Verschollene Größen
[644] Verschollene Größen. Bei Eduard Trewendt in Breslau erschien ein neuer dreibändiger Roman „Verschollene Größen“ von Rudolf von Gottschall. Dem farbenprächtigen Strauße, mit welchem dieser reich begabte Autor unsere Litteratur schon beschenkte, wird damit eine frische, duftende Blüthe eingefügt. Der stoffliche Inhalt des Werkes ist durchaus geeignet, in den weitesten Kreisen volles Verständniß und wärmste Sympathie zu erwecken. Wer kennt sie nicht und beklagt sie nicht, jene vergänglichen Erscheinungen des öffentlichen Lebens, die nach kurzem Glück, das sie im Sonnenglanze des Ruhmes genießen, in das Meer der Vergessenheit versinken! Sie geben den Grundton dieses Werkes her, und so trefflich gewählt das Motiv ist, so meisterhaft, ja in einigen Einzelheiten von hinreißender Wirkung ist die Gesammtausführung. Der landschaftliche Hintergrund ist in anmuthiger Schönheit dargestellt. Die zahlreichen Figuren des Romans sind trefflich charakterisirt und entbehren eben so wenig der vollendeten Lebenstreue, wie jener idealen Weihe, ohne welche für uns kein echtes Dichterwerk denkbar ist und die uns gerade Gottschall’s Werke stets so besonders werth macht. Die geistige Bedeutung des Autors findet ebenfalls stets den vollendeten Ausdruck, mag sie sich nun in einfach hehrem Ernste oder in funkensprühendem Witze äußern. Zahlreiche formvollendete Gedichte verleihen dem Ganzen noch einen besonderen Schmuck, und so zeigt sich dasselbe nach jeder Richtung hin als ein Werk, das die wärmste Empfehlung verdient. M. U.