Ueber die Bestandtheile der Meteorsteine

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Autor: Carl Rammelsberg
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Titel: Ueber die Bestandtheile der Meteorsteine
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
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Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
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[130]
X. Ueber die Bestandtheile der Meteorsteine;
von Carl Rammelsberg.


In früherer Zeit erblickte man in den Meteorsteinen eine gleichförmige eigenthümliche Mineralmasse, und wurde dazu insbesondere durch ihr äußeres Ansehen verleitet, welches, außer etwas gediegenem Eisen, mit bloßem Auge oft keine Gemengtheile weiter erkennen läßt. Von dieser Art sind die Meteorsteine von Ensisheim, Lissa, Aigle und andere.

Nordenskiöld versuchte zuerst die Masse des Meteorsteins von Lautolax in Finnland in bekannte terrestrische Mineralsubstanzen zu sondern, und zu zeigen, daß sie aus Eisen, Olivin, Leucit und einem grauen lavaartigen Bindemittel bestehe. Aber die erste ausführliche mineralogische Analyse, welche zu einem positiven Resultat geleitet hat, verdanken wir Gustav Rose in seiner Untersuchung des Meteorsteins von Juvenas, einem der deutlich gemengten Abänderungen dieser so interessanten Naturproducte[1].

G. Rose hat durch mineralogische und chemische Hülfsmittel in diesem Meteorsteine das Vorhandenseyn von Magnetkies und Augit außer Zweifel gesetzt, und es außerdem höchst wahrscheinlich gemacht, daß der weiße, feldspathartige Gemengtheil desselben Labrador sey. Leider besitzen wir von diesem Meteorstein keine brauchbare vollständige Untersuchung; denn die Untersuchung von Laugier[2] ist einerseits mit dem Ganzen angestellt, indem kein einzelner Bestandtheil auf mechainischem [131] oder chemischem Wege von den übrigen gesondert wurde; andererseits zeigt sie einen starken Verlust von nahe 8 Proc., und überdieß hat G. Rose nachgewiesen, daß in jenem Meteorstein 0,6 Proc. Natron enthalten seyen, welche Laugier ganz übersehen hat.

Dem von Juvenas gleicht der Meteorstein von Stannern in hohem Grade. Auch er enthält Magnetkies, und höchst wahrscheinlich Augit und Labrador, deren ersterer schon von Mohs[3] darin vermuthet wurde.

Diese Meteorsteine bestehen also im wesentlichen aus Augit und Labrador, d. h. aus zwei Mineralien, welche die Grundmasse der meisten neueren platonischen und vulkanischen Gesteine unserer Erde ausmachen. Augit und Labrador bilden den Dolerit, wie dieß die Analysen hinreichend bewiesen haben[4], und Dolerit bildet die Grundmasse des durch Säuren wenig angreifbaren Theils der Basalte, die ein Gehalt an einem oder mehreren Zeolithen, an Nephelin, Olivin, Titan- und Magneteisenstein von den Doleriten unterscheidet. Augit und Labrador bilden unzweifelhaft die Hauptmasse sehr vieler Laven, wie derer vom Aetna, so daß alle diese geologisch ähnlichen Gesteine auch in mineralogischer und chemischer Hinsicht denselben Grundcharakter an sich tragen. In den älteren plutonischen Gebilden ist es nicht sowohl der Augit, sondern der chemisch ihm gleiche, mineralogisch jedenfalls ganz nahe stehende Hypersthen und Diallag, welche im Gemenge mit Labrador zwei wichtige Gebirgsgesteine, den Hypersthenfels und den Gabbro, bilden, wie dieß von G. Rose in seiner schönen Arbeit über die Grünsteine hervorgehoben ist[5].

[132] Schon Mohs hat auf die große Aehnlichkeit, welche der Meteorstein von Juvenas mit dem Dolerit vom Meißner in Hessen zeigt, die Aufmerksamkeit gelenkt, und man kann wohl mit Recht sagen, ein Theil der Meteorsteine sey nichts anderes als Dolerit.

Aber eine andere Klasse von Meteorsteinen stellt sich als eine fast homogene Masse dar, deren Gleichförmigkeit nur durch eine Beimengung von metallischem Eisen unterbrochen wird. Bei diesen Abänderungen kann die Frage über die Natur der Masse nicht auf dem Wege mineralogischer Beobachtung, sondern nur durch Hülfe der chemischen Analyse gelöst werden, und höchstens läßt sich die Trennung des metallischen Bestandtheils durch Anwendung des Magnets bewerkstelligen.

Glücklicherweise besitzen wir von Meteorsteinen dieser Art eine Reihe zuverlässiger chemischer Analysen, und zwar in der ausgezeichneten Arbeit von Berzelius über Meteorsteine und Meteoreisen, der ersten, welche den Gegenstand in chemischer Beziehung ganz vollständig behandelt hat[6].

Berzelius, welcher die Meteorsteine von Blansko in Mähren, von Alais und Chantonnay in Frankreich, und von Lautolax in Finnland untersucht hat, fand als Resultat, daß diese Klasse zunächst gediegen Eisen enthält, welches sich durch den Magnet ausziehen läßt, aber nicht rein, sondern, wie zu erwarten stand, in Verbindung mit Schwefel, Phosphor, Kohle, Magnesium, Mangan, Nickel, Kobalt, Zinn und Kupfer, und welches außerdem eine krystallinische Verbindung von Phosphor mit Eisen, Nickel und Magnesium eingewachsen enthält. Außerdem enthalten diese Meteorsteine Schwefeleisen (Magnetkies), zum Theil magnetisch, Chrom- und Magneteisen, und endlich Olivin, dessen Menge so bedeutend ist, daß er in der Regel die Hälfte der ganzen erdigen Grundmasse beträgt, und welcher vermöge seiner [133] leichten Zersetzbarkeit durch Säuren von dem Uebrigen zu trennen ist. Dieser schwierig angreifbare Theil der Grundmasse nun hat bisher weiter keine Deutung erfahren, so daß sich nicht angeben ließ, ob eine Analogie desselben mit der Doleritmasse der früher betrachteten Klasse von Meteorsteinen stattfinde.

Ich will versuchen in dem Nachfolgenden die mineralogische Beschaffenheit dieser Grundmasse zu erklären, und zwar durch eine Berechnung der analytischen Resultate selbst, welche bis jetzt ohne bestimmte Deutung dastanden. Veranlassung dazu gab Dufresnoy’s Analyse eines Meteorsteins, welcher am 12. Juni 1841 zu Chateau-Renard im Depart. Loiret in Frankreich niedergefallen ist

Aus den sogleich mitzutheilenden Berechnungen glaube ich nämlich schließen zu dürfen, daß die Grundmasse dieser Meteorsteine anstatt des Augits Hornblende enthalte, im Gemenge theils mit Labrador (M. von Blansko und Chantonnay), theils mit Albit (M. von Chateau-Renard). Aber auch dieß sind Gemenge, welche zum Theil terrestrische Gebirgsarten zusammensetzen. Zwar kennt man bis jetzt noch kein Gestein, welches allein aus Hornblende und Labrador zusammengesetzt wäre, wiewohl beide gemeinschaftlich in der Grundmasse von Basalten und Laven vorzukommen scheinen; Hornblende und Albit constituiren dagegen den Diorit[7]. Die Meteorsteine dieser Klasse bestehen also zum Theil aus Diorit, gemengt mit Olivin und Eisen, welche beide als Meteoreisen für sich oder im Gemenge (Pallas’sche Masse) vorkommen.

Ehe wir indessen zur Berechnung der vorhandenen Analysen übergehen, sey es erlaubt einige Bemerkungen über die Constitution der Hornblende voranzuschicken.

Bekanntlich sind die Hornblenden, welche eine hellere, weiße, gelbliche, grüne Farbe besitzen, und, zwar [134] seltener vollkommen auskrystallisirt, wohl aber kristallinisch ausgesondert, häufig in Gesteinen von ganz abweichender Natur, wie in Kalksteinen, vorkommen, so zusammengesetzt, daß die Sauerstoffmengen der Basen und der Säuren sich wie 4 : 9 verhalten. Jene Basen gehören sämmtlich zu den stärkeren, in denen wir 1 At. Radical und 1 At. Sauerstoff annehmen; es sind Kalkerde, Talkerde, Eisenoxydul und Natron, letzteres nur im Arfvedsonit und Aegirin. Danach unterscheidet sich die Hornblende von dem Augit durch einen größeren Säuregehalt, indem in den Augiten als Zweidrittelsilicaten das Sauerstoffverhältniß wie 4 : 8 = 1 : 2 ist.

Nun sind es aber gerade die krystallisirten Abänderungen der Hornblende von schwarzer Farbe, wie sie z. B. im Basalt und Basalttuff gefunden werden, welche sich durch einen sehr wechselnden Gehalt (4 bis 15 Proc.) an Thonerde auszeichnen. Schon die Menge derselben scheint deutlich zu beweisen, daß sie nicht beigemengt seyn kann, und daß sie nicht in Form eines Silicats gleichsam als Mutterlauge der flüssigen Masse, aus welcher die Hornblendekrystalle sich bildeten, in diesen Krystallen mechanisch eingeschlossen seyn kann, zeigt offenbar der Umstand, daß thonerdehaltige Hornblenden auch im Kalkstein vorkommen (Hornblende von Pargas, von Åker).

Will man daher die Constitution der sämmtlichen Hornblenden in Einklang bringen, so muß man nothwendigerweise annehmen, daß die Thonerde einen Bestandtheil der thonerdefreien Abänderungen ersetzen könne, mit ihm also isomorph sey. Zu den Basen derselben kann er aber nicht gehören; denn dagegen sprechen die Resultate der Berechnungen unter dieser Annahme, und alle sonstigen chemischen Gründe; es muß also die Kieselsäure seyn, mit der die Thonerde isomorph ist. Bekanntlich hat Bonsdorf diese Ansicht zuerst ausgesprochen.

[135] Daß die Thonerde gleich wie alle Oxyde von minder intensivem elektro-positivem Charakter gegen starke Basen auch eine wahre Säure seyn könne, zeigt ihr chemisches Verhalten zu den Alkalien; es zeigen dieß aber vor allem die schönen Untersuchungen von Abich über die spinellartigen Mineralien. Um aber mit der Kieselsäure isomorph zu seyn, müßte, nach den bisherigen Vorstellungen, die Thonerde ihr analog zusammengesetzt seyn, was jedoch nicht der Fall ist, in sofern wir jene als , diese als betrachten.

Nun haben die wichtigen Untersuchungen der neuesten Zeit, insbesondere von Kopp, über die Atomvolume der Körper, die Ursache der Isomorphie auf eine umfassendere Grundlage zurückgeführt. Denn in der That läßt Alles glauben, daß diese so wichtige Erscheinung, durch welche Mitscherlich zuerst den Zusammenhang zwischen der Krystallform und der chemischen Natur der Körper kennen lehrte, und welche unstreitig einen der größten Fortschritte in der Chemie und Mineralogie bezeichnet, daß sie nicht immer eine gleiche Anzahl von elementaren Atomen, auf gleiche Weise mit einander verbunden, voraussetzt, sondern daß Isomorphie überhaupt eine Folge aus der Gleichheit (vielleicht ganz allgemeine Proportionalität) der Atomvolume der Körper ist, und wenn diese Gleichheit keine absolute ist, so ist ja auch die Isomorphie in den meisten Fällen (in den ungleichaxigen Systemen) eigentlich nur homöomorphie.

Kopp hat selbst auf scharfsinnige Weise nachgewiesen, in welchem Zusammenhange die Aenderung des Atomvolums mit der der Krystallwinkel bei isomorphen Körpern steht.

Nun ist das Atomvolum der Thonerde etwa 182, das der Kieselsäure etwa 200; sie nähern sich mithin einander in dem Grade, wie dieß bei isomorphen Körpern der Fall ist, und wenn auch Korund und Quarz [136] nicht isomorph sind, so ist dieß doch kein Einwand, weil beide dimorph seyn könnten, und zwar in Formen desselben Systems, wie wir es an der Titansäure beobachten.

Ich glaube daher, daß man bei der Hornblende die schon von Bonsdorf gemachte Annahme, daß die Thonerde einen Theil Kieselsäure ersetze, als gegründet ansehen könne.

Unter dieser Voraussetzung haben in der That alle Hornblenden die nämliche Zusammensetzung, d. h. das Sauerstoffverhältniß der Basen und Säure von 4 : 9, wie folgende Berechnung einiger der besten Analysen thonerdehaltiger Hornblenden darthut,

Sauerstoff
der Basen der u.
Von Nordmark (Bonsdorf) 012,63 : 028,86
Von La Prese (Kudernatsch) 012,1 : 029,1
Vom Baltymsee (Derselbe) 012,21 : 029,67
     (Uralit)
Von Kongsberg (Derselbe) 012,97 : 029,77
Von Åker (Bonsdorf) 012,7 : 031,0

Diese Bemerhungen waren nothwendig, weil nach den hier entwickelten Principien die Hornblende in der Grundmasse des Meteorsteins von Chateau-Renard berechnet ist.


I. Meteorstein von Chateau-Renard.

Zufolge der Analyse von Dufresnoy[8] enthält die Grundmasse:

[137]

Kieselsäure 51,77
Thonerde 10,22
Eisenoxydul 17,51
Talkerde 18,33
Kalkerde 0,47
Natron 2,30
Kali 0,68
101,27.

Berechnet man, von dem Alkaligehalt ausgehend, den Gehalt an Albit,

so hat man:

für den Albit: für den Rest: Sauerstoff:
Kieselsäure Kieselsäure
Thonerde Thonerde
Natron Eisenoxydul
Kali Talkerde
Kalkerde

In diesem Rest ist das Sauerstoffverhältniß folglich = 11,2 : 24,64, d. h. nahe = 4 : 9, wonach er Hornblende ist, deren Menge 5 Mal so viel beträgt als die des Albits.

In dem ganzen Meteorsteine würden danach 6,31 Proc. Albit und 31,86 Proc Hornblende enthalten seyn.


II. Meteorstein von Blansko.

Nach der Analyse von Berzelius enthält bei diesem die durch Säuren nicht zerlegbare Grundmasse: [138]

Kieselsäure 57,145
Thonerd e 5,590
Talkerde 21,843
Kalkerde 3,106
Eisenoxydul 8,592
Manganoxydul 0,724
Natron 0,931
Kali 0,010
Nickeloxyd
Chromeisen
1,554
99,495.

Wenn man hier, vom Alkaligehalt ausgehend, daraus die Menge des Labradors nach seiner bekannten Formel berechnet, so hat man:

für den Labrador: für den Rest:
Sauerstoff Sauerstoff
Kieselsäure Kieselsäure
Thonerde Talkerde
Kalkerde Kalkerde
Natron Eisenoxydul
Kali Manganoxydul

Bas Sauerstoffverhältniß von 10,8 : 24,46 ist wiederum nahe = 4 : 9; der Rest ist also Hornblende, aber eine thonerdefreie, weil die Menge der Thonerde gerade nur zur Bildung von Labrador hinreichte. Auch hier stehen beide Mineralien nahe in dem Verhältniss von 1 : 5.


III. Meteorstein von Chantonnay.

Sein unlöslicher Bestandtheil enthielt:

[139]

Kieselsäure 56,252
Thonerde 6,025
Talkerde 20,396
Kalkerde 3,106
Eisenoxydul 9,723
Manganoxydul 0,690
Natron 1,000
Kali 0,512
Nickeloxyd
Chromeisen
1,238
98,930.

Schon die große Uebereinstimmung des Ganzen mit dem Vorhergehenden läßt auf ein analoges Resultat schließen[WS 1]. In der That erhält man:

für den Labrador: für die Hornblende:
Sauerstoff Sauerstoff
Kieselsäure Kieselsäure
Thonerde Talkerde
Kalkerde Kalkerde
Natron Eisenoxydul
Kali Manganoxydul

Die Substanz besteht also auch hier aus Labrador und Hornblende.


  1. Diese Annalen, Bd. IV S. 173.
  2. Annal. chim. phys. XIX, p. 264.Schweigger’s Journal, XXXV, S. 417.
  3. Grundriß der Mineralogie, II, S. 313.
  4. Vergl. die Untersuchung des Dolerits von Island in meinem Handwörterbuch des chemischen Theils der Mineralogie, 1, S. 198.
  5. Diese Annalen, Bd. XXXIV S.1
  6. Diese Annalen, Bd. XXXIII S. 1, 113.
  7. Vergl. G. Rose’s oben angeführte Abhandlung.
  8. Aus den Compt. rend. in diesen Annalen, Bd. LIII S. 411.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Im Original schließn.