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Willkürliches Einstellen der Lebensfunktionen

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Textdaten
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Titel: Willkürliches Einstellen der Lebensfunktionen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 115,116
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[115] Willkürliches Einstellen der Lebensfunktionen. Die beiden Virtuosen des Fastens, Succi und Merlatti, beschäftigten vor Kurzem das allgemeine Interesse. Ihre Leistungen boten den Sachverständigen schwerlich etwas Neues. Auch der Laie mußte sich dabei an das Fasten des amerikanischen Doktor Tannert erinnern, und der Kulturhistoriker weiß von einer ganzen Reihe von Menschen zu erzählen, die in völliger Enthaltsamkeit von jeder Speise Erstaunliches leisteten. Bei dieser Gelegenheit dürfte es jedoch für Manchen interessant sein zu erfahren, daß es möglich ist, auch andere Lebensfunktionen für eine gewisse Zeit willkürlich einzustellen. Am auffälligsten ist unter diesen Erscheinungen ohne Zweifel die „Enthaltsamkeit von der Luft“, das willkürliche Einstellen der Athmung. Wir gewöhnlichen Sterblichen glauben schon, eine bemerkenswerthe Leistung gemacht zu haben, wenn wir eine Minute lang den Athem anhalten. Es giebt aber eine ganze Klasse von Menschen, die Taucher, welche, ohne zu athmen, zwei bis drei Minuten unter Wasser verweilen können. Vor wenigen Jahren bereiste eine Miß Lurline die Welt und hielt sich in einem mit Glasfenstern versehenen Bassin zweiundeinhalb Minuten unter Wasser auf, zum Staunen und zur Genugthuung des schaulustigen Publikums. Ein sehr geübter Taucher muß auch jener indische Verbrecher gewesen sein, der sich in den Fluthen des heiligen Ganges verbarg, und zwar in der Nähe eines vornehmen Damenbades, um hier Raubmord zu begehen. Es ist ihm auch gelungen, eine der Arglosen an den Füßen hinabzuziehen und zu ertränken. Er raubte ihre Kleinodien und schaffte die Leiche bei Seite. Man glaubte damals, die Unglückliche sei das Opfer eines Krokodils geworden. Aber eine andere Frau wußte sich des Angreifers zu erwehren. Man fing ihn und ließ ihn hängen. Dies geschah, wie die Zeitschrift „La Nature“ seiner Zeit berichtete, im Jahre 1817. Indien ist überhaupt die Heimath derartiger Leistungen. Die dortigen Fakire wissen sich in den Zustand einer „heiligen Ekstase“ zu versetzen, indem sie alle ihre Gedanken auf [116] das mystische Wörtchen „om“ lenken und langsam athmen, sodaß anfangs jede Einathmung 12 Sekunden und jede Ausathmung 24 Sekunden dauert. Allmählich dehnen sie die Zwischenräume zwischen dem einen und anderen Einathmen aus, sodaß sie, wie einige Reisende berichten, nach vier Monaten sogar anderthalb Stunden keine Luft zu schöpfen brauchen!

Diese Fakire bringen auch das Kunststück fertig, sich lebendig begraben zu lassen. Sie versetzen sich unmittelbar vor einem solchen Begräbniß in einen kataleptischen Zustand, welcher dem Scheintode nicht unähnlich erscheint, und bleiben wochen-, ja manchmal monatelang eingemauert oder unter der Erde begraben. Da sie Derartiges öfters als Buße für irgend einen vornehmen Indier gegen Geld und gute Worte ausführen, so gehören diese ihre Uebungen keineswegs zu den „brotlosen Künsten“. *