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Topographia Westphaliae: Lemgow

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Topographia Germaniae
Lemgow (heute: Lemgo)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1647, S. 37–38.
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Lemgow /

Ist ein feine Westphälische / vnd Hansee-Statt / nahend Dethmolden / vnd zwar eine Meil davon / in der Graffschafft Lippe / gelegen. Es findet sich in einem Register der Reichs-Stände / daß Hertzog Heinrich / der Aelter / zu Braunschweig / diese Statt dem Stifft Paderborn geschenckt / die nachmals der Paderbornisch Bischoff / so ein Graff von Lippe gewesen / dem Graffen zur Lippe Lehenweiß verliehen. Es sey ihr zwar / in Ansehung / sie deß Reichs Matricul einverleivet / Zahlung aufferlegt / vnd darauff etliche Ziel / zu Vnterhaltung deß Cammergerichts / bezahlet worden; sey aber kein weiterer Behelff da gewesen / vnd sie also vom Graffen zur Lipp eximiert worden. Johan. Angelius a Werdenhagen schreibet / de Rebuspubl. Hanseat. part. 4. cap. 7. p. 39. Es lige Lemgow an dem Wasser Pega, so folgends in die Wehra fället / nicht vber zwo Meilen von Hervord / vnd erkenne / doch mit Vorbehalt ihrer Freyheiten / den Graffen zur Lippe für ihren Herrn / habe fruchtbare Aecker / vnnd lustige Weyden vmb sich herumb; davon die Statt auch ihren Namen hat / vnnd von solchem leimichten Boden Leimich Awe / oder Lemgaw / genannt wird. Die Burger seyen arbeitsam / vnd gar embsig in der Nahrung / vnd Gewerb. Im Jahr 1530. haben sie auch damals wider ihres Graffen Simonis willen / sich zur Evangelischen Religion begeben / vnnd mit Raht der Statt Braunschweig / ihre Kirchensachen / nach dem sie newe Kirchendiener [38] beruffen / angestellet. Also habe auch der Raht allhie / Anno 1598. die Adeliche Brüder von Saldern / welche Hertzog Heinrich Julius von Braunschweig / auff das hefftigste verfolgete / weiln sie auff dem Landtag der Statt Braunschweig / das Wort gered / vnd sie in etwas vertheydiget / auffgenommen / vnd in ihrer Statt versorget / damit sie keinen Gewalt zuleyden hätten; daher die Statt nicht eine geringe Vngunst / vnnd Widerwillen deß Hertzogen / auch sich geladen habe; weiln daher die erste Vrsach / der so schädlichen Zwytrach / vnnd Kriegs / mit den Braunschweigern / entstanden seye. Melchior Goldastus, in seinem Buch von dem Königreich Böheim / meldet lib. 6. cap. 20. p. 741. Daß in der Stände der Graffschafft Lippe Freyheiten versehen seye / daß auch der Graffen Söhne zur Nachfolge / nicht zugelassen werden / außgenommen / der jenige / welchen sie / die Stände / als einen Würdigern / vnd zum Regiment Tauglichern / erwöhlen / oder welchen die Stätte Horn / vnnd Lemgow / durch ihre Stimmen / ernennen. Ist ein ansehenliche / schöne / vnd wol erbawete Statt; allda es auch ein gute Schul / vnd Buchdruckerey vor diesem gehabt / welche aber / wegen jetziger Kriegsläuffte / in Abgang kommen. Vnd ist das Bier allhie gesotten / gar angenehmen Geschmacks.

Allhie ist zusehen / die Slaves-Pfort / so viel / als der Wenden / so vor Jahren da gewohnet / Pfort. Die alten Thürn an der Stattmawren daselbst / darauff eine Crone / vnd darinn der Lindwurm der Slaven / oder Wenden / vnd ihrer Könige Wappen / seyn auch zubetrachten. Der Juterbock ein groß hoch Gebäw / so daselbst gezeiget wird / ist so viel / als Gott / die Sonne / wiewol es andere von dem Wort / Jupiter / her ziehen; wie in der Lippischen Chronic p. 301. stehet / daselbst auch p. 499. seq. gesagt wird: Daß allbereyt zu deß Keysers Lotharii Zeiten / die Graffen zur Lipp diese Statt besessen / nämlich / Bernhardus I. Graff Simon der Erste / hat zur Alten auch die Newe Statt gebawet. Dahin Anno 1306. auch ein Nonnen Kloster kommen. Graff Simon der Dritte / hat Anno 1369. bewilliget / daß die zwey vnderschiedliche Regimenten beyder Stätte / forthin ein Corpus seyn / vnd beyde Stätte für eine gehalten werden solte. Anno 1342. hat das Wasser in der Newen Statt grossen Schaden gethan / viel Leut ersäuffet / vnnd etliche verstorbene Leiber auß den Gräbern hinweg geführet. Anno 1447. ward die Statt in dem Soistischen Krieg von den Böhmen / so Hertzog Wilhelm zu Sachsen / dem Ertzbischoff von Cölln zuhülff geschickt / außgeplündert. Anno 1609. vnd folgende / gab es Vnruhen allhie / darvon in der besagten Lippischen Chronic fol. 659. seq. zulesen. Anno 1612. war ein groß Erdbebung daselbst. Anno 1637. ward sie von den Keyserischen verlassen / vnd gab darauff den Hessischen eine Brandstewer. Aber / als die Keyserischen wider darfür kamen / geschahe grosser Schade mit Fewer / vnd ward ihnen die Statt im Novembri auffgeben; die solche innengehabt / biß sie An. 1646. von dem Schwedischen Herrn General Leutenant Königsmarck wider erobert worden.

Gar nahend dieser Statt / ligt ein schön / wolgebawet / Gräfflich Schloß / Namens Brake / welches vor diesem das Residentz-Hauß / Herrn Graffen Simon deß ältern / gewesen. Nach dessen tödlichen Abgang aber / in Zertheilung der Graffschafft / dessen Sohn Herrn Graff Otten zur Lippe / etc. zu Theil worden / welcher daselbst annoch besitzet.