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Zedler:Straffe

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Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Straffe (Abfindung wegen der)

Band: 40 (1744), Spalte: 499–517. (Scan)

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Straffe, Strafe, Züchtigung, Bestrafung, Lat. Poena, Punitio, Castigatio, Poenarum irrogatio, Frantz. Peine. Das Wort: Straffe, hat verschiedene Bedeutungen, welches die Ursache ist, daß die Schrifftsteller selbige auf so unterschiedene Art beschreiben. Es hat Thomasius in Jurisprud. divin. lib. 3. c. 7. §. 8. u. ff. die verschiedenen Bedeutungen desselben sorgfältig angemercket. Eigentlich ist die Straffe ein Leiden oder Uebel, welches der Obere den Unterthanen wegen eines begangenen Verbrechens auferleget, und zwar zur gemeinen Verbesserung der Unterthanen.

Nach Herr Cantzler Wolffs Beschreibung, ist die Straffe dasjenige Uebel, so der Gesetzgeber mit einer Handlung verknüpffet, als einen Bewegungs-Grund sie zu unterlassen. Grotius de jure belli & pacis lib. 2. cap. 20. §. 1. und Pufendorff in jure naturae & gentium lib. 8. cap. 3. §. 4. und de officio hominis & civilis lib. 2. cap. 13. §. 4. geben folgende Beschreibung von ihr, daß sie ein Uebel sey, welches einem wegen einer Uebelthat angethan werde. Bey welchen Erklärungen aber zu erinnern, daß sie weder des Ober-Herrn, welcher alleine straffen kan, noch des Endzwecks der Straffen ausdrücklich gedencken; welches auch Titius Observ. 637. wieder Pufendorffen erinnert, zugleich aber auch einige Dinge ausgesetzt, die nichts auf sich haben.

Denn daß er nichts von der Art zu straffen gedacht, ist in einer Definition nicht nöthig gewesen; wie er denn auch nicht gebraucht hätte, des Verbrechers Obligation zu berühren, welches auch Titius verlangt, [500] wenn er des Obern gedacht hätte. Bey Pufendorffen ist dieses ein kleines Versehen gewesen; das aber Grotius nicht angeführet, es müsse alle Straffe von einem Obern auferleget werden, solches hat er wegen einer besondern Meynung, die wir hernach hören werden, mit Fleiß gethan. Bleiben wir bey unsrer angegebenen Erklärung, so müssen wir alle die dabey vorkommenden Umstände durchgehen, und ins besondere erwegen: 1) Denjenigen, welcher einen andern straffet. Solches ist allezeit der Ober-Herr, es mag nun GOtt, oder ein Mensch seyn. Denn es kan niemand straffen, der nicht Macht hat, Gesetze zu geben, und nach diesen Gesetzen zu richten, daß er von unserm Thun und Lassen Rechenschafft fordert.

Niemand kan dem andern Gesetze vorschreiben, wenn er nicht die Ober-Herrschafft, und also die Gewalt über ihn hat. Ist dieses richtig, so irret Grotius, wenn er de jure belli & pacis, lib. 2. cap. 20. §. 3. die Macht zu straffen allein denjenigen beyleget, die nicht ein gleiches, wie der Thäter verbrochen haben. Denn da alle Straffen von dem Gesetze dependiren, so können wir keinen Grund absehen, wie man einen straffen könne, dem man nichts zu befehlen hat. Im natürlichen Stande haben daher gar keine menschlichen Straffen statt, und wenn eine Beleidigung vorgegangen, so ist kein ander Mittel, als durch einen gütlichen Vergleich; oder durch Krieg dem Streite ein Ende zu machen. Man wird auch keine Exempel aufweisen können, daß das Straff-Recht allen und jeden verliehen gewesen, nachmahls aber der Obrigkeit allein sey zugeeignet worden. Unter den Hebräern findet man nichts, so dieses beweisen könnte. Die That des Pinehas, welcher den Israelitischen Mann nebst der Hure erstach, Num. XXV, 7. sq. kan hieher nicht gezogen werden, als hätte er als eine Privat-Person die Gewalt zu straffen gehabt, und ausgeübet. Denn ob wir wohl mit andern sagen, daß er als Mensch anzusehen, der richterliche Gewalt gehabt; so war doch dieses eine gantz besondere Begebenheit, die aus einem ausserordentlichen Göttlichen Triebe herrührte, und deswegen weder eine Regel noch ein Exempel, dem man nachfolgen müste, abgeben kan.

In den folgenden Zeiten kam bey den Israeliten das Jus Zelotarum, das Recht der Eyfferer auf, da auch einer Privat-Person erlaubt war, in Gegenwart anderer denjenigen zu schlagen, oder zu tödten, welcher wider GOTT, oder den Tempel, oder wider den Gottesdienst im Tempel gottlose Dinge geredet, oder vorgenommen, wie solches Seldenus de jure naturae & gentium juxta diciplinam Ebraeorum, lib. 4. cap. 5. beschreibet. Allein es war dieses Recht der Eyfferer nicht zu loben, sondern vielmehr vor ein Zeichen des verderbten Zustandes anzusehen. Und wenn eine Obrigkeit dergleichen geschehen läst, so geschicht es nicht im Nahmen einer Privat-Person, sondern vielmehr der Obrigkeit, deren Stelle als ein Diener sie vertreten muß. Man lese Seldenum in exercit de jure Zelotarum in seinen otiis theol. lib. 4. p. 604. und Buddei dissert. de jure Zelotat. in gente Ebrae.

Solche Bewandniß hat es auch mit dem Bluträcher, dessen die Schrifft hin und wieder gedencket, welches der nächste Anverwandte des Ermordeten [501] war, dem das Recht zustand, den Mörder umzubringen. Denn er that dieses nicht eigenmächtig, sondern die Obrigkeit verstattete es ihm, und er vertrat deren Stelle, eben wie bey den Römern den Eltern das Recht über ihrer Kinder Leben und Tod mit Beweilligung der Obrigkeit überlassen wurde, von welchem Puncte Buddeus in institut. theol. moral. part. II. cap. 4. §. 6. nachzusehen.

Was wir hier von den eintzelnen Personen gesagt, daß gleiche einander nicht straffen können, das hat auch von gantzen Völckern statt. Denn die Völcker sind auch einander gleich, und indem keines dem andern etwas befehlen kan, so hat es auch keine Macht zu straffen. Aus diesem Grunde ersehen wir, daß Grotius de jure belli & pacis, lib II. c. 1. §. 2. und an andern Orten das so genannte bellum punitivum nur erdichtet.

Nachdem Treuer in notis ad Pufend. de officio hominis & civis p. 511. verschiedene angeführet, welche gemeynet, daß in dem Stande der Natur unter gleichen Personen eine Straffe statt habe, so hält er dafür, es wäre der gantze Streit eine Logomachie, und käme darauf an: ob derjenige, der das Gesetze der Natur überschreite, es geschehe, auf was Art und Weise es wolle, von einem ieden mit Recht könne bekrieget werden, und ob solcher Krieg eine Straffe zu nennen sey? Es ist aber damit nicht ausgemacht, wie man das Wort nehmen will; sondern wie man dasselbige nehmen soll.

So hat man auch keine poenas conventionales, oder eingewilligte Straffen, davon bey den Römern die stipulationes poenales ihren Nahmen hatten. Denn die Straffe kommt vom Gesetz, und nicht von einem Vergleiche; Sie wiederfähret dem andern wider seinen Willen, und ist etwas unangnehmes; Eine wahre Einwilligung geschicht aber mit Willen, und man siehet dasjenige, worein man williget, vor was gutes und angenehmes an.

In der Republick kommt diese Gewalt dem Regenten zu, welche noch besondere Rechte unter sich begreiffet, als das Recht, Straff-Gesetze zu geben, oder auf die Uebelthaten besondere Straffen zu setzen; das Recht, Straff-Gerichte zu halten, oder die Uebelthäter nach den Straff-Gesetzen zu verurtheilen, und die gesetzten Straffen an ihnen vollziehen zu lassen; das Recht, absonderliche Straff-Gesetze im Lande zu verordnen, oder die peinliche Jurisdiction andern zu verleihen; das Recht, die gesetzten Straffen zu schärffen, oder zu lindern, oder gar nachzulassen, und dergestalt den Uebelthätern Gnade zu erzeigen, wenn es die Wohlfarth der Republick also erfordert.

Die Züchtigungen, welche Eltern gegen ihre Kinder, und die Herren gegen ihre Knechte vornehmen, wollen einige vor keine eigentliche Straffe ansehen; Weil aber gleichwohl in diesen Gesellschafften eine gewisse Ober-Gewalt vorhanden ist, daß Eltern ihren Kindern, und die Herren ihren Knechten befehlen können, auch diese wider ihre Befehle handeln, so sehen wir nicht, warum man sie nicht vor eigentliche Straffen halten solte, ob sie sich wohl so weit nicht erstrecken als die Straffen in der Republick, nachdem ihre Gewalt ihre gewissen Grentzen hat.

Ob einer, die von der Obrigkeit erkannte Straffe ihm selbst anthun, oder dazu helffen möge? wird bey den Sitten-Lehrern gefragt, und von den vernünfftigsten geantwortet, daß solches wider die eingebohrne Liebe zu seiner selbst Erhaltung, und die [502] daher entspringende Pflicht, streite, etwas zu thun, das unsern Tod unmittelbar verursachen oder befördern kan. Also haben die Athenienser unrecht gethan, daß sie den Missethätern zur Straffe Gifft zu nehmen aufgelegt, und die Japoneser thun noch unrecht, daß sie durch eigenhändige Aufschneidung des Bauchs sich selbst hinrichten.

Wir sehen 2) wer gestrafft werden könne? Dieses ist derjenige, der gesündiget, und dem die Sünde kan zugerechnet weren.

Weil man aber entweder vor sich etwas böses thun, und sich als die Haupt-Person verhalten oder bey eines andern bösen Handlungen concurriren kan, so hat in beyden Fällen eine Imputation, folglich auch eine Straffe statt. Aus dieser Wahrheit können wir viele andere Wahrheiten erkennen. Denn es folget daraus: a) Daß man unschuldige nicht straffen könne, weil sie nicht gesündiget, und daher ihnen nichts kan zugerechnet werden; fällt aber die Zurechnung weg, so hat auch keine Straffe statt: Dahin gehören die Märtyrer der ersten Kirche, und andere ihres gleichen: wie denn in solchem Verstande die Enthauptung Carls I. Königs in Engelland sein Marterthum genennet wird.

Es fragt sich hierbey auch nicht unbillig, ob in Glaubens-Sachen, wider das Gewissen etwas zu thun, rechtmäßig möge befohlen, und die Ungehorsamen darum gestraffet werden? Dieweil aber allhier zweyerley Gebote, das Göttliche und das Obrigkeitliche, zusammen kommen, und sich mit einander stossen; so ist es schwer, ein Mittel zu finden, wie sie neben einander unverletzt bestehen mögen. Und wenn es gewiß ist, wie denn allerdings, absonderlich von einem Christen, nicht daran gezweifelt werden mag, daß man GOTT mehr gehorchen muß, als den Menschen; so thut eine Obrigkeit einen Eingriff in das Recht GOttes, wenn sie etwas verordnet, und von den Unterthanen in solchen Dingen fordert, die ihm GOtt selbst vorbehalten hat, dergleichen die sind, so den Glauben und das Gewissen betreffen.

Wenn aber auch dieses gewiß ist, wie gegentheils ebenfalls nicht zu läugnen, oder nur daran zu zweifeln, daß die Obrigkeit allen äusserlichen Handlungen, die in das gemeine Leben einfliessen, Masse zu geben, Macht hat, wenn anders die freye Gewalt bey ihr stehet, und sie durch Gesetze, Verträge, und andere Verbindlichkeiten, nicht eingeschräncket ist; so ist sie allerdings darüber Gebot und Verbot zu geben, befugt, und straffet billig diejenigen, so sich noch denselben nicht bequemen wollen.

b) Daß man Kinder und rasende Personen mit keiner Straffe zu belegen. Denn will man einer Person was zurechnen, so muß die That mit Wissen und Willen geschehen, wozu der Gebrauch der Vernunfft erfordert wird; Weil nun dieser bey solchen Personen fehlet, so kan man ihnen nichts beymessen, folglich sie auch mit keiner Straffe ansehen.

Hier scheinet die Heilige Schrifft der Vernunfft entgegen zu seyn. Denn wir wissen daraus, daß vor dem göttlichen Gerichte so wohl die erb- als würckliche Sünde auch denen Kindern und also allen Menschen, keinen eintzigen ausgenommen, zugerechnet wird. Es geben die Theologen diese Ursache, daß die ersten Menschen das gantze menschliche Geschlechte vorgestellet, daher als sie gefallen, so wären in und mit ihnen zugleich alle ihre Nachkommen gefallen.

c) Daß man unvernünfftige Thiere nicht straffen kan. [503] Denn sie sind keinem Gesetze unterthan, weil sie keine Vernunfft, mithin keine Freyheit haben.

d) Kan niemand um eines andern Verbrechen willen gestraffet werden, wenn er nicht mitgewürcket. Es kommt alles auf den Grund der Imputation an, wie wir schon etliche mahl erinnert. Aus diesem Grunde läst sich leichte abnehmen, wie weit ein ieder vor sich wegen des Vebrechens eines gantzen Staats-Cörpers, und wiederum die gantze Gemeine um eintzelner Personen Missethat halber, Regenten um ihrer Unterthanen Schuld, und die Untern um der Obern Sünde willen gehalten seyn. Denn es beruhet alles darauf, wie weit iemand darein gewilliget hat.

Hier kommen verschiedene Schwierigkeiten für, wenn wir die Schrifft mit zu Rathe ziehen wollen. Denn GOtt drohet in seinem Decalogo, er wolle die Missethat der Väter an den Kindern heimsuchen bis ins dritte und vierte Glied, Exod. XX, 5. welches ungerecht, und also mit der Gerechtigkeit GOttes zu streiten scheinet; Ja es ist auch sonst der Schrifft entgegen, wenn GOtt Ezech. XVIII, 20. saget: Der Sohn soll nicht tragen die Missethat des Vaters, und der Vater soll nicht tragen die Missethat des Sohnes, sondern des Gerechten Gerechtigkeit soll über ihn seyn. Einige, als Grotius de jure belli & pacis lib. 2. cap. 21. § 14. wollen diesen Knoten durch die unbedingte Herrschafft GOttes auflösen, welche aber mit der göttlichen Gerechtigkeit und Gütigkeit streitet.

Wir werden gar leichte aus dieser Sache kommen können, wenn wir nur zweyerley Dinge vorher setzen, und deutlich machen. Das eine betrifft die Straffe, welche man in diesem Falle wohl von dem, was beschwerlich ist, und von dem Schaden unterscheiden muß. Denn ob wohl alle Straffe was beschwerliches, so ist doch nicht alles, was einem beschwerlich ist, eine Straffe. So ist auch der Schade mit der Sache nicht einerley, indem man vielmahls einen Schaden haben kan, ohne daß es vor eine Straffe anzusehen, wie man denn auch bisweilen einen Schaden über sich nehmen muß, dazu eines andern Verbrechen Gelegenheit gegeben, und zwar, daß man auch dasjenige verlieret, was man nicht anders, als unter einer gewissen Bedingung haben solte.

Das andere gehet die Beschaffenheit der Kinder an, welche der Eltern Missethat tragen sollen, so ferne sie entweder den Eltern in der Gottlosigkeit nachschlagen, oder nicht. Dieses voraus gesetzet, so sagen wir, wenn fromme Kinder, welche ihren bösen Eltern nicht nachahmen, um deren Missethat etwas leiden müssen, so ist das eigentlich keine Straffe, sondern etwas beschwerliches, und zwar ein solcher Schade, da ihnen GOTT eine besondere Gnaden-Wohlthat und einige Vortheile entziehet, die sie sonst würden bekommen haben, wenn ihre Eltern fromm gewesen wären, daß also der Eltern Bosheit und Verbrechen zu solcher Entziehung Anlaß gegeben. Treten die Kinder in ihrer bösen Vorfahren Fußstapffen, so leiden sie das Unglück um ihrer Sünde willen. Jenes ist alsdenn ein Creutz; dieses aber eine Straffe.

Auf solche Weise lassen sich die beyden Stellen des Mosis und Ezechielis, die einander entgegen zu seyn scheinen, füglich mit einander vereinigen. Denn Moses redet von der Entziehung einer sonderbaren Gnade; Ezechiel aber von [504] der eigentlich so genannten Straffe. Man lese nach Joh. Schmidii Disput. de liberis ob delicta parentum non puniendis, Leipz. 1684.

Ist der Mensch, welcher gesündiget, und dem man etwas imputiren kan, eigentlich das Subjectum der Straffe, und man sagt, daß er an seinem Leibe gestrafft werde, so ist dieses nicht so zu verstehen, als wenn würcklich die Straffe den Leib angienge, indem dieser an sich selbst nicht sündigen, folglich auch nicht zur Straffe kan gezogen werden; sondern die Straffe leidet allezeit die Seele, und zwar durch den Leib, der sich dabey als ein Instrument verhält, gleichwie sie sich dessen auch als eines Werckzeugs bey der Sünde bedienet.

Es ist auch die physische Vollkommenheit des Leibes an sich selbst eine indifferente Sache, deren rechter Gebrauch und Genuß, welcher von der Seele dependiret, die moralische Glückseligkeit eines Menschen befördert. Hier können wir die Frage mitnehmen: Ob ein zum Tode verurtheiler Uelthäter unter den vorgelegten Straffen ihm eine erwehlen möge? welches mit Ja beantwortet wird, weil es nicht die Sache selbst, sondern nur die Weise derselben betrifft.

Es folgt 3) das Verbrechen, welches bestraffet wird. Ueberhaupt sind es alle diejenigen Handlungen, welche mit dem Gesetze nicht überein kommen, wiewohl man davon mit Unterscheid in Ansehung des göttlichen und menschlichen Gerichts reden muß. Denn in dem göttlichen Gerichte werden nicht nur die äusserlichen Wercke, sondern auch die innerlichen Bewegungen der Seele, Gedancken, Begierden, auch diejenigen, die man nunmehro wegen der Verderbniß unserer Natur nicht vermeiden kan, von rechtswegen gestraffet.

In dem menschlichen Gerichte aber bestrafft man nur das äusserliche Thun, und zwar dasjenige, wodurch die äusserliche Ruhe in dem gemeinen Wesen gestöhret wird. Weltliche Obrigkeit straffet also ordentlicher Weise weder die innerlichen argen Gedancken, und Begierden, so lange sie äusserlich nicht ausbrechen, und der Ruhe in der Republick nicht schädlich sind; noch die gemeinen Laster der Menschen, die sich zwar äusserlich bisweilen hervor thun; aber dennoch ohne iemand Schaden und Unrecht zuzufügen, ausgeübet werden, dergleichen Heucheley, Ueppigkeit, Hoffarth, Geitz u. s. f. noch die irrigen Meynungen des Verstandes, so ferne sie im Verstande bleiben, und nicht irgend ein anderes Verbrechen mit sich führen, noch diejenigen Verbrechen, wodurch man zwar GOTT beleidiget, die Ruhe aber in der bürgerlichen Gesellschafft nicht gestöhret wird.

Hier kömmt die Frage vor, welche aus dem Rechte der Natur zu untersuchen ist; ob die Straffen auf alles dasjenige, was den göttlichen Gesetzen zuwider ist, sich erstrecken sollen, oder ob etwas daran auszunehmen? Wer wolte aber zweifeln, daß vergebliche Straffen auszunehmen wären? Denn alles was vergeblich ist, ist närrisch, und alles was närrisch ist, ist wider die Vernunfft. Alle Straffen aber sind vergeblich, die nur zur wahren Gottseligkeit der Menschen abzielen. Denn sie können nichts mehr würcken, als daß sie die äusserlichen Thaten der Menschen verwehren, dadurch aber kan man wohl Heuchler, aber keine fromme Menschen machen.

Darum sind die Straffen vergeblich, oder irraisonable, welche auf die Beförderung der Gottseligkeit gerichtet sind, [505] als wenn man die Menschen von einer dem Staate nicht schädlicher Religion zu der andern bekehren will. Demnach bleiben die zur Gottseligkeit abziehlende Straffen blosse Mittel vor die Gerechtigkeit, oder besser zu sagen, vor die Thaten, welche die Gerechtigkeit erfordert, sie mögen nun aus der wahrhafften Gerechtigkeit, oder aus dem Zwange der Gesetze herrühren. Denn der Nutzen der Republick würde zwar besser durch die Gerechtigkeit selbst, als durch die blossen Thaten derselben befördert.

Weil aber jene durch die Straffen nicht kan erhalten werden; so muß man sich mit dieser begnügen. Doch kan man durch die Straffen nicht einmahl alle Thaten der Gerechtigkeit erzwingen. Denn es gehören hieher die Thaten der Leutseligkeit, Gedult, Bescheidenheit, Mäßigung und andere, deren Gegentheil, ohne allen Zweifel der Republick höchst schädlich ist; und dennoch kan man durch die Straffen die Thaten der blossen Unfreundlichkeit, Unbescheidenheit, Ungedult und andere Affecten nicht wohl zwingen, weil nun durch besagte Thaten der Republick fast eben so viel Schaden geschiehet, als durch die andern, indem sie fast allgemein sind, so haben die Römer vor Zeiten in ihrer weisen Regierung dieses wohl bedacht, und deßwegen die Censores verordnet, welche alle fünff Jahre nachsehen musten, wie sich eine ieder Bürger in Rom aufführete; und wenn sie befunden, daß einer übel wirthschafftete, oder in allzuvieler Wollust, oder allzuprächtig lebte, oder nicht heyrathen wolte, so untersuchten sie dieses, und nach Befinden der Umstände, wenn er ein Raths-Herr war, stiessen sie ihn aus dem Rathe; war er ein Ritter, so nahmen sie ihm sein Pferd, war er von dem Volcke, so setzten sie seinen Nahmen unter die Cäriten, da er nicht mehr Raths fähig war. Althusius meynet in seiner Politick, es liese sich dieses heut zu Tage auch noch thun; wenn man diese Bedingung der Geistlichkeit anvertrauete; alleine ob die Würckung von sonderlichen Nutzen seyn würde, ist fast nicht zu glauben. Zwar kan man nicht in Abrede seyn, daß nicht alle innerliche Regungen, ungestrafft zu übergehen sind.

Der Vorsatz zu einer bösen That kan so wohl bestrafft werden, als wenn die That würcklich geschehen. Z. E. Wenn jemand mörderische Anschläge gegen die Obern gefasset; oder man hat um dergleichen Dinge gewust, und sie nicht angezeiget, denn werden gleich dergleichen Dinge nicht vollzogen, so sind doch die Anschläge gefährlich, und man hat höchst nöthig, andere durch Exempel von Begehung solcher Missethaten, darein sie nicht einmahl zu willigen, abzuschrecken.

4) Ist der Endzweck der Straffen zu erwegen. Bey dem Verderben der menschlichen Natur und dem daraus entstehenden Ungehorsam der Menschen, sind die Straffen schlechterdings nöthig. Denn wenn solche Zwangs-Mittel nicht da wären, so wären die Gesetze vergebens; Folglich da die Fürsten verbunden sind, die Wohlfahrt des Staats zu erhalten, so lieget ihnen auch ob, die Verbrechen, welche dawieder streiten zu bestraffen. Also ist hier eine besondere Verbindlichkeit da. Wolte aber GOtt die Sünder unbestrafft lassen, so würde er wieder seine Gerechtigkeit handeln.

Indem das Straff-Amt ein Stücke der Gerechtigkeit ist, so ist unter den Gelehrten ein hefftiger Streit gewesen: Zu welcher [506] Art der Gerechtigkeit selbiges zu rechnen, und ob es zu der Justitia commutativa, die in Contracten einem ieden das Seinige giebet; oder zu der Justitia distributiva, welche auf die Personen und ihre Verdienste siehet, gehöre? Es halten aber andere die gantze Frage vor unnütze, auch die Eintheilung selbst der Gerechtigkeit vor vergeblich und meynen, man thäte besser, daß man die Gerechtigkeit eintheile in justitiam rectoriam, die zwischen Obern und Untern sey, und dahin das Straff-Amt gehöre; und in justitiam aequatoriam, welche Personen von gleichen Umständen angienge.

Aus solcher Nothwendigkeit ist leichte zu schliessen, daß die Straffen einen Endzweck haben müssen. Alles, was davon kan gesaget werden, haben wir in der Beschreibung der Straffe zusammen genommen, und kurtz gesaget: sie ziele zur gemeinen Verbesserung der Unterthanen ab. Insbesondere theilet man ihn in finem internunm, in einen innerlichen, und finem externum, in einen äusserlichen; Oder wie andere reden in finem expiatorium, in den aussöhnenden, und medicinalem, in den verbessernden.

Der innerliche Endzweck ist die Gnugthuung, welche der Gerechtigkeit, welche der Gerechigkeit geschiehet, daß man bey den Straffen dajenige thut, was die Gerechtigkeit mit sich bringet, worauf GOtt bey allen seinen Straffen siehet; so aber auch indirecte auf den Nutzen der Unterthanen gehet, deren Wohlfahrt ohne Gerechtigkeit nicht bestehen kan.

Der äusserliche Endzweck gehet bald auf den Nutzen einer gantzen Gesellschafft; bald aller und ieder Personen, und zwar entweder auf den Nutzen dessen, welcher gesündiget, damit er sich bessere, oder des, der beleidiget worden, damit er ins künfftige sicher sey; oder der andern überhaupt, auf daß sie sich durch ein Exempel von dergleichen Verbrechen abschrecken lassen.

Dieses nun zum vorausgesetzet, so haben wir vorietzo die verschiedenen Arten der Straffen zu erwegen. Man theilet sie in Ansehung derer, welche die Macht zu Straffen haben, in Göttliche und Menschliche Die Göttlichen sind ihrer Dauer nach entweder zeitliche oder ewige, da GOtt mit jenen die Sünder in diesem Leben heimsuchet, und sie ihre Endschafft erreichen lässet. Diese aber folgen nach diesem Leben und sollen ewig währen.

Die zeitlichen sind wiederum unterschiedlich. Denn etliche sind ausdrücklich benennet und ausgedrückt, einige aber sind nicht benennet. Jene, die ausdrücklich bestimmten, gehen entweder alle Menschen an, als die Lebens-Straffe, so GOtt auf den Todschlag gesetzet, Genes. IX, 5. 6. oder sie betreffen das Israelitische Volck.

Die zeitlichen Straffen, die GOTT nicht bestimmet, sind entweder natürliche oder willkührliche, ingleichen entweder innerliche oder äusserliche. Die natürlichen Straffen sind diejenigen Uebel, welche durch eine natürliche Folge auf diejenigen Sünden kommen, da der Mensch wieder seine Natur lebet, und also die natürlichen Gesetze überschreitet. Sie sind entweder physicalische, welche entstehen, wenn man wieder seine physicalische Natur lebet, dergleichen alle Kranckheiten und Leibes-Schmertzen sind: oder moralische, so die moralische Natur des Menschen angehen, als ein böses Gewissen, Unruhe des Gemüths, Incommodität, Armuth, Verachtung.

Solche Uebel sind mehr als zu gewiß(?) vor Straffen anzusehen, obschon einige daher Anlaß [507] genommen, zu behaupten, daß die natürlichen Gesetze keine eigentlichen Gesetze, sondern vielmehr väterliche Rathschläge wären, weil es an den Straffen fehle. Denn da wir auf das gründlichste darthun können, daß GOtt im Ernste der Menschen Glückseligkeit verlange, und zu dem Ende wolle, daß sie ihrer pysicalischen und moralischen Natur gemäß leben; so hat man diejenigen Handlungen, welche diesem Willen GOttes zuwieder sind, nicht anders als Sünden, und die Uebel, die darauf erfolgen, als Straffen anzusehen, welches auch aus der Gerechtigkeit GOttes unfehlbar zu schliessen.

Bey diesem Streite kan man nicht anders verfahren, als daß man darthut, die Gesetze der Natur wären eigentliche Gesetze, und daher müste man auch die natürlichen Uebel vor eigentliche Straffen annehmen. Denn sonst kan man die Meynung derer, die sie vor keine Straffen halten, nicht wiederlegen, und noch vielweniger schliessen, weil man natürliche Straffen habe, so müsse man auch natürliche Gesetze haben.

Eben deswegen ist es was wunderliches, daß man den Schluß machen will, weil die natürlichen Uebel keine Straffen, so habe man auch keine eigentlich so genannten Gesetze der Natur. Denn, wenn erkannt werden soll, ob ein Uebel eine Straffe sey, so muß vorher ausgemacht seyn, ob ein Gesetz vorhanden, oder nicht. Es thut auch zur Sache nichts, daß man einwenden wolte, es lebten die Menschen vielmahls wieder die Gesetze der Natur, ohne daß auf ihre Handlungen gewisse Uebel erfolgten.

Denn die natürlichen Straffen sind vielerley, und wenn sie gleich nicht allezeit äusserlich sind, so giebts doch innerliche. Treten sie gleich der Sünde nicht alsbald auf dem Fusse nach, so stellen sie sich doch noch ein, und bleiben nicht gäntzlich aus. Man lese Kemmerichs und Metzlers Dissertationes de poenis naturalibus nebst Müllers Anmerckungen über Gracians Oracul, Max. 90. p. 716. die willkührlichen Straffen sind solche Uebel, die man der Sünden wegen dulten muß, davon man keine natürliche Ursache angeben kan, und sich blos auf den Willen GOttes und dessen Straff-Gerechtigkeit beruffen muß.

Innerliche Straffen nennet man, welche die Seele leiden muß; Aeusserliche aber, so dem Leibe angethan werden, oder wenn man einem die Dinge nimmt, die ausser uns sind, und doch zur Erhaltung des zeitlichen Lebens gehören.

Die menschlichen Straffen theilen einige ein Capital-Straffen (POENAS CAPITALES) und in Straffen, die nicht Capital sind, (NON CAPITALES) in solche, die entweder das Leben betreffen, oder nicht. Andere sagen, sie sey entweder poena civilis, bürgerliche, oder criminalis, die peinliche. Diese sey wieder entweder capitalis, oder non capitalis.

Es hat aber ein iedes Volck seine besondern Arten von Straffen, welche alle hier nach der Reihe zu erzehlen zu weitläufftig, auch unmöglich fallen dürffte. Wir wollen nur hier in etwas von den Straffen der Hebräer beybringen. Solche waren zweyerley Arten: Eine, die sie von sich selbst hatten, und eine die von den Heyden angenommen hatten.

Jene war entweder eine Kirchen Straffe, oder Civil Straffe. Die Kirchen-Straffe hieß anathema, und solche war der Bann, dessen drey Grade waren, 1) Niddui, der geringste, 2) Cherem, der grössere, und 3) Schamatha, [508] der allergrößte, wie wohl einige die erste und letzte vor einerley, die mittelste Art aber vor die größte halten, womit die Sünder in öffentlicher Gemeine mit Blasung der Trompeten, Anzündung und Auslöschung der Wachs-Kertzen und den greulichsten Verwünschungen beleget wurden: Siehe Bann im III Bande, p. 348.

Die Civil-Straffe geschahe entweder an Leib und Leben, oder nicht. Zur Lebens-Straffe gehöret 1) die Decollation 2) Steinigung 3) Verbrennung und 4) Strangulation oder Erwürgung. Die Leibes-Straffen waren wiederum viererley 1) das Gefängniß, 2)  die Wiederversetzung oder Verkauffung des Diebs 3) die Wiedervergeltung oder darvor gegebene hinlängliche Satisfaction 4) die Geisselung die mit drey Riemen verrichtet ward, und wovon bereits im X Bande p. 651 gehandelt worden. Einige setzen zu dieser Art der Straffen noch die Fustigation, die mit Peitschen geschahe, und das Exilium bey den Asylis, wovon im gehörigen Orte nachzusehen.

Bey den Capital-Straffen ist zu mercken, daß sie keine ordentliche und zur Execution bestimmte Leute gebrauchet. Die Vollziehung der Straffen verrichteten zuweilen die Richter selbsten, zuweilen auch die Zeugen, 3 B. Mos. XXIV, 14. Von der Erdroßlung bekräfftigen solches die Juden; von der Enthauptung sehe man Rivetum in Genes. XXVI nach. Ja, daß solche nicht der Hencker, sondern andere Leute verrichtet, erhellet aus 3 B. Mos. XX, 12. 4 B. Mos. XI, 6. Von der Verbrennung, Jos. VII, 25.

Da Saul die Priester Gottes umbringen wolte, so befahl er seinen Trabanten solches zuverrichten, und hernach dem Doeg 1 Sam. XXII, 18. In der Geisselung aber haben sie ihre שוטוים(?) oder [...]. Einige meynen auch, es hätten diese bey den Capital-Straffen die Verbrecher entblöset, gebunden, und zugleich die [...] oder instrumenta judicum getragen, und andere Sachen gethan, welche zur Straffe bestimmt gewesen. So viel ist gewiß daß die Richter ihre Diener gehabt, die als Helffershelffer ihnen zu Gebote gestanden. Sonsten sind diejenigen, die bey der Geisselung ihre Dienste geleistet [...]/ ministri publici, oder lictores genennet worden.

Es hatten auch die Jüden dieses Gebrauch, daß wenn sie etliche tödten solten, sie solche Execution bis auf ein Fest verspahret, damit alle Israeliten solche Execution ansehen möchten. Daher sie auch den Heyland sammt den andern beyden Uebelthätern nicht eher ans Creutz schlugen, als bis zu Anfange des Oster-Festes.

Wenn ein Uebelthäter zum Tode verdammet wurde, so wurde zugleich dessen gantze Familie mit zur Straffe gezogen, wiewohl solches mit einer Ausnahme zu verstehen ist. Als Hamann zum Tode verurtheilet wurde musten alle sein Söhne sterben. Esth. IX, 5. 6. Achan wurde mit seiner gantzen Familie gesteiniget. Jos. VII, 15. Und Curtius erzehlet an vielen Orten, daß in gantz Persien mit den Uebelthätern ihre gantze Familie sterben müssen.

Was die Ceremonien, welche bey Vollziehung der Straffen beobachtet werden, anlanget; so musten 1) die Richter nach dem Göttlichen Gesetze das Verbrechen genau untersuchen. 2) Die Zeugen musten das Verbrechen bekräfftigen. 3) Die Hand auf des Uebelthäters Haupt legen mit diesen Worten: Sanguis tuus [509] sit super tuum caput, das ist, dein Blut komme über deinen Kopff. Drum schrien die Jüden auch Matth. XXVII. 25: Sein Blut komme über uns etc.

Wenn der Uebelthäter zu dem Orte der Straffe geführet worde, so gieng alllezeit ein Diener vorher und ruffte das Verbrechen aus. Auf der Gerichts-Stelle muste der arme Sünder nochmahls seine Missethat bekennen, wie Josua den Achan darzu brachte, Jos. VII, 19: Mein Sohn, gieb GOTT die Ehre. Denn ohne Bekänntniß durfte kein Mensch umgebracht werden.

Alle Instrumenta, z. E. das Schwerdt, mit welchem einer enthauptet war, der Baum, an welchem er gehänget, die Binde, mit welcher er erwürget, wurden verbrannt. Der Ort der Straffe oder Gerichts-Stelle war gemeiniglich ausserhalb der Stadt. Als Stehanus solte gesteiniget werden, so wurde er hinaus geführet aus der Stadt Apost. Gesch. VII, 58. Die Schädelstätte war auch ausser Jerusalem. Die Ursache war, weil unter diesem Gange ein Uebelthäter noch anderer Leute Hülffe suchen konnte, die sich seiner annahmen, wie ungefehr Susanna auf dem Wege durch den Daniel errettet worden.

Von den Straffen, welche die Jüden von den Heyden angenommen, ist zu mercken, 1) die Creutzigung, wovon siehe Creutz im VI Bande, p. 1615. 2) Die Zerschneidung mit der Säge, da sie einen Menschen von unten bis oben von einander geschnitten. Man ist der Meynung, als habe Mansses den Propheten Hiram also hinrichten lassen, und habe Paulus Hebr. XI, 37. hierauf sein Absehen. Diese Art der Straffe war bey den Römern sehr gebräuchlich, wie aus dem Suetonio in Calig. c. XXVII zu ersehen. Doch war von dieser Straff-Art unterschieden, da David [...] B. Chron. XXXIII, 31. das Volck in Raba ausführete, es in eiserne Sägen setzete und es also zerfleischete. So that er auch allen Städten der Ammoniter. Mayerus nennet diese Arten der Straffe [...] Serra, und [...] magna instrumenta, quibus triturant frumentum. Ueber Esai c. XX, 27. saget er, daß das [...] tribula sey ein höltzernes Instrument, so sehr durchlöchert, durch welche eiserne Zapffen gezogen worden, und also über die Früchte geführet. Ferner [...] sind Steine, welche die Sachen schwer machen. Und mit diesen Straffen plagete David diese Nationes, damit sich die benachbarten Völcker für ihn fürchten möchten.

3) Die Verdammung zu den Bestien, welche absonderlich die Christen in der ersten Kirchen sehr betroffen, daher die Stimme: Christiani ad leones: etliche meynen zwar, wenn Paulus 2 Cor. XV, 32 sage, er habe mit den Bestien zu Epheso gestritten, so verstehe er solches nicht in eigentlichem, sondern uneigentlichem Verstande, und meyne hierdurch, er habe über zwey Jahre mit Menschen zugebracht, die ärger als Bestien gewesen.

4) Das Rad, welches bey den Christen προχος hieß, auf welches die Menschen angebunden, und so lange gemartert worden, bis sie ihre Uebelthaten bekennet. Josephus beschreibet solches dergestalt: Est instrumentum ligneum, quo Servi reique circumactis distentisque corporibus examinabantur. Es soll solches mit der Römer meistentheils überein kommen. Etliche wollen die Worte [510] aus Sprüchwört. XX, 26. hieher ziehen, wiewohl man keinen Grund anzugeben weiß, daß diese Straffe bey den Juden gebräuchlich gewesen.

5) Die Ersäuffung in dem Meere. 6) Tympanismus war eine Distentio 2 Macc. VI, 18. wenn einer mit Prügeln also zerschlagen wurde, daß er sterben muste. Was übrigens einige aus Jer. XXIX, 26 schliessen wollen, daß damahls der Persische Scaphismus schon bekan̄t gewesen, scheinet keinen Grund zu haben, und wird vielmehr das daselbst befindliche Wort Zinock von andern besser von einem Instrumente erkläret, womit die Hände gefesselt worden. Miri Antiq. Lexic. p. 1203. u. f. Abels Hebr. Alterthüm. p. 929 u. f. Jedoch genung von den Straff-Arten, besonders der Hebräer.

Wir kommen wieder auf die Philosophische Abhandlung zurück. Da wir der Lebens-Straffe gedacht, so erstrecket sich die Gewalt zu straffen, welche die hohe Obigkeit hat, allerdings auch auf selbige, weil dieses die Wohlfahrt und die Erhaltung des gemeinen Wesens erfordert. Denn die Bosheit der Leute ist bisweilen so groß, daß sie nicht anders, als durch die Todes-Straffe können im Zaum gehalten werden; Ja man siehet täglich, daß auch dieses Mittel nicht einmahl hinlänglich seyn will, dergleichen Bosheit zu dämpffen. Hat nun das Volck dem Regenten die Macht, alles zu thun, was das gemeine Interesse erfordert, ertheilet, so hat es auch zugleich darein gewilliget, daß er die Ungehorsamen am Leben straffe, wenn das Wohl der Republick solches erfordert.

So hat auch GOtt selbst Todes-Straffen auf etliche Verbrechen geordnet, Genes. Cap. IX v. 6, und Numer. Cap. XXXV v. 31. 32. und Paulus sagt Röm. Cap. XIII v. 4 ausdrücklich, es sey der Obrigkeit ein Schwerdt gegeben, welches sie nicht umsonst trage. Unter den alten Christen fanden sich einige, welche die Lebens Straffen mißbilligten, und die Wiedertäuffer haben auch davor gehalten, es könnte ein Christ mit gutem Gewissen keinen Menschen am Leben straffen, oder straffen lassen.

Bis hierher haben wir die Straffen theoretisch betrachtet. Nunmehro müssen wir auch die practische Betrachtung der Straffen vor uns nehmen. Bey solchen müssen wir untersuchen, wie man sich dabey nach den Regeln der Gerechtigkeit und Klugheit zu verhalten. Die Regeln der Gerechtigkeit geben die Pflichten an, welche so wohl auf Seiten des Straffenden, als dessen, der die Straffe leiden muß, können betrachtet werden. Derjenige, welcher die Macht zu straffen hat, ist verbunden zu straffen, was zu straffen ist, welches das Gesetz der Natur erfordert, so ferne er versprochen, der Republick Wohlfahrt zu befördern.

Wie er nun durch Unterlassung sich versündigen kan, wenn er das Böse nicht bestraffet; Also kan er es in der würcklichen Bestraffung versehen, wenn er von den Regeln der Gerechtigkeit abweichet.

Dieses kan auf zweyerley Weise geschehen, als wenn er in Ansehen der Personen die Unschuldigen bestraffen will, und in Ansehung des Verbrechens zwischen demselben und der Straffe keine Gleichmäßigkeit beobachtet. Um solches zu verhüten, so muß der Regente, wie in allen Stücken, also auch hierinnen ein Gerechtigkeit liebender Herr seyn, und das Verbrechen genau untersuchen lassen. Damit man eine Gleichmäßigkeit [511] beobachte, ist nöthig, daß man so wohl auf die Wichtigkeit der Missethat, als auf den Stand dessen, der leiden soll siehet.

Doch sind Regenten eben nicht verbunden, alle und jede Missethat ohne Unterscheid zu bestraffen. Denn da der Grund solcher Verbindlichkeit in dem Wohlseyn des Staats lieget, so braucht er nicht eher zur Straffe zu schreiten, als bis er erkennet, daß dieses des Staats Interesse erfordere, und wenn dieses mit sich bringet, bey ein und dem andern Verbrechen durch die Finger zu sehen, so hat er allerdiengs freye Hand.

Derjenige, welcher wider das Gesetz gehandelt, ist verbunden, die Straffe über sich zu nehmen. Denn da die Obrigkeit ein Recht hat, ihn zur Straffe zu ziehen, so muß er hingegen eine Verbindlichkeit, die Straffe zu übernehmen, auf sich haben, wie Thomasius in jurisprudentia divina, Lib. III c. 7 §. 67 seqq. ausführlich wider Pufendorffen gewiesen.

Denn dieses meynet in jure naturae & gentium Lib. VIII cap. 3. §. 4. man könne eigentlich nicht sagen, daß jemand zur Straffe verbunden sey, weil sie einem wider Willen auferleget werde. Allein das hebt die Schuldigkeit nicht auf, die ohnedem dem Menschen allezeit unangenehm fällt, indem sie dessen Freyheit einschräncket; Wiewohl Thomasius in fundam. jur. nat. & gentium Lib. III cap. 7 § 7 seqq. seine Meynung geändert, und Pufendorffen hat Palthenius in Diss. de obligatione rei ad sanctionem poenalem beygepflichtet.

Die Regeln der Klugheit geben Mittel an, wie die Straffen so einzurichten, daß man seinen Zweck dabey erreiche, und der Regent bey den Unterthanen nicht verhaßt werde. Denn die Haupt-Sorge, welche Regenten zu übernehmen, muß dahin gehen, daß sie Liebe und Furcht bey den Unterthanen erhalten. Liebe macht eine Bereitwilligkeit, nach den Gesetzen zu leben, und treibt zum Gehorsam an; die Furcht hingegen hält einen von dem Verbrechen ab. Keines darff ohne dem andern seyn. Denn Liebe allein erwecket eine schädliche Zuversicht zum Regenten, daß sie meynen, er werde nicht alles so genau nehmen, daß sie also auf Gnade sündigen. Bey der blossen Furcht stellt man sich den Regenten als einen Feind vor, und solche Vorstellung erwecket Haß, der Haß aber schädliche Anschläge, daß ein verhaßter Fürst niemahls sicher seyn kan.

Nach diesem Grund-Satze hat man in den Straffen Gnade und Recht zu vereinigen, und dabey auf drey Stücke zu sehen, auf die Verbrechen, auf die Personen, so selbige begangen, und auf die Straffen selbst, wobey aber voraus gesetzet wird, daß die Rede nicht von dem sey, was GOtt ausdrücklich verordnet.

Was die Verbrechen betrifft, so ist der Klugheit gemäß, wenn man nur solche Straffen verordnet, darüber man halten kan. Denn verbietet man was, und setzet eine Straffe drauf, die man wegen gewisser Umstände, welche man vorher nicht eingesehen, erlassen muß, so schwächet dieses das Ansehen des Verbots, und giebt Gelegenheit, daß bey andern Fällen die gehörige Furcht nicht kan erwecket werden.

Es ist auch nicht rathsam, ein von langen Zeiten her eingewurtzeltes Uebel auf einmahl ausrotten wollen. Tacitus sagt cap. 3 vit. Agric. gar vernünfftig: Die menschliche Schwachheit ist also beschaffen, daß [512] das Mittel nicht so kräfftig würcket, wie das Uebel. Denn an das Uebel ist man einmahl gewöhnet, und das Gemüthe neiget sich zu demselbigen, als zu was guten; Will man nun Mittel dawider brauchen, so wiedersetzet sich der verderbte Wille, daß also das Mittel nicht so kräfftig würcken kan, wie das Uebel.

Weil aber ein solches Uebel nach und nach sich eingewurtzelt, so muß man auch selbiges nach und nach wieder abbrigen, und also dabey Stuffen-Weise gehen. Man nimmt erstlich die Besserung vor, und wenn man siehet, daß man damit nichts ausrichten kan, so greifft man zu dem Zwange, und sucht durch die Schärffe der Straffen das Uebel, so gut man kan, zu heben.

Bey den Personen, welche was verbrochen, hat man nach der Klugheit mit allem Fleiß auf ihre Umstände zusehen, und nach demselben die Straffe zu lindern, zu schärffen, auch gar zu erlassen. Nach den äusserlichen Umständen stehen solche Leute bisweilen in einem grossen Ansehen bey dem Volcke, daß, wenn man sie öffentlich bestraffen, ihnen auch nach Befinden das Leben öffentlich nehmen lassen wolte, so könnte dieses leichte eine Verbitterung wider den Regenten erregen.

Der Anblick hat bey dem Pöbel, der sich durch die Imagination regieren lässet, eine gar grosse Krafft. Als Antonius den blutigen Rock des Julii Cäsaris vorzeigte, so wurde das Volck darüber gleichsam rasend. Es ist also besser, wenn solche angesehene Leute die Todes-Straffe verdienet, daß man sie ins geheim hinrichten lasse, wie Heinrich der dritte König von Franckreich dem Hertzog von Guise und seinem Bruder that.

Nach den innerlichen Umständen hat man in Betrachtung die Gemüths-Art zu ziehen, und nach der Grösse der Bosheit die Grade der Straffen einzurichten.

Haben viele Personen eine That zugleich vorgenommen, welche man mit der Lebens-Straffe anzusehen hat, so ists besser, wenn man nur die Rädelsführer bestraffen läßt. Denn wie sonst die Straffe in der Republick mehr Schaden thun würde, als die That selbst; also läßt der Regente mehr auf solche Art eine Gnade blicken, welche ihm bey den Unterthanen beliebt machen kan. Demnach war es eine Uebereilung von dem Kayser Theodosio, daß er die Stadt Thessalonich, weil man daselbst seinen General-Lieutenant ermordet hatte, denen Soldaten frey gab, die daselbst viel tausend Bürger ums Leben brachten.

Endlich bey den Straffen selbst kommen ihre Arten, Gleichheit und Grade in Erwegung. Denn was die verschiedenen Gattungen der Straffen betrifft, so nimmt man nach der Klugheit diejenigen, wodurch zwar der Endzweck erhalten wird; die aber den Fürsten nicht verhaßt machen, wobey einige besondere Fragen können untersucht werden, z. E. Ob es rathsam sey, daß man die Leute mit infamer Landes-Verweisung, mit Verstümmelung der Glieder bestraffen solle? Ob man die Studenten, die ihre Eltern noch haben, um Geld, ingleichen das Gesinde, so sich wider seine Herrschafft vergangen, mit Gefängniß bestraffen solle? u. d. g. Es können auch die Straffen nach den unterschiedenen Gemüths-Arten eingerichtet werden, z. E. einem Geitzigen ists empfindlicher, wenn er eine Geld-Straffe erlegen muß, als einem Wollüstigen. Daß zwischen dem Verbrechen u. der Straffe eine Gleichheit sey, [513] erfordert das natürliche Recht; nicht weniger aber bringet auch dieses die nöthige Vereinigung des Rechts und der Gnade mit sich.

Bey dieser Gleichheit muß man nicht blos auf den Schaden sehen, den dasjenige Verbrechen der Republick anthut, welches soll bestrafft werden, sondern zugleich was viele derselben fügen. Denn die Straffe und die That kan man deswegen nicht so genau gegen einander halten, weil immer zehen Verbrechen geschehen, ehe ein eintziges zu Bestraffung offenbar wird.

Also wenn ein Dieb einem Reichen 100 Rthl. von seinem Ueberflusse entwendet, so scheinet der Schaden, den die Republick davon hat, sehr schlecht; hingegen das Leben des Menschen etwas so wichtiges zu seyn, daß der größte Bösewicht auf dem Bau dem gemeinen Wesen in einem Jahre mehr dienen kan, als mancher Reicher mit allen seinen Ueberfluß in seinen gantzen Leben demselben zu dienen pfleget.

Jedoch weil unter zehen Diebereyen kaum eine offenbar wird, auch es viel leichter ist, Arme zu bestehlen als Reiche, folglich ein jeder Dieb, ehe er eingezogen wird, etliche arme Leute in den Stand gesetzet, daß sie sich und der Welt nicht mehr dienen können; so vermögen seine Bau-Dienste niemahls dasjenige zu ersetzen, was er dem gemeinen Wesen geschadet; folglich muß er zum Schrecken anderer das, was er böses gethan, mit der Lebens-Straffe wieder gut machen.

Und weil, wenn er arbeiten, oder betteln will, er niemahls Ursache zu stehlen hat, auch der Mangel keine heftige Paßion ist, die ihn übereilet, sondern ihn Zeit genug zur Ueberlegung läßt; so sündiget er recht vorsetzlich, verdienet also auch, wie es in einer Republick eingeführet ist, billig den Galgen.

Der Fürst kan nach Befinden entweder in Ansehung der Personen, die gesündiget haben, oder der Verbrechen selbst, die Straffen bald schärffen, bald mildern, welches man Nachlaß der Straffe zu nennen pfleget, wie es das Interesse der Republick erfordert, zugleich aber die Liebe und Furcht bey den Unterthanen kan erhalten werden.

Weil nun also die Straffen deswegen gesetzet worden, damit man Beleidigungen und Schaden abwenden mag; so hat man die Grösse der Straffe nach der Grösse der Beleidigung einzurichten. Auch muß man zu sehen, daß die Straffen grösser sind, wenn viele eine Uebelthat begehen, und sie also sehr gemein wird, massen man in sochem Falle erkennet, daß eine geringere Straffe nicht hinlänglich ist die Verbrecher von ihrer Boßheit abzuhalten. Ingleichen muß die Straffe grösser seyn, wenn der Frevel an solchem Orte ausgeübet wird, wo man ihm weniger wiederstehen kan, massen in diesem Falle nichts übrig ist, wodurch man der Boßheit steuren kan, als die Härte der Straffe.

Endlich hat man auch nicht zu vergessen, ob einer etwas mit grossem Vorsatze gethan oder nicht: Denn wo viel Vorsatz ist, da ist mehr Boßheit und, die vorsetzlich böses thun, sind gefährlicher als andere, die noch durch die Furcht von vielem zurückgehalten werden, welches die andern zu vollbringen kein Bedencken tragen.

Dergleichen Vorsatz nun zum bösen zu unterdrucken ist es rathsam, daß man keine Uebelthäter heimlich oder im verborgenen, sondern öffentlich [514] für jedermanns Augen straffe, und daher auch solches vorher kund mache, damit eine zahlreiche Menge der Execution beywohne. Denn weil die Straffen nicht so wohl zur Besserung derer, die sie ausstehen, als hauptsächlich andern zum Exempel vollzogen werden; so würde dadurch bey den übrigen kein Abscheu für der Straffe erwecket werden, wenn man solche heimlich an den Uebelthätern vollstrecken wolte.

Es machet auch der Anblick der Uebelthäter mit ihrem kläglichen Bezeigen, und selbst die grosse Menge derer, welche zusehen, einen grossen Eintruck in das Gemüthe, und vermehret die Furcht für der Straffe, weil sie viel entsetzlicher vorkommet, als wenn man von allen diesen Umständen nichts weiß, und nur höret, daß einer auf eine solche, oder andere Art von dem Leben zum Tode gebracht worden. Ein Ehrgeitziger erweget hierbey die Schande, welche der Uebelthäter hat, indem er für so vieler Augen durch unehrliche Personenen hingeführet wird.

Und diese Furcht für dieser Schande vermag bey ihm mehr als die Furcht des Todes. Andere hingegen, die nicht viel Schmertzen erdulten können, werden durch die Art der Straffe gerühret, indem es ihnen selbst an dem Orte wehe thut, wo sie den Uebelthäter leiden sehen. Z. E. Wenn einem mit dem Rade Armen und Beinen zerschlagen werden, thut es ihnen selbst an Armen und Beinen wehe. Dieses alles gründet sich auf die Erfahrung. Wenn nun die Straffe andern zum Exempel dienen soll, damit sie nehmlich abgehalten werden von dergleichen Schand und Uebelthaten, als der Uebelthäter vollbracht, der nun zur gebührenden Straffe gezogen wird; so muß auch das Verbrechen des Uebelthäters kund werden, und zwar da die Straffe nach den besondern Umständen vergrössert und verkleinert wird, nach allen seinen Umständen.

Derowegen ist nöthig, daß solches der Menge, welche der Exekution beywohnet, öffentlich vorgelesen wird. Und solcher gestalt kan auch demjenigen ein Gnügen geschehen, was von Minderung der Straffe erinnert worden. Ja damit man desto weniger zweiflen darf, daß der Uebelthäter dieses alles verbrochen, was man ihm Schuld giebt, und um deßwillen er auf diese Art gestraffet wird; so soll man ihm öffentlich vor der Menge alles vorhalten, was er gethan, und ihn darauf antworten lassen, ob er es geständig ist, oder nicht, und ihm nach diesen andeuten, was er vor eine Straffe zu gewarten habe, auch aus den Umständen seines Verbrechens den Grund anzeigen, warum die Sttraffe in diesem oder jenen Grade ihm auferleget wird, oder auch in einem und dem andern eine Linderung geschiehet. Und dieses ist es, welches man die Verurtheilung zum Tode zu nennen pfleget.

Was diese Umstände alle für Bewegungen in den Gemüthern der Zuschauer erwecke, kan ein jeder an sich selbst wahrnehmen, wenn er bey der Verurtheilung eines Missethäters zu gegen ist, und dabey auf alle sittliche Handlungen genau achtung giebt. Daher denn billig die Einrichtung zu loben, daß Uebelthäter öffentlich abgestraffet, und deren todte Cörper andern zum Schrecken an öffentlichen Plätzen gelassen werden, damit alle vorbeygehende in einen Abscheu für dergleichen Thaten, die dergleichen [515] Lohn mit sich bringen, bey sich empfinden mögen.

Hierbey fället und ein, was der vernünfftige Cicero hierüber ind der III Rede wider Verrem und in der Rede für den Cluentio Cap. XLVI. geurtheilet: man soll durch Hinrichtung eines bösen Menschen der Bosheit vieler andern steuren, und also, wo möglich darauf sehen, daß die Straffe auf wenige, die Furcht aber auf alle kommen möge, eben wie der aus den Wolcken hervorbrechende Blitz, zwar wenige Oerter trifft, jedoch viele in Furcht und Schrecken setzet.

Sollen in gewissen Theilen von Africa, die in grosser Anzahl herumstreiffenden und verwüstenden Löwen alsofort die Flucht ergreiffen, wenn sie nur einen eintzigen aus ihrem Mittel, den die Innwohner an einem Holtze aufgehenget, erblicken, so können vielmehr Menschen, als vernünfftige Geschöpffe, von schändlichen Mißhandlungen abgeschrecket werden, wenn sie einen, der wegen seiner Verbrechen am Leben gestraffet worden, zu Gesichte bekommen, und gleichsam über demselben diejenige Ueberschrifft lesen, so ein gewisser Gelehrter einen solchen aufgehengten Löwen beygefüget, ut det poenas, & terreat, d. i. zur Straffe und zum Schrecken.

Man kan ein mehrers von dieser Materie nachlesen, in den Schrifften die von dem natürlichen Rechte handeln, als Grotium de jure belli & pacis Lib II c 20, 21. nebst seinen Auslegern in ihren Anmerckungen Ziegler, Osiander, Rulpisium, Willenberg, und andere; Puffendorff in jure naturae & gentium Lib. VIII. cap. 3. mit Barberiacs Noten Tom. II. p. 370. und de officio hominis & civis. Lib. II. c. 13. mit den Noten des Titii observat. 637 u. ff.

Treuers p. 509. Lehmanns p. 577. Thomasium in jurisprudentia divina Lib. III. c. 8. Beckmann in meditation polit. c. 15 Böhmer in introduct. in jus publ. p. 526 u. ff. Hochsteltern in einem besondern Tractat: de jure poenarum, der sich bey seinen collegio Puffendorffiano befindet; denen man auch Buddeum institut. theol. moralis part. 2. cap. 4. nebst Carpzovs Dissertation de poenis necessitati hypotheticae non contrariis, Jena 1726 beyfügen kan.

Von der Klugheit, welche bey den Straffen zu beobachten, sehe man gedachten Buddeum in element. philos. practic. part. 3. cap. 5. sect. 5. und Rüdigers Klugheit zu leben und zu herrschen, cap. 9. p. 242. In der bilbliotheca juris imperantium quadripartita, p. 198. werden unterschiedene Schrifften angeführet, darinnen ins besondere von dem Straff-Rechte eines Fürsten gehandelt wird. Ferner Wolff von den Gesellschafftl. Leben der Menschen p. 296. u. ff. Hassens Staats-Klugheit in dem Leben Peter des Grossen p. 272 u. ff.

Es wird nicht unrecht gethan seyn, wenn dieser philosophischen Abhandlung von der Straffe, die wir meistens aus des Herrn Walchs philosohischen Lexico entlehnet haben, nunmehro auch die juristische Abhandlung derselben beyfügen. Da das Gute im menschlichen Leben in Ehre, Leib, Leben, und Gute bestehet; also auch die Straffe in Schand, Plage, Tod, Armuth. Daher auch die Eintheilung in Ehren Leibes- Lebens- und Geld-Straffen oder in bürgerliche und peinliche entstehet.

[516] Doch wird die Geld-Straffe bisweilen auch aus andern Ursachen, als wegen eigentlichen Verbrechen auferleget; und gehöret dahin 1) die Conventional-Straffe, dazu einer sich auf den Fall gebrochener Treue verpflichtet, §. f. Inst. d. V. O. 2) die Testaments-Straffe, oder diejenige so ein Testirer seinem Erben auferleget, wenn er etwas nicht thun würde, dazu sich der Erbe, durch Antretung der Erbschafft, so wohl als zu andern nothwendigen Prästationen, verpflichtet, §. f. Inst. de legat. 3) die Straffe des Läugnens, so unter andern wegen Verläugnung eines Depositi miserabilis statt hat, I. 1. §. 1. 4. ff. depos.

Wem die Geld-Straffe gebühre, ist nicht zu jederzeit auf einerley Weise entschieden worden. Die Sachen hatten so wohl in bürgerlichen Sachen, als bey Verbrechen, eine doppelte Straffe, Busse und Wette, derer eine dem Kläger, die andere dem Richter gebühret. Land-Recht I. 1. a. 53. So ist auch in eben diesen Rechten des Erschlagenen Freunden ein Wehrgeld geordnet, C. 7. 11. p. 4. das Römische Recht eignete dem Bestohlnen und Beraubten die zwo- und vierfache Straffe, §. 18. I. d. act. so wohl auch dem Geschimpfften die Schätzung der Injurien zu, §. 7. I. d. injur.

Wie aber heutiges Tages Diebstahl selten, C. 34. p. 4. und Raub niemahls mit Gelde bestrafft wird, C. 35. p. 4. also gehöret auch wegen Injurien die Straffe dem Richter Duell-Mandat §. 22. dem auch das schadhaffte Gewehr zukömmt. Land-Recht 1. a. 62.

Sonst aber soll, absonderlich nach Sachsen-Recht, in fleischlichen Verbrechen auf keine Geld-Straffen erkannt werden. Mandat von 1609. Policey-Ordn. von 1661. tit. 6. Resolution von 1713 und 1715.

So wird auch die Straffe mit Infamie, nach Römischen Rechten, ausser Verbrechen, wegen der bey übernommener Vollmacht oder Verwahrung fremder Sachen, I. 6. §. 5. ff. d. his. qui not. infam. ingleichen wegen der bey Verwaltung einer Vormundschafft begangenen Untreue auferleget. §. 6. I. d. suspect. tut.

Gemeiniglich aber werden die Straffen in bürgerliche und peinliche, Landes Ordn. von 1555. tit. daß peinliche Sachen etc. und diese wider in Leibes- und Lebens-Straffen getheilet. Die erstern begreiffen die Ehren Straffen unter sich, und sind Pranger, Gefängniß, Verweisung, das Auspaucken, Gerichtsräumung, Speisung mit Wasser und Brod, Zerbrechung des Degens, Einziehung der Güter, der Besoldung, der verliehenen Gerichte, Suspension oder Entsetzung vom Amte, Bannung in Zehenden, Kirchenbusse, Leibes-Straffen bestehen in einer Plage, die entweder überhin gehet, oder beständig bleibet. Zu den erstern gehören die Züchtigung mit Ruthen im Gefängniß, Staupenschlag, Wippen; zu den letztern Verdammung auf die Galeren, in Metalle, oder zu stetswährender Arbeit, Vestungsbau, Abhanung der Finger oder der Hand, Ausschneidung der Zunge, Abschneidung der Ohren, und Nasen, Ausstechung der Augen, Brandmarcken, Belähmung eines Fusses. Lebens- oder Todes-Straffen werden genannt, welche die Benehmung des Lebens [517] mit sich bringen; nicht aber, die einen nur des bürgerlichen Lebens berauben, die nach Römischen Rechten auch Capital-Straffen heissen, als die Wegschaffung auf eine Insel, und ewige Verdam̅ung zu öffentlicher Arbeit, (ad opus publicum) I. 17. §. 1. ff. d. poen.

Und sind also die eigentlichen Lebens- oder Todes-Straffen, das Schwerdt, so man sonst auch das Rach-Schwerdt nennet, der Strang, das Rad, die Säckung, das Feuer, die Viertheilung, welche aber wiederum auch wohl durch Schleiffung zur Heimstatt und Reissen mit glüenden Zangen geschärffet werden. Hiernächst sind die Straffen entweder ordentliche oder ausserordentliche und willkührliche. Const. El. Sax. 4. 32. u. 33 P. IV. Die ordentlichen sind in den Gesetzen determiniret, I. 1. §. 4. ff. ad Sc. Turpill. davon der Richter, bey Straffe der Infamie, nicht abgehen kan, I. 8. §. f. C. ad I. Jud. d. vi publ. Die ausserordentlichen aber bleiben des Richters Willkühr überlassen, I. 11. 13. ff. d. poen. Hals-Gerichts-Ordn. a. 105. entweder weltliche oder geistliche, und bestehen diese in der Vorhaltung, c. 26. X. de appellat. Priesterl. Gehorsam, c. 35. X. d. sentent. excommun. Geld-Straffe, Translation oder Versetzung auf eine Pönitentz-Pfarre, Suspension, c. 11. X. d. privil. & excess. Remotion, Degradation, c. 27. X. d. V. S. c. 2. d. poen. 6. gemeine oder Soldaten-Straffen, als Waffen tragen, am Pfahle stehen, Spießruthen etc.

Welche Straffen man überhaupt nahmhaffte Straffen nennet. Die Absicht aller Straffen ist, daß dadurch entweder der Missethäter selbst, oder doch andere gebessert werden sollen, I. 6. §. 1. I. 20. ff. d. poen. Und in Ansehung des letztern wird auch, in Abwesenheit des Delinquenten, die Straffe zuweilen im Bildnisse vollstrecket, Duell. Mandat §. 28. 30. 38. ein todter Cörper aber nur wegen grosser Verbrechen zur Straffe gezogen. L. 28. §. 15. ff. d. poen. Wider einen falschen Ankläger, Landes Recht, I. 1. a. 50. einen falschen Zeugen und einen Pasquillanten hat eben die Straffe statt, darein er einen andern bringen wollen. L. un. c. d. fam. lib. Hals-Gerichts-Ordn. a. 68. 110. Schwäb. Recht, c. 116.

Die Straffe wird wegen des Geschlechts, I. 6. ff. ad. I. Jul. pecul. Alters, I. 16. §. 3. ff. d. poen. Trunckenheit, I. 6. §. 7. ff. de re milit. Affects, I. 6. §. 6. ff. ad. I. Jul. d. adult. Würde, I. 16. §. 3. I. 24. §. f. ff. d. poen. langen Gefängnisses, I. 25. ff. d. poen. gemildert, zuweilen auch gar erlassen, tit. C. d. gener. abolit. welches auch stillschweigend durch die Verjährung geschicht. L. 12. C. ad L. Corn. d. fals.

Vor diejenigen Missethäter, so Entschuldigung haben, und die Befreyung der Straffe verdienen, sind gewisse Oerter und Frey-Städte geordnet; dahin insonderheit Kirchen gerechnet werden, 2. B. Mos. XIX, 2 u. f. c. 6. X. de immunit eccles. Die jedoch nur gewisser Masse und nicht einem jeden ohne Unterscheid zu statten gekommen. L. 4. C. d. his qui ad eccles. confug. und heutiges Tages wenig gebräuchlich sind. Ein mehrers hiervon kan bey denen in Speidels Biblioth. Jurid. Vol. II. v. Poena p. 611 u. ff. in grosser Menge angezogenen Rechts-Lehrern, nachgelesen werden.