Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 37

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie herr Johannsen Wernhern freiherren zu Zimbern noch ain sone und ain dochter geboren worden, auch von dem baurenkrieg und was sich derzeit zue Rotweil verloffen.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 357–365
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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[357]

Wie herr Johannsen Wernhern freiherren zu Zimbern noch ain sone und ain dochter geboren worden, auch von dem baurenkrieg und was sich derzeit zue Rotweil verloffen.

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Anno 1524 hat herr Johanns Wernher freiherr von Zimbern den merertail zu Seedorf und dann auch zu Schenkenzell gewonet. In sollichem jar ist sein gemahl abermals schwanger worden, und als sich umb pfingsten zu Seedorf die zeit irer gepurt nehern, ist ir den zinstag nechst nach
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pfingsten des morgens gar früe wehe worden. Als das die gemaindt zu Seedorf erfaren, sein sie gemainlichen, reich und arm, weib und mann, zu dem Hailigenbronnen, alda dozumal ein grose walfart hin war, zur kirchen gangen und den allmechtigen umb glück und wolfart irer frawen
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angerüeft. Also verhoffenlichen hat sie Gott erhört und, ehe dann das volk widerumb heim kommen, do ist sie genesen und glücklichen mit aim son erfrewt worden, im jar und tag, wie oblaut, umb die neun uhren vor mittemtag. Derselbig son ist hernach am freitag nechst zu Seedorf in der
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schloßcapellen geteuft worden von herrn Hannsen Glathaarn, caplon der zeit im schloß zu Seedorf, und sein gefettrig gewesen abt Ulrich von Alperspach, Conrat von Reckenbach und desselben hausfraw, Anna Hornecke von Hornberg. Er ist Gottfridt Christof im tauf genennt worden, und her-

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[358] nach hat in sein herr vatter erzogen, biß er das achtendt jhar ungefärlich erraicht; darnach hat in herr Gottfridt Wernher, seins herrn vatters brueder, zu sich genomen und ine biß in das achzehendt jar uf den hohen schuelen, auch
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andern orten verlegt und erhalten. Im nachgenden 1525 wolt herr Johanns Wernher doch ain mal ain gueten schick thon, mögt aber gleichwol nit vil außtragen. Das war, er het ain anfechtung, sein gemahl würde in überleben und het in irer morgengab ein groß
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betaurens, war nun ain tausendt güldin; besorgt, dieselben megten seinen kindern entgeen. Damit wolt er inen nit kleinen nutz schaffen; derhalben beredt er seinen gemahl, die solchs für sich selbs zu thon guetwillig war, das sie ime die vermacht; beschach zu Mösskirch umb Palmarum
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anno ut supra, in beisein herr Schweikarts von Gundelfingen. Gleich umb selbige zeit fieng sich an der baurnkrieg allenthalben in teutschen landen zu erzaigen, derhalben sich herr Johanns Wernher eilendts mit weib und kündt, auch aller haushaltung hinab geen Seedorf thette, damit er bei
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seinen güetern und underthonnen, auch die dester ringer und leichter in gehorsame [495] künte erhalten, auch, wa die unrüebigen leut ihe überhandt nemen, er die statt Rotweil, darin er domals das burgkrecht, an der handt het. Er war gar ain kurze zeit zu Seedorf, es fiengen die
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ufrüerischen bauren vorm Schwarzwaldt und am Necker allenthalben, wo sie konten, [an][1], andere arme und unverstendige leut wider ire obrigkaiten und herrschaften ufzuwiglen; kam darzu, das die Seedorfer bauren die aller abenteurigisten wider die herrschaft waren, und dorft inen herr Johanns
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Wernher nit getrawen; derhalben er ohne alles lenger verziehen mit sampt weib und künden gen Rotweil in sein behausung weichen was. Als sein gemahl durchs dorf fure und ire zwen söne, herr Johannsen Christoffen und herr Gottfridt Christoffen, bei ir im wagen het, do haben die
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Seedorfer weiber gemainlich über sie geschrien, man sollt sie mit den sönen uffahen und die jungen umbbringen, damit niemands vorhanden, der sich mit der zeit rechen künte. Dozumal waren vil ehrlicher leut zu Rotweil, die merthails von den unrüebigen bauren vertriben worden, namlich herr
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Johanns Wernher und sein brueder, herr Wilhelm Wernher,

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[359] apt Ulrich von Alperspach[2], abt Hanns von Sant Jörgen[3], auch etlich vom adel; zudem het es dozumal ain treffenliche guete gesellschaft zu Rotweil, und seitmal es in allen landen krieg und unfriden, und aber sie alda in gueter sicherait,
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haben sie alle recreation und guete gesellscheften gesucht und gehalten. Sie brachten der zeit ain manier uf, so man nampt maislen, das solte ain kurzweil sein. Das war, so man allen hausrath im haus hin und wider warf, verderbt und verwüstet, auch ainandern mit kuchenfetzen warf, mit
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unsauberm wasser beschütt und dergleichen, welches insonderhait der Johann Ul, fiscal, uf hette gebracht, und tribe das, wa er merthails hin kame. Welcher in wenig jharen hernach geen Straßburg zoge; daselbst überkam er von rath ein procuratur, die er auch etlich jar versahe.
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Von ime konte man zu Straßburg das maislen auch lernen, es wardt nit maislen, sonder ulisirt[4] genannt. Aber im paurenkrieg giengen die gastereien zu Rotweil umb, die warden iez von dem, dann von aim andern gehalten. Als die gasterei an herr Johannsen Wernhern kam, hielt er die
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in des dechants behausung, dem pfarrhof zu Rotweil; der war ain alter, frölicher man, genannt herr Blasius Schmidt. Dieweil aber baide ept von Alperspach und Sant Jörgen ire feirtägliche schwarzen kutten angelegt hetten, richt er das maislen unversehenlich nach dem essen an. Sie
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beschütten ainandern mit karspuelen, darvon kriegten die münch auch iren tail. Indess bringt ainer außer anschiften herr Johannsen Wernhers einen wolbestobnen melsack, der wurt umbher geworfen. Die baid münch warfen auch umb sich und waren vil abenteuriger, dann andere. Ire kutten
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wurden bestoben und also zugericht, das sie nit vil mehr wert, und muesten dieselb nacht ohne liechter heim deichen, dann sie in den melbigen, bestobnen kutten sich offenlich nit sehen dörfen lassen. Wann dann ain solche unweis in des dechants haus geiebt wardt und man allenthalben wider
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wischen und weschen must, so wardt der alt dechant so zornig und ungedultig, das er der gesellschaft abkünt, sie verschwure, mit anzaig, sie mechten ain andern würt suchen,

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[360] er welle die sawweis im haus weiter nit dulden. So er dann ein ainigen dag allain, konte er ohne gesellschaft auch nit rüebig sein; so schickt er dann wider zu inen, ließ sie bitten, zum nachtessen zu im zu kommen. Der guet alt
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man hat also vil zeit ein erliche und guete gesellschaft zu Rotweil erhalten. Neben dem kamen die obgenannten herrn prelaten und andere mehrmals zu den Predigern, wiewol das ohne iren schaden beschach. Der prior war ain weltman und konte
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sich, darab man zufriden, gegen menigclichen erzaigen. Zudem het er etliche kurzweilige conventuales, darunder insonderhait ainer war, genannt der Zimmerle, der war ganz abenteurig. Begab sich uf ain zeit, das die gesellschaft abermals im closter aße und ganz frölich ware, do begert
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der Zimmerle an herr Johannsen Wernhern [496] etliche hecht ußer der graben zu Seedorf. Herr Johanns Wernher bewilligt, im die zu geben, iedoch sollt er darnach schicken und die uf sein costen holen lassen. Dess war der münch wol zufriden. Also verglichen sie sich der zeit. Es empot
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aber hiezwischen herr Johanns Wernher seinem alten amptman zu Seedorf, woverr der münch etwarn nach den hechten schicken, sollte er den poten mit gueten worten abweisen und ime das feßlin mit eitel fröschen füllen, doch also vermachen, damit die frösch nit vermerkt wurden. Das
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beschach, dann der alt amptman überredt den potten, das er ain drunk thete. Hiezwischen fült der amptman das veßlin mit fröschen, und het aber ain zuber mit guten hechten darneben steen. Also, da der bott darzu kam, vermaint er nit anders, dann er hette hecht in der legel, und die
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hecht im zuber weren überbliben; war gueter mer fro und zoch darvon. Ime bevalch der amptman, er söllte die legel nit öffnen, dann, so er wessern, sollte er das durch das stro, damit die legel vermacht, lassen hinein laufen. Als er nun geen Rotweil kam und die vermainten hecht ins closter
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bracht, war der münch Zimmerle da, berüeft die andern münch, zaigt inen an, was gueter hecht er inen allen zu weg hete gebracht. Die münch waren alle gescheftig, ainer trueg wasser zu, der ander ain gelten, ainer das, der ander ein anders. Wie nun die legel mit großer cerimoni geöffnet,
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kam nichs anders darauß, dann frösch. Zimmerle der schampt sich übel, zudem wardt er von seinen münchen, auch andern verspottet; ine fraget menigclich, wie im die

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[361] zimbrischen hecht geschmäckt hetten. Derhalben er sich bedacht, in was gestalt er sich widerumb rechen megte und das geschrai uf ain andern richten. Uf ain ander zeit, als herr Johanns Wernher mit andern herren und gesellen
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widerumb ins closter kam, begert der Zimmerle, seitmals er, herr Johanns Wernher, mit den hechten also gnedigclich mit ime gescherzet, so welle er doch dem closter ain malter haber auser der zechendtschewr zu Seedorf zu mues schenken und widerfaren lassen. Das hat im herr Johanns
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Wernher guets willens bewilliget, derhalben dem münch ain warzaichen[5] und geschrift an den amptman geben, welcher darauf dem amptman ain karren geen Seedorf geschickt. Also hat der pott nit allain das malter habern empfangen, sonder auch dem amptman so guete wort geben und anzaig
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gethann, das er im den karren mit habern geladen, welcher sich erpot, das überig allain zu entlehnen und uf ain genannte zeit widerumb zu erlegen. Damit ist der furman darvon gefarn. Also ist dem Zimmerle der haber worden und hat sich seins vermainens wol gerochen gehapt. Es begab
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sich aber in wenig tagen hernach, das bemelter münch Zimmerle neben der andern gesellschaft zu abt Ulrichen kam; dieweil es aber an ainem vest, hett der münch sein böste kutten angelegt. Wie er nun umbher guglet und das geschrai mit dem habern von Seedorf gar nahe sein allain,
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war herr Johanns Wernher nit unbehendt, damit des habers geschwigen, erwüscht er dem münch den gugel dahünden an der kutten und mit aim scharpfen messer schnidt er im den ab, der ursach halb Zimmerle geschweift und gar verderbt war. Er wolt nit mehr frölich sein, sprach mit
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demüetiger, niderer stim: »Ich hab mein thail, ich will darvon, lieben herren!« wolt damit abschaiden. Dieweil aber die gesellschaft in seiner gueten sprüch halb nit lassen, wardt durch baide ept von Alperspach und S. Jörgen gethedingt, das Zimmerle den halben thail des habers wider
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geben, dargegen sollte herr Johanns Wernher dem münch zwen güldin für alle ansprach zustellen. Dieses spruchs waren beide theil zufriden. Als nun der münch die zwen güldin also par eingenomen, war er vil frölicher und abenteuriger, dann vormals. Nach dem nachtessen kunte herr
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Johanns Wernher [anrichten][6], das die gesesellschaft anfieng

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[362] zu spilen. Beide äpte brachten den münch auch darhünder, das er anfieng mit inen zu kurzweiln. Es kam dahin, das der münch anfieng zu verlieren, und warden ime nit allain die zwen zugesprochne güldin, sonder auch, was er von gelt
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noch weiters bei sich hett, desshalben abents alles an[497] gewonnen. Dieser münch Zimmerle het in der vergangen osterwochen am karfreitag morgens geprediget, het aber sein thema angefangen: »O, wie waren wir nechten so voll? wie waren wir aber so voll?« Darnach legt er sollichs auß,
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wie dann ainest die predicanten im geprauch gehapt. Nun waren aber der Hanns Ul, fiscal, und ander guete gesellen am grienen dornstag zu abent im closter Predigerordens gewest, hetten darin [gemaiselt][7] und frölich gewesen. Die besorgten, der münch Zimmerle welte von inen auch
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predigen, erschracken und wolten sich auser der kirchen haben gestolen, waverr sie sein außlegung nit gehört hetten. Dergleichen kurzweil haben sie inen, die zeit sie alda sich enthalten, vil gemacht. Nachdem nun die aufrüerischen pauren an vil orten
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geschlagen, sein herr Johannsen Wernhers underthonnen von Seedorf und außer andern flecken auch widerumb herzu kommen und begnadigung begert. Also hat er sie widerumb begnadiget und von newem wider schweren lassen, iedoch inen ain ringe geltstraff uferlegt. Die ist inen
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domals ganz beschwerlichen gewesen, und so er inen die straff uf ain jerlichs hette gesetzt, megte der herrschaft einnemen umb ain höchers und merers gebracht sein worden. Es haben ime Thoman Mayrs pauren zu Schenkenzell ob sechzig haupt vichs genommen und großen schaden gethon, aber
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nach der ufruer haben die paurn durch underhandlung der statt Rotweil alles müeßen bessern, auch 100 gülden zu Seedorf erlegen. Er hat gleich darnach das schloß Schenkenzell mit seiner zugehördt Hannsen von Weitingen wider zugestellt, das in etlichen jaren hernach verbrennt worden.
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Nach allen[8] verloffnen handlungen hat herr Johanns Wernher den Seedorfer, auch andern pauren in der herrschaft vor Waldt nit mehr trawen wellen, sonder nach aim andern und sicherern haus getracht. Nun hett sein brueder, herr Gottfridt Wernher, Wolfen von Bubenhoffen das schloß
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Falkenstain an der Tonaw sampt dem weiler Hainstetten

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[363] und andern güetern vor zehen jharen abkauft; das hett herr Johanns Wernher gern gehapt, so wer sein brueder herr Gottfridt Wernher dessen gern mit nutz ohne worden. Hierunder wardt Johann UI, der fiscal, gebraucht. Der brachte
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die sach dahin, das herr Gottfridt Wernher bemeltem herr Johannsen Wernhern, seinem brueder, das schloß Falkenstain sampt dem weiler, dem vischwasser und aller zugehörde umb 4500 güldin in münz zu kaufen gab. Herr Schweikart von Gundelfingen und herr Wilhelm Wernher waren bei dem
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kauf als gemain fraindt und underhendler. Herr Gottfridt Wernher hat im in diesem verkauf des schloß Falkenstain, auch seinen erben ain widerkauf umb vorbemelten kaufschilling vorbehalten, auser ursachen, das er sein gemahl, fraw Appolonia grevin von Hennenberg, darauf verwisen
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gehapt. Solchs weist der kaufbrief auß, wiewol bemelter grefin von Hennenberg heiratsbrief eins andern inhalts ist. Man sagt, es hab Johann Ul dieser underhandlung wol genossen und seie mehr uf herr Gottfridt Wernhers seiten, der in mit 100 gülden in golt und ainem gueten ochsen
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bestochen soll haben, als uf der andern parthei gewesen. * [1294] Ich kann nit underlassen, zu vermelden des Weilers halb an der Tonaw, das ist vor jaren ain aigens geschlecht gewest und hat ain aignen adel gehapt, deren wappen[9] drei schwarz morenköpf in ainem weisen feldt, uf
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dem helm ein schwarzer morenkopf. Iren sitz und wonung ist gewest in ainem holen felsen ob dem Weiler an ainer gehen wandt, das man mit mühe kan hinauf kommen. Man hats ainest für sturmfrei geachtet, als es auch noch dieser zeit mit geringem wider mögte darzu gebracht werden. Ob
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demselbigen burgstall ist der felsen so gehe und hoch, als ob er mit ainer scheren wer beschnitten worden; hat gleichwol auch etliche, aber enge hilinen und lecher, in denen von vil jaren here die blafueßvögel ire stendt und nester gehapt. Ist damit vil danks verdient worden, das die
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herrschaft die jungen darin mermals außnemen lassen und die verschenkt. Deren sein etliche biß in Lottringen und in Frankreich verschickt worden. Aber bei wenig jaren haben etliche Welsche oder Saphair diese unser landtsart durchstraift und haimlich an seilern etliche irer gesellen von
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obersten felsen herab gelassen; die haben butzen und stil,

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[364] alte und junge vögel mit ainandern ußgenomen und in Frankreich vertragen. Es hat auch nit allain zu Weiler ein aignen adel gehapt, wie oblaut, sonder auch herum, deren der merertail in die kirch geen Weiler sein pferrich gewest,
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hat auch alda ain aigne weihlege gehapt. Man sagt, es seien ainest siben fehin mentel, also sein vor jaren die edlen frawen beklaidet gewest, alda zu kirchen gangen, und dieweil dieselbigen edelleut der zeit ganz unainig gewesen, do hab iegclichs geschlecht ain aigne thür in der alten kirchen
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gehapt, damit sie im auß- oder eingang ainandern ungeirrt lassen. Das iezig kirchle im Weiler ist in der ehr des ritters s. Jörgen geweicht. Darin ist bei wenig jaren noch ain unachtbare aichene scheiben gewesen, in der form und größe, wie ain zimlicher faßboden. Das gemelde, so daran gewest,
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ist elte und lenge halben der jar so gar abgangen und verblichen, das man nichs daran mer sehen oder erkennen künden, gleichwol man sagt, das etwas hailtum darin soll verborgen gewest sein. Diese aichene [1295] scheiben hat diese chraft und aigenschaft gehapt, so entwan ain mentsch
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in der[10] Tonow ertrunken und zu boden gefallen, das man den leib nit finden kinden, so hat man iez ernempte scheiben im Weiler gehollet und dieselbig an das ort, do der mentsch ertrunken, in die Tonow geworfen, so ist dann die scheiben dem wasser nach geschwomen, bis an das ort, do
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der cörpel gelegen. Alsdann ist sie nit fortgangen, sonder sich vilmals in aim würbel umbkert. Daselbs haben dann die vischer gesucht und den todten mentschen gewisslich gefunden[11]. Das ist bei den alten vilmals probiert worden, auch bei unsern zeiten hat es sich also warhaftigclichen sein
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befunden. Unangesehen dessen ist die scheib bei der seltzamen, abenteuerlichen haushaltung verloren worden und hingangen, wie anders mehr, das niemands waist, wahin. Man sagt auch, es solten deren scheiben noch mehr an der Tonaw sein, die ain gleichförmige chraft haben, sonderlichen
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aber bei denen kirchen, so in der ehr des lieben hailigen ritters s. Jörgen seien geweihet. Was die ursach solcher gehaimnus und wunderwürdigen würkung in denen scheiben, das ist dem, so nichs verborgen, bewust. *

* [1451] Kurzlich darnach als herr Johanns Wernher

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[365] Falkenstain an sich gebracht, do machten im seine zudutler, under denen herr Lorenz Schwan von Straßburg nit der wenigest, ain newen titel, schriben im als aim herr zu Wilden- und Falkenstain, domit er bei vilen ain großen
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spott einlegt; kam aber hernach dermaßen in geprauch[12], das ime die übrigen zeit seines lebens also geschriben worden. Gleichwol diß schloß Falkenstain kain herschaft nihe gewest, sonder etlich hundert jar und so lang man hinder sich zurugk suchen kan, anders besessen, ain edelmans gut
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und von denen vom adel ihe und allwegen von ainem zum andern besessen worden. Nach absterben herr Johann Wernhers haben sich seine söne [des][13] erdichten und übel angemaßten titels mit aller marter entschlagen müeßen. * Und wiewol herr Johanns Wernher das schloß
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Falkenstain von seinem brueder also kaufweis an sich gebracht, so ist er doch in zweien jharen hernach mit seiner haushaltung nit dohin zogen, sonder das mit aim burgvogt und ehehalten versehen. Hiezwischen er mehrtails zu Mösskirch und Seedorf gehauset, hat im sein gemahl ain dochter,
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Barbara genannt, geboren, ist zu Mösskirch im undern hof[14] anno 1526 beschehen. Dieselbig dochter ist noch desselbigen jhars an dem kindlewehe zu Mösskirch gestorben und daselbs ins alt chörle begraben worden, und sein die gefettrigen gewesen Jacob Stainhawer, genannt Rennisfeldt,
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burgermaister alda, und sein hausfraw.



  1. an] wohl zu ergänzen.
  2. apt Ulrich von Alpersbach] s. Glatz, Geschichte des Klosters Alpirsbach s. 126 ff.
  3. abt Hanns von Sant Jörgen] nach Martini, Geschichte des Klosters und der Pfarrei St. Georgen, s. 54 und 59, war Nicolaus Schwander während des bauernaufstandes abt; Johann Kem wurde erst im jahre 1530 als sein nachfolger gewählt.
  4. ulisirt] von Ul gebildet.
  5. warzeichen] hs. warzeihen.
  6. anrichten] wohl zu ergänzen.
  7. gemaiselt] so ist wohl die lücke der hs. zu ergänzen.
  8. allen] hs. aller.
  9. wappen] s. Gallus Oheims chronik von Reichenau s. 174, nr. 244.
  10. der] hs. das.
  11. gefunden] ähnliche mittel, um die Leiche eines ertrunkenen zu finden, giebt Liebrecht, Germania XTV 395 an.
  12. geprauch] hs. gepauch.
  13. des] fehlt in der hs.
  14. hof] hs. dorf.