Wie Ludwig Wartburg überkommen
Wie Ludwig Wartburg überkommen.[1]
Bange thür. Chron. Bl. 44. 45. Gerstenberger a. a. O. S. 118. 119. |
Als der Bischof von Mainz Ludwigen, genannt den Springer, taufte, begabte er ihn mit allem Land, was [329] dem Stift zuständig war, von der Hörsel bis an die Werra. Ludwig aber, nachdem er zu seinen Jahren kam, bauete Wartburg bei Eisenach, und man sagt, es sey also gekommen: auf eine Zeit ritt er an die Berge aus jagen, und folgte einem Stück Wild nach, bis an die Hörsel bei Niedereisenach, auf den Berg, da jetzo die Wartburg liegt. Da wartete Ludwig auf sein Gesinde und Dienerschaft. Der Berg aber gefiel ihm wohl, denn er war stickel und fest; gleichwohl oben räumig, und breit genug darauf zu bauen. Tag und Nacht trachtete er dahin, wie er ihn an sich bringen möchte: weil er nicht sein war, und zum Mittelstein.[2] gehörte, den die Herren von Frankenstein inne hatten. Er ersann eine List, nahm Volk zusammen, und ließ in einer Nacht Erde von seinem Grund in Körben auf den Berg tragen, und ihn ganz damit beschütten; zog darauf nach Schönburg, ließ einen Burgfrieden machen, und fing an, mit Gewalt auf jenem Berg zu bauen. Die Herren von Frankenstein verklagten ihn vor dem Reich, daß er sich des Ihren freventlich und mit Gewalt unternähme. Ludwig antwortete: „er baue auf das Seine, und gehörte auch zu dem Seinen, und wollte das erhalten mit Recht. Da ward zu Recht erkannt: wo er das erweisen und erhalten könne, mit zwölf ehrbaren Leuten, hätte er’s zu genießen. Und er bekam zwölf Ritter, und trat mit ihnen auf den Berg, und sie zogen ihre Schwerter [330] aus, und steckten sie in die Erde, (die er darauf hatte tragen lassen) schwuren: daß der Graf auf das Seine bauen, und der oberste Boden hätte von Alters zum Land und Herrschaft Thüringen gehört. Also verblieb ihm der Berg, und die neue Burg benannte er Wartburg, darum, weil er auf der Stätte seines Gesindes gewartet hatte.