Wandlungen der Pflanzenblätter

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Titel: Wandlungen der Pflanzenblätter
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 304
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[304] Wandlungen der Pflanzenblätter. Daß kein Blatt auf der Welt einem andern gleich sei, daß zwischen zwei noch so ähnlichen von derselben Pflanzengattung das scharf spähende Auge unterscheidende Merkmale entdecken kann, das wußten die Meisten noch vor Leibniz’ Zeiten, der jenen Gedanken zuerst niedergeschrieben und gedruckt haben soll. Neu dürfte es dagegen Vielen sein, daß jedes Blatt nicht eine Stunde sich selbst gleich bleibe, daß es sich chamäleonartig ohne Unterlaß verändere und in dem immerwährenden Stoffwechsel dem Gange der Sonne und den Schwankungen der Temperatur mit größter Empfindlichkeit folge. Und doch sind diese Veränderungen nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern auch von hoher praktischer Bedeutung für Alle, die da säen und ernten und die Pflanzenblätter als Genußmittel für Menschen und als Futter für Thiere verwenden. Bei dem Sonnenaufgange, im Sommer zwischen vier bis fünf Uhr Morgens, enthält das Blatt keine Stärke, erst unter der Einwirkung von Licht und Wärme bildet sich in denselben neuer Stärkevorrath, der naturgemäß am Abend sein Maximum erreicht und während der Nacht von den Blattzellen zersetzt, zumeist in Zucker verwandelt und durch den Blattstiel in den Stamm der Pflanze fortgeführt wird.

So arbeitet die Pflanze bei Tag und Nacht, und die Massen von Stärke, die sie producirt, sind keineswegs gering, denn ein Quadratmeter Blattfläche erzeugt im Hochsommer täglich 20 Gramm Stärke, sodaß eine Sonnenrosenpflanze täglich 36 und eine Kürbispflanze 185 Gramm Stärke produciren kann. Wie groß muß da die Produktion einer in der Fülle ihrer Kraft strotzenden Eiche sein, welche Summe von Kraft wirkt wohl in dem anscheinend so stillen Laubwalde, dessen schattiges Dach unzählige Millionen von fleißigen Blättern bilden! Solche Betrachtungen fesseln unser Interesse und befriedigen den Wissensdurst, aber sie sind auch von praktischem Werthe, wie wir es schon angedeutet haben.

Wenn der Gehalt des Blattes an wichtigen Nahrungsstoffen so sehr wechselt, ist es da gleichgültig, ob wir die Seidenraupe mit Blättern des Maulbeerbaumes füttern, die am frühen Morgen oder späten Abend gepflückt wurden? Oder wenn wir Thee und Tabak ernten, ist dann der Werth der Morgen- und Abendlese der gleiche? In dem Tabaksblatte dürfte die große Menge von Stärke dem Konsumenten lästig sein, dabei aber macht sie die Waare schwerer und dadurch nicht nur schlechter, sondern auch theurer.

Wir sehen schon an diesen Beispielen, daß die Kenntniß der inneren Wandlungen der Pflanzenblätter den Ausgangspunkt wichtiger Erwägungen bildet, deren Werth vorläufig noch nicht abzumessen ist. Wir wollen auch darum anerkennend den Namen des Forschers, des bekannten Pflanzenphysiologen J. Sachs, hervorheben, der jene Untersuchungen angestellt und die Aufmerksamkeit der Landwirthe auf jene geheimen Vorgänge im Pflanzenreiche gelenkt hat. – i.