rathhauß / und einen grossen Marckt / schöne steinerne Häuser / und eine Druckerey. So machet man allhie gutes weisses Bier. Und wird im Lignitzischen ein weisse Erde gefunden / welche in der Artzney zu gebrauchen: die Strignitzische ist hergegen röthlicht. Unter den Geschichten dieser Stadt seynd folgende zu mercken. 1. Daß Anno 1241. die unglückhaffte Schlacht mit den Tartarn / bey solcher gehalten worden / und haben die Burger / nachdem ihr Hertzog Henricus Pius, ein Sohn Hertzogs Henrici Barbati, und der heiligen Hedwig / (so damals noch lebte) in der Schlacht blieben / die Stadt selbsten verbrant / und sich auß dem Schloß gewehret / auch dasselbe erhalten. Anno 1411. den 17. Brachmonats / kam in einem Brauhause / Feuer auß / und legte die Stadt in Brand. Anno 1453. ist die Stadt wieder abgebronnen / und giengen in solcher Brunst / in den Gefängnüssen auch sehr viel Juden mit auff / und wurden ihre Güter eingezogen. Das folgende 1454. Jahr / ward der Rath allhie in einem Aufflauff erschlagen. Anno 1569. und 1608. hat Lignitz / grossen Schaden vom Wasser erlitten. Anno 1609. seyn 370. Wohnhäuser allhie abgebronnen. Anno 1632. im Heumonat / brachten die Schwed-Chur-Sächsisch- und Chur-Brandenburgische ihre Besatzung in Lignitz / deßwegen der Hertzog am Käiserlichen Hof in Ungnad kam. Es ist aber / noch in diesem Jahr / nach dem Treffen bey der Steinau / diese Stadt in Käiserliche Gewalt kommen; und hat hernach / biß auffs Jahr 38. Käiserliche Besatzung gehabt; wiewol der Hertzog / nach dem Pragerischen Friedens-Schluß restituirt worden ist; dazumal aber / im besagten 38. Jahr / ward / auff Vorbitt deß Königs in Polen / die gedachte Besatzung auß dieser Stadt / wie auch auß Brig genommen. Anno 1634. den 3. May / sind / nahend dieser Stadt / die Käiserlichen / unter dem Grafen Hieronymo von Colloredo, von den Chur-Sächsischen hart geschlagen worden / daß sie / wie in der Franckfurter Herbst-Relation dieses 34. Jahrs / am 45. Blat stehet / mit Verlust 4000. Mann / und Hinterlassung 1400. Gefangenen / 36. Fähnlein / 27. Cornet / 9. Stück Geschützes / und aller Munition / sich in Lignitz begeben müssen. Anno 1642. den 18. 28. May / grüssete der Schwedische Feld-Marschall Torstensohn diese Vestung mit etwas Geschütz / lag aber nicht lang darvor / sondern brach den 20. 30. diß / schon wieder auff / und daher mag es kommen seyn / daß hernach wieder eine Käiserliche Besatzung hieher / und nach Brig / gelegt worden / so noch daselbsten ist.