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Volkssanatorien für Lungenkranke

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Textdaten
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Autor: Dr. Driver
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Titel: Volkssanatorien für Lungenkranke
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 424
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
w:Bad Reiboldsgrün
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[424] Volkssanatorien für Lungenkranke. Die Entdeckung des Schwindsuchtspilzes durch Koch hat die Tuberkulosenfrage seit zwei Jahren in den Vordergrund des ärztlichen Interesses gerückt. Es ist aber nicht allein die Aetiologie, das heißt die Frage nach dem Entstehen der Schwindsucht, welche dadurch der Lösung bedeutend näher gerückt und in ganz neue Bahnen gelenkt ist, sondern der Arzt forscht mit noch mehr Recht als früher nach Ergründung der Fragen: Wie ist die Tuberkulose zu verhüten, wie ist sie zu heilen? Während nun die Frage nach der Verhütung (Prophylaxe) der Schwindsucht noch größtentheils der Lösung harrt – man ist in dieser Beziehung noch nicht über allgemeine, respective undurchführbare Rathschläge hinaus gekommen – steht es mit der Heilung dieser Krankheit nicht mehr ganz so schlimm.

Tausendfältige Erfahrung lehrt, daß ein langandauernder Aufenthalt im Höhenklima unter sachverständiger ärztlicher Leitung, in möglichst frühzeitigem Stadium begonnen, oft erstaunliche Heilresultate aufzuweisen hat. Aber ein solcher Aufenthalt ist durch seine lange Dauer kostspielig und daher nur relativ Wohlhabenden zugängig, während Unbemittelte, die ja bekanntlich gerade der Schwindsucht viel mehr ausgesetzt sind, unrettbar dem Tode entgegensiechen. Wer, wie Schreiber dieses, jahraus jahrein das grenzenlose Elend vor Augen hat, welches die Schwindsucht in den Familien anzurichten im Stande ist, dem blutet das Herz angesichts der Thatsache, daß so vielen mit den größten Vorzügen des Geistes und Gemüthes ausgestatteten Schwindsüchtigen der ärmeren Classe die Rettung versagt ist einfach des schnöden Geldmangels wegen.

Schon vor zwei Jahren trat ich in einem Artikel der Nr. 34, 1882 der „Gartenlaube“ für Errichtung von Volkssanatorien für unbemittelte Lungenkranke ein. Mein Aufsatz hatte den Erfolg, daß außer einem Legate von etwa 25,000 Mark, welches aber gewisse Vorzugsberechtigte stipulirt, etwa 800 Mark gesammelt worden sind. Aber was will das sagen gegenüber der großen Noth! Im großen Ganzen fiel meine Anregung auf sterilen Boden. Um so größer ist meine Freude zu sehen, wie doch allmählich sich berufene Kreise meiner Idee bemächtigen. In Wien hat Professor Schnitzler in einer Versammlung der dortigen Aerzte warm die Errichtung von Heilanstalten für Lungenkranke außerhalb der großen Städte empfohlen, und in Deutschland greift Dr. Ladendorf in St. Andreasberg den Plan wieder auf in einem beredten Artikel der Nr. 22 der „Deutschen Medicinal-Zeitung“, dessen Lectüre ich sehr empfehle.[1]

Sollte sich in Deutschland nicht eine Vereinigung von bekannten und allgemein geachteten Männern finden, welche die Sache etwa nach dem Muster der Reichsfechtschulen oder des Vereins für Kinderheilstätten in die Hand nähme und zu gutem Ende führte? Sollte sich nicht ein bemitteltes Elternpaar, dem der einzige hoffnungsvolle Sohn oder die blühende Tochter der Schwindsucht zum Opfer fiel, veranlaßt finden, durch eine namhafte Spende den Grundstein zu legen zu dem ersten Volkssanatorium für Schwindsüchtige, um so andern Leidenden die Heilung zu ermöglichen, welche ihrem Kinde versagt war? Wenn durch freiwillige Beiträge, Lotterie etc. auch nur erst ein einziges Sanatorium für arme Lungenkranke gegründet ist, wird der Erfolg bald jede Provinz zur Nachahmung anspornen und der Segen ein großer sein. Darum auf, wer ein Herz hat für’s Volk und die Milderung seines Elendes!
Dr. Driver-Reiboldsgrün.     
  1. „Ueber die Gründung von Volkssanatorien für Phthisiker“. Preis 20 Pfg. Verlag von Eugen Grosser, Berlin.