Zum Inhalt springen

Topographia Braunschweig Lüneburg: Dannenberg Schloß vnd Statt / sampt dem Hause Gümbse

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Dannenberg Schloß vnd Statt / sampt dem Hause Gümbse (heute: Dannenberg)
<<<Vorheriger
Coppenbrügge
Nächster>>>
Gumbse
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 71–73.
[[| in Wikisource]]
Dannenberg (Elbe) in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[T24]
[71]
Dannenberg Schloß vnd Statt / sampt dem Hause Gümbse.

Das Fürstl. Lüneburgische Schloß Dannenberg / hat vor Zeiten den Grafen von Dannenberg zugehöret / vnd soll der letzte Grafe Nicolaus, wie Meibomius in seiner Chronica setzet / Anno 1303. Hertzog Otten zu Braunschweig vnd Lüneburg / das Schloß / sampt der Statt vnd Herrschafft / für 40. Marck Lüneburgischer Wehrung jährlicher Pension übergelassen haben. Als aber nach der Zeit diese Herrschafft hinwiederumb in andere Hände kommen / vnd sich die Possessores deß Schlosses der Rauberey gebrauchet / so haben die vmbligende Benachbarten / insonderheit die Stätte Lübeck vnd Hamburg / sich darüber bey Carolo IV. dem domahligen Römischen Keyser / wie Er persönlich zu Lübeck gewesen / beschweret / der dann Hertzog Albrechten zu Sachsen vnd Lüneburg / imgleichen Hertzog Rudolphen zu Sachsen / die Execution über solche Rauber befohlen / So auch mit gewehrter Hand / Anno 1376. für das Schloß gerucket / dasselbe gestürmet / die Mauren eingerissen / wie dann die rudera davon noch heutiges Tages am Schloßwall zu sehen seyn. Ist also das Schloß / weil zu der Zeit an demselben Orte nur ein Bohldamb herdurch gegangen / vnd keine Statt / besondern nur etliche Fischerhäuser dabey [72] gestanden / sampt der gegend herumb / an das Hauß Braunschweig vnd Lüneburg / vnd hernacher Anno 1592. sampt andern Aemptern / an die Fürstliche Lüneburgische Dannenbergische Lini gekommen / wobey es auch biß auff diese Zeit geblieben.

Die Statt Dannenberg ist lange hernach erbawet / vnd von den Dannen / die das mahl vff einem kleinen Hügel / nicht weit vom Schlosse / da jetzt der Marcktplatz in der Statt ist / gestanden / seyn genennet worden.

Diese Statt hat vom Fewr vnd Brand grossen Schaden / zu vnterschiedlichen mahlen erlitten. Sonderlich ist Anno 1608. am 10. Octobris, ein Fewrsbrunst nahe am Schlosse / in eines Beckers Hause entstanden / die so starck vmb sich gefressen / daß in wenig Stunden / nebst dem Rahthause / 130. Wohnhäuser in die Asche geleget seyn; Ob nun zwar die Einwohnere durch solchen Brand sehr erschöpffet worden / haben sie doch ihre abgebrante Haußstätten hinwieder zu bawen angefangen / vnd innerhalb 16. Jahren / biß Anno 1624. den Riß so weit wieder ergäntzet / daß weniger wüste Stetten sich jetzo finden; Daferne auch der dreissig jährige Teutsche Krieg diesen Ort / wegen der Vestung Dömitz / so nicht weit davon gelegen / so hoch incommodiret hätte / würde diese Statt / wegen der allda gewesenen Fürstl. Hoffstatt / weitlich mit Häusern vermehret worden seyn / Sie ist sonsten in die länge gebawet / vnd mit feinen Wohnhäusern gezieret.

Die Burgere vnd Einwohnere dieser Statt ernehren sich theils von ihrem Handwerck / anders theils von ihrer BrawNahrung / vnd Kauffmanschafft / Insonderheit wird ein groß Gelt von dem groben Leinwand / das man Pechtling nennet / vnd von den Dörffern zu verkauffen hinein kompt / gemachet / dasselbe wird hernacher zu Schiffe nacher Hamburg / vnd von dannen weiter in Engelland / Norwegen / vnd Island geführet / vnd daselbst in grosser menge verbrauchet.

Der Jetzel-Strom / so auß der Alten Marcke kompt / vnd oberhalb der Statt sich in drey Flüsse theilet / treibet ein Fluß die Mühlen / vff den übrigen zweyen Flüssen gehen die Schiffe nacher Hamburg vff vnd nieder.

Im übrigen liget diese Statt fein lustig / weil sie mit schönen Wiesen vnd Acker gantz herumb vmbgeben ist / zu deme fleusset der Strom zwischen den Wiesen allenthalben hindurch / vnd gebrauchen sich die Burgere daselbst kleiner Schiffe oder Kähne / wormit sie hin vnd wieder zu ihren Gärten / Wiesen / vnd benachbarten Stätten / sonder grosse Bemühung gelangen können. Noch liget ein schönes lustiges Gehöltze / der Wärder genant / gar nahe an dieser Statt / gehöret der Burgerschafft zu / worin nebst gutem Eichholtze zu brauen / auch gesunde Weide für das Vieh / vnd ander Gebüsche / so die Leute daselbst zu Zäunen gebrauchen / zu finden ist.

Das Fürstl. Schloß / so fast in der mitte dieser Statt liget / ist mit einem hohen / runden / vnd von gebranten Steinen dick vffgeführten Thurn / auch andern Gebäuden vnd Zimmern wol versehen / gestalt dann über 80. Jahr eine Fürstl. Residentz daselbst gewesen.

Den Schloßplatz hat Hertzog Augustus zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. verweitern / die verfallene Gemächer repariren / auch eine grosse Windelstiege / einem Thurne gleich / gantz von newem darauff bawen lassen / auch sonsten noch andere mehr Gemächer zu verfertigen / weiter gnädigst befohlen / die also den Platz schliessen werden / daß er gantz viereckicht wird.

In der mitten dieses Platzes / wird jetzo ein newer Brunnen / zimblicher tieffe / mit grossen Costen verfertiget / damit man stets Wasser zum Platze haben möge.

In dem alten Thurn / so vff dem Platze stehet / soll vormahl der König auß Dennemarck / Christiernus, gefangen gehalten worden seyn / wie die Custodia, da er gesessen / noch heutiges Tages gezeiget wird.

Dieses Schloß hat auch einen forder Platz / so mit einem Wassergraben vnd Brücken von dem rechten Schlosse separiret ist / in diesem Platze befinden sich die Fürstl. Cantzley / Amptstube / Marrstall / Schmiede / vnd dergleichen Gebäwde.

[73] Zu diesem Schlosse gehören weiter das Ampt / so in vnterschiedliche Vorwercke / Meyereyen / Schäffereyen / Dorffschafften / Mühlen / vnd dergleichen abgetheilet ist / dazu hat es guten Acker / Viehezucht / Wiesen vnd Weiden / vnd erstrecket sich vorlängst den Elbstrom / in die zwey gute Meil weges lang. An der ander seiten stosset vnd grentzet es mit den Aemptern Luchow vnd Hitzacker.

Es ist auch dieses Ampt mit einem Gehöltze / die Lucie genant / versehen / dergleichen man nicht so leicht finden wird: Dann anfangs ist es ein fruchtbar Holtz / von guter Mastung / hernach dienet es zu allerhand grossen Gebäwden / In dem Gesümpff / so vmb diesen Wald her gehet / stehet es voller Weichholtz / Drittens ist gute gesunde Vieheweide darin / Viertens hat es ein gute Wildbahn / von allerhand grossem vnd kleinem Wildbrät / Fünfftens gute Pferde- vnd Viehezucht / Fischerey / Ackerbaw / vnd Hopffen; Imgleichen gibt es vorlangst dem Jetzelstrom / so an der einen seiten deß Gehöltzes beyher gehet / die schönste Wiesen / so sich von der Statt Dannenberg an / biß nacher Luchow erstrecket / daher es dann auch kompt / daß das Holtz oder Wald mit Dörffern vnd wolgebawten Häusern versehen ist.

Die Einwohnere an diesem Orte / wie auch fast durchs gantze Ampt / gebrauchen sich / nebst ihrem Ackerbaw / vnd habenden Viehezucht / noch anderer Handthierung vnd Kauffmanschafft / als eines theils seyn Viehe- vnd Pferdehändler / andere gute Zimmerleute / Sägere / Schiffknechte / die so wol in Hispanien / Indien / vnd dergleichen abgelegenen Orten / als sonsten vff dem Elbstrom / vnd dieser ends sich gebrauchen lassen.

Es findet sich ein Alaunsberg oberhalb Dömitz / recht am Elbstrom belegen / wovon der Alaun / wann derselbe gesotten ist / weit vnd breit abgeholet vnd verkauffet wird. Es sind auch viele Heidberge in diesem Ampte gelegen / von denen etzliche halten möchten / daß sie gar nichts nutzeten / Es halten aber die Einwohner dieses Ampts / wegen deß grossen Gewins / den sie ohne einige Mühe vnd Costen von dem Wachs vnd Honig / so die Bienen auß den kleinen Heidbäumichen herauß suchen / vnd zusammen tragen / davon sehr viel / daher eins theils Leute diß Gebürge / weil sie es ohne grosse Gefahr / Mühe vnd Arbeit geniessen können / vnd ihnen Reichthumb bringet / weit höher schätzen / als sonsten andere Fundgrubener ihre Silber- vnd Metallene Berge / die sie mit grossen Kosten / Gefahr / Mühe vnd Arbeit bebawen vnd handthieren müssen / aestimiren möchten.

Es befindet sich auch ein Saltzbrunn mitten in dem Walde der Lucien / bey einem Dorffe / Nahmens Grossenheide / darauß kochen die Leute ihre Speise / vnd weil die Saltzader mit dem wilden Wasser gar vmbgeben ist / daß sie nicht kan separiret werden / so verleuret diese Sultze dadurch in etwas ihre Kräffte / vnd muß hingegen mit anderm Lüneburger Saltze verstärcket werden.