Topographia Circuli Burgundici: Antorff

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Topographia Germaniae
Antorff (heute: Antwerpen)
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Arendonck
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 33–39.
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[33] Antorff / Dieser weitberühmten Brabantischen Statt / so / wie oben gemelt / das Haupt deß H. Reichs Marggraffschafft ist / und die von den Lateinern Antverpia, von den Niederländern Antwerpen / Handwerpen / den Frantzosen Anvers,, den Italianern Anversa, den Engelländern Anvverp, und den Hispaniern Enueres; wie J. Bapt. Gramaye fol. 1. Antiquitatuum Autverpiae berichtet / genant wird / Beschreibung / findet man beym gedachten Gramaye, Item beym Joh. Henr. Hagelgans p. 72. seqq. Petro Divaeo lib. 1. rer. Brabant. c. 7. Lud. Guicciard. in omnium Belgii, sive inferioris Germaniae Regionum descriptione, am 59. und folgenden / biß auffs 119. Blat; G. Braunen den 1. und 3. Theil seines Stättbuchs; J. Angel. à Werdenhagen part. 6. de Rebus-publ. Hanseaticis fol. 113. seqq. C. Ens in delic. apodem. per German. Pag. 128. Abrah. Goelnitzio in Ulysse Belgico-Gallico, vom 42. biß auff das 89. Blat; beym Johann Wilhelmen Neumeyern / im Fürstl. Sächs. Reißbuch / pag. 258. seqq. C. Scribonio in originib. Antverp. in dem Itinerario Germaniae fol. 431. seqq. und in desselben Continuation, fol. 235. seqq. und in andern Büchern mehr: Darauß uns folgendes hieher zu bringen beliebet hat. Und erstlich zwar / was den Nahmen anbelanget / so wird solcher vom an- oder zuwerffen hergeführt; dieweil die Inwohner eine Schütt an dem Wasser Schelde gemacht / damit solches nicht / wie vorhin / frey hat außlaufen können / und es also enger zu rinnen / und tieffer zu werden angefangen hat. Es ligt diese schöne / edle / mächtige und veste Statt / in einer lustigen / und weiten Ebne / am rechten Gestad der Schelde / und nach solchem Wasser zu rechnen / vom Meer / oder dem Oceano, ungefehr 15. Brabantische Meilen / deren eine ein Fußgeher zu Lande kaum in einer Stund verbringen kan. Es ist der gedachte Fluß so breit und tieff / daß auch die gröste Schiff gar vom Meer biß zum Port / und an die Statt kommen können. Und rechnet man seine Breite bey der Statt von mehr als 500. Antorffer Eln; die Tieffe aber von ungefehr 22. daher sich wol zu verwundern über die Brück / welche der Hertzog von Parma / als Er Antorff belagern wollen / bey dem Dorff Ordam / über diesen Fluß / der doch doch daselbst 2400. Schuh breit / und auffs wenigste 60. Schuch tieff ist / hat schlagen lassen; von welcher Meteranus im 12. Buch seiner Niederländischen Historien / und Strada decad. 2. lib. 6. zu lesen; und welche Federicus Jambellus, ein Italianer / zu nichten mit seinen Schiffen gemacht / daß darüber etliche Obristen / und auff die 800. Spanische / geblieben seyn; der von Parma aber solche Brück etlicher massen / die Feinde zu bekriegen / wieder gebawet hat. Es hat an solchem Fluß hinab schöne grosse gepflästerte Plätz / da man das Kauffgut auff- und abladen / und [34] ins truckne bringen kan. Zu Lande rechnet man von hinnen 8. Meilen gen Löven / 10. nach Gent / 18. gen Bruck / 8. auff Brüssel / 4. gen Mecheln / 29. nach Cöln / und 14. auff Hertzogenbusch. Und kan man zu Wasser auff der Schelde / und andern gemachten Canälen / auch dem Fluß Dilia, nach Gent / Tenermund / Mecheln und Brüssel kommen. Der Umbkreiß der Statt ist von 5. Welschen Meilen / weniger 301. Schritte; so aber das Schloß / oder Castell / darzu genommen wird / so ist der Umbkreiß mehr als von 6. Meilen. Der Durchschnitt nach der Länge / wann man von dem Slyckthor / oder Poort anfahet / biß zu der Schloßbrücken / ist von 1800. Schritten / oder 9000. Schuch; und nach der Breite von dem Jacober / oder Kypdorper Thor / biß zu dem Fischmarckts Thurn von 5100. Schuhen. In das gesagte oben an der Statt gelegenes Castell kan man durch Erlaubnuß zwar kommen / den Hoff / und Losamenter besichtigen; aber die rechte Bevestigung lässt man die Frembde nicht sehen. Es hat 3. Thor / und in seinem Umbkreiß ein wenig mehr / als ein Welsche Meil. Zu Eingang dessen stehet: Soli DEO gloria. Ist / auß deß Königs in Spanien Befelch / vom Hertzog Ferdinanden von Alba / Anno 1567. zu erbawen angefangen / und nicht gar in einem Jahr vollendet worden; und hat nicht mehr als 500000. Gulden (darauß theils Cronen machen) gestanden. Hat fünff Bollwercke / stattliche Zeug- und Provianthäuser; zusampt den Roßställen / und gewissen / auch sichern Wohnungen / für die Soldaten / deren auff die drey tausent gar füglich derinn wohnen können; die man auch auff dem grossen im mitten deß Schlosses gelegenen Hoff / trillen / oder abrichten kan. Und ist darzu allda ein feine / und künstlich erbawete / wiewol keine grosse Kirchen. Es ist zwar Anno 77. von den Antorffern / solches Castell / nach dem die Spanier / auff der Stände Begehren / das Niederland verlassen musten / gegen der Statt zu / sampt deß gedachten Hertzogs von Alba auffgerichten Bildnuß / niedergerissen / und zerbrochen; aber hernach / als die Statt wieder an Spanien Anno 1585. kam / mehrers bevestigt worden / daß man solches jetzt unter die fürnehmste Vestungen in Europa rechnen thut. Was die Stattmauren anbelangt / so seyn dieselben von gehawenen Steinen trefflich schön / starck und breit / und haben acht sehr starcke Bollwerck; davon Scribanius zu lesen. Es stehen auff den Wällen viel grosse Bäum / an etlichen Orten drey / vier auch fünfffach nach einander / in lustiger Ordnung / daß man also zwischen solchen hinfahren / und sich erlustigen kan. Der Thor oder Pforten seyn 13. deren fünff auffs Land / und acht zum Wasser gehen. Die zu Lande heissen / de Begyne port; de Keyserspoort, so auch die Georgen-Port genant wird; das Jacober Thor / oder de Kypdorp Poort; de Roypoort, oder das Rohte / und Berger Thor; und dann de Slyckpoort, oder das Koththor / wegen der nahend gelegenen niedern / und sümpffigen Orther. Und diese Thor alle seyn sehr prächtig von gehawenen schönen Steinen erbawet / und mit steinenen Brücken von aussen versehen. Auß denen / so zu dem Wasser / oder der Schelde gehen / seyn die vornehmste / Cronenburger / und die Kraenpoort. Und seyn die 8. Canäl / und Schiffstellungen mit Verwunderung zu sehen / durch deren Canäl auß der Schelde Vermittelung / die Schiffe mit den Wahren gar in die Statt / und sonderlich für des Osterlingische Hauß / kommen konnen. Die Gräben umb die Statt seyn heutigs Tags sehr tieff / und 150. Schuch breit; in welchen zum theil lebendiges Wasser auß dem Grund / oder Boden; zum theil auß dem Fluß / oder der Schelde / dahin geleitet ist. Was die Statt selbsten anbelangt / so seyn die Gassen / deren 220. gezehlet werden / breit und lang / die man gar sauber hält / und stehen in vielen derselben Lindenbäume nach einander. Die Häuser in solchen seyn nach schöner Ordnung / und deren viel gar prächtig / und wie Fürstliche Paläst / gebawet. Guicciardinus hat ihrer seiner Zeit 13500. gezehlet. Es soll aber noch wol für 3000. auffs wenigste umbs Jahr 1631. allhie Platz gewest seyn. Und seyn die besagte Häuser guten theils mit

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Antwerpen

[35] köstlichem Haußrath / und andern Zieraden / auch viel mit herrlichen schönen Gärten versehen. Der offentlichen Plätz / und Märckte seyn allhie 26. (al. 22.) darunter die fürnemste / der Rathsherren / der Kauffleute und der Fischmarckt. Die Gotteshäuser betreffend / so leuchtet unter denselben die Hauptkirch zu unser Frawen herfür / deren Länge auffs wenigste ist von 510. die Breite mehrertheils von 240. und auff einer Seiten von 360. Schuhen. Hat 66. Capellen / und Altär / allda an Marmor / Bildern / und Gemählden nichts ersparet worden; davon Goelnitzius pag. 54. zu lesen / der auch p. 55. deß vornehmen Buchtruckers / und deß Plantini Tochtermanns Johannis Moreti Grabschrifft setzet; Andere Equitaphia [WS 1] aber so wol in dieser Kirchen / alß in der Statt hin und wieder / seye in deß Fr. Svvertii deliciis selectis, pag. 458. seqq. zu lesen. Der eine auß den zween Thürnen dieser Kirchen so Anno 1422. zu erbawen angefangen / und Anno 1517. vollendet worden / will von theils dem Straßburgischen vorgezogen werden / darinn 68. klain und grosse Glocken gezehlet / und von denselben ein liebliches Geleut gehöret wird. Wie dann an vielen Orten in Niederland der Brauch / daß / ehe es schlägt / man einen Psalmen / oder sonsten was schlagen höret; welche Kunst zu Alost Anno 1481. am ersten / und zwar von einem Menschen / so nicht am besten beym Verstand gewesen / ist erfunden worden. Man solle aber nirgends ein solche Lieblichkeit / als alhie / hören / und wird doch das Werck nur von eines Menschen Händ und Füsse regiert. Es werden auff dem besagten durchsichtigen Thurn 622. steinerne Staffeln gezehlet / und sein gantze Höhe von 461. Schuhen gehalten / wann die Spitze / und in solcher das Creutz darzu gezehlet wird / sonsten die Höhn von 420. Schuhen ist; davon man die gantze Statt / neben der umbligenden Landschafft / übersehen kan. Theils wollen / daß in der Bilderstürmung Anno 1566. bey 400. tausent Gülden werth Schaden in dieser Kirchen geschehen seye. Uber diese Bischoffliche Kirche hat es zu Antorff auch 4. Pfarrkirchen / als / zu S. Georgen / S. Waldburg / S. Jacob / und S. Andreas. Unter denen die zu S. Waldburg ins gemein Borchkerck / von der sehr alten Burg / oder Schloß / in deme sie eingeschlossen / genennet wird / so folgends die Antorffer zu S. Waldburg geheissen haben; weiln ein beständige traditio der Antorffischen Kirchen ist / das S. Waldburg / als sie auß Engelland nach Teutschland reisete / nach Antorff gelangt seye. Und wird noch heutigs Tags eine Grufft / in welcher sie solle gebettet haben / und darinn ein theil von einem ihrem Kinnbacken / gewiesen. Sie ligt aber nicht allda / wie einer schreibet / begraben. Und verwirfft Aub. Miraeus in Fastis Belgicis, p. 222. das jenige / was Ioannes Goropius Becanus, in seinen Originibus Antverpianis, von einem Abgott allhie / den die Antwerper / ehe sie Christen worden / verehret haben sollen / berichtet. Es seynd über das allhie viel Manns- und Frauen Clöster / unter denen sonderlich die Abtey zu S. Michael / Praemonstratenser Ordens / in welcher der Landsfürst / wann Er hieher kommet / einkehret zu sehen. In derselben Kirchen ruhet / beym hohen Altar / Isabella Borbonia. Hertzog Carls deß Kühnens zu Burgund Gemahlin / so Anno 1465. gestorben ist. Uber der Jesuiter Kirch soll kein prächtigere in Niederland / und Franckreich / seyn. Es gläntzet da alles von weissem Marmor / und ist auch der Boden von solchem Zeug; und werden 36. Säulen / und herrlich deß Brügels / und Rubens / meistentheils / Gemählde allhie / mit Verwunderung / gesehen. So werden in solcher Kirch auch S. Wilhelms / deß Hertzogen in Aquitanien / Gebeiner / in einem silbern / und künstlich gemachten Gefäß / auffbehalten / so / durch Vermittelung deß Caroli Scribanii, auß Liguria, durch die Enge bey Gibraltar / ins Niederland geführt worden. Und eben dieser Scribanius hat es auch dahin gebracht / daß die Statt Antorff am ersten dem Ignatio Lojolae eine Kirch / auß weissem Ligustischem Marmolstein / erbawet hat / so deß Jahrs 1621. geweihet worden ist. [36] Im Closter S. Salvatoris, Cistercienser Ordens / ruhet der heilige Hatebrandus, Es hat über die angedeute Kirchen (deren Werdenhagen de Rebuspubl. Hanseat. part. 6. fol. 114. a. jetzt 42. zehlet) und Clöster / auch unterschiedliche Häuser / und Spitäl / für die Arme / Fündel Kinder im Kopff verwirrete / und dergleichen; Item ein Frawenhauß; ein Zuchthauß für Knaben / und Mägdlein; ein Hauß für arme Jungfrawen; zu denen man auch theils auß dem Fündelhauß thut / sie ehrlich aufferziehet / und hernach entweder dienen lässt / oder / so sie eine Heurath bekommen / dieselbe auß dem Armen- oder Almoßkasten / außsteuret. Und schreibet C. Ens, in delic. apodem. per German. pag. 130. daß das Allmosen / so man alle Tag / sonderlich an den Festen / in den Kirchen allhie / samblet / vielmals in einem Jahr über die dreyssig tausent Ducaten ertrage. Die Jünglinge haben auch ein besonders Hauß / darinn sie ihre ehrliche Vbungen haben; theils derselben auch zu den höhern Facultäten gelangen: wie hievon / und deß Simonis Roderici Peretti Hauß / für zwölff Arme gestifftet / Abrahamus Goelnitzius pag. 90. in Beschreibung dieser Statt / zu lesen. Zu diesen Gottshäusern / kan man auch E. E. Rahts allhie ansehenliche Bibliotheck thun / so derselbe / vor kurtzer Zeit / angerichtet / und in solche deß gelehrten Manns / Joannis Bochii, der deß Jahrs 1609. zu Antorff gestorben / hinterlassene Bücher erkaufft hat; wie Aubertus Miraeus, in Elogiis Belgicis, sive illustrium Belgii Scriptorum vitis, pag. 209. seqq. schreibet. Unter den Weltlichen Gebäwen leuchtet insonderheit herfür / das gewaltige Rahthauß / so schier auff die hundert tausent Cronen zu erbawen soll gekostet haben. Es hat stattliche Zimmer / und in deren einem Anno 1631. ein und dreissig Hertzoge in Brabant / und Ertzhertzoge zu Oesterreich / von unterschiedlicher Kleidung / gehabt. Wer dieses prächtigen Gebäws außführliche Beschreibung zu haben begehrt / der findet solche beym gedachten Scribanio. Ferners / ist das Gerichthauß / in welchem offentlich Gericht gehalten wird / zu sehen / davon nicht weit der Statt Gefängnüssen seyn. Unter den Burgerlichen Gebäwen ist erstlich das Kauffhauß / oder die Bursa / sonderlich die Newe / da die Kauffleute vorhin zusammen kommen seyn / zusehen / so ins gevierdte gebawet ist / unten herumb offene gewölbte Gänge / und einen grossen gepflasterten Platz in der mitte / und zween Thürne / sampt den Uhrwercken / hat. Bey dem Eingang stehet diese Schrifft: S. P. Q. A., in Usum Negotiatorum cujuscunque Nationis, ac Linguae, Urbisque adeò suae Ornamentum, An. 1531. à sola extrui cur. etc. Es ruhet solches Hauß auff 43. Marmelsteinern Säulen. Die Länge ist von 180. die Breite von 140. Schuhen. Heutigs Tags aber ist in beyden Bursen ein Einöde / und sihet alles betrübt auß; da man / vor den innerlichen Niederländischen Kriegen / allhie / in einem Monat / mehr / als zu Venedig in zwey Jahren / verhandelt hat. Und seyn offtmals bey dieser weyland vornehmbsten / und berühmbtesten Handels-Statt in gantz Europa, an einem Marckttag / wochentlich / acht / oder neunhundert Schiff  / auß unterschiedlichen Orten der Welt / ankommen / und über die 75. tausent lebendige Fisch verkaufft; und von Zöllen / und dergleichen Aufflagen / in die 1726. tausent Gulden / in die Rent-Cammer gebracht worden. Und seyn / einsmals / allein zween Kauffherren zu Antorff / für sich / auff sechs Millionen / oder sechtzig Tonnen Goldes / schuldig worden: wie von diesem / und anderem mehrern / offtangezogener Carolus Scribanius; item Hermannus Latherus de Censu, lib. 3. cap. 12. p.690. Thomas Lansius in Orat. pro Germania, pag. 95. seqq. edit. 3. Meteranus in seinen Niederländischen Historien / und andere mehr / zu lesen. Und rechnet man / daß alle Jahr allhie / im Kauffen / und Verkauffen / über die fünffhundert Millionen Silbers / nach der Niederländischen Müntz / das ist / über die hundert drey und dreissig Millionen Goldes / ohne das Wechselgelt / so ab- und zunimbt /

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[37] außgeben worden / als diese Statt noch in ihrem glücklichen Zustande gewesen. Es ist auch noch unter wärendem Krieg grosse Kauffmannschafft allhie getrieben worden. Und als Anno 1576. die Spanier / so das Castell unter ihrem Gebietiger / dem Sanctio Avila, innen hatten / die Statt überfielen / das Rahthauß / und gar viel Häuser / und Kauffmanns Gäden anzündeten / so ist allein der Schaden der Brunst auff 40. Tonnen Goldes geschätzet worden. Sie bekamen / an baarem Gelde / auff die 20. mal hundert tausent Cronen / ohne die Kleinoder / Silbergeschirr / und andere ding / welches sie wieder offentlich verspielt / und offt ein gemeiner Soldat in die 10. tausent Cronen auff einmal gesetzt hat. Und seyn sie gleichwol nicht über alles Gelt kommen / sondern es seyn viel reiche Burger / die in die drey hundert tausent Gulden in der Truchen gehabt / mit geringem Lößgelt / davon kommen. Wie dann / unter andern / die Herren Fugger / in solcher Plünderung / mit ziemlicher Verehrung etlichen Spanischen Hauptleuten gethan / mehr dann hundert tausent Gulden Baarschafft / sampt ihrem gantzen Hause / Handelsbüchern / und was sonsten von grosser Köstligkeit darinnen gewest / gesichert / und errettet haben; wie der Author deß Rechtsbedenckens / ob die Reichs-Ritterschafft in Schwaben / sich in eine oder andere Bündnuß einlassen solle / am 38. Blat bezeuget. Ursach war zum theil auch dieses / weilen alles eylends zugehen muste / in dem die Soldaten sich vor den Holländ- und Seeländischen Schiffen / so bey der Statt ankommen waren / beförchteten P. Cornelius, ein Hispanier / sagt in seiner Niederländischen Histori / daß man darfür gehalten / daß innerhalb 8. Stunden zu Antorff mehr als 17. tausent Personen geblieben seyen; und daß dessen die Ursach gewesen / weiln die Spanier nicht bezahlt worden / und der Raht der Staaten zu Brüssel sie / die Spanier / auß dem Lande haben wolte. Famianus Strada decad. 1. lib. 8. de Bello Belgico, schreibet / daß es nicht lauter Spanier / sondern auch mit ihnen vermischte Burgunder / Italianer / und Teutsche / gethan hätten; als deren bey 5000. zu Fuß / und 600. zu Pferd gewesen. Er zehlet aber von den gebliebenen Soldaten der Stände / und den Burgern / nur 3000. so durchs Schwerdt / etc. bey nahe / Item 1500. so durch Fewer / und Einfall der Häuser / und auch so viel die in der Flucht in den Wassern umbkommen seyn; und also etwas über 6000. Es muste diese Statt hernach noch mehrere Unfäll; sonderlich Anno 1583. den 16. Jenner / als der Hertzog von Alençon auß Franckreich sich zum Herrn dieser Statt / wiewol mit seinem grossen Schaden / machen wollen / außstehen; daher / und weiln sie Anno 1585. den 7. (17.) Augusti vom Hertzog von Parma belagert / und wieder unter deß Königs in Spanien Gewalt gebracht worden; so ist die Kauffmannschafft von hinnen nach Ambsterdam kommen / also daß schier keine andere Handthierung mehr allhie / dann daß etliche Höfische Negotianten / wie mans nennt / und Finantzer / die Statt noch etwas auffgehalten; wie in dem New verbesserten Nassauischen Lorbeerkrantz / fol. 5. a. stehet. Die Teutschen / oder Hansee-Stätte / haben absonderlich ein Kauffhauß allhie / das Oosterlingische Hauß / oder Het klein Osterse Huys, genannt / welches bey 280. Schuh in die Länge / und neben den Gängen / und Gemachen zu den Wahren / 300. Cammern / und sehr grosse Tafelstuben / von sehr schönen Gemählden / Tapezereyen; und dabey einen stattlichen hohen Thurn / darauff ein Adler stehet / hat; welches aber jetzt von Soldaten bewohnet wird. Ferners ist die Glaßhütten zu besichtigen / darinn man schöne Gläser / auff Venedische Art machet. Darnach die Müntz / ein Königlich Gebäw / darinn gulden / und silbern Müntz gepräget wird. Item die Wasserstuben / von dannen das Wasser durch die Statt / und in die Häuser geleitet wird; Das Teppichhauß / so sehr groß und in der Länge und Breite 280. Schuh / und in seinem Umbkreise 26. Ort / die Teppiche etc. darinn auffzubehalten / hat: Die fürnehmste [38] auß den 74. Brucken / so über die acht Canäl / auß der Schelde in die Staat / und andere / gehen: Das Waaghauß: Die Fleischbäncke: und dergleichen: Item deß weyland berühmten Christoph. Plantini Truckerey / von 12. Pressen / und fast hunderterley Schrifften / auch andern stattlichen Sachen; also / daß solche / vom Goelnitzio, das achte Wunderwerck der Welt genennet wird; und welche zu besichtigen / die Infantin auß Hispanien Isabella, etc. die Königin auß Franckreich / Mariam de Medicis, dahin geführet hat: als solcher Truckerey damaln / umbs Jahr 1631. Balthasar Moretus, deß besagten Plantini Tochter Sohn / und sehr gelehrter Mann / vorgestanden war. Ferners deß Rubens Kunstkammer / von geschnitzten / gestochenen / und gemahlten Stücken: Item / der stattliche Palast deß Simonis Roderigi, Freyherrns von Rodeß / darinn ein schöner Citronen- und Pomerantzen-Garten; Brünn / und Bilder / so Wasser von sich geben. Und mag man hierauff / wann man oberzehltes alles besichtiget / und nun müde ist / in den Weinkeller / zu den Tausent Mitteln / oder ’t huys van duysent middelen, sich begeben / und da erquicken. Zur Zeit / da es allhie noch wol gestanden / haben sich zu Antorff mehr als ein hundert tausent Personen befunden / so in den 13. Theilen der Statt / so sie Wycken nennen / auffgehalten; ausser den Schiffleuten / und andern / auch denen in den Vorstätten / deren wol fünffzig tausent / und mehrere / solten gewest seyn; und ausser den Frembden / so über Land dahin kommen / so nicht zu zehlen gewest. Wer ferner / wie diese Statt noch heutigs Tags regiert werde; wie es mit der Wahl daher gehe; was für Aempter und Beampte / da seyen; wie auch von der Inwohner Sitten / Freund- und Höfligkeit; Erfahrenheit vieler Sprachen; ihren Gebräuchen und Gewohnheiten / und dergleichen / zu wissen begehrt / der lese den Lud. Guicciardinum, Carolum Scribanium, und jetztgedachten Goelnitzium. Dann alles allhie einzubringen / zu lang seyn würde. Was diese Statt außgestanden / davon ist zum theil oben gesagt worden:das übrige findet man beym Meterano, und andern oben angezogenen Scribenten / auch im Itinerario Germaniae. Anno 1643. ist ein harter Scharmützel / nahend Antorff / zwischen den Spanischen / und Holländischen / vorgangen / darin diese obgesiegt haben.

Unterhalb Antorff / an beyden Ufern der Schelde / ligen gewaltige Schantzen / so die Statt noch mehr versichern / als S. Philippe auff der rechten / S. Maria / und die Perle / oder Callooschantz / auff der linken seiten. Die Schantz Calloo eroberten die Staatischen Anno 1638. und lagerten sich daselbst / unter Graff Wilhelm von Nassau bey 6000. Mann / in Meynung / von dar weiter gegen Antorff zu rucken. Als aber die Spanische Macht herbey kam / gerieth es zum Treffen / in welchem die Spanischen einen ansehnlichen Sieg davon trugen. Das Fort / oder die Schantz Borengatt / ligt nur ein halbe Stund von Antorff / so die Staatischen Guarnisonen von der Creutz-Schantz / und Lillo, nach wenig Stunden Belagerung / Anno 1646. occupirt. Weilen aber denen von Antorff viel hieran gelegen / und der Printz von Uranien die Seinigen nicht alsbald secundirt / so seyn die Spanischen in aller eyl darfür geruckt / und mit Canoniren solchen ernst gebraucht / daß endlich die Staatischen solchen Platz wieder verlassen müssen. Tom. 5. Theatri Europ. fol. 1185. a. Ferner unterhalb S. Philippe / am rechten Ufer der Scheld / ist die gedachte Creutzschantz / welche ermelter Graff Wilhelm Anno 1632. einbekommen. Die Spanischen hatten zwar Anno 1640. einen heimlichen Anschlag darauff / wurden aber / als derselbe entdeckt / heßlich von der Staatischen Besatzung abgewiesen. Nach der Creutzschantz kompt die gewaltige Vestung Lillo, so Mondragonius, auß deß Hertzogen von Alba Befelch / erbawet; aber jetzt / wie auch die gegen über / von Kunst / und Natur / überauß veste Schantz Lieffkenshoeck / Staatisch ist / auf welche die Spanischen unterschiedene vergebene Anschläg / [39] und zwar aufs gemeldte Schantz Lieffkenshoeck / Anno 1630. insonderheit / gehabt. Weiter hinab ist das Fort / Friederich Henrich / nach dem Printzen von Vranien / der sie Anno 1627. erbawen lassen / also genennet. Förters S. Ambrosij Schantz / sonsten die Stoffschantz / oder Stoffgatt genennet; und dann das Fort auff dem Hoherwerff / einer Insel in der Schelde / welche beyde die Spanischen Anno 1627. erbawet; ihnen aber von mehrgedachtem Graff Wilhelm Anno 1632. abgenommen worden und nunmehr Staatisch sind. In dem Neuen Meterano stehet libr. 49. hievon also: Anno 1632. hat ein Staatische Parthey / unter Graff Wilhelm von Nassau / die Crautzschantz nahend Antorff / item S. JakobsSchantz / das Fort Peckgatt / und den gantzen Kauwenstemischen Teich; Item S. Ambrosius Schantz oder Fort / sonsten die Stoofschantz / oder Stoofgatt genannt / Item S. Martin-Schantz / oder Hogerwerff / erobert. Von dannen zogen sie nach dem Polder von Namen / 5. Meilen von Antorff gelegen / und eroberten die gewaltige Schantz Geusenbrill zu Saftingen / den 7. Julij. Es haben aber die Spanische obgedachte S. Jacobs Schantz / zwischen Antorff und Lillo / nahend der Creutzschantz gelegen / Anno 36. mit Sturm wieder erobert; wie im 54. Buch gesagt wird.

Allhier theilt sich die Scheld in 2. Arm / deren der eine sich gegen Niedergang wendet / und de Honte, oder Wester-Scheld genennet wird / und bey Flissingen in das Meer fället. Der ander Arm kehret sich gegen Mitternacht / und als er vor Bergen op Zom über passirt / theilet er sich wieder in zween Arm / deren der eine Tolen / einer Statt in Seeland vorbey / seinen Gang nach den Holländischen Inseln nimbt; in welcher Gegend Anno 1631. die Spanische Flotta / von den Staatischen zernichtet worden. Der ander Arm / die Oster-Scheld genant / theilet sich bey den Seeländischen Insulen wieder in mancherley Weg / jedoch wird der gröste Strom / so sich zwischen beyden Inseln / Schouwen / und Walcheren / in das Meer ergeusst / für den rechten Canal und Tieffe der Scheld gehalten. Unfern von der Scheld gegen Lillo über / auff der Brabantischen Seiten / ist Sant Vliet / so vor weilen nur ein schlechtes Castell gewesen / aber von den Spanischen vor etlichen Jahren trefflich bevestigt worden; wie von jetztgedachten Schantzen / und der Schelde / Herr Johann Heinrich Hagelganß / in Beschreibung der Niederländischen Provintzen / p. 76. seqq. meldet. Sihe auch / was in der Continuation deß Teutschen Reyßbuchs / pag. 236. seqq. von der Schelde weitläuffig stehat. Und ist im übrigen / von der Gegend umb die Statt Antorff herumb Johan. Bapt. Gramaye lib. 4. Antverpiae Antiquitatum, cap. 2. und von der Schantz ’Tveer / an der Schelde (durch welche man / von Gent nach Antorff reysend / kompt / ehe man sich über die Schelde bey Antorff setzen lässet /) der gedachte Gölnitzius pag. 41. zu lesen. In dem Newen Guicciardino, und Beschreibung Flandern / stehet fol. 162. daß diese in dem Ländlein von Waes gelegne Schantz t’Veer / (dardurch man einen freyen Paß / und Fahrt über die Schelde / nach der Statt Antorff habe /) Anno 1592. den 18. Jenner / von den Besatzungen beeder Vestungen / Lillo, und Liefkenshock, unversehens seye überfallen / und eingenommen worden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 'Eqitaphia'