Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Friedrich Gottlieb Klopstock

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Friedrich Gottlieb Klopstock
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 217–218
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Friedrich Gottlieb Klopstock.
Geb. d. 2. Juli 1724, gest. d. 14. März 1803.


Einst, bevor Goethe und Schiller ihn überstrahlten, Deutschlands gefeiertster, allbekanntester Dichter, der Liebling des gebildeten Theiles der Nation, als Dichter groß, als Mensch vielleicht noch größer.

Quedlinburg am Harz ward Klopstocks Geburtsstadt und sah ihn als Knaben seine Schule besuchen. Später wurde er Alumnus zu Schulpforte, und bildete seinen Geist aus für Elasticität und alte Sprachen. Schon dort regte der Genius der Poesie über ihm die wehenden Schwingen, schon dort kam ihm der Gedanke zu seiner Messiade, die er dann in Jena, erst nur in Prosa, zu bearbeiten begann, wohin er sich 1745 gewendet, um Theologie zu studiren. Ein Kreis begabter Freunde hob ihn dort hoch über das Alltagstreiben der Studentenwelt; Andreas Cramer, Adolf Schlegel, Rabener, Zachariä, Giseke und andere umgaben ihn, munterten ihn beifällig auf. Die ersten Gesänge seines Messias erregten Aufsehen, Bewunderung – der Reiz der Neuheit, die Mächtigkeit der Sprache, die Fülle der Bilder, die Erhabenheit des Stoffes füllten die Seelen der Leser mit Erstaunen, nur die orthodoxen Theologen murrten kopfschüttelnd; es dünkte ihnen eine Entweihung, den Welterlöser zum Helden eines Gedichtes zu machen, das an die homerischen Epopöen erinnerte.

Nach Jena bezog Klopstock die Hochschule Leipzig und von da nahm er 1748 im Hause eines Verwandten, Namens Weiß zu Langensalza – die Familie blüht noch – dessen Kinder er unterrichtete, Wohnung und Aufenthalt und setzte seine schöpferische Geistesarbeit fort. Auch die Liebe nahte ihm hier mit ihrem verklärenden Abglanz überirdischer Seligkeit, freilich nur eine Dichterliebe, die keine Erwiederung fand, vielleicht um so heilsamer und läuternder für ihn durch ihre Schmerzen. Im Jahr 1750 verließ Klopstock Langensalza, reiste in die Heimat zurück und dann mit Sulzer in die Schweiz, wo er im Kreise von Bodmer und dessen Freunden sich freudig bewundert und hoch verehrt sah.

Auf einer Reise nach Dänemark, dessen König ihm großmüthig ein Jahrgehalt von 400 Thalern bestimmt hatte, damit er ohne Sorgen seinen Messias vollenden [Ξ] könne, lernte der Dichter in Hamburg Meta (Margaretha) Woller kennen, ein Mädchen voll Geist und Feuer, an welches er empfohlen war; sie wurde der Angelstern seines Lebens, zu ihr zog es ihn aus Dänemark zurück, mit ihr strebte er die Vereinigung an, und 1754 gelang es ihm, sie als seine Gattin in die neue Heimat einzuführen.

Lange und langsam arbeitete Klopstock an seinem Messias, er schuf ihn als ein durchdachtes, durchfeiltes Kunstwerk; dasselbe war erst zur Hälfte vollendet, als der Tod ihm 1758 seinen Lebensengel von der Seite riß. Gewaltig war Klopstock’s Schmerz, und rührend strömte er seine Klage in Gedichten aus, selbst in dem Messias. Cramer und Gleim blieben seine treuen Freunde, und 1762 kehrte er wieder nach Deutschland zurück, wohnte bald in Quedlinburg, bald in Halberstadt oder in Blankenburg, wo eine neue Liebe seinem Geist neuen Aufschwung gab, ohne zu einer engern Verbindung zu führen, und ging dann wieder nach Dänemark, dessen König ihm den Titel eines Legationsrathes verlieh. Klopstock’s Herz aber schlug nur für Deutschland, und zwar mit aller Glut und Wärme eines wahren Patrioten, und er verherrlichte Deutschlands Ruhm und Größe wie kein anderer Dichter vor und nach ihm; er strebte, den deutschen Geist zum Bewußtsein der Nation zu führen, aber nicht zum trivialen politischer Marktschreierei, sondern zum idealen sittlicher Größe und geistiger Hoheit. Darin war und blieb Klopstock unerreichbar, und seine Verdienste um die Ausbildung der deutschen Sprache, die er, hierin ein zweiter Luther, aufs neue kräftig, frei und voll Wohllaut schuf, die er läuterte, die treuvaterländische Gesinnung, die er offenbarte, und in die Herzen strömte, lassen ihn noch größer und herrlicher erscheinen, als sein gefeiertes mehr als gelesenes Welt Epos ihn erscheinen läßt. Daß er in seinen Dichtungen fast unbedingt den Reim verwarf und verschmähte, sich vorzugsweise nur in klassischen Metren gefiel, war eine allzugroße Huldigung für die Klassicität, und darin allein war Klopstock undeutsch. Im Jahr 1770 kehrte er abermals nach Deutschland zurück, reiste, nahm wechselnd Wohnsitze in Hamburg und Karlsruhe, wurde zum badischen Hofrath ernannt, verheirathete sich zum zweitenmale, erlebte das so vielen Dichtern versagte Glück, eine gediegene Gesammtausgabe seiner zahlreichen Werke erscheinen zu sehen, und starb im Glanze voller Verehrung und unsterblichen Nachruhms im Alter von 79 Jahren.

Zu Ottensee bei Hamburg, wo seine Meta ruhte, ward er eingesenkt, dort ist sein vielbesuchtes Grab, mit einem Denkstein geschmückt, den seine zweite Gattin ihm weihte.