Topographia Hassiae: Pfaltz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
  ← Wesel Pfaltz Altzheim →  
aus Topographia Hassiae, Text von Martin Zeiller, Illustrationen von Matthäus Merian
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).


[XIX]
Beschreibung der Vndern Pfaltz am Rhein / etc.


Es ist die Pfaltz am Rhein / oder die Vndere Pfaltz / vor vier / oder fünffthalbhundert Jahren / in der Gegenheit vmb Heydelberg / nicht gewesen. Dann was vor Länder / vnd Stätte / darumbligen / vnd jetzt zur Pfaltz gerechnet werden / die haben zum wenigsten Theil den Herren Pfaltzgrafen; sondern entweders dem Reich; oder etlichen Ertz: vnd Stifftern / als Meintz / Wormbs / Speyer etc. vnd den Aebbten; oder den Hertzogen in Francken vnd Schwaben; oder den Land: vnd Marggrafen / Hessen / vnd Baden; auch andern Grafen / Herren / vnnd Edelleuthen / gehört; so aber folgents / durch Kauff / Heurat / Krieg / vnd in andere weg / nach vnd nach / auch Pfandtweise / an Sie / die Herren Pfaltzgrafen / kommen seyn. Man findet in diesem Lande / was dem Menschen zur Leibsnahrung / vnd Auffenthaltung / noth ist. An den Bergen wächst sonderlich guter Wein / vnd Castanien. Die Thäler seynd mit mancherley Obstgärten gezieret. Die Ebne bringet allerley Kornfrüchten. Die Wäld / vnd Berge lauffen voll Hirsch / vnd andern wilden Thiere. Es ziehen auch die Einwohner viel Geissen in Bergen / vnd Wälden. Im Necker / der mitten durch die Pfaltz laufft / wird alle Jahr ein grosse Anzahl Fisch gefangen / vnnd besonders Barben. Es hat solches Lande vom Abend das Zweybrüggische Fürstenthumb; gegen Morgen Franckenland / vnd Württenberg; gegen Mitternacht den Mayn / vnd Odenwald; vnd gegen Mittag / das Elsaß.

Es gehören zu der Pfaltz vil Ort im Craichgöw / von welchem Lande / in Beschreibung Schwaben / ausser der Pfältzischen Orth / so allhie vnden einkommen / gehandelt worden ist.

So seind auch der Pfaltz feine Plätz / im Odonowald / oder Odenwald / zuständig; welches Ländlein auch von Theils / aber vnrecht Ottenwald genennet wird / vnd der Braite nach vom Necker biß an den Mayn gehet; aber nach der Länge bey der Bergstrasse sich anfahet / vnd gegen Orient / biß an die Tauber / oder an das Franckenland stosset; vnd an der Bergstrassen / da sein Gebürg ein Ende hat / auß der massen / besonders am Wein / fruchtbar ist; deßgleichen an der Tauber / vnd vmb Heltbrunn / gegen Mittag / wie Munsterus schreibet. Es haben Theil daran / ausser Pfaltz / auch Meyntz / Würtzburg / die Grafen von Hohenlohe / vnd Erpach: wiewol theils die von Erpach nur allein setzen. Besihe von diesem Lande / vnd dem Vrsprung deß Nahmens / Freherum part. 2. Origin. Palat. c. 6. Es ligen / neben andern Orthen / auch darinn die Clöster Amorbach / Benedictiner; Schönthal / S. Bernhardi Ordens; vnd das vberauß schöne / reiche / vnd herrliche etwan geweste Closter Schönau / zu ende deß Odenwalds / davon vnten. In einer geschriebnen Verzeichnuß stehet / daß nicht weit von besagtem Closter Schönaw / hinten in Odenwald hinein / ein Orth / zum falschen Aid; vnd nicht weit davon / in einem sehr tieffen Thal / ein anderer / vnd erschröcklicher Orth / zu den vbeln Wassern genant / seye; von welchen beeden sonderbare Geschichten erzehlet werden.

Ferners so hat vor dem jetzigen Krieg der gröste Theil der Bergstrassen zu der Pfaltz gehört. Es wirdt aber solche Straß / Lateinisch Strata montana, das ist / ein Weg der Berge genant / von welcher Gegend obgedachter Freherus part. 1. Origin. Palat. cap. 6. weitläuffig handelt; auch part. 2. c. 5. etlicher Orth derselben gedencket / vnd saget / daß solche noch von den Römern / vnter den Käysern Probo, Gratiano. vnd Valentiniano, erbawet [XX] worden / vnd deß Naevii, Dosseni, Siricii, Vinidii, Heppii, Basini etc. Heimat / bedeuten. Es wird aber die Bergstraß angefangen vom Closter Neuburg / ein grosse viertel Meil oberhalb Heydelberg / vber dem Neckar gelegen; vnnd durch Schrießheim / Weinheim / Heppenheim / Bensheim / biß nach Darmstatt / auff sechs guter Meilwegs lang / gezogen. Theils sagen / seye halb Fränckisch / vnd halb Schwäbisch: Andere aber / vnd eigentlicher / daß sie ein Anhang deß Franckenlands / vnden an / vnd neben dem Odenwald / herstreichendt; vnnd gleichsamb ein lustiger Garten / darinn oben das Geburg voll statliches Holtz / von Vögeln / Schnabelweid; bald darunder an den Bergen / außerleßner Weinwachs / vnd besser hinab die schönste Obsgärten; in den Gründen die menge Krebs / Grundelen / vnd Forellenbächlein / auch andere Fische; in den Thälern ein herrliche Viehweide / vnnd Zucht; gantz aber drunter / auff der Ebne / zu beyden Seiten / ein außerlesenes Fruchtland / vnd Wäld / darinn sehr viel schwartz: vnd roth Wildprät; darzu frisch: vnd gesundt Wasser / vnd Lufft / vnnd zwischen diesen allen mitten hindurch die Landstraß auff Franckfurt. Es solle diese Bergstraß vor viel hundert Jahren / zum theil zu der Grafschafft Ladenburg / daselbst deß Grafen Sitz / vnd das Hoffgericht gewesen; theils zum Closter Lorsch gehört haben / an welches Closter auch folgents alles solle kommen seyn; deme solche aber Anno 1232. vom Käyser Friderico II. entzogen / vnd dem Ertzstifft Meyntz gegeben worden; wie beym Trithemio in Chron. Sponheim, zu lesen. Sihe aber das Chronicon Laurishamense. in fin. & Append. Als folgents Churfürst Diether zu Meyntz / geborner Graf von Ysenburg / die Päpstliche Gesandten nicht gnugsamb ehrte / das Gelt für das Pallium nicht nach Rom schickte / vnd anders mehr wider den Römischen Stuel thate / (wie beym besagten Trithemio de gestis Friderici I. vnd daselbst in notis ad pag. 20. stehet) vnd deßwegen durch Papst Pium II. Anno 1461. abgesetzt / vnd an seiner statt Graf Adolph von Nassaw erwöhlet ward; so hat Er Ertzbischoff Diether den Churfürst Friderichen / den Ersten / Pfaltzgrafen / vmb Hülff ersucht / der ihme alßbald mit Kriegsmacht beygesprungen / vnd 9. Meyntzische Stätte einnehmen helffen; vnd darfür / wegen deß Kriegskosten / von ihme Diethero, Starckenberg / Heppenheim / Bensheim / Mörlebach / Lorsch / vnd alle Zugehörungen / Anno 1462. gegen hundert tausent Gulden / empfangen / welche Er / als ein Vnderpfandt / so lang / biß solcher Pfandtschilling erlegt wurde / (so dann ChurMeyntz freystehen solte) behalten möchte. Vnd von solcher Zeit an / seynd diese an der Bergstraß gelegene Orth / bey ChurPfaltz / biß auff den jetzigen Krieg geblieben / in welchem ChurMeyntz dieselbe / wie oben gemelt / wider bekommen / vnd noch Anno 1644. ingehabt hat. Weilen aber sie vorhin vnder die Pfältzische Orth gesetzt worden seyn / so mögen sie zwar noch allhie darunder stehen: Es solle aber gleichwol künfftig deren / in Beschreibung der ChurMeyntzischen Stätte auch gedacht werden.


  ← Wesel Pfaltz Altzheim →