Zum Alpensport

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Titel: Zum Alpensport
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aus: Die Gartenlaube, Heft 34, S. 563
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[563] Zum Alpensport. Ausführlich haben die Zeitungen über das Touristenunglück an der Jungfrau berichtet: wieder sind sechs Menschen bei dieser waghalsigen Belustigung zu Grunde gegangen, darunter Männer, auf welche die Wissenschaft zum Theil schöne Hoffnungen setzen durfte. Gewiß ist es schön, die Natur aufzusuchen in der erhabenen Einsamkeit der Schneefelder und Gletscher und auf den weitblickenden Alpenfirnen, und der muthige Forscher, der ihr dort irgend ein neues Geheimniß abzulauschen sucht, wird bei seiner Wanderung in jene unwirthbaren Regionen der Schnee- und Eiszone des Hochgebirges dieselbe Anerkennung finden, wie der Reisende in fernen Zonen und auf fernen Meeren, der mit den Gefahren des Klimas, der Thier- und Menschenwelt kämpft, den hier die Tropensonne tödlichem Fieber preisgiebt, dort das Eis des Pols in winterlicher Haft hält; aber alle diese muthigen Jünger der Wissenschaft haben stets fest das Ziel im Auge, freuen sich, wenn ihnen das zu Gute kommt, was ihre Vorgänger errungen haben, und wenn sie neue, noch nicht gebahnte Straßen einschlagen, so geschieht es nur im Hinblick auf mögliche neue Entdeckungen, mit denen die Wissenschaft und der Völkerverkehr bereichert werden soll.

Die Eigenart des Alpensports besteht aber gerade darin, nur um der Gefahr willen und um des zweifelhaften Ruhmes willen, diese überwunden zu haben, neue, bisher für unwegsam gehaltene Steig- und Kletterpartien aufzusuchen, die zu den Alpenspitzen führen; die Hilfe der Führer wird dabei oft verschmäht, um ganz ungeschmälert den Ruhm des selbständigen Alpenkenners und Gefahr verachtenden Helden genießen zu können; dann wieder werden solche Führer, die gegen ihre bessere Ueberzeugung um des Lohnes willen ein halsbrechendes Wagstück mitmachen, oft dem Tode geweiht und ihre Hinterlassenen dem Elend preisgegeben. Wie oft sind sie verunglückt mit den Bergsteigern zugleich, die sie begleiteten, oder bei den Rettungsversuchen, die sie unternahmen!

Der Zauber der Alpenwelt wird stets die Muthigen locken, auf beschwerlichem, oft sogar auf gefährlichem Wege dorthin emporzusteigen, wo er mit seiner ganzen Herrschaft das Gemüth gefangen nimmt, und es giebt Gefahren, welche die Elemente drohen und welche auch die Kenntniß des sichersten Weges nicht zu beseitigen vermag. Wer aber mit Absicht den unsichern, bisher mit Recht für unmöglich gehaltenen Weg wählt, nur um durch diese Parforcetour des Alpensports Bewunderung zu erregen, der fällt als ein Opfer der eigenen Eitelkeit, des menschlichen Größenwahns, der gerade gegenüber der erhabenen Größe der Natur „in seines Nichts durchbohrendem Gefühle“ verstummen sollte. Wie es scheint, trifft das bei jenen Wanderern auf die Jungfrau nicht ganz zu: sie sind wohl in Folge eines elementarischen Ereignisses, eines Schneesturmes, zu Grunde gegangen.