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Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae: Vorrede

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Topographia Germaniae
Vorrede
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1642, S. 5–9.
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[5]
Denen Großmächtigen / Wol-Edlen / Gestrengen /
Hochgelehrten / Vesten / Frommen / Ehrnvesten /
Fürsichtigen / Hochweisen Herren /
Herren Burgermeisteren / Schul-
theisen / Land-Amman / Räthen / Bürgern vnd Landleuten:
Deß weitberühmbten grossen alten Bundts Obern Teutschen
Landen / der 13. Orthen Hochlöblicher Eydgnoßschafft:
Nemblichen:


Zürich / Bern / Lucern / Vry / Schwytz / Vnderwalden / ob vnd nid dem Kernwaldt /

Zug / Glaris / Basel / Freyburg / Solothurn / Schafhausen / vnd Appenzell.


Meinen hochgeehrten großgünstigen
Herren.

Großmächtige / Wol-Edle / Gestrenge / Hochgelehrte / Veste / Fromme / Ehrnveste / Fürsichtige / Hochweise Herren / Ew. WolE. Str. V. Fürs. W. seyn mein vnderthänige / höchstschuldig / willig vnd geflissene Dienste / anvor.

Es ist bekandt vnnd offenbahr / daß die Teutschen vor Zeiten in keinen Stätten gewohnet / vnnd wann schon bey einem Scribenten etwan das Wörtlein Oppidum zu finden / so wird doch dardurch allein die Verwahrung ihrer Wäld vnnd Wohnungen / mit Zäunen vnnd einem Wall vestanden; Vnd seyn noch zu deß Taciti Zeiten / der etwan vmb das Jahr Christi 100. sein Büchlein von der Teutschen Sitten geschrieben / keine Stätt in dem alten Teutschland gewesen / sondern es haben die Teutschen mehrertheils absonderlich gewohnet / vnd ihre Häuser auff das freye Felde / oder zu den Brunnen vnd Wälden / erbawet / daher noch viel Orth auff Feld / Wald / Brunn oder Born / Item auff Haym vnnd Hauß [6] sich enden. Vnd solche Häuser waren schlecht hin mit Stecken oder auß Leymen vnd grossen eychenen Balcken zusammen gemacht / vnd gekleibt / vnd mit einem ströhernen / oder von Esten vnd Laub gemachten Tach / sampt einem Loch daran / ohne Schornstein oder Rauchfang / zugerichtet. Daher sie ihre Wohnungen Jährlich geändert / vnnd sich an einen andern Orth begeben. Sie haben ihnen auch Gruben vnter der Erden gemacht / vnd solche mit Mist bedeckt / damit sie im Winter darinnen wohnen / auch die Früchte da behalten köndten. Mit der Zeit aber haben sie die Häuser zusammen zusetzen / vnnd Ziegel / Kalck / vnnd dergleichen zugebrauchen angefangen / so sie von ihren Nachbaren erlernet. Gleichwolso ist solche Zusammensetzung etlicher Häuser auff offenem Felde / bey ihren darzwischen gelegenen Feldgütern / vnd zwar gemeiniglich an denen Orten geschehen / da ein Wasser oder Brunnen gewesen ist. Daher dann von dem Wörtlein Pach / Pagus entstanden / so nicht ein solches Dorff / wie sie heutiges Tags seyn / sondern ein guten Strich Lands / ein Gebiet oder Marck / an einem Wasser oder Bach gelegen / bedeutet / so man eine Brunnenschafft hette nennen können / vnnd die Sachsen Börde / die Anglo-Britanner Shyr / oder Schyr / vnd die Franckreichische noch Pays, wir aber ein Göw nennen / als Hennegöw / Wormsergöw / Craichgöw / etc. so sich auff viel Meil Wegs erstrecket / vnd da viel Weyler / Dörffer / Flecken / etc. beysammen gewesen / die ihre besondere Gemärckung vnd Grentzen / vnd jedes Göw seine / vnder der Franckreichischen Regierung / von den Königen vorgesetzte Beampte vnd Obrigkeiten / nemblich Comites oder Graffen gehabt; die Innwohner aber vnd Vnderthanen / Pagenses, das ist / Landsleute / genant worden seyn. Besagte Dörffer / Flecken / etc. haben sie folgends vmb etwas zu verwahren / vnd einen Zaun vnd Haage darumb zu machen angefangen / auch Schlösser vnd Castell erbawet / an welchem die Burgen oder Marcktfleck / ohne Mauren gelegen gewesen / die sie / wie auch die Dörffer / mit der Zeit mit Mawren vmbgeben / vnd also zu Stätten gemacht haben. Vnd hält man darfür / daß schon / vor Käyser Carls deß Grossen Zeiten / Stätte in Alt Teutschland gewesen / als zu solcher Erbawung der Hunnen König Attila Vrsach gegeben hatte: wiewol solche noch gar gering waren / biß zu Käysers Henrici deß Ersten (da allezeit acht Bauren einen Bürger in den new erbawten Stätten ernehren / vnnd ihr vbriges Getreyd in dieselbe haben führen müssen) vnnd der Ottonum Zeiten / wegen der stätigen Einfäll der Vngarn / vnsere Vor-Eltern solche fester zu machen seyn gelehret worden: also / daß folgends Teutschland je länger je mehr / sonderlich nach dem die Käyser in demselbigen beständig zu verharren / vnd die gute Künste allda zu grünen angefangen / zu desselben / vnnd gantzer Christenheit / Schutz / befestiget worden ist. Vnd wie die Dörffer vorhin sich geendet: also haben auch die Stätte / so darauß gemacht worden / an vielen Orthen solchen Namen behalten / als von Ach oder Wasser / Brysach / Creutzenach / etc. von Trecht oder Vberfahrt / Vtrecht / Dordrecht / etc. von Haym / Pforttzheim / Hildeßheim / etc. deren theils abgebrochener Weise an [7] statt haim / sich auff ein gen enden / als Tübingen / Eßlingen / etc. Theils haben das Wörtlein Dorff / als Düsseldorff / vnd andere / etc. Theils auch die Römische Namen behalten / nur daß sie solche ein wenig geändert haben / als Campodunum Kempten / Iuliacum Gülch / Novesium Nuyß / etc. Theils haben die alte Römische Namen / nach dem die Römer vertrieben worden / gantz verändert / als da seyn Arae Flaviae Nördlingen / Aventicum Wüfflisburg / Iuvavia Saltzburg / Vicus Iulius Germerßheim / etc. Vber Rhein zwar hat es auch vor Alters allbereit Stätte gehabt / als Cöln / Trier / Zabern / Solothurn / vnd andere; welche aber folgends / wie auch die in AltTeutschland / je länger je mehr zugenommen / gehäufft / vnd die alten auch mehrers gezieret / vnd befestiget worden seyn / also daß / wann man sie gegen den vorigen halten wolte / dieselbe vielmehr Dörffer / als Stätte / zu achten weren / vnnd die heutige alle New dargegen zu seyn / scheinen würden / vnd man sie gegen den Alten kaum erkennen köndte. Vnd ist / vor dem jetzigen leydigen Krieg / das Teutschland mit so vielen Stätten / Schlössern / Vestungen / Clöstern / Dörffern vnd Weylern erbawt / vnd mit solcher schönen Gelegenheit gezieret gewesen / daß es diß Orts keinem Lande etwas bevor geben. Welche schöne Gestalt aber so häßlich zugerichtet worden / daß / wann ein Durchreysender jetziges Teutschlandt betrachtet / vnd das vor wenig Jahren geweste dargegen hält / er / ohne Vergiessung heisser Zähren / solches nicht anschawen kan. Er erfähret / wann er anders seinen Verstandt hat / daß zu diesen letzten grewlichen Zeiten alles / was hiebevor das Teutschland vber andere Lande / vnd Königreich erhoben / berühmbt / groß vnd herrlich gemacht hat / jetzt vor vnsern Augen je mehr vnd mehr abgenommen / dahin gesuncken / vnd zu Boden gefallen / vnd vns fast nichts von der hiebevorigen Glückseeligkeit vbergelassen: sondern alles entweder allbereits hinweg genommen / oder doch gefährlich geschwächt / vnd geändert worden: Hergegen aber die Laster gewachsen / vnd höher gestiegen seyn. Vnd zweifflen ihr viel / ob Teutschland / vor dem allgemeinen Ende der Welt / sich wider erholen / vnd mit Frewden das Haupt auß dem Staub / vnd Blut / darinn es gewaltzet wird / erheben werde: sintemahl etwas recht beständig zu hoffen / noch zur Zeit kein satt Fundament / welches gottselige vnnd rechtschaffene Hertzen befestigen möchte / eygentlich erscheine. Gleichwol so müssen wir jetzt erlebte darumb nicht vnterlassen / ein jeder an seinem Orth / vnsers nunmehr elenden allgemeinen Vatterlandts voriger Glückselig- vnd Herrligkeit / vns mit danckbarem Hertzen zu erinnern / auch vnsern Nachkommen dieselbe vor Augen zu stellen / ob sie vielleicht dardurch möchten zum Eyfer erwecket werden / nach Göttlicher Ordnung / das ist / mit gottseligem vnnd tugendhafftem Wandel / was noch stehet / zu erhalten / was gefallen / wider auffzurichten / vnd was verlohren / wider zu bringen. Zu welchem Ende dann / nach dem Talent / so mir mein Himmelischer Vatter / vnd Herr / anvertrawt / vnd auff Ermahnung vnd Begehren vieler guthertzigen Liebhaber ihres Vatterlandts / Ich mir vorgenommen / mit Verleyhung Göttlicher Gnaden / die [8] jenige Stätt vnnd Orth / durch das gantze grosse Teutschland / den Ländern nach / so ich nun lange Zeit zusammen gesamblet / vnnd hin vnd wider / theils auß sonderbahrer Freygebigkeit / theils auch mit nicht geringen Vnkosten / vnd schwerem Verlag / an mich gebracht / vnnd noch (durch Hülff guter Gönner / vnd Liebhaber der Künste / sonderlich der Teutschen Sachen / so die Gedächtnuß der alten Geschichten / nach dem Exempel anderer Völcker / gern erhalten sehen wolten) bekommen möchte / ordentlich nach vnnd nach (damit den Käuffern / vnd mir dem Verläger / es desto leichter falle / auch einem jeden frey stehe / allein sein eygentlich Vatterland / oder ein anders / nach seinem Belieben / absonderlich / oder so es ihme gefällig / ein Provintz nach der andern / bequemblicher / als wann er das Gelt auff einmahl für das gantze Werck außgeben müste / zu erkauffen / vnnd also endlich gleichsamb vnvermerckt zusammen zu bringen) hervor zu geben; Weiln die vorhin außgangene Stätt-Bücher entweder nicht ordentlich verfast seyn; oder wenig abgebildete Teutsche Orth in solchen zu finden; Theils auch bey diesem Krieg seydhero viel ein andere Gestalt bekommen / auch theils viel mehrers fortificirt worden seyn. Vnd damit ein desto grösserer Nutz davon geschöpfft werden / vnd man nicht allein die Augen / sondern auch die Ohren damit ergötzen / vnd befriedigen möchte / so habe ich einen / der Teutschen Sachen / vnd Historien Liebhabern / erbetten / GOTT zu Lob / vnnd dem Vatterland zu Ehren vnd Dienste / die Mühewaltung auff sich zu nehmen / vnd alle die Stätt vnnd Stättlein / so viel ihme noch zur Zeit wissend / vnd zu erfahren gewesen / durch das gantze Teutschland / kürtzlich / damit das Werck nicht zu groß würde / zu beschreiben / vnd auch etlich andere fürnehme / vnd sonderlich in diesem Krieg mehrers bekandt wordene Ort / Bäder vnd dergleichen / mit einzubringen / damit solches Opus vnter dem Namen nicht nur eines Stätt-Buchs / sondern einer Orth-Beschreibung / oder Topographiae, nicht zwar universalis, sondern particularis, herfür kommen / vnd etlich hundert mehr Teutsche Stätt / etc. als in denen biß daher außgangenen Stättbüchern / oder Theatris Vrbium, beschehen / allhie eingebracht werden möchten. Vnd ob woln ich biß dato nicht aller Orth / so in solcher Beschreibung eingerückt werden / Conterfäten erlangen können: So hoffe ich doch dieselbe noch mit der Zeit zu bekommen / vnd bin deß Erbietens / so dann alle Franckfurter Messen solche vmb ein billiches den Käuffern folgen zu lassen / damit sie solche auch / zu den allbereit erkaufften Exemplarien / haben / legen / oder binden lassen mögen.

Den Anfang nun dieses Wercks / hab ich von der Löblichen Eydgnoßschafft gemacht / weilen die Herren Eydgnossen / vnnd ihre Confoederirte / die Grawbündter vnd Walliser / nicht allein von Vhralten Zeiten vnder dem Namen Austrasiae, oder der Ost-Francken / vnd deß Teutschen Reichs / begriffen gewesen: sondern auch noch jetzt zum Teutschland gerechnet werden: das Römische Reich Teutscher Nation respectiren: auch sich der Teutschen Sprach / sonderlich die Herren Eydgnossen / gebrauchen / vnd zu oberst der Teutschen Provincien [9] ligen. Daß aber E. Wol E. Str. V. Fürs. W. ich solchen Anfang / oder ersten Theil / vnderthänig vnd dienstlich zuschreibe / vnd dedicire / geschicht Erstlich darumb / dieweil ein vhralter Gebrauch ist / daß man zu newen Büchern vornehme Patronen vnnd Beschützer derselben suchet vnd nimmet. Zum Andern deßhalben / weilen dieses von Rechtswegen E. Wol. E. Str. V. Fürs. W. sampt vnd sonders / gebühret / als von denen / ihren Orten / Gebiet / Stätten / vnd Landschafften / (die bey diesem Teutschen Krieg / vor andern vielen / durch Gottes Gnad / in ziemblichen Wohlstand vnd Frieden gesessen) es redet. Vnd dann zum Dritten / dieweil ein jeder sein Vatterland zu lieben vnd zu ehren schuldig ist / welches vns demselben fest verbunden: Wir auch der Erden / die vns herfür geben / vnd welche wir mit vnseren Leibern erstlich berührt / auff derselben gestanden / vnd ihren Lufft zu vns genommen haben: allda vnsere Kindheit geweinet vnd gespielet hat: vnd vnsere Jugend aufferzogen vnnd geübet worden ist / stätigs eingedenck seyn: vnd derselbigen Flüsse / Felder / vnd andere Lustbarkeiten / immerdar mit den Augen vnsers Gemühts anschawen vnd behertzigen: Daß ich daher / als in der Löblichen Eydgnoßschafft / nemblich in der Statt Basel / geboren / mit diesem zwar kleinen vnd geringen Wercklein / in etwas wenigs mein gute Affection zu meinem Vatterland / vnnd gantzer hochmögender Eydgnoßschafft / möchte verspüren vnd sehen lassen / so ich lieber / wann es in meinem Vermögen were / in etwas besserem zu verbringen wünschete. Gelebe dahero der hohen Hoffnung / bitte auch deßwegen vnderthänig / gantz dienstlich vnnd hoch fleissig / Ew. Wol E. Str. V. Fürs. W. werden den guten Willen vor das Werck / vnnd dieses Geringfüge / in dero großgünstigen Schutz vnnd Schirm auffnehmen / vnd dero mich vnd meine Studia, in Gnaden / vnd großgünstiger Wolgewogenheit lassen befohlen seyn; Die ich damit dem Macht-Schutz Gottes deß Allerhöchsten / zu ferrner glückseeligen biß daher / vnder den benachbarten Kriegs-Vnruhen vnd Waffen / florirenden vnnd friedlichen Regierung / vnd allem andern behäglichen Wolergehen / vnderthänigen vnd besten Fleisses befehlen thue. Datum Franckfurt den 9. Aprilis, 1642.


     E. Wol E. Str. V. Fürs. W.


          Vnderthänig vnd dienstschuldig befliessener


MATTHAEVS MERIAN.