Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: Einleitung (Livland)
[3] Es hat Liffland / oder Livonia, vor Jahren zum Römischen Reich Teutscher Nation gehört / welches auch deß Zuspruchs daran / sich noch nicht gar begeben haben wird; wiewol solches nachmals zum Theil von den Königen in Schweden / und Polen; zum Theil auch von dem Großfürsten in der Moscau / durch Waffen erobert worden; und der Zeit / Vermög deß im Jahr 1635. auff 26. Jahr lang / mit Polen gemachten Anstands / meistentheils von Schweden regiert wird. Es setzet aber Alexander Guagninus diese Landes-Gräntzen / als / von Morgen / Reussen oder Moscau; von Mitternacht eine Krümme des Balthischen Meers / dardurch es vom Königreich Schweden / und Finnland / unterschieden wird: vom Abend / das gedachte Mare Balthicum, oder die Oost See / so auch das Teutsche / und Preussische Meer genandt wird: und / vom Mittage / Samogitien / und Lithauen / von dannen es sich etwas gegen dem Abend ziehet / und an Preussen stosset. Die Länge setzet er von 90. und die Breite von 50. Teutscher Meilen / sampt gedachtem Meersbusen. Andere haben 125. Teutscher Meilen an dem Balthischen Meer her / und 40. in der Breite. Wie dann auch Nicolaus Helduaderus cap. 4. sylv. Chronol. schreibet / Liffland erstreckt sich biß an die Oost-See / oder den Sinum Venedicum, und habe in die Länge 125. Teutsche Meilen. Der Neue Atlas Janssonii folget dem gedachten Guagnino, und saget auch / daß Liffland sich 90. Teutsche Meilen in die Länge / und 50. in die Breite erstrecke / wann man den Meerbuesen des Maris Balthici darzu rechne. Adamus Olearius, Fürstl. Schleßwig-Holsteinischer Hoff-Mathematicus, schreibet in seiner Anno 1647 zu Schleßwig in fol. gedruckten Neuen Orientalischen Reise / durch Rußland / Tartarien / und Persien / am 87. Blat / Liffland werde vom Duna-Strom an biß an den Sinum Finnicum, abgetheilet in Lethiam, und Esthoniam. Dieses / oder das Esthland / aber begreiffe in sich fürnemlich fünff Cräise / als Harrien / Wirlang / Allentaken / Jerven / und Wick / so alle sehr fruchtbare / und Kornreiche Tractus seyen / und gute Viehzucht / auch viel klein und Federwild / haben. Und sagt er p. 92. seqq. unter anderm / ferners also: So wohl nun der wahre Gottesdienst / in den Liffländischen Städten / und Kirchen / bestellet / so sehr hänget den Lettischen / und Esthonischen / oder Unteutschen / auff dem Lande wohnenden Völckern / und Bauren / die Heydnische Abgötterey / und Zauberey / noch an. Und meldet am 93. Blat / da er auch der Unteutschen Bauren Eyd setzet / daß ein Priester / auff einem Dorffe bey Riga / berichtet habe / daß ein Lettisch Weib / zu der Leiche ihres Mannes / als er hätte sollen begraben werden / Nadel und Zwirn / in Sarck geleget: Als man die Ursach dessen von ihr zu wissen begehrt / hat sie geantwortet; Sie thäte es darum / daß ihr Mann / in jenem Leben / seine Kleider / wenn die etwa zerrissen / wieder flicken könte / darmit er nicht / vor andern Leuthen / mit Schimpff gehen möchte. Und am 95. Blat berichtet er / daß man von den Liffländischen Bauren diese Reimen erdichtet habe:
Ich bin ein Liffländischer Baur /
Mein Leben wird mir saur /
Ich steige auff den Birckenbaum /
Davon hau ich Sattel / und Zaum /
Ich binde meine Schuh mit Baste /
Und fülle meinem Juncker die Kaste /
Ich gebe dem Pastor die Pflicht /
Und weiß von Gott / und seinem Worte / nicht.
Salomon Henning / Fürstl. Churländischer Rath / und Kirchen-Visitator, in seiner Liffländisch-Churländischen Anno 1594. zu Leipzig in fol. gedruckter Chronick / schreibet also: Liffland streckt sich nach der Länge / neben dem Meer / über 4. tausend Stadia, und ist zum wenigsten 1300. breit. Umbher wohnen Preussen / Lithauer / und Reussen. Hat diese Völcker / und Länder / Estiam Lettiam, und Churland / so unterschieden / so wol an Sitten / als an der Spraachen seynd. In Schlössern / und Städten / reden sie am meisten die Sächsische / oder Teutsche; in Estia aber ihr alte und zum theil Schwedische Spraach. Vor 400. Jahren ist diß Land / durch Hülff der Stadt Bremen / und fürnemlich deß Teutschen Ordens / zum Christlichen Glauben gebracht; aber endlich Anno 1561. vom Gothardo Ketlero, dem König in Polen (da er erst sein Orden resignirt / das Creutz / die Sigel / die Brieff / und Privilegia der Käyser / und Bäpst / die Schlüssel der Stadt und Schloß Riga / dem König zugestellt hat) mit aller Gerechtigkeit übergeben worden / der ihn alsobald darnach zum Hertzog in Churland / und Semigallia erklärt. Diß Land hat viel Wald / ist gar eben / hat keine Berg / und wird von vielen Wassern befeuchtet / ist meistentheil (im Jahr 1590.) ungebaut / jedoch hat es fruchtbare Aecker; ist reich an Fischen / und Wildprät / und kompt daher Wachs / Asche / dürr und fliessend Bech / so man sonst Ther nennet: hat Rocken in grosser Anzahl. Venda ligt in der Mitte deß gantzen Landes. Ann. 1501. hat Herr Walther von Plettenberg / Teutscher Ordens-Meister in Liffland / dem Moscowiter / in einer gehaltenen Feldschlacht / darin fast in die 40. tausend der Reussen / auff der Wallstatt todt geblieben / obgesieget; daher ein Anstand auff 50. Jahr gemacht worden. Dieses Moscowiters Sohn / Großfürst Iwan Waßilowiz / hat unterdessen Gelegenheit gesucht / wie er sich nach desselben Anstands-Endung / an Lifland machen möchte. Anno 1556. gieng der Krieg an / zwischen dem Ertzbischoff zu Riga / und dem Heermeister / Heinrich von Galen; an dessen statt / als er gestorben / Wilhelm Fürstenberg Meister worden / so den innerlichen Krieg beygelegt; darauff der Moscowitische angangen; und ist der Großfürst Anno 1558. den 22. Januarij / da eingefallen / hat das Stifft Dörpt und Fürstenthum Wyrland / biß an die Narva / mit rauben / morden und brennen / durchstreiffet / und ist wieder nach Iwanogrod / über die Narvische Becken / seinem Lande zugezogen. Anno 1559. ist er wieder in die 130. tausend starck in Liffland kommen / und darin schröcklich gehauset. Und ist darauff diese edle Provintz also zerrissen worden / daß Moscau den vornehmsten / und fast besten Theil an Fürstenthum Wyrland / Vellin / Marienburg / dem gantzen Stifft Dörpt / und was zu denselbigen gewaltigen Gebiethern gehörig / biß an das Ertzstifft Riga: den andern vornehmsten Theil / als Stadt und Schloß Reval / Padies / Borckholm / Fegfeuer / der König Erich zu Schweden: die Stiffte Oselwick / und Churland / Hertzog Magnus / König Friderichs deß Andern in Dennemarck Bruder / innen hatten: das übrige / was dem Ertzbischoff zu Riga / und dem Teutschen Orden noch zustunde / das ergab sich freywillig / den 28. Novembris / deß obgedachten 1561. Jahrs / an die Cron Poln / wiewol auch solcher Theil mit Schulden gegen Dennemarck / Preussen / Dantzig / und andern verhafftet / und theils Stuck davon versetzet waren. Hierauff hat König Sigismund Augustus in Polen / den gewesten letzten Teutschen Meister / deß Ritter-Ordens in Liffland / Gotthard Kettlern / zu einem Hertzogen / wie oben gemeldt / und seinem Lehenmann / gemacht / und ihme Curoniam oder Churland / geben / und versprochen / sich zu bemühen / daß er auch das inligende Stifft Churland / gegen Tausch vor das Sonnenburgische Schloß / und die Hofe Leal / etc. vom Hertzog Magno bekommen solte. Ward also er nicht allein Hertzog zu Churland und Semigallien / sondern auch der Lande / und Stadt Riga / Königlicher Gubernator. Und haben die Unterthanen / nach dem sie alle ihrer vorigen Pflicht / und Eyd / den Meistern / und dem Orden / gethan / erlassen / der Königl. Majest. in Polen / als Haubt / und dem directo, et superiori semper Domino, cum suis Successoribus, mediatè; [5] dem Hertzogen zu Churland aber / und seinem Männlichen Leibes-Erben / immediatè, als ihrem Erbherrn / den 5. Martii / Anno 1562. geschworen. Der König hat auch die Stände versichert / sie / wegen dieser nothwendigen Untergebung / gegen dem Romischen Reich / für alle Achts-Erklärung / zuverantworten / und zuvertretten / auch ihnen geschworen / sie bey ihren Freyheiten / und Gerechtigkeiten zu erhalten / auch die Teutsche Obrigkeiten / wie in Preussen / verbleiben zu lassen. Ist also Liff- oder Eyffland / vom Rom. Reich kommen / weiln dasselbe im geringsten nichts bey der Sach gethan / ohnangesehen die Eyffländer so vielfältig beym Käyser / Chur- und Fürsten; allermeist aber an deß Ordens Haubt / den Herrn Teutschen Meister zu Mergentheim / es gelangen lassen. In gedachtem 62. Jahr hat der Moscowiter dem König in Polen / wegen Liffland / den Krieg angekündet / und der König geantwortet / daß er seiner zu Smolentzky erwarten wolle; daselbsten bey seines Herrn Vattern Zeiten / bey 300. tausend Mann auff dem Platz geblieben seyen. Anno 1566. hielte obgedachter Neue Hertzog in Churland Beylager mit einem Fürstlichen Mecklenburgischen Fräulein / zu Königsperg in Preussen Anno 1569. ward auff dem Reichstag zu Lublin / Churland und Semigallien / der Cron Polen incorporirt. Anno 1570. ziehet Hertzog Magnus von Holstein in die Moscau / da er stattlich tractirt / und zum König in Liffland erkläret wird. Anno 1571. ist ein unsägliche Schmacht / oder Hunger / in Liffland gewesen / daß auch die Eltern ihre eigene Kinder geschlachtet und gefressen. Anno 1573. den 12. Aprilis / hat gedachter Hertzog Magnus / mit deß Großfürsten in der Moscau Blutsfreundin / zu Groß-Neugarten / Hochzeit gehalten / dabey der Großfürst / und seine 2. Söhn gewesen. Er ist hernach im Jahr 1578. in sein Anno 1560. vom Bischoff Johann von Mönnichhausen / umb bey die 20. tausend Thaler überkommenes Bisthum Churland / mit besagter seiner Reussischen Gemahlin / und von dar nach Bausche gezogen; daselbst er seine noch übrige Häuser in Lifland sampt dem besagten Stifft / den Polen übergeben / jedoch dem König in Dennemarck sein Jus am Stifft vorbehalten / unangesehen / was / vor diesem / die Stifftischen sich gegen dem Hertzog in Churland erkläret. Er hat gleichwol angedeutete Häuser / und Stifft / sein Lebenlang behalten. Ann. 1582. den 15. Januarij / ward Fried zwischen Polen / und Moscau / gemacht; und seynd alle Städte / und Schlösser / Land / und Leuthe / so viel deren der Moscowiter im Liffland inne gehabt / den Polen übergeben worden / ausserhalb der Festungen in Harrien / Wick / Wirland / Jerven / so die Schweden eingenommen die zwar Polen auch begehrt / aber ein abschlägige Antwort vom Schweden erhalten hat. Darauff ist im folgenden Jahr 83. den 18. Martij / obgedachter Hertzog Magnus in erwehntem seinem Stifft Churland / zur Pilten / gestorben. Sihe unten Pilten. Und dieweil darauff / wegen dieses Stiffts Strittigkeit entstunde / so hat Marggraff Georg Friderich von Brandenburg / Anno 1584. zwischen den beeden Königen / Dennemarck und Polen / sich interponirt / und zum Durben / dahin gehandelt / daß der König in Dennemarck für alle seine habende Zusprüch am Stifft-Churland / 30. tausend Thaler / vom Marggrafen / genommen / und dem König in Polen das Stifft überlassen; aber zur Pilten alles Geschütz / Kraut / Loth / und alles / was Hertzog Magno zuständig gewesen / vom Hause genommen / die Unterthanen an den König in Polen / als den directum Dominum; an den Marggrafen aber / als den Pfandherrn / für die 30. tausend Thaler / mit ihren Eyden / und Pflichten / verwiesen; ausser der Häuser Dondangen / und Amboten / so zu deß Königs Disposition verblieben. Seine deß Hertzogs Magni Gemahlin / ward in seiner Kranckheit / von Dondanden / mit dem Kinde / so eine Tochter / zu ihme / nach der Pilten gefordert / da sie auch so lang / biß zu Ubergebung deß Stiffts / geblieben; hernach auffs Hauß Riga verordnet / mit einem Demenso, zu ihrer / und deß Kinds Notthurfft / versehen / auch endlich / mit etlichen deß Großfürsten Abgeschickten / auff consens des Königs in Polen von dar geholet / und nach der Moscau / einem Tartarischen Knesen / oder Fürsten / zum besten geführet worden; da sie dann etliche Teutsche / umb conversation willen / mitgenommen hat. Nach gedachtem Vergleich / wolte König Steffan in Polen dem Hertzog von Churland / so Anno 1587. den 17. Maji / gestorben / wegen deß Churländischen [6] Stiffts / nicht mehr gehalten seyn / sondern hat solches seines Brudern Sohn / Balthasarn Battori / verlehnet; daher / als Anno 1589. Hertzog Friderich / und sein Bruder / Hertzog Wilhelm zu Churland / deß vorgedachten ersten Hertzog Gottharts Söhne / zu Warsau / ihr Fürstlich Lehen / von dem Neuen König Sigismundo III. sampt der Caution / wegen Zulassung der Augspurgischen Confession / empfangen / so ist auch / zwischen Churland und Bathori / Strittigkeit vorgeloffen. Und dieses auß dem obernanten Salomon Henning. Dabey diese zwey Stücke zumercken. 1. daß Melchior Goldastus lib. 4. de Regno Bohemiae, fol. 475. schreibet / daß der Ertzbischoff zu Riga / die Bischöffe zu Churland / Oesel / Reval / und Derpt / ihren Sitz / und Stimm / wie auch der Meister deß Lifländischen Ordens / bey den Reichstägen in Teutschland / gehabt haben / ehe sie dem Reich / von den Polen / entzogen worden. Warumb aber das Reich die Lifländer / in ihren Nöthen / und Kriegen / wider den Moscowiter / stecken lassen sagt er Goldast / am 455. Blat / sey daher geschehen / weil sie sich den Reichs-Constitutionen / oder den Reichshülffen / nicht unterwürffig machen / noch sich in einen der zehen Cräisen einschreiben lassen wollen / sondern / wie die Böhmen / eine Exemption / und Befreyung / praetendirten. Es ist aber auß dem Anno 1570. zu Stetin / zwischen den beeden Cronen / Dennemarck / und Schweden / gemachtem Frieden / (davon auch Johannes Micraelius, im 2. Theil deß dritten Buchs / vom Pommerlande / am 565. Blat / zu lesen /) zubefinden / daß damaln Schweden / die Lifländische Stifft / Oesel / und Reval / sampt dem Closter Padieß / so Hertzog Magnus obgedacht eingehabt / die aber unter das Römische Reich gehöreten; wie auch das Hauß Sonnenburg der Käys. Maj. und dem Römisch. Reich / wieder abgetretten / daß sie / von demselben / dem Könige auß Dennemarck / Schutz- und Protectionsweise / vertrauet / und eingeantwortet würden: die übrige Liffländische Stücke aber / als die Stadt / und das Schloß Reval sampt dem Hause Wittenstein / und andern Oertern / welche die Cron Schweden noch einhatte / und dem Römischen Reich / als directo Domino, zustunden / wurden dem Könige in Schweden / Protections-weise / von Käyserl. Majest. übergeben. Fürs 2. daß Johan. Isaacius Pontanus, in historia Rerum Danicarum, sagt / daß An. 1169. König Canutus, auß Dennemarck / mit vielen Schiffen / in Liffland gezogen seye / und ihme am ersten Esthland / so ein Theil davon / unterwürffig gemacht habe. Und könne man leicht wissen / daß / ehe der Teutsche Orden angefangen / das Recht / und Herrschafft über Liffland / bey den Dänen gewest seye. Als hernach / umbs Jahr 1223. König Waldemar gefangen worden / hätten die Teutschen / Reval / Narva / Wesenberg / und andere Orth / den Dänen genommen / und ihnen zuzueignen angefangen; so aber folgends gedachter Waldemar / als er auff freyen Fuß / und in sein Königreich wieder gesetzt worden; ihnen nicht lassen wollen / sondern sein Recht mit der Faust vertheidigt. Wie dann ihme der Teutsche Orden Ann. 1237. Reval / Wesenberg / und Narva / wieder zugestelt habe. Und eben dieser Waldemar hätte auch Fleiß angewendet daß / umbs Jahr 1219. die Bistümer Reval / Derpt / Oesel / und Churland / aufgebracht / und dem Ertzbischoff zu Lunden in Dennemarck unterwürffig gemacht worden. Und habe Anno 1315. König Erich / dieses Nahmens der siebende / in Dennemarck / den Bischöffen / dem Adel / und allen Obrigkeiten bey den Esthen / das Lehenrecht geben / dessen sich noch heutigs Tags gantz Liffland gebraucht. Aber Anno 1346. habe König Waldemar dieses Namens der dritte in Dennemarck / den Brüdern des Teutschen Ordens / das Hertzogthum Esthen in Liffland / für achtzehen tausend Marck Silbers verkaufft / nicht allein wider den Vertrag / den sein Vatter / König Christoff / vor diesem auffgericht / (in welchem fürsehen worden / daß niemaln jemands solches Hertzogthum von dem Dänischen Königreich hinweg risse / oder absonderte;) sondern auch wider den Eyd / so der Esthische Adel geleistet / und versprochen / daß er nimmermehr von selbigem Königreich weichen wolte. Und dergestalt seye Esthonia, von Dennemarck / an den Liffländischen Teutschen Orden / und zur Zeit deß Moscowiterischen Kriegs / Anno 1557. (al. 1560. oder 61.) an Schweden kommen / welcher Cron auch solches Land / oder Hertzogthum / hernach geblieben seye. Und so viel auch von diesen 2. Stücken. [7] Ehe wir aber diesen Eingang schliessen / wollen wir noch 2. Autores anhören / was sie vom Liffland ins gemein berichten. Und zwar / so sagt / unter vielen andern / Dav. Chytraeus lib. 1. Saxoniae, daß Anno 1206. der Reussen Hertzog Vieseus, zu Cocenhusen / seinen Sitz gehabt habe: und im 10. Buch / daß umbs Jahr Christi 1190. die Christliche Religion / am ersten / von Meinardo, einem Segebergischen Mönch / und Priester / welchen die Kauffleuthe von Bremen in Liffland gebracht / alda geprediget / und er vom Bapst Alexander dem Dritten / zum ersten Lifländischen Bischoff gemacht worden; der seinen Sitz an das Wasser Duna gelegt / an den Orth / da sein Nachfolger / Bertholdus, der Stadt Riga Anfang gemacht; sonderlich aber habe der dritte Bischoff Albertus die Christliche Religion / und Gebieth / in Liffland außzubreiten angefangen / welcher / als er vom Bapst Innocentio 3. bestättiget / den Schwerdt-Bruder Orden / unter ihrem Meister Vinnone, zu sich genommen / durch dessen Hülff er Kockenhusen (so / ohne Zweifel / das obgemeldte Cocenhusen seyn wird / an der Duna / so hernach deß Ertzbischoffs von Riga fürnehmstes Schloß gewesen; item / folgends Wenda / Aseerad / und Segewold / eingenommen; die Stadt Riga mit einer Mauer umbgeben / und die Bischöffliche Kirch am ersten darinn erbaut; auch 2. Geistliche Collegia, eins zu Leal / (dessen Bischoffs-Sitz zu Habsal gewesen / hernach von dannen nach Arensburg in Oesel versetzt worden /) und das andere zu Uggenussa gestifftet / dessen Sitz / als Albertus / und Volquinus der Meister / der dem Vinnoni succedirt / das Reussische Derbatische Schloß Anno (1230.) mit Gewalt erobert / Bischoff Hermann der erste nach Derbat verlegt / welcher selbiger Stadt / und deß Closters Falkena erster Anfänger gewesen. Als gedachter Ordens-Meister Volquinus von den Lithauern erschlagen worden / so hat ihme Hermann Falko nachgefolgt / von welchem die Reussische Stadt Plesko eingenommen / aber im Jahr 1244. wieder verlohren worden. Auff obbesagten Bischoff Albrechten von Bremen / zu Riga / ist gefolgt Nicolaus, / und auff diesen Albertus, der erste Ertzbischoff zu Riga. Siehe unten Riga / und von den Bischoffen / wie auch den Heermeistern deß Ritter-Ordens in Liffland / ihn / den Chytraeum, mit mehrerm: der auch sagt / daß Marggraff Albrecht zu Brandenburg / Hochmeister in Preussen / Anno 1513 [1] etlich tausend Gülden / vom Liffländischen Ordens-Meister / Waltern von Plettenberg / angenommen / und selbigen Orden / welcher nun etlich hundert Jahr / unter dem Preussischen Hochmeister gewesen / von dem Eyde / und Pflicht / auff ewig ledig gelassen: von welcher Zeit an / der Liffländische Meister ohnmittelbar dem Käyser unterworffen / und ein Reichs-Fürst gewest seye: welches dann etlicher massen wider deß obgedachten Hennings Bericht lauffet. Er Chytraeus sagt ferner / daß obernanter Herr Gotthard Kettler / der geweste letzte Ordens-Meister in Liffland / und erste Hertzog in Churland / (von welcher Erhöhung er lib. 20. fol. 529. handelt /) auß dem fürnehmsten Adel / deß Hertzogthumbs Berg / herkommen sey. Anno 1583. habe der König in Polen die neue Gubernations-Form in Liffland außgehen lassen / in welcher / an statt deß Ertzbischoffs zu Riga / und der andern Bischöffe / so in den nächsten Kriegen abgethan worden / und gestorben / ein neuer Bischoff / und Domherr / zu Wenda zu stifften: beede Religionen / die Augspurgische Confession / und Catholische Religion / zugleich zu gedulden; von den dreyen Praesidenten / zu Wenda / Derpt / und Parnow / und dem Obristen Gubernatorn in Liffland / so zu Riga seinen Sitz haben solte; von den Landgerichten / Landtägen / an welche zu appelliren; von der Execution; von dem Landrecht / Landfrieden / Handlungen / oder Kauffmannschafften / Anordnung geschehen. Und dann / so schreibet D. Laurentius Müller / Fürstlicher Churländischer Hoffrath / in seinen Polnisch-Liffländisch-Moschowiterisch-Schwedischen / und andern Historien / vom Liffland / unter anderm / also: König Steffan in Polen hatte ein gut Werck für der Hand / vermocht es aber nicht zu erheben. Dann er hatte die Unteutschen Bauren / in Liffland / (die man auch die Lübischen / und die Esischen / nennet) bescheiden / ließ ihn vorhalten / daß Ihr Majestät ein Mitleiden mit ihnen trügen / daß die vorige Zeithero ihre Junckern / oder Herrschafft / dieselben so leibeigen gehalten / und täglich / ja alle stunden / in aller Arbeit ohn Unterlaß gezwungen / und so sie etwas verbrochen / sie gepeitschet / oder wie es [8] daselbst ein sonderlich vocabulum terminale ist / gequestet hätten: Ihre Majestät wären gesinnet / solches abzubringen / und auff andere bessere Mittel zurichten nemblich daß sie nur etliche gewisse Tage / nach Gelegenheit eines jedern Güter / die er von seiner Herrschafft innen hätte (denn kein Bauer derselben Oerter sich eines Eigenthums rühmen darff / sondern es ist alles deß Junckern / der die Bauren verjagen / oder vertauschen mag / wann er will) zur Arbeit kommen / und an statt der Peitsche / wegen der Ubertrettung / mit einer Gelt- oder dergleichen Busse / belegt werden solten. Aber der Bauren Außschuß haben einen Fußfall gethan / und umb Gottes Willen gebetten / daß sie bey ihrer alten Fron / und Straff möchten gelassen werden Dessen der König lachen muste / daß sie über ihren Barbarischen bösen Gebräuchen steiffer hielten / als die Rigischen über ihren wohlhergebrachten Freyheiten / und hat sie bey ihren alten Diensten / und Straffen / bleiben lassen. Die Unteutschen aber sind jetziger Zeit die leibeigene Bauren in Liffland; denen für gar alten Zeiten Eiffland erblich / und eigen zugehört gehabt: Aber die Bremer Kauffleuthe / und Schiffer / haben für 500. Jahren (vom Jahr 1585. anzurechnen) ungefehr / die Gelegenheit deß Lifflands erkundiget / und als sie befunden / daß es ein Heydnisch / Barbarisch / und ungeschicktes Volck gewesen / haben sie die die Hafen des Landes mit Gewalt eingenommen / auch auff ein kleine Insul / nicht fern von Riga erstlich eine Kirche gebauet / und dieselbe Kirchholm (dann Holm heisset eine Insul) genennet / viel Scharmützeln mit diesem Volck gehabt / biß sie das endlichen unter sich gebracht / auch etlicher massen zum Christlichen Glauben bekehret gehabt. Wie sie nun deß Landes fast mächtig gewesen / und desselben Gelegenheit ihnen wolgefallen / haben sich auß Westphalen viel hinein begeben / biß letzlich / durch des Bapsts Zulaß / ein Teutscher Orden drinnen gestifftet / darzu denn das mehrertheil Westphalische Edelleuth gezogen worden; wie auch noch der meiste Theil der Liffländischen Einwohner / so die armen unteutschen Bauren unter sich haben / Westphaler sind. Sie werden aber darumb Unteutsch genant / daß sie sonderliche Sprachen haben / die derer Oerter sonst mit keiner Hauptsprach / als Moscowitisch / Polnisch / und dergleichen / übereinkompt. Weil sie aber nicht eine / sondern dreyerley Zungen unter sich brauchen / als werden die jenigen / so nahe bey Derpt wohnen / die Esten / und ihre Spraach Estinisch: die andern / so bey Riga wohnen / werden die Lyben / und ihre Spraach die Lybische: die dritten aber seynd Churn / und ihre Spraach wird die Churische geheissen. Sie haben unter sich noch ein alt Geschlecht / welches vorzeiten sie mag sämptlichen regiert haben / und werden die auß demselben Geschlecht die Churische Könige genandt / seynd aber jetzt nicht mehr / als reiche freye Bauren: und hat der ältiste noch jederzeit ein Lehen von hundert Bauren unter sich: Aber die Polen haben im jüngsten des Stiffts Churland Tumult / solche Churische König fast dünne gemacht. Es ist aber ins gemein das Unteutsche Volck ein sehr Barbarisch / Viehisch / und Närrisches Volck / derer etlich zwar zum Christlichen Glauben bekehrt seynd / die andern aber für dem nächsten Baum / der etwa im Felde allein stehet / niderfallen / und denselben anbeten. Das Weibsvolck hat auch im harten Winter nur etwa ein Stuck blau / oder roth Tuch umb sich geknüpfft / das ist eine Kleidung: behenckt sich / anstatt eines grossen Zierraths / mit Schneckenhäusern / und messenen Ringen: umb die Kniebänder machen sie ein hauffen kleiner hellen Schellen / also / daß man sie von weitem hört kommen: die Schuhe flechten sie von Bast: wie sie dann auch andere Sachen deß mehrertheil von Baste zusammen flechten. Ihren Ackerbau können sie gar leicht [2] bestellen / haben einen Pflug mit einem kleinen leichten Eisen / den ein zimlicher starcker Junger mit einer Hand leichtlich regieret / und mit einen ihrer kleinen Pferden solches verrichten kan. Sie machen aber / wie zuerachten gar seichte Forchen. Die Sommersaat säen sie erst kurtz für Johannis Baptistae, und erfordert es die Gelegenheit derselben Landes nicht anders / dann es zu solcher Zeit kaum recht warm wird. Darnach aber fallen deß Nachts kühle nasse Taue / und deß Tages ist ein grosse Hitz / dergleichen auch in Italien nicht zuspüren / und wenig Regen; also daß sie das Sommergetreydig in acht Wochen auß dem Sacke wieder in dem Sack haben können. In der Zeit der Erndten haben sie eine sonderliche [9] Darre an die Scheuer gebauet / welche Sie eine Rige heissen / (und davon auch die Stadt Riga genant worden seyn solle) / darinn ist ein grosser steinern Ofen / wie ein Backofen gebauet / denselben heitzen sie wol auß / daß Erglüet / und darnach sich selbst ein par Tage Hitze gibet. Ehe Sie nun Dreschen / hängen Sie dieselbe Rige voll Gedreytigs / auff langen stangen / wie die Buchbinder ihr Papir planiren / lassen es dörren / schlagen / darnach mit einen kleinen dinnen Stecken darauff / so springen die Körner bald / und gar rein herauß. Und solche ihre Gedreytig seind nichts destoweniger bequem / und tüchtig / zum Samen / und zum Maltze. Und weil Sie sich auch destobesser halten / so wird derwegen ihr Korn in Hispanien / und biß in Indien geschiffet. Ihr Bier brauen Sie auff diese Art: Sie nehmen grosse harte Feldsteine / lassen dieselben glüend werden / werffen Sie darnach in das Maltz / Hopffen / und Wasser / lassen es also über den Steinen auffsiden / folgen mit heissen Steinen nach / biß Sie meinen / daß es genug sey: und bekompt solches Bier einen herrlichen guten Geschmack / und wird starck davon / bekompt / und schmeckt auch den Außländern wol. Biß hieher D. Müller / von seiner Zeit. Was die Welt- und Erdbeschreiber / in ihren Büchern / von Liffland setzen / mag man selbst bey Ihnen auffschlagen / und ohne Maßgebung / neben andern / auch darzu nehmen Iohan. Angel. à Werdenhagen, part. 3. Rebuspubl. Hans. cap. 24. David Frölich part. 1. Viatorii lib. 3. p. 84. sonderlich aber part. 2. lib. 1. p. 329. seq. und das Itinerarium Germaniae cap. 24. fol. 518. seqq. und desselben Continuatior. fol. 226. und 317. seq.
Nach kurtzer dieser General-Beschreibung / und Eingang / auch Erzehlung underschidlicher Meinungen / folgen nun die fürnehmste / bekantiste / und schrifftlich auffgezeichnete Orth in diesem Lifflande; als: