Volksausgabe von Kant’s Schrift „Zum ewigen Frieden“

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Titel: Volksausgabe von Kant’s Schrift „Zum ewigen Frieden“
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aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 724
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[724] Volksausgabe von Kant’s Schrift „Zum ewigen Frieden“. Vor einiger Zeit (vergl. Nr. 26) erschien in der „Gartenlaube“ ein Artikel über die mehrfach von bedeutenden Geistern ausgesprochene Idee eines für die gesammte menschliche Gesellschaft aufzurichtenden ewigen Friedens. Jener Artikel hat sicherlich zahlreiche Leser zum Nachdenken über den Gedanken eines solchen Friedensideals angespornt, und so möchte denn auch Mancher sich versucht gefühlt haben, Kant’s in jenem Aufsatze wiederholt angeführte Schrift über diese Frage aufzuschlagen, um aus dem Munde des Weisen vom Pregel jenen großen Plan gleichsam mit besonderer Feierlichkeit und Eindringlichkeit zu vernehmen.

Viele aber, welche diesem Impulse folgten, werden voraussichtlich Kant’s Schrift mit Enttäuschung aus der Hand gelegt haben. „Zopf!“ dürfte kurz und vielsagend ihr Urtheil gelautet haben. Und doch würden sie hiermit Kant Unrecht thun. Aber freilich, der bezopfte, altväterisch steife und förmliche Alte will auf seine Weise genommen sein; wir bedürfen Jemandes, der uns mit all seinen kleinen Gewohnheiten bekannt macht, der uns bei ihm einführt.

Das Amt, Kant’s Schrift: „Zum ewigen Frieden“ dem Geschlechte von heute wieder zugänglich und schmackhaft zu machen, hat ein tüchtiger Dolmetscher des großen Philosophen auf sich genommen und in trefflicher Weise verwaltet, Dr. Karl Kehrbach in seiner in der bekannten Reclam’schen Universalbibliothek erschienenen Ausgabe dieser Schrift (Preis 20 Pfennig). Kehrbach ist keiner von jenen mit Recht so berüchtigten Erklärern, die über dem Studium vergangener Zeiten ihre eigene, der Gegenwart angehörige Menschenseele verloren haben. Er hat es vielmehr verstanden, sich in den Geist Kant’s und seiner Zeit zu versenken, ohne darüber die Bedürfnisse und die Empfindungen der Gegenwart zu vergessen. So ist er in vorzüglicher Weise befähigt, den Vermittler zwischen diesen beiden äußerlich so verschiedenen, innerlich aber einander durchaus verwandten Geschichtsperioden zu bilden. Eine mit der ganzen knappen Eleganz modernen Stils geschriebene Vorrede unterrichtet den Leser nicht nur von allen für das Verständniß von Kant’s Schrift wichtigen Umständen der damaligen Zeitgeschichte; sie wirft auch scharfe Streiflichter auf die gegenwärtige Weltlage und die in breiten Schichten des Publicums oder bei den Lenkern der Volksgeschicke über Krieg und Frieden beliebten Ansichten.

Wer unter Kehrbach’s Führung auf’s Neue Kant’s Friedensschrift zur Hand nimmt, dürfte sehr bald erkennen, daß auch in Formen, die der Gegenwart ungewohnt sind, ein gedanklicher Kern zu leben vermag, der noch heute volle Existenzberechtigung hat, er dürfte mit Erstaunen und Freude entdecken, daß dieser Kern für die Gegenwart bereits Blüthen und Früchte getrieben hat, welche der Königsberger Weise voraussah, aber so bald noch nicht erwartet haben mochte, Blüthen und Früchte, die uns eine immer reichlichere Ernte versprechen, in je mehr Geistern und Herzen täglich jenem Gedanken neue Pflanzstätten bereitet werden.