Zimmerische Chronik/Band 2/Kapitel 49

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Autor: Froben Christoph von Zimmern
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Titel: Wie herr Gotfridt Wernher freiherr zu Zimbern etliche vischwasser, kirchensätz und gülten vom stammen Zimbern verkauft, auch von herr Hannsen Hemlern und andern sachen.
Untertitel:
aus: Zimmerische Chronik Band 2. S. 488–498
Herausgeber: Karl August Barack
Auflage: Zweite Verbesserte Auflage
Entstehungsdatum: 16. Jahrhundert
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck)
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Erscheinungsort: Freiburg und Tübingen
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Quelle: Digitalisat der UB Freiburg
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[488]

[559] Wie herr Gotfridt Wernher freiherr zu Zimbern etliche vischwasser, kirchensätz und gülten vom stammen Zimbern verkauft, auch von herr Hannsen Hemlern und andern sachen.

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Es haben von alter here alle vischwasser an der Ablach, von dem herfurt, weit ob Sauldorf an zu rechnen, biß under das dorf Geggingen, zu der herrschaft Mösskirch gehört, und wiewol der alt herr Wernher freiherr zu Zimbern, der die herrschaft Mösskirch an sich gepracht, baide dörfer,
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Menningen und Leutishofen, sampt der burg, Otten dem Schueler, den ich acht ain Gremlich gewesen sein, zu mannlehen verlihen gehapt, so hat er im doch und seinen erben das vischwasser daselbst vorbehalten und nit hinweg geben wellen. Solchs hat herr Gotfridt Wernher dem Hannsen
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Gremblichen umb 100 guldin zu kaufen [geben][1], allain der ursach, damit er nichs in andern gerichten. Er hat ime auch den großen zehenden zu Menningen und Leutishofen zu kaufen geben wellen und umb ain kleinfüegs gelt ange-

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[489] schlagen, aber der allmechtig hat dennocht sein gnad so reichlich mit dem zimbrischen geschlecht getailt, das der Gremblich dorrechter, dann wir uf unser parthei, gewesen, und hat domals den kauf nit annemen wellen. Hernach
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hat ine und seine söne, das sie diese gelegenhait übersehen, übel gerowen, und hetten den kauf umb vil ain höchers angenomen. Aber es sein uns die augen hernach ufgangen, als vil güeter vom stammen und namen ohne alle not hingeben und verkauft worden, und darin auch unsere feindt
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und widerwertigen unserer und irer selbs verschonet haben, zu dem auch mitlerweil die jüngern agnaten erwachsen, die haben hierin, wie auch in andern sachen, so gemeinem geschlecht zu nachtail raichen, ein zeitlichs einsehens gehapt und solche schedliche, nachtailige fürnemen gehündert.
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Am andern hat die herrschaft Mösskirch den kirchensatz zu Bietingen dem dorf gehapt; denselbigen hat herr Gotfridt Wernher gleichergestalt Bilgerin von Hewdorf umb 100 gulden hauptguets von der herrschaft verkauft; dann als von vil jaren here solcher kirchensatz von den alten her
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erkauft, haben dieselben ain ieden pfarrer von Bietingen dahin gewidmet oder vermecht, das er die horas im stift zu Mösskirch zu sondern zeiten solle helfen zu compliren. Als aber nachgends den Hewdorfern, als inhabern des dorfs Bietingen, von der underthonnen wegen das beschwerlich,
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hat herr Gotfridt Wernher solches complierens den pfarrer daselbs nit allain erlassen, sonder den kirchensatz und die herrligkait des jus patronatus gar, wie oblaut, hingeben. Ob nun zu denen zeiten der vertrag oder thailungsbrief zwischen denen dreien gebrüedern, freiherren zu Zimbern,
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under anderm inhaltendt, so ainer under inen was von ligenden güetern verkaufen oder verendern, das er. solchs zuvor seinen gebrüedern anbieten und vor menigclichem zusteen lassen sollte, noch in creften sei gewesen, kan auser iez und vorerzelltem verkaufen nit wol gespürt werden; dann
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als die gebrüeder hiezu geschwigen oder ainandern durch die finger gesehen, hat der brief auch nit darzu reden künden, sonder seinstails stil schwigen und zufriden sein müesen. Das verkaufen solchs kirchensatz zu Bietingen ist beschehen bei zeiten, als herr Augustin . . .[2] pfarrer daselbst

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[490] gewest. Derselbig hat ein vorfarn uf solcher pfarr gehapt, genannt herr Hainrich Weber, sonst genannt pfaff Redle. Von dem sagt man, er hab uf ain zeit zue Bietingen celebriert, nun hab er allernechst hünder der kirchen daselbs
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ain paumgarten, und wie er elevirt, hab er ain knaben durch die geöffnete fenster der kirchen uf [560] seiner bierenbeum ainen steigen und bieren abgewinnen sehen. Das hab in zu ainer solchen ungedult bewegt, das er, unangesehen des elevirens, überlaut geschrieen: »Wol ufher ins teufels namen!
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das dich alle plagen angangen!« Es hat sich menigclich domals ab solcher rede entsetzt und ainstails vermaint, der pfaff sei nit bei sinnen. Aber nach volendung der mess hat er allen seinen nachpurn den schaden, der ime under der mess begegnet, eröffnet und sich dess hoch erclagt.
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Aber die pauren haben sein mehrtails daran gespott und daran verlacht. Aber nach herr Augustin kam uf die pfarr Bietingen ein priester, von Mösskirch gepürtig, der hieß herr Hainrich Leutfridt[3], war in seiner jugendt bei dem jüngsten under den dreien herrn gebrüedern, herr Wilhelmen
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Wernhern von Zimbern, als ain famulus uf der hochen schul zu Freiburg gewesen. Der hat in etliche jar also erhalten und erzogen, gleichwol der guet herr wenig studiert het; iedoch als er durch hilf und fürschub seiner herren zu priester ward, halfen sie im zu der pfarr Bietingen. Er kam
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vil zu den herren. Einsmals kam er wider zu inen geen Mösskirch; er war ob dem mal nach deutschem prauch besteubt, und als man von der gesundhait, wie die langwirig und bestendig mecht erhalten werden, anfieng zu reden, darneben der groß überfluß in der welt mit allen
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umbstenden gemeldet ward, damit nun der guet herr Hainrich sich auch erzaigte, etwas sich uf den schulsack zu versteen, wolt er auch latein und sein tail zu iezgehörtem proposito sprechen, darumb sagt er: »Gnedig herren, der cibus und der potus ist an solchem allem schuldig, der thuet den
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mentschen so großen schaden.« Es ward dieser rede von den herren und menigclichem wol gelacht, auch lang nie vergessen. Er ist hernach anno 155 . . in großem alter zu Bietingen uf der pfalz gestorben. An seinem todt ist menig-

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[491] clichem laidt beschehen, dann er ain holtsellig man, der mit niemandts zank oder unfriden hett. So versahe er sein pfarr, das sich dess niemands zu beschweren. Sein vatter ist auch der alten Mösskircher ainer gewesen und hieß auch
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Hainrich Leutfridt. Er wardt seiner gueten sprüch und lecherlichen schwenk halben lieb und werd gehalten. Einsmals ist er sampt etlichen gueten gesellen uf ain hochzeit geen Mengen geladen worden. Wie sie nun erschinen und des abents zu ir ankunft wol tractirt, hat man die
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Mösskircher ganz spat in ain cammer losirt, und in solcher weinfeuchte haben sie die nebengemach nit erfragt. Nachts hat sich der wein oder villeucht die fülle bei Hainrichen Leutfriden sonderlichen erzaigt, das er ufsteen müeßen. Wie er nun in der cammer hin und wider gangen, hat er die
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thür nit ufbringen künden, do ist im aber so not beschehen, das er ohne weitere erkundigung uf ain laden gesessen und der natur den lauf lassen müeßen. Dabei ist es domals bliben. Morgens früe ist er ufgestanden, do hat er befunden, das den abendt darfor etlich kelber sein abgenomen
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worden, die sein übernacht an raffen gehangen und ufgethon gewesen. Die sein von dieser mitnechtlichen abgutzlete inner- und auserhalb mehr, dann zuvil, übergossen worden. Dessen hat er sich so hoch geschempt[4], das er ohne lengers verziehen, ehe und zuvor andere gest zusamen
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kommen, in aller früe darvon zogen und, ander gespai oder das darauß ervolgen megen, zu vermeiden, lenger nit bleiben wellen. Uf bemelter hochzeit hat sich ain andere lecherliche historia begeben. Zu Mengen war ain alter pfaff, hieß der
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Kaisecker, der nam sich des glaswerks an und durch den deglichen brauch het er vil zulaufs vom gemainen man. Er war aber darneben ain solcher ain[56I]fierer und seltzamer man, dergleichen kaum dozumal seiner profession het megen gefunden werden. Dieweil aber solche manier
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bei menigclichem notari, war under andern Mösskirchern noch einer zu Mengen bliben, hieß Hanns Henne. Derselbig entlehnet von dem alten Hannsen Gremlichen, der auch uf der hochzeit erschinen, ein grosen maulesel, den het im seiner söne ainer, genannt Diepolt, war ain
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kriegsman, zu ainer sondern traut oder beutpfening ußer Italia

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[492] mitgepracht. Uf solchem maulesel rit der Hanns Henne für des pfaffen haus, begert mit ime zu sprachen. Der pfaff kam und wolt wissen, was er begerte. Hanns Henne sprücht: »Herr, ich höre, ir seien ain gueter glaser, bit euch,
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ir wellen euch von meinetwegen sovil bemüehen und mir disen esel verglasen.« So baldt der ainfüer pfaff das erhört, erbrint er gleich in seim zorn, spricht »ja«, get aber gleich hinauf in sein conclave, erwischt ain schweinspieß, damit wolt er dem Hannsen Hennen die scheuben einsetzen.
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Derselbig aber besorgt, es würde sich weiter einreisen, derhalben gibt er die flucht mit Gremlichs essel. Der pfaff volgt mit dem sewspieß hernach. Henne reit vor im anhin, die ein gassen hinein, die ander hinauß. Noch verlasst in der pfaff nit. Dieweil aber menigclich zu Mengen den
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pfaffen und auch den alten Hennin kent, lacht man darzu und ließ sie iederman machen. Letzstlich, wie der Hanns Henne den faisten pfaffen genug umbher am sail gefiert, rit er allgemach der herbirg zu, und nachdem ime der pfaff nahe uf dem leder, also muest der esel laufen oder troten.
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Der pfaff trang in stall, aber der alt Hanns Zimmerman, ein feiner, erlicher würt und ain höflicher, schimpfiger man, der fieng den pfaffen under der thür uf, fragt die ursach des zorns oder was im doch beschehen. Also nach erkundigung der sach und der ursach wardt der pfaff von der
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ganzen gesellschaft zu gast geladen und zwischen ime und dem Henne wider ain bericht gemacht. Derselbig wardt nit mit wenig weins bestettiget. Herr Gotfridt Wernher von Zimbern ist an sollichem verkaufen nit beniegig gewest, es hat der spittel zu
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Mösskirch durch wolhausen und guete ordnung der alten herren neben andern güetern an äcker und wisen ein weingarten zu Süpplingen, genannt der Waffenthaller, bekommen, ist der bösten weingewechs ainer am Bodensee hiedißhalben gewest. Denselben garten oder weinwachs hat herr Gotfridt
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Wernher als oberpfleger des spittels ohne alle not oder erhebliche ursach umb ain gerings bemeltem Bilgerin von Hewdorf auch zu kaufen geben, und wiewol desselbigen sachen domaln so wol nit gestanden, das er den oder dergleichen keuf im selbs thuen künden, so hat er doch sein
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pfarrer zu Bietingen pensioniert und von dem rest der pfarr diesen köstlichen weinwachs dem pfaffen verkauft, darbei doch ain verstendiger billich solte gelernt haben und sich

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[493] allerlai, was zu thuon, oder zu lassen, erinnert. Noch hat das verkert gemüet, seine selbs, auch andere frembde güeter zu verkaufen, kein ort gehapt. Es het das gestift zu Mösskirch auch ain weinwachs, am Waffentall gelegen, den hat
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er dem gestift auch verkaufen wellen und den gestiftherren und caplönen das zu persuadieren understanden. Die haben in aber darfür gebetten und im sein nachtailigs, eigensinnigs begern und fürnemen abgeschlagen, auch damit den weinwachs erhalten. Zu gleicher weis hat er die weingilt [562]
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der sibenthalb fuder vom zehenden zu Überlingen, so dann manlehen vom haus Österreich, obbemeltem Bilgerin von Hewdorf auch verkaufen wellen, dergleichen das dorf Althain auch disem Bilgerin, mer das dorf und den kirchensatz Ablach graf Carln von Zollern, wie das zum thail hernach
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gesagt wurt. Aber es ist der römisch künig Ferdinandt dem zimberischen geschlecht mit merer gnaden genaigt gewest und hat dem Hewdorfer nit leihen wellen, sonder uf das anhalten, das herr Hanns Jacob von Landow von bemelts Hewdorfers wegen gethon, haben Ir Majestat
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personlich geantwurt, es seien noch mehr agnaten und bluetsverwandten vorhanden, und alle dieweil Ir Majestat nit glauplichen schein fürbracht, das solch verkaufen mit derselben aller bewilligung und auser beweislicher notturft beschehe, werde Ir Majestat in keine alienation oder verenderung der
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zimbrischen lehen bewilligen, zu dem Ir Majestat gar nit gemaint, ein grafen - oder herrengeschlecht gegen aim edelman zu verwechslen. Also hat der Hewdorfer mit seinen armen leuten wider abziehen müeßen, und sein die dörfer und güeter bei stammen und nammen bliben. Darzu sein
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die lehenguet, das sie durch unutze, aigensinnige und untrewe herzer nit leuchtlichen megen iren geschlechtern entzogen und vom stammen verendert werden, dann solchs von keinem ehrenliebenden lehenherren ohne sondere bewegliche ursachen zugelassen und vergunt wurt, und waver
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die freiherrschaft Zimbern vor Waldt anno 14[98][5] laut herr Veit Wernhers anbieten, den reichsstenden zu Freiburg beschehen, zu lehen gemacht, het die also jemerlich nit kinden getrennet werden, sonder die were iemals noch in flore und wider grienendt bei ainandern. Aber uf ertrich ist nichs
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wirigs oder bestendigs. Dem allmechtigen ist nit wenig zu

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[494] danken, das dennost bei solchem unutzen hausen, darvon nit genugsam mag geschriben und gesagt werden, darab auch die nachkomen, waver sie solchs wesens gründtlichen bericht, sich höchlichen verwundern würden, sovil bliben
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ist. Der güetig Got verleihe hinfüro denen nachkommen in künftigen zeiten ain bössern und guetherzigern sinn! In disen jaren begab sich ain böse handlung zu Mösskirch. Es war ain burger alda, genannt Thoma Gerber, der hauset zu seines nachpurn weib, ainer Hemlerin; ir eheman
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war auch ein Gerber, Adam gehaißen. Es kam die sach so ferr, das der Thoman an die frawen begerte, sie sollte mit im hin und darvon ziehen. Dieweil sie aber vil freundt in der statt, auch in ehren und guet saße, wolt sie ires liebhabers begern nit statt thon, derhalben der Thoman,
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villeücht user verzweiflung oder zorn, das man sollichs gründtlichen nit wissen mag, eins morgens früe ußtandt und in abwesen seins nachpurn, des Adam Gerbers, als selbigs tags ain dicker nebel, dann es herpstzeit, angefallen, das haus anzündte, welches nun in all macht anfieng zu brinnen.
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Iedoch wardt es gelescht, also das die brunst ohne sondern großen schaden zergienge. Der thetter Thoma lief selbs zu und thette rettung, er bewise sich aber so argwönig und forchtsam, zu dem wardt er von ainem, genannt Hainz Mayer, selbigen morgens gesehen worden umb das haus
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und bei den stellen, do die brunst erstlichs ufgangen, verdechtlichen zu wandlen, das der argwon uf ine fiel. Derhalben, ußer allerlai vermuetungen und anzeigen, wardt er vom vogt zu Mösskirch, Gangolfen Örtlin, fengclichen eingezogen. Er lag unlangs in der fengknus, wolt sich nit
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martern lassen, sonder bekannt alle sachen, anfang und ende, wie es ergangen, freies willens, ungezwungen. Derhalben wardt er für recht gestellt [563] und peinlich beclagt, also wardt er zum feur verurtailt. Er warde aber erbetten, das die obrigkait das haupt von ime nam, also wardt
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er enthauptet. So baldt das beschahe, war ain landfarer zugegen, der trang herzu, erwüscht des enthaupten leib, wie der noch nit gefallen, und supft das warm bluet[6] von ime, und wie man sagt, ist er des hinfallenden siechtagen davon genesen, das in dero hinfüro nit mer soll berüert haben.

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[495] Die Hemlerin, von der gesagt worden, hat ain vettern gehapt, herr Hanns Hemler, ist ain caplon zu Mösskirch gewesen, von dem sagt man vil seltzamer, abenteurlicher historias; dann als er uf ain zeit mess gehapt und im der
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windt die hostiam ab dem altar gewehet, ist er hernach gevolgt, hat die wider ufgehabt und gesprochen: »Heb! es ist noch nit zeit, du muest baß daran!« Zu ainer andern zeit, als er herr Johannsen Wernhern dem eltern zu Wildenstain mess gehalten, hat im ain wächter daselbs zu altar[7]
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gedienet, genannt Thebus N. Under der mess, demnach dann die pfaffen von alters her allwegen schleckerhaft gewest, hat in der pfaff gefragt: »Thebus, haben wir heut guet fisch?« Wie herr Johanns Wernher das erfaren, hat er wenig, darzu nur rawhe visch über den imbis kochen lassen.
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Wie aber der pfaff abschaiden und wider geen Mösskirch geen wellen, hat er im die bösten visch, als esch und forlen, sehen lassen, mit bericht, das man die ufs nachtmal bereiten werd. Hernach umb jar 15 . . hat ain edelman, ain Knöringer,
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bischof Haugen von Costanz und seiner cleresei uf leib und guet abgesagt. Als sich nun die pfaffen allenthalben besorgten, wolten die Mösskircher[8] mit dem creuz, wie dann nach ostern gepreuchlichen, geen Undercrumbach oder anderswa hin nit geen, oder man sollt sie mit spieß und stangen
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und also mit gewerter handt hin und her belaiten. In solchem trippel forcht im herr Hanns Hemler so gar übel, wann er Schnerkingen oder andere dörfer mit messen oder die kranken versehen sollte, so legt er sich zu Mösskirch in allermasen an, wie ain weib, setzt ain schleir uf und nam
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ain körble mit air an die handt, also gieng er dann in das dorf, do er wolt mess halten. Daselbst thett er sich wider an als ain priester. Nach gehapter mess, so er wider heim wolte, legt er sein vorigen weibshabit wider an. Das hat er vilmals gethon und damit vermaint sicher zu sein, wie
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dann er und andere priester in unser landsart sicher gewesen, und hett dessen alles nit bedörft. Aber die zeiten sein domals also gewesen, seitmals die gefärlichkait nachgender handlungen die welt noch nit in höcher verstandt und ufmerken gepracht. Aber gleich in kürze hernach hat
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bemelter pfaff Hemler zu Mösskirch eins morgens ain hün-

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[496] dern darm von aim rindt uß der metzig genomen, den in ain waidonser, so er antragen, gethon und darauf zu S. Martin gangen und möss gehapt. Under der mess ist sollichs hünderdarms ein hündlin gewar worden; dann als etwas
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darvon für den onser herfürgangen, hat das hündlin so lang geschmackt, das es im letzstlich under die alb und den rock kommen, hat den hünderdarm bei aim zipfel erwüscht und den noch mehr userher gezogen. Und wiewol der pfaff iez mit dem, dann mit dem andern fueß nach dem
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hündlin gestoßen, so het er im doch nit erweren künden, es hat im den darm gar ußerm onser gebracht. In dess mer hundt darzu kommen, die haben den darm zu stücken zerrissen und gefressen, und ist ain groß zulaufen in der kirchen darumb worden. Aber der pfaff hat die mess ganz
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traurig zu ende gepracht und seins schlecks beraupt sein müeßen. In seinen jungen tagen hat er die pfarr zu Wittershausen versehen, und sagt man gewisslich von ime, er hab seim guggengauch zu Wittershausen geholfen zu guggen, sei allernechst zu im uf ain paum gestiffen, und damit haben
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sie baide den guggengauch zu Bochingen überschrieen[9]. Seinen pfarrkindern zu Wittershausen ist uf ain zeit [564] ain kalb von wegen ains entschidts oder spruchs zwischen spennigen nachpaurn verert worden, do haben sich die pauren veraint, das kalb mit ainandern zu verdempfen und frölich
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darob zu sein. Dieweil sie aber kein metzger under inen gehapt, haben sie geratschlagt, wie sie das kalb umbbringen und tödten wellen. Also nach langer umbfrag und vilbeschehnem rathschlagen ist irer pfarrer, herr Hanns Hemler, auch zu inen kommen, der hat inen gerathen, das kalb mit
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aim neper zu tödten. Dem rath haben die pauren gevolgt und dem kalb mit aim neper durch den kopf hindurch geboret. Das sein tenebrosa saecula gewesen. Als bemelter herr Hanns Hemler in etlichen jaren hernach zu Mösskirch in sterbends nöten gelegen, dann er uf ain groß alter kommen,
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hat er seine schwenk immerdar getriben. Als im aber das von aim priester, genant herr Endres Beringer, der bei im gewesen, ine providiert und zugesprochen, undersagt, welcher ine darneben getröst und under andern worten zu im

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[497] gesagt: »Domine, confidite in Deum omnipotentem firmiter et habeatis bonam spem!« hat herr Hanns Hemler gesagt: »Recte domine, si non spem, attamen spim habeo.« In wenig stunden nach solchem ist er gestorben, verhofenlich,
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er seie wol gefaren. Aber zuvor, als er schier in agone gelegen, hat ain alte, erbare fraw, so in der krankhait uf ine gewartet, genannt die Eghartin, das weichwasser, wie gebreuchlich, an die wendt gesprengt, kunt herr Hanns sich abermals nit enthalten, er sprach: »Fraw, werfen das wasser
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do hinan!« damit zaigt er oben an die wandt, »dann es sitzt alda ein kleins deufelge, das sollt ir domit auch vertreiben.« Es haben die herren vil geferts und schimpfs mit ime gehapt, insonderhait aber herr Johanns Wernher; und als aber der pfaff s. Catharinen caplonei zu S. Martin
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gehapt, und patrocinium uf dem altar gewesen, wie dann die pfaffen domals iren schragen wol zu markt richten künden mit dem opfer und in ander weg, also, wie herr Hanns Wernher vermerkt, das der pfaff abermals das maul uf das opfer gespitzt, hat er ain jungen gesellen, dem der pfaff
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sonst abgunstig, angericht, so das opfer uf dem altar bei ainandern, das er am letzsten den andern solle nachvolgen und ain gueten tail mit im darvon tragen. Das ist beschehen, er hat ain gueten tail darvon genommen. Dieweil aber der pfaff nichs darzu sagen dörfen, hat er vor zorn
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das überig gelt auch über den altar in die kirchen mit der handt gestrichen, das es alles erklinglet. Die bueben und künder haben solchs ufgelesen und den pfaffen zürnen lassen. Er hat allwegen den Merzen übel gefürcht, und so er jars den überlept, ist er gewon gewesen, den letzsten Marcii
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die hosen überabzuziehen und hat den Merzen in hündern sehen lassen; gleichergestalt ain burger zu Mösskirch, genannt Jacob Maienbron, pflag, so er vom Schwarzwaldt oder Necker herauf raisete und zu Gosen uf die staig kam, zu ainem kleinen peumlin, stand oben uf der staig, so kert
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er sich umb, hub den rock dahinden uf, ließ das landt am Necker und under den pergen in feurabent sehen; so fro war er, wann er dem Schwarzwaldt den rucken kert. Es ist auch bei wenig jaren ain burger zu Überlingen gewesen, hieß der Has, der besorgt sich auch so übel vor
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dem Merzen, derhalben underließ er nicht, sonder gieng den ersten tag Marcii gewapnet in ruck und kreps mit ainer hellenparten für sein hausthür, do sagt er dem [565] Merzen

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[498] ab und erbott sich, mit im zu schlagen. Es ist im auch gerathen, das er sein letzsten Merzen überlept hat. Wie er sterben söllen, hat er verschafft, das ainer der solte der baar vorgeen und schreien: »Hie fert der Has.« Wenig
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jar vor seinem absterben hat er ainsmals den sterbendt zu Überlingen gejagt und auch domals verjagt, darvon noch vil zu Überlingen gesagt wurt. * [1239] Es hat der Has zu Überlingen ein gesellen, mit seinem namen Claus Spengler, aber mit seinem zunamen
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hieß man ine den Alwegen, der het den gebrauch an ime, daz er ieder zeit, wo er zu gast oder sonst aße, sich unden an disch satzte oder an das ort, do der disch am nideresten standt und die buve haldet; dann er vermainet, die gueten brüelin die kemen mertails für ine. Er wardt ain alter man,
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vast uf die sibenzig jare. *



  1. geben] fehlt in der hs.
  2. Augustin . . .] die acten des fürstlichen archivs zu Donaueschingen nennen diesen pfarrer nicht.
  3. Leutfridt] heißt in den acten des Donaueschinger archivs Lupfrid und kommt 1527 als pferrer von Mösskirch vor; über sein todesjahr geben sie keine nachricht.
  4. geschempt] hs. geschmept.
  5. 14[98] die minderzahl ergänzt.
  6. supft das warm bluet] vgl. Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart 2. Aufl. s. 129, § 189, und s. 334, § 532.
  7. altar] hs. alter.
  8. Mösskircher] hs. Mösskirch.
  9. überschrieen] Liebrecht, Germania XIV, 398 weist zu dieser stelle auf die Schildbürger cap. 38, und Mannhardt, Zeitschrift für deutsche Mythologie III, 268 ff. hin.