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Zedler:Pest, Pestilentz

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Pest oder Pesth

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Pest, Viehpest, Schelm, Viehseuche, Viehsterben, Umfall

Band: 27 (1741), Spalte: 757–773. (Scan)

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Pest, Pestilentz, Pestis, Pestilentia, Lues Pestifessa, Peste, ist eine allgemeine, durchaus böse, anfällige und leicht ansteckende Kranckheit, mit mancherley schweren Zufällen begleitet, und mehrentheils tödtlich. Darinnen kommen die Aertzte mit einander überein, daß die Pest unter allen hitzigen, bösartigen und ansteckenden Fiebern und Kranckheiten die allerärgste, gifftigste [758] und gefährlichste sey, weil sie nicht nur mit so viel schlimmen und besonderen Zufällen verbunden, sondern auch in kurtzer Zeit eine unzähliche Menge Leute um das Leben zu bringen pfleget; Allein das wollen sie nicht alle zugeben, daß die Pest ein gifftiges und bösartiges Fieber sey, wodurch die Natur die unreine Materie, so von einer grossen Subtilität und Fäulniß ist, vermittelst der ordentlichen ab- und aussandernden Bewegungen, durch die äusserlichen Theile des Leibes wegzuschaffen und auszutreiben suchet: indem Barbette Pestfieber ohne Pestpeulen und Blasen, als die ordentlichen Zufälle der Pest, und wiederum die Pest ohne weder vorhergegangenes, noch darauf erfolgtes Fieber, will angemercket haben. Ob man nun wohl diesem Schrifftsteller seine Erfahrung nicht streitig machen will; so ist doch gewiß, daß die Pest nicht nur die gewöhnlichen Zufälle eines gifftigen und ansteckenden Fiebers bey sich führet, sondern ausser diesem noch mit gantz besonderem Ausschlage, nemlich den Pestbeulen, Pestblasen und Peststriemen sich von anderen gifftigen Kranckheiten unterscheidet. Und ob sich schon bisweilen bey der Pest Flecke sehen lassen, welche von den Aertzten Pestflecke, Petechiae Pestilentiales genennet werden, die an Grösse und Farbe von anderen Flecken unterschieden sind, auch sehr häuffig und in grosser Menge heraus kommen: so kan man doch selbige nicht eigentlich die Pest, wohl aber ein ansteckendes Fleckfieber nennen. Dahero man bey Untersuchung der Pest vornemlich auf die oben angeführten Beulen, Blasen und Striemen sehen muß, als welche bey aller Pest anzutreffen sind. Indessen zeigen sich doch nicht bey allen an der Pest verstorbenen Patienten nur angeführte Zufalle: denn das Fieber ist so bösartig und machet es so plötzlich mit den Krancken aus, daß die Leute offt von freyen Stücken auf der Gasse umfallen, gleich denen, die vom Schlage getroffen sind, wie es denn in der That ein Schlag ist, der aber von einer ansteckenden gifftigen Ursache entstanden; An solchen Personen wird man nun weder einige Pestbeulen, noch Blasen noch Striemen gewahr werden. Es mag aber die Pest wüten, wie und wo sie will; so hat sie doch nicht allemal einerley Ansehen, sondern zeiget einen gar mercklichen Unterschied, und zwar 1) in Ansehung des Fiebers, welches bisweilen und gemeiniglich mit einem Schauer anfänget, darauf Hitze folget, welche derjenigen gleichet, so in hitzigen Fiebern beobachtet wird, dergestalt, daß die Patienten zu rasen anfangen, nicht anders als ein Tollsüchtiger und Wahnwitziger. Manchmal ist die Hitze nicht sonderlich mercklich, hingegen liegen die Krancken in einer Mattigkeit und tieffen Schlaffe, so, daß sie kaum können erwecket und ermuntert werden. Zu anderer Zeit nimmt die Pest ihren Anfang mit einem blutigen Erbrechen, welches mit Bauchflüssen und entsetzlichen Grimmen des Unterleibes vergesellschafftet ist. 2) In Betrachtung des Auswurffes oder Ausschlages, zu welchem die Bestbeulen, Blasen, Schwäre und Striemen gehören. Die Pestbeulen, welche auch Pestschliere, Bubones pestilentiales genennet werden, ingleichen [759] die Pestblasen, so bey einigen Pestblattern, Pfefferkörner, Feuerblasen, und Zündblattern, Carbunculi, Anthraces heissen, sind unter dem Artikel: Pestgeschwülste, besonders abgehandelt worden. Die Pestschwäre, Furunculi pestilentiales, kommen so wohl in Ansehung des Theiles, den sie einnehmen, als in Erwägung ihrer Härte, Entzündung, Zertheilung oder Verschwürung, wie auch ihrer Hitze und Schmertzes mit den Pestblattern überein, nur daß die Schwäre gütiger Art sind; zu den Blattern aber eher der heisse und kalte Brand schlagen kan, und diese daher bisweilen einen schwartzen und gläntzenden Schorf bekommen, welcher, wenn er von seiner Höhe Stralen schüssen lässet, ein Peststriemen, Vibex pestilentialis, genennet wird. Einige halten dergleichen Striemen oder Strahlen für einen besondern Ausschlag, der von den Pestblattern allerdinges unterschieden sey, und zwar darum, weil diese bey jenen offtmals nicht könnten wahrgenommen werden. Demnach giebt es zwey Arten der Peststrahlen: denn manchmal lässet sich die Pestblatter sehen und fühlen; wenn nun zur selbigen Zeit aus solcher rothe Striemen hervorleuchten, so werden diese Strahlen Peststrahlen genennet; Bißweilen aber sitzen die Blattern tief, und wenn sich dem ohngeachtet oben auf der Haut rothe Strahlen sehen lassen, so sind diese die andere Gattung der Peststrahlen, welche von der verborgenen und tief sitzenden Blatter entsprungen. Indessen kommen die Peststrahlen bisweilen mit den Pestschwären überein: sintemal diese gleichfalls öffters, nach der verschiedenen Beschaffenheit ihrer Entzündung, rothe Strahlen schüssen lassen. Alle diese Auswürffe werden von einigen, obwohl nicht von allen Aertzten, als Mittel angesehen, wodurch sich das Blut von seiner gifftigen Unreinigkeit zu befreyen suchet, wie man denn auch dergleichen an dem Friesel und andern Fleckfiebern bemercket. Ob man nun wohl die oben angeführten Auswürffe der Natur gemeiniglich bey der Pest antrifft; so findet man doch in pestilentzialischen Kranckheiten öffters auch Flecke, und zwar nicht nur auf der äussern Haut des Leibes, sondern vielmals auf den inwendigen Theilen. Also hat Diemerbröck die an der Pest verstorbenen Leute geöffnet, und an ihren inneren Theilen Flecke wahrgenommen, wie er in seinem Buche de Peste Lib. IV. Hist. 30. bezeuget. Sonst sind die offt benannten Auswürffe auch darinne von einander unterschieden, daß sie bald alle mit einander beysammen angetroffen werden, so, daß die Patienten so wohl Beulen, als Blattern und Striemen zugleich haben; bald aber nur eine Gattung davon zum Vorscheine kommt, weiche entweder in Beulen, oder Blattern, oder Striemen bestehet. Ferner findet sich hier ein Unterscheid in Ansehung des Ausbruches. Also hat Diemerbröck am angeführten Orte beobachtet, daß bisweilen unvermuthet Beulen oder Blattern aufgeschossen sind, ohne daß ein schwerer Zufall weder vorher gegangen, noch darauf erfolget sey: das ist, die Patienten haben wohl Pestbeulen bekommen, aber keine Pest. Doch ist dieses ein seltenes Exempel, öffterer geschiehet [760] es, daß die Pestbeule heraus tritt, wenn sich der Patiente noch wohl auf befindet, allein in wenig Stunden folget das Pestfieber nach. Ordentlicher Weise pflegen sich die Auswürffe am dritten oder vierten Tage, von dem ersten Tage des Pestanfalls gerechnet, einzustellen, so, daß der dritte und vierte Tag critische Tage sind, und man es demnach für ein schlimmes, gefährliches und tödtliches Zeichen anzusehen hat, wenn solche erst am sechsten oder siebenden Tage zum Vorscheine kommen, indem sie alsdenn schon über die Zeit ausgeblieben sind. Endlich sind auch offt benannte Auswürffe darinne von einander unterschieden, daß sie entweder stehen bleiben, oder wider Vermuthen zurücke treten. Bey Untersuchung der Ursachen, welche die Pest hervor bringen, hat man eben nicht nöthig, auf ein gewisses Temperament zu sehen, welches etwan vor anderen zur Pest geschickt wäre, sondern weil sie eine Landkranckheit ist, so wird auch niemand in Ansehung des Alters, Geschlechtes und Temperamentes verschonet bleiben. Jedoch aber kan man mercken, daß diejenigen Personen, welche vollblütig, oder sonst sehr empfindlich und furchtsam sind, sich auch dem Müßiggange mehr als der Arbeit und den Bewegungen des Leibes widmen, vor andern mit der Pest befallen werden können. Und weil man nun in Beobachtung des Geschlechtes gar wohl weiß, daß die Weibspersonen weit empfindlicher und furchtsamer, als die Mannspersonen sind, so findet man auch in der That, daß zur Pestzeit eine grössere Anzahl Frauen- als wohl Mannsvolck stirbet. Indessen darf man die Hauptursache der Pest in keiner traurigen, furchtsamen und verzweifelnden Idee der Lebensgeister suchen; wiewol nicht zu läugnen, daß die Gemüths-Unruhen würcklich eine grosse Krafft in den Cörper zu würcken haben, so, daß deswegen die allzu grosse Furcht zur Pestzeit die Leiber in den gefährlichsten Zustand zu versetzen vermag; dennoch aber ist auch glaublich, daß dergleichen zufällige Ursache nichts ausrichten werde, daferne nicht die Leiber vorher geschickt sind, das Pestgifft auf- und anzunehmen. Die wahre Ursache dieser Krankheit mag demnach wohl nichts anders seyn, denn eine Verderbung der gleichen Vermischung des Geblütes, bey welcher desselben innere und fortgehende Bewegung Schaden leidet, und verschiedene übele Zufälle verursachet werden. Allein, gleichwie zu anderen Fleck- und Ausschlagfiebern eine gewisse Art Unreinigkeit erfordert wird, welche dem Cörper eine besondere Beschaffenheit zu wege bringet, so, daß verschiedene und gantz von einander unterschiedene Ausschläge daher entstehen können; Also muß man auch in der Pest eine besondere Unreinigkeit muthmassen, wie solches der besondere Auswurf und Ausschlag beweiset. Von was für einer Art aber die Unreinigkeit und das Gifft sey, welches die Pest hervor bringet, kan man nicht eigentlich sagen, ausgenommen, daß man überhaupt davon saget, daß es ungemein geschwinde, flüchtig und subtil sey, wie solches aus der Würckung und anderen Umständen erhellet: Denn in der That giebet die plötzliche Würckung am besten zu erkennen, daß [761] das Pestgifft ungemein flüchtig, geschwinde und von mächtigen Kräfften sey; sintemahl es binnen kurtzer Zeit solche Unruhe in dem Cörper erwecken kan, daß es die Menschen so geschwind tödtet, nicht anders, als ob sie mit Gift wären hingerichtet worden. Hernachmahls beweisen auch die andern Umstände, daß die Pestunreinigkeit ungemein zart und subtil sey, indem sie mit der Luft, mit Speise und Tranck, in den Leib gebracht werden kan. Ja einige haben das Eyter, so sie aus den Pestbeulen gesammlet, untersuchet, und deswegen mit selbigem Chymische Processe angestellet. Also hat einer dergleichen Eyter ausdunsten lassen, und es solcher gestalt zu einem weissen und geronnenen Wesen gebracht, dessen Geruch ihn alsobald erschüttert, als er es aber gekostet, hat es ungemein sauer geschmäcket. Nichts desto weniger kan man die Natur des Pestgiftes nicht deutlich beschreiben und angeben. Der berühmte Hofmann will zwar in einer gewissen Disputation behaupten, daß dergleichen Fieber von einer Säuere verursachet würden, die fast fressender und faulender Art sey, und suchet solches zu beweisen mit denjenigen Mitteln, welche gemeiniglich zur Pestzeit gebrauchet, und am dienlichsten befunden würden: Und dieses sind die erdigten, welche, nach seiner Meynung, durch Dämpfung der Säuere am meisten würckten. Allein, die Wahrheit zu bekennen, so ist dieser Satz auch noch vielen Schwierigkeiten unterworfen: Denn ob man auch schon eine Säuere zugestehen wolte: so wird man doch nicht ausmachen können, von was für einer Art selbige sey, dergestalt, daß man selbige mit einer andern vergleichen könnte. Uber das ist auch noch nicht ausgemacht: Ob das Pestgift würcklich säuerlicher Art sey? angeschen die Bezoareßige in der Pest auch guten Nutzen haben, und wie ist es so nach möglich, daß eine Säuere die andere dämpfen und verbessern kan? Ob man nun wohl das innerste und eigentliche Wesen des Pestgiftes einzusehen, und auf das genaueste und eigentlichste zu beschreiben nicht vermögend ist: so weiß man doch gewiß, daß in der Pest die Vermischung des Geblütes weit gefährlicher Schaden leide, als in andern giftigen und bösartigen Fiebern. Nun fraget sich es aber: Woher das Pestgift seinen Ursprung nehme? Daß die Pest eine ansteckende Kranckheit sey, wird jeder leichtlich zugestehen. Allein da einige die Ursache solches Ubels vielmehr in einer traurigen, furchtsamen und verzweifelnden Einbildung der Lebensgeister suchen, und angemercket haben, daß die Pest nicht alle Leute aufgerieben hat; Als bekommen sie dadurch Gelegenheit, alle Ansteckung zu läugnen, und für nichts zu halten. Nichts desto weniger sind vieie Exempel vorhanden, welche dergleichen Ansteckung offenbarlich zu beweisen scheinen. Also gedencket Lister in Comment. ad Sanctor. Med. stat. ad Aphor. 137. daß einsmahls das Pestgift über 200 Meilen mit Kleidern nach London sey gebracht worden, und wäre davon eine gantze Familie angestecket und getödtet worden. Da ist ja keine Furcht zugegen gewesen, sondern es muß nothwendig das Gift in den Kleidern gestecket haben, welches die Leute angestecket und umgebracht hat. [762] Also lieset man auch ferner, daß einsmahls ein Packt Waaren aus angesteckten Orten gekommen, darüber diejenigen, die es ausgepacket, umgefallen, und sich übel befunden haben. Gesetzt also, daß das Peftgifft auf 200 Meilen in die entferntesten Orte gebracht werden kan: so ist ja auch gar leichtlich zu glauben, daß die Winde dergleichen Krafft haben, das ansteckende Gifft durch die Lufft in andere und entlegene Länder zu bringen, daher es kein Wunder, wenn ein angestecktes Land das andere gleichfalls anstecket. Aus welchem allen nicht ungründlich zu schlüssen ist, daß die Pest offtermahls von gifftigen Unreinigkeiten entstehe, die in dieses oder jenes Land gebracht worden; Wiewohl auch nicht geläugnet werden kan, daß diese Kranckheit manchmahl ohne Ansteckung entstehe, denn sonst müßte die Pest vom Anfange der Welt her gewesen seyn, sondern es ist vielmehr zu glauben, daß die Lufft bisweilen so kan beschaffen seyn, daß sie in unserm Cörper diese Gährurng erwecke, welche geschickt ist, gifftige Fieber hervor zu bringen. Also ist die Pest in der Türckey gantz gemein, ja sie wütet daselbst fast alle Jahre, daher müssen doch die Temperamente, die Beschaffenheit der Lufft, die Lebensart, Speise und Tranck die Krafft haben, die Mixtur des Geblütes so arg zu verletzen, als nöthig ist, ein pestilentzialisches Fieber zu erregen. Wie wir gleiches bey dem Friesel sehen, der auch nur bey uns wütet, und bey andern Völckern gantz unbekannt ist. Also muß doch unsere Lebensart, Lufft und übrige Umstände so beschaffen seyn, daß sie die Mixtur unsers Geblütes dergestalt verletzen, daß der Friesel daher entspringen kan. Indessen ist auch nicht zu läugnen, daß faule stinckende Wasser, Hunger und dergleichen Ursachen, die Pest erwecken können, wiewohl deswegen eben nicht folget, daß selbige nicht auch durch Ansteckung fortgepflantzet werde. Wenn demnach der Cörper geschickt und geneigt ist, dergleichen schädliches und ansteckendes Gifft auf- und anzunehmen, und solches nicht so gleich wiederum wegschaffen und. loß werden kan, so entstehet in selbigem gar leichtlich die Pest. Sonst geben auch zur Zeugung eines tödtlichen Pestgifftes Gelegenheit, so wohl die durch Erdbeben hervor gebrachten Dünste und Ausdufftungen, als auch die durch Verfaulung der todten Cörper und Aeser entstehenden schädlichen Dünste. Ob gottlose Leute durch böse Künste die Lufft anstecken können, ist eine Sache, welche so gar unmöglich nicht scheinet, und wovon man in der Historie einige Exempel anführet. Uber dieses tragen ungewöhnliche Speisen, als Pferde- und anderer zum Essen untauglicher, oder an bösen Seuchen verreckter Thiere Fleisch, und verdorbenes Geträncke, wenn solches in belagerten Städten, in Hungersnoth und theurer Zeit gegessen und getruncken wird, gar vieles bey. Aus unterschiedenen Beobachtungen, so zur Pestzeit aufgezeichnet worden, hat man angemercket, daß diejenigen Personen, welche gar zu viel geistreiches Geträncke, besonders aber Branntewein getruncken, und in solchem sich beständig übernommen, viel eher von der Pest angefallen worden sind, als wohl andere, welche dergleichen nicht gethan und in Gewohnheit gehabt haben, sintemahl [763] deren Blut allzusehr erhitzet, und durch die hefftige Aufwallung in eine Verdünnung gleichsam gebracht worden ist, so daß sich die in der Lufft enthaltenen Pesttheilgen gar leichtlich einschleichen, und eine würckliche Pest haben können verursachen, welches freylich sonst vielleicht nicht so geschwinde, und so gewiß geschehen wäre. An und für sich selbst ist die Pest anfänglich sehr schwer zu erkennen: Denn ob schon einer und der andere plötzlich todt zur Erden fället; so kan man doch daraus nicht urtheilen, daß er an der Pest gestorben sey: angesehen diejenigen, welche der Schlag getroffen, das Gegentheil beweisen und lehren. Ereignen sich aber zur Pestzeit dergleichen Todesfälle, da wird man nicht irren, wenn man saget, es sey dieser oder jener an der Pest gestorben. Also wird die Pest auch nicht an den Flecken erkannt, denn wenn dergleichen Fieber herum gehen, so heißt man sie gifftige Fieber. Dahero man zu sehen, ob nur einer oder der andere an einem gifftigen Fleckfieber kranck lieget, da denn dergleichen Fieber schlechtweg ein Fleckfieber genennet wird. Gesetzt aber, daß einer ein gifftiges Fieber habe, und dazu Beulen bekäme, wie solche Drüsengeschwülste oftmahls bey den Kinderpocken bemercket werden, so darf man doch selbige keine Pestbeulen, sondern nur Drüsengeschwülste nennen. So verhält sich es auch mit den Blattern: denn bisweilen bekommen die, so an einem hitzigen Fieber liegen, Schwäre und andere Eytergeschwülste, die aber deswegen keine Pestblattern können genennet werden, sondern nur Blutschwäre sind. Dahero, aufrichtig zu sagen, man die Pest nicht eher erkennen kan, und bey ihrem rechten Namen nennen darf, als bis sie allgemein wird, und viele Leute anfället: Wenn nemlich viele Leute liegen und Pestbeulen haben, wenn aber nur einer dergleichen Geschwulst hat, da muß man sich wohl in Acht nehmen, daß man es nicht die Pest nenne, denn dieser Name ist ss erschrecklich, daß er grosse Folgerungen nach sich zühen kan. Sonst sind die gemeinsten Kennzeichen der Pest, welche bey den Pestpatienten angemercket werden, folgende: Anfänglich wird bald ein gelinder, bald ein stärckerer Schauer beobachtet, hierauf folget auch entweder eine gelindere oder stärckere Hitze, wobey denn die Kräffte auf einmahl so zu sagen verschwinden, wie sich denn auch nicht selten, wegen solcher unvermutheten und durchdringenden Veränderung, Ohnmachten hierzu gesellen. Die Hauptschmertzen stellen sich hierbey mit Nachdruck ein, und verursachen einen rechten Schwindel, so daß dergleichen Personen kaum von einem Orte aufstehen und fortgehen können. In dem Rücken werden auch spannende und drückende Schmertzen empfunden, und um das Hertze ereignet sich ziemlich grosse Angst und Beklemmung. Hierauf fangen dergleichen Personen an zu rasen, und je hefftiger sie von der Pest selbst angegriffen werden, je ärger und grösser wird auch die Raserey. Es hält aber die Pest keine solche abwechselnde Ordnung, als wie etwan die Wechselfieber, sondern wenn ja jemahls eine Abwechselung beobachtet wird, so geschiehet soiches des Nachmittages, allwo das Pestfieber hefftiger wird. Bey vielen Personen wird im Anfange Erbrechen wahrgenommen, wodurch [764] eine gantz schwartzgrüne, oder auch pechigte und stinckende Materie ausgeworffen wird; bey vielen aber geschiehet solches nicht, sondern sie haben nur einen Eckel und Neigung zum Brechen; Bey andern hingegen findet man ebenermassen im Anfange dieser Kranckheit häuffigen und stinckenden Schweiß, wiewohl sich auch bey einigen nur um das Hertze herum ein Schweiß zeiget: sintemahl die Natur in diesem Ubel nicht mit einerley Krafft bey allen Personen, und zwar im Anfange, würcket, und es kan auch solches keinesweges in Ansehung der Temperamente, und des dem Menschen mitgetheilten Pestgifftes, geschehen. Brechen die Pestbeulen aus, so setzen sich selbige entweder hinter die Ohren, oder unter die Achseln, oder auch an die Schamseiten, wiewohl auch vielmahls andere Theile des Leibes hiervon nicht befreyet sind. Und wenn diese Beulen hervor kommen, so empfinden dergleichen Patienten entweder fieberhafte Bewegungen und Angst um das Hertze, oder es stellen sich solche ein ohne alle merckliche fieberhafte Bewegung, so daß dieselben gantz und gar nicht wissen, wie es zugegangen, daß sich dergleichen Beulen hier und da angesetzet haben. Die Pestblattern erscheinen vielmahls zugleich mit den Pestbeulen, offtmahls aber stellen sie sich auch alleine dar. Und wenn sie ausbrechen, so zeiget sich erstlich ein rother Fleck mit hefftigem Brennen, worauf eine Blatter sitzet, die nach und nach zunimmt, und welche sich endlich in ein Geschwürgen verwandelt, das eine garstige, mißfärbige, faule, sehr stinckende und um sich fressende Materie in sich fasset. Der Schmertz, so hierdurch verursachet wird, ist recht brennend, ob wohl die Blatter selbst nicht so sehr tief in die unterliegenden musculösen Theile dringet, wie sich denn auch nicht selten um den Umfang der Blatter einige Bläsgen setzen, welche wie die glühenden Kohlen brennen und eine Wässerigkeit von sich geben. Und es geschiehet auch bey der Pest sehr viel mahl, daß sich dergleichen Bläsgen, welche der Grösse nach wie Pfefferkörner sind, hier und da sehen lassen, die ebener massen einen sehr hefftig brennenden Schmertz verursachen. Ausser diesen ereignen sich auch Pestflecke und Peststrahlen, wie bereits oben ist gesaget worden. Sonst aber beobachtet man bey manchem Pestpatienten Bauchflüsse, oder auch die rothe Ruhr, ja wohl gar Blutstürtzungen. Und weil diejenigen Personen, welche ein phlegmatisches Temperament haben, natürlicher Weise zur Schläfrigkeit geneigt sind, so geschiehet es auch allhier, daß selbige mit schlafsüchtigen Beschwerungen überfallen werden. Die Pest ist an und für sich selbst eine sehr heftige und höchst gefährliche Kranckheit, die es mit den einmahl angesteckten Personen nicht gar zu lange machet, und daher, in Erwägung ihrer gifftigen Art und Natur, die oberste Staffel unter allen Fiebern einnimmt. Man meynet vielmahls nicht, daß es die würckliche Pest werden soll, da sie es doch wohl schon ist, weil sie sich bald als ein eintägiges, bald als ein anhaltendes und dergleichen Fieber ein- und darstellet. Allein man darf solcher Larve nicht trauen, denn es steckt die Pest in der That darhinter, und soll man daher mit der Cur nicht zaudern, weil man sonst zu spät damit kommen, [765] auch wohl gar einen solchen Patienten binnen 24 Stunden, als einen Todten antreffen wird. Ein gutes Zeichen aber ist überhaupt, wenn der Schweiß, die Beulen und Blattern fein bey Zeiten und also den dritten oder vierten Tag hervor brechen; wenn solches aber nicht an den gesetzten Tagen, sondern nach diesen geschiehet, so siehet es sehr schlimm aus, und es sterben auch dergleichen Personen gemeiniglich. Die Beulen sind aber der allerbeste Auswurff, den die Natur dabey thun kan. Desgleichen ist das Nasenbluten jederzeit sehr gut, zumal wenn es mäßig, und am vierten Tage kommt, ohne daß etwan andere widrige und gefährliche Umstände dabey vorfallen solten; wie man sich denn auch vor die Blutstürtzungen der Gebährmutter nicht zu fürchten hat, wenn solche ebener massen nicht im Uberflusse gehen; Gleiches Urtheil lässet sich ebenfalls vom Erbrechen und den Bauchflüssen fällen. Unter die schlimmen Zeichen hat man zu rechnen, den Schweiß, wenn er im Anfange allzu häufig flüsset; ferner kalten Schweiß und Erkältung der äusseren Gliedmassen des Leibes, z. E. der Nase; hernach auch, wenn die Pestbeulen zurücke treten, oder ein Schlucken zu diesen oder den Blattern kommt; denn Raserey, so sich gleich im Anfange einstellet, und 24 Stunden hinter einander anhält; ingleichen schlafsüchtige Beschwerungen, Erbrechen und Bauchflüsse, wenn sich solche auch gleich im Anfange der Pest äussern. Bey hervorkommenden Flecken ist der Ausgang der Pest mißlich und zweifelhafftig, unter diesen aber sind die braunen, blauen und schwartzen die gefährlichsten. Warme oder schlackigte, feuchte und neblichte Witterung verschlimmert und vergrössert das ansteckende Gifft, da hingegen insgemein bey entstehender grossen Kälte eine merckliche Verringerung dieses Ubels ist angemercket worden. Wenn die Patienten an der Pest sterben sollen, befindet man kurtz vor dem Tode, daß ihr Puls zitternd schläget und die Sennadern dabey in die Höhe springen, die Schläffe fallen ihnen ein, die Augen legen sich tieff in den Kopff hinein, und auf der Brust fänget es ihnen an zu kochen, anderer dergleichen Zufälle zu geschweigen, wie davon Rivius Disputat. XLVI. p. 832. in Fascicul. mit Vergnügen und Nutzen nachgelesen werden kan. Man muß in der Pest gar bald mit guten Mitteln darhinter her seyn, wenn man diesem sehr hefftigen und gleichsam wider das menschliche Leben rasenden Feinde etwas abjagen will: denn die Giffttheilgen, welche sich in den Cörper eingeschlichen haben, sind ungemein subtil, geschwinde und flüchtig, so, daß sie sich in wenig Augenblicken durch das gantze Geblüte und alle Säffte, ja durch den gantzen Leib ausbreiten und erstrecken, und daher die Gemeinschafft der Seele mit dem Leibe gar leichtlich auflösen können. Demnach hat man in der Cur besonders dahin zu sehen, daß das aufgefangene Gifft so geschwinde als möglich aus dem Cörper wieder ausgetrieben, und dadurch die zu besorgen stehende Fäulniß verhütet oder wenigstens gestillet werde. Die besten Mittel, diesen Endzweck zu erlangen, sind gute Diät und dienliche Artzneyen. Die in der Pest zu beobachtende Diät soll unter dem Artickel: Pestpatiente, ausführlich abgehandelt werden. Die zur Pest [766] dienlichen Artzneyen können füglich in abführende und alterirende abgetheilet werden. Zu jenen gehören die Brechmittel, Purgantzen und Clystire, welche in einem besonderen Artickel: Pestmittel (medicinische) betrachtet und untersuchet werden sollen. Unter den alterirenden Artzneyen werden die Schweiß- Gifft- und Harntreibenden verstanden. Es ist bekannt, daß man zur Zeit noch kein gewisses Mittel wider die Pest erfunden hat, auf welches man sich sicher verlassen könnte. Es werden zwar viele Gifftreibende Artzneyen angerathen, und diesen grosse Krafft zugeschrieben, das Pestgifft zu überwinden; allein es hat sich zur Zeit noch keines so mächtig erwiesen, ob man schon verschiedene Giffttreibende Lattwergen, Elixire, Essentzen, Tincturen und dergleichen angepriesen. Daher es am sichersten ist, der Pest auf eben diejenige Art zu begegnen, als man andere gifftige Fieber zu heilen suchet. Demnach kommen 1) zu betrachten vor die hitzigen und flüchtigen Gifftmittel, z. E. die Bezoargeister, der Salmiacgeist und dergleichen. Ob nun wohl die Natur in der Pest den Schweiß zu treiben, und sich solcher gestalt von dem Pestgiffte zu befreyen suchet; so darff man doch nicht diese und dergleichen Mittel gebrauchen, damit man die Natur nicht in Unordnung bringe, und die ohne dem verletzte Bewegung des Geblütes noch mehr verletze. Besonders aber muß man sie in diesem Falle meiden, wenn bey dem Fieber grosse Hitze angetroffen wird. Gesetzt aber, daß die Pest mehr in einer Mattigkeit und Schläffrigkeit bestehe, da darff man dergleichen Mittel nicht gantz und gar bey Seite setzen, nur muß man sie vorsichtig und bey abnehmender Hitze gebrauchen. Woraus erhellet, daß ein Mittel, so einem und dem anderen schadet, diesem oder jenem mit Nutzen und Vortheil gegeben werden kan. 2) Die fixen Bezoarartzneyen, z. E. C. C. ust. Oss. de Corde Cervi, Matr. perlar. Lapid. Cancror. citr. C. C. s. igne, Mandibul. Luc. pisc. Gleichwie nun diese Mittel in allen gifftigen Fiebern mit Nutzen können gebrauchet werden; also kan man sie auch in allen Arten der Pest gantz sicher verordnen: angesehen sie, ohne alle Unruhe in dem Geblüte zu erregen, den Schweiß gantz gelinde treiben, daher man sie gleich anfangs entweder unter Pulvern oder Tränckgen verschreibet. Einige mischen unter dergleichen Pulver 3) Campher, welcher auch in der That gantz dienlich ist, zumal, wenn man ihn in geringer Dose verordnet, so, daß man ungefehr unter zwey bis drey Dosen Pulver einen um den anderen Gran Campher mischen lässet. 4) Die Bezoareßige. Diesen schreibet der berühmte Hofmann in seiner Disputation von der Pest ungemein grosse Kräffte zu, doch darff man sie deswegen nicht ohne Unterscheid anrathen; gleichwie aber die flüchtigen Gifftartzneyen zu derjenigen Art der Pest dienlich seyn, bey welcher eine Trägheit des Geblütes beobachtet wird; hingegen aber schaden, wenn das Blut in grosser Hitze und Wallen ist; also können im Gegentheil die Bezoareßige in dem letztern Falle mit gutem Nutzen gebrauchet werden; in Trägheit des Geblütes aber kan man sie ohne mercklichen und grossen Schaden nicht verordnen. 5) Die schmertzstillenden und schlaffbringenden Mittel. [767] Hier ist die Frage? Ob solche dienen, oder nicht, zumal wenn die Pest mit Schlafflosigkeit und Raserey vergesellschafftet ist? Die Alten haben auf den Theriaca Andromachi und auf den Mithridat sehr viel gehalten, doch werden sie von den neuern Aertzten ohne Unterscheid nicht gebilliget: denn wenn sie in gehöriger Dose verordnet werden sollen, müssen sie nothwendig den Schweiß mit Gewalt und nicht ohne grosse Erhitzung des Geblütes treiben. Nun ist ja bekannt, daß man sich bey allen hitzigen Fiebern derjenigen Mittel enthalten müsse, welche das Blut in allzu grosse Bewegung bringen, daher man sie auch in der Pest mit grosser Behutsamkeit anwenden soll, und deswegen pflegen sie die neuern Aertzte lieber gar nicht zu gebrauchen. Indessen aber, wo das Blut nicht allzu sehr erhitzet ist, oder diese Artzneyen in geringer Dose mit anderen vermischet werden; so ist deren Gebrauch nicht gantz und gar bey Seite zu setzen, ob schon zur selben Zeit, oder wo schlaffbringende Mittel nöthig seyn, nicht so wohl der Theriaca Andromachi, als vielmehr der Theriaca coelestis unserm Endzwecke ungemein Genüge zu thun scheinet: angesehen dieser ein gelindes schmertzstillendes Medicament abgiebet, dessen Dose nicht über fünff bis sechs Gran steiget, daher es bey anhaltender Raserey gantz füglich unter die Pulver, doch in geringer Dose, zu einem bis den anderen Gran, gemischet werden mag, zumal da bekannt ist, daß dergleichen gelinde schmertzstillende Mittel den Schweißgang ungemein befördern. Deswegen auch nicht wenige, den Auswurff der Natur zu beschleunigen, gelinde besänfftigende Artzneyen gemeiniglich zu gebrauchen pflegen. Doch hat man sich damit in Acht zu nehmen, daß man nicht allzu viel davon verordne: denn da die Säffte in dem Pestfieber zu einer brandmäßigen Verderbniß und zu tödtlichen Stockungen ungemein geneiget sind; als muß man sich allerdings wohl vorsehen, daß man mit diesen und dergleichen Mitteln die Stockungen der Säffte nicht vermehre, und den Cörper in eine tödtliche Trägheit stürtze. Dieses ist auch die Ursache, warum in dem Falle, da die Pest mit ungemeiner Trägheit, oder schlaffsüchtigen Beschwerungen vergesellschafftet ist, gar keine schlaffbringende oder schmertzstillende Mittel dienlich sind. Am sichersten und liebsten bedienet man sich zu Anfang der Pest der temperirenden und Schweißartzneyen: als z. E.

℞. Oculor. Cancr. ppt.
Conch. ppt.
Antimon. diaph. aa. Ʒi.
Bezoard. min.
Succin. ppt. aa. Ʒß.
Niteri. depurat. ℈ij.
M. F. Pulvis D. S. Temperirendes und zertheilendes Pulver, wovon aller 4 Stunden zwey gute Messerspitzen zu nehmen.
Oder: ℞. Pulv. Bez. alb.
Rad. Contrayerv. aa. Ʒj.
Pulv. Viper. Ʒß.
Cinnabar. nativ. ℈j.
Nitri depurat. Ʒß.
M. F. Pulvis S. wie das vorige.
Oder ℞. Flor. Sulphuris, Ʒß.
Cinnabar. Antimon. gr. xv. [768]
Camphor. gr. j.
M. F. Pulvis S. Bezoardisches Schweißpulver, die Hälffte auf einmal.
Oder: Rec. Unicorn. ver. Ʒj.
Antimonii diaphoret.
Flor. Sulphuris,
Sal. vol. Viperar. aa. ℈j.
Camphor. gr ij.
M. F. Pulv. S. den vierten Theil auf einmal.
Oder: Rec. Succin. praep. Ʒß.
Cinopabar. Antimon. gr. xv.
Sal. vol. C.C. gr. v.
Succin. gr. iij.
Camphor. gr. j.
M. F. Pulvis S. auf zweymal.
Oder: Rec. Flor. Sulphuris, ℈j.
Sal. vol. C. C. gr. xij.
Ol. pestilent. Heins. gtt. vj.
M. F. Pulvis S. wie vorher.
Oder: Rec. Aquae Carduibenedict. ℥iij.
Elect. Diascord. Frac. ℈iv.
Sal. absinth. gr. xv.
Camphor. gr. iij.
Aceti Vini, ℥ß.
Syrup. de Cur. q. s.
M. F. Potio S. Schweißträncklein Löffelweise zu geben.
Oder: R. Aquae Radic. Angelic. ℥iv.
Mixt. simpl. Ʒij.
Camphor. gr. ij.
Syrup. de Scord. Ʒvj.
M. F. Potio S. wie vorher.

Bey dem Gebrauche aber solcher Pulver und Tränckgen lässet man bisweilen folgende Mixturen darzwischen nehmen: als

Rec. Ess. Alexiphar. Stahl. Ʒiß.
Theriacal.
Mixt. simpl. aa. Ʒj.
M. S. Zertheilende Mixtur, wovon 40 bis 60 Tropffen frühe, Nachmittags und Abends zu nehmen.
Oder: Rec. Tinct. Corall. c. Spirit. Cord. Cerv. Gran. Cherm. aa. Ʒij.
Mixt. simpl. Ʒj.
M. D. S. wie das obige.
Oder: Rec. Tinct. Bezoardic. oder
Mixtur. simpl. Ʒj.
Spirit. C. C. ℈j.
M. D. S. Mixtur, 50 Tropffen auf einmal.
Oder: Rec. Aquae Carduibenedict. ℥ij.
Fumar.
Decoct. C. C. c. Rad. Scorzon. aa. ℥j.
Spirit. Bezoardic. Buss.
Liq. C. C. succinat. aa. Ʒj.
Unicorn. ver.
Cinnabar. Antimonii, aa. Ʒß.
Syrup. Flor. Paeon. ℥ß.
M. D. S. Tränckgen, Löffelweise zu gebrauchen.

Hierher gehöret auch D. Michels Lattwerge, welche so wohl zur Bewahrung, als Cur in der Pest, sehr hoch gehalten wird.

℞. Specier. alexiter. ℥iß.
Pulv. Saxon. ℥ß.
Theriac. opt.
Mithridat.
Elect. Diascord. Fracast. aa. Ʒj.
Flor. Sulphuris, Ʒvj. [769]
Camphor. Ʒiiiß.
Olei pestilent. Crollii, Ʒiß.
Citri,
Succin. aa. Ʒß.
Syrup. de Succ. Scord. q. s.
M. F. Elcctuarium, D. S. Giftlattwerge.

Hiermit hat D. Michel viel Soldaten von der Pest befreyet. Oder auch Rosenkreutzers Lattwerge, welche er in Astrologia Inferiorum also beschreibet:

Rec. Rob Juniperi, ℥iij.
Electuar. Diascord. Fracast.
Mithridat. aa. ℥iß.
Theriac. Ʒvj.
Flor. Sulphar. Ʒiij.
Myrrh. Ʒij.
Thuris albiss. Ʒvj.
Camphor. Ʒij.
Croci, Ʒß.
Succi Citri, q. s. f. Electuar.

Davon zur Bewahrung ein halbes Qventgen oder zwey Scrupel, zur Cur aber vier Scrupel, bis anderthalbes Qventgen in folgendem Wasser zu geben:

Rec. Aquae. Carduibenedict.
Acetos. aa. ℥j.
Theriacal. ℥ß.
M.

Mit diesen und dergleichen Artzneyen wird nun fortgefahren, und den Patienten fleißig gesaget, daß sie sich fein stille und ruhig in ihren Betten halten sollen, damit nemlich ein gelinder Schweiß durch solches ruhige Verhalten zugleich gelinde befördert werden möge. Anbey verordnet man einen guten zertheilenden und gelinde austreibenden Tranck, und lässet solchen fein warm und auch in gehöriger Menge trincken.

Rec. Rad. Imperat.
Carlin.
Helen.
Cichor.
Pimpinell. alb.
Scorzoner. aa. Ʒij.
Contrayerv. ℥ß.
Herb. Veronic.
Scabios.
Cherefol.
Scord.
Card. benedict.
Fumar. aa. Mß.
Flor. Aquileg.
Betonic.
Bellid. aa. P. ij.
Sem. Anis. Ʒiij.
Incis. et contus. M. F. Spec. Theiform.

Man nimmt von diesem Kräuter-Thee auf ein Pfund Wasser so viel, als man reichlich mit fünf Fingern fasset, und lässet solche Kräuter mit kochen, damit dieser Tranck etwas starck und kräftig werde. Und es kan auch der Patiente hiervon öfters des Tages etliche Schälgen trincken, weil er sich hierdurch eine sehr grosse Güte thut: angesehen die giftige Unreinigkeit auf diese Art allmählig zertheilet und ausgetrieben wird. Hiernächst muß man auch die Zufälle, welche bey der Pest vorkommen, in Betrachtung zühen, und selbigen fein bey Zeiten [770] vorbauen, oder auch zu statten kommen. Demnach bedienet man sich im Erbrechen, und zwar bey cholerischen Personen der niederschlagenden, bey phlegmatischen aber, der geistigen Mittel. z. E.

Rec. C. C. s. igne ppt.
Corall. rubr. ppt.
Matr. Perlar. ppt. aa, Ʒj.
Tartar. vitriolat. Ʒß.
Nitri depurat. ℈j.
Theriac. coelest. gr. iij.
M. F. Pulv. S. Anhaltendes Pulver, davon aller zwey bis drey Stunden eine Messerspitze zu nehmen.

Phlegmatischen Personen hingegen verordnet man nachstehende Mixtur:

Rec. Ess. Scord.
Theriacal.
Chamaedr. aa. Ʒj.
Ligv. C. C. succinat.
Mixt. simpl. aa. Ʒß.
M. D. S. Besondere brechstillende Mixtur, zu 60 Tropffen aller vier Stunden zu nehmen.

Schlagen Blutstürtzungen dazu, so verordnet man ebenermassen temperirende und Salpeter- Artzneyen. Und hier thun die sauern, wohin der frische Zitronen-Saft zu rechnen, sehr gut. Und wenn sich die Kräfte auf einmal zu verlieren scheinen, so bediene man sich guter Stärckmittel, und kan man auch ein gutes Glas von einem alten Weine gar sehr wohl, und mit vortreflichem Nutzen zulassen, nur muß solches mäßig geschehen. Stellen sich aber Bauchflüsse ein, welchen man auch begegnen muß, so ist nichts besser, als ein niederschlagendes Salpeterpulver, mit gepülvertem magellanischen Zimmte, als mit welchem man am allersichersten gehet. Was sonst bey der Pest zu beobachten, solches alles wird in nachstehenden Artickeln besonders abgehandelt. Sonst kan auch noch von der Pest nachgelesen werden: Johann Andreas Fischers Diss. de Scrutinio Pestis Synoptico, Erfurth 1724. August Heinrich Faschens Diss. de Peste, Erfurth 1681. Johann Gottfried Bergers Diss. de Pestilentia vera, Wittenberg 1710. Wolfgang Schallers Diss. de Peste, Wittenberg 1618. Ludewig Friedrich Jacobs Diss. de Peste. Aus denen Rechten ist hierbey noch folgendes zu mercken, daß in währenden Sterbens-Läuften, wenn nemlich die Pestilentz oder andere gemeine Land-Seuchen regieren, und während solcher kein Gerichte gehalten wird, oder doch sonst jemanden dieser allgemeinen Noth wegen vor Gerichte zu erscheinen oder zu klagen unmöglich fällt, gegen und wider solche Leute keine Verjährung Statt hat, sondern dieselbe gleichsam indessen ruhet. Wenn aber das Sterben aufgehöret, so wird zwar die Zeit, da solche Läufte gewesen, abgezogen, die folgende aber mit der vorhergehenden zusammen gerechnet. Böhmer in Diss.de eo, quod justum est durante Justitio, Halle 1705. Huyscen de Justitio, Straßburg 1689. So ist auch durch den Gebrauch fast durchgängig eingeführet, daß zur Zeit der Pestilentz, oder in andern Sterbens-Läuften, in Ansehung derer Testamente, zumal wenn der Testirer selbst an der Pest, oder an andern ansteckenden Kranckheiten [771] darnieder lieget, oder in dessen Behausung solche Seuche graßiret, zwey gültige Zeugen, da sie gleich nicht sonderlich erfordert, oder auch nur Weibes-Personen wären, genug sind, welche aber, wenn nicht von einem Notarien darüber ein Instrument errichtet worden, ihre Aussage eydlich thun müssen. Wie denn auch erfordert wird, daß sie den Testirer gesehen und gehöret haben, auch daß dieser bey gutem Verstande gewesen sey, und seine Kinder, oder in deren Ermangelung, sine Eltern mit dem Titel ordentlicher Erben beehret habe. Carpzov P. III. Const. IV. Def. 6. u. ff. Wenn aber dergleichen Testament ohne Zeugen in Schriften abgefasset, oder nur ein eintziger Zeuge zugegen gewesen; so kan es zu Recht nicht bestehen. Wie denn auch, wenn der Testirer in solchen Sterbens-Läuften nicht verstirbet, es länger nicht, als ein Jahr lang, nachdem das Sterben aufgehöret, gültig ist. Welches letztere jedoch von vielen in Zweifel gezogen wird, wie unter andern in Zieglers Diss. de Test. temp. pest. privil. §. 32. behauptet und zugleich Struven geantwortet wird. Eben so gilt auch ein jedweder Contract, der sonst mit Bestand Rechtens nicht gültig wäre. Sebast. Medic. de Casib. fort. P. II. qv. 6. n. 40. Desgleichen kan auch niemand zur Pest-Zeit weder des Ungehorsams, noch auch des Meineyds, noch auch einer Fahrläßig- oder Unachtsamkeit u. d. g. m. beschuldiget werden. Medic. l. c. n. 34. und 36. Sonst sind auch viel der Gedancken; daß die zu Pest-Zeiten begangene Verbrechen nicht so scharf, als ausser dem, zu bestrafen wären. Wie denn unter andern Carpzov in Pract. Crimis. P. III. qv. 133. n. 24. und 29. unterschiedene dergleichen Fälle erzehlet, als da man z. E. in Pest-Zeiten die Verbote nicht geachtet, die Krancken nicht angesagt, die Pest mißfälliger Weise in eine andere Behausung gebracht, unzeitige öffentliche ärgerliche Geberden, beflissene Vertuschung und Verschweigung geschehener Entleibung, Dieberey, Ungehorsam, und Verachtung Obrigkeitlichen Verbots, Herabschneid- und Verstümmelung derer gehenckten Cörper, gegebenen Willen oder Beyhülfe, buhlerische Schreiben, trunckene Polterey und Ungelegenheit, erdichtete Polter-Geister zum Schaden des Haus-Herrns, oder zum Erschrecken der Leute, u. d. g. mehrentheils nur mit zeitlicher Verweisung, Staupen-Schlägen, Gefängniß oder Geld-Straffen beleget. Wiewol auch in denen Läuften der Pestilentz die sonst schon ergangenen Mandate und Befehle allerdings vor verbindliche Gesetze zu halten und solchen nach die Straffe zu dictiren wäre. Wie denn gegentheils viele Rechts-Lehrer der Meynung sind, daß auch eine willkührliche Strafe von Rechtswegen nach Erfordern der Umstände vor sich selbst schon auf eine Todes-Strafe ausgedehnet werden möge. Daher denn auch insgemein diejenigen, welche andern mit der Pest angesteckte Kleider zutragen, mit dem Schwerdte, Consult. Saxon. Lib. V. qv. 21. welche aber die ihnen währender Pest-Zeit zur Pflege und Wartung anvertrauete Personen umbringen, als andere Todtschläger, so sie berauben, wie ordentliche Strassen-Räuber, und die ihnen nicht den benöthigten Unterhalt und Artzneyen reichen, willkührlich, bestrafet werden. Berlich P. IV. Concl. 9. Hingegen ist in Ansehung des Spielens, wie [772] auch der Wiedereintreibung des jemanden zum Spielen vorgeschossenen Geldes, dieses etwas besonders, daß, da sonst solches so gut, als vor verlohren zu achten, zur Pest-Zeit dagegen nicht allein alle und jede Spiele, um solcher gestalt denen Leuten desto eher die melancholischen Gedancken zu vertreiben, sondern auch das zum Spielen aufgeborgte Geid, als sonst ein ordentliches Darlehen, einzutreiben vergönnet ist. Ripa in Tr. de Pelte c. 4. n. 157. Authäus. Im übrigen entstehen hierbey noch unterschiedene Fragen. Als wenn z. E. in einer so genannten Brauer-Rolle verordnet ist, daß keiner dem andern seine Krüger, oder Schenckwirthe abspannen, und derjenige, so solches thut, dem andern die Schuld, damit der Krüger dem Brauer verhaft ist, zahlen soll, zur Zeit der Pest aber einige Bürger sich von einem zu dem andern wenden, ob alsdenn derjenige, so sie bey sich aufnimmt, mit der obgedachten Strafe zu belegen sey? Es scheinet aber allerdings wohl das Gegentheil der Billigkeit gemässer zu seyn, wenn er solche zumal weder mit List an sich zu bringen getrachtet, noch dem andern sonst auf eine unerlaubte Art und Weise abgespannet hat. Denn wie bekannten Rechtens, so spannet ja bloß derjenige einem andern etwas ab so darnach stehet und trachtet, daß er, was einem andern zugehöret, an sich reissen und bringen möge. Wer nun nicht darnach gestanden und getrachtet, daß er die Krüger, so der andere gehabt, an sich reissen und bringen möchte, der ist entschuldigt, und kan keiner Abspannung bezüchtiget werden. l. 1. §. 2. ff. de dolo. l, omnio. ff. de R. l. Godin in Consil. VII. n. 17. Roland von Valle de Lucro Dot. c. 9. §. 8. in pr. Juvenalis von Castroforti ad tit. Inst. de Obligat. Borcholt in Cons. 24. P. I. fol. 346. l. si qua poena. ff. de verb. sign. l. qui occidit. in fin. l. si putator. ff. ad L. Aquil. l. si non data. §. fin. de fideicomm. libert. c. quaesivit. de his quae fiunta maj. part. l. fancimus. C. de poen. c. sine culpa. de R. J. in 6. Desgleichen wird gefragt, ob wol ein Prediger zur Zeit der Pest, Krieg, Verfolgung, u. d. g. seine Gemeine verlassen könne? Worauf aber mit Unterschied zu antworten ist. Ist es eine Verfolgung, die den Prediger alleine angehet; so thut er wohl, wenn er so lange bleibet, als er kan. Ausser diesem Falle kan er wohl mit gutem Gewissen weichen, indem er durch sein Verbleiben der Gemeine doch nicht nutzen kan. Ist es aber zur Pest-Zeit, u. d. g. so erfordert allerdings sein Amt, daß er bey seiner Gemeine bleibe, und bedencke, daß ein guter Hirt sein Leben vor die Schaafe lässet. Ist es aber doch, daß er sein Leben zu erhalten suchet, und von der Gemeine weichet; so kan er allenfalls noch dadurch entschuldiget werden, daß die Furcht des Todes bey manchen Menschen so starck ist, daß sie derselben kaum widerstehen können. Und eben deswegen verdienet er auch destomehr Lob, wenn er auch mit Gefahr seines eigenen Lebens bey der Gemeine bleibet, und sie mit Trost aufzumuntern sich bemühet. C. 46. 47. c. 7. qv. 1. c. 48. C. 7. qv. 1. Carpzov in Jurispr. Eccles. Lib. I. def. 72. Brunnemann in Jure Eccles. Lib. I. c. 6. n. 10. §. 12. Ein mehrers hiervon siehe beym Besold de vit. et mort. consid. Lib. II. c. 2. Naurath de Vit. et mort. hom. Alph. Carrillo, Joh. Neldelius, Johann Präridellus, [773] Johann Frantz von Ripa de Peste, und andern in Speidels Biblioth. Jurid. Voll. II. p. 569. u. f. angeführrten Schrift-Stellern. Von unserm Heylände wird Hos. XIII, 14. gesaget, er wolle der Hölle eine Pestilentz seyn. Ketheb bedeutet eigentlich eine gar gefährliche Seuche, die den Menschen plötzlich anfället, und ihm das Leben raubet, daher es Luther durch Pestilentz übersetzet hat. Die ist Christus der Höllen worden, 1) in seinem Hohenpriesterlichen Amte, indem er durch sein Leiden und Tod dem die Macht genommen, der des Todes Gewalt hat, Ebr. II. 14. 15. indem er uns erlöset hat aus der Hölle, Hos. XIII 14. und hat durchs Blut seines Bundes ausgelassen seine Gefangene etc. Zachar. IX, 11. 2) in seinem Propheten Amte, indem er dem Tod die Macht genommen, und das Leben etc. 2 Timoth. I, 10. das ist, indem er durch die allgemeine Predigt des Evangelii viel tausend Seelen von der Finsterniß zum Licht, von der Gewalt des Satans zu GOtt bekehret hat, Ap. Gesch. XXVI, 18. 3) In seinem Königlichen Amte, indem er seine Kirche wider alle ihre Feinde beschirmet und erhält, daß sie die Pforten der Höllen nicht überwältigen können, Matth. XVI, 18. und herrschet mitten unter seinen Feinden, Ps. CX, 2. Fessel Christ myst. p. 897.