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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Götz von Berlichingen

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Götz von Berlichingen
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 19–20
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Götz von Berlichingen.
Geb. d. 1480, gest. d. 25. Juli 1562.

Der berühmte Ritter, um den die deutsche Poesie verklärende Strahlen wob, die ein Ulrich von Hutten, ein Franz von Sickingen in ungleich höherem Grade verdient hätten, denn an deren geistige Hoheit reichte Götz nicht hinan, wie oft er auch mit ihnen zugleich genannt und als Heros deutscher Mannheit gepriesen wird. Ein männlicher Ritter war Götz in jungen und alten Jahren, kernhaft und derb, ein Sohn seiner Zeit, die noch im Harnisch des Faustrechts sich gefiel und bewegte. Er wurde auf der Burg Jarthausen geboren, besuchte als Knabe die Schule zu Niedernhall am Kocher, doch nur ein Jahr lang, denn er hatte mehr Lust an Pferden und Reiterei, als an der Schule, und wurde bald ein Reitersbub bei seinem Vetter Conrad von Berlichingen, der ihn schon 1495 mit auf den Reichstag nach Worms nahm, wobei er täglich 8 bis 9 Meilen auf dem Pferde zu sitzen hatte. Da lernte er reiten und übte diese freisame Kunst oft und viel, hin und her, bis sein wackerer Vetter zu Lindau am Bodensee starb, worauf Götz 1496 sich zu Markgraf Friedrich IV. zu Ansbach in Dienste begab, mit diesem im Heere Maximilian’s I. den Zug nach Burgund that und vor Langres sich durch persönliche Unerschrockenheit und Tüchtigkeit auszeichnete. Während Götz mit zu Felde lag, starb sein Vater zu Jarthausen, und nach beendigtem Heereszug besuchte der junge Knappe seine Heimath, feierte bei den seinigen, bei Mutter, Bruder und Schwester, Fastnacht, bekam aber Jarthausen und die Ruhe dort bald satt und überdrüssig, und ritt wieder zum Markgrafen gen Onolsbach, mit dem er 1499 in den Schweizerkrieg zog. Dort sprach ihn der Kaiser selbst freundlich an. Später kämpfte Götz als fahrender Ritter, theils in Privatfehden, theils in markgräflichen Diensten, zog mit gegen Nürnberg, machte von 1504 an den bayrischen Krieg mit, und hatte das Unglück, daß die Kugel einer Feldschlange seinen Schwertknauf traf, der durch die Armschienen drückend ihm den Vorderarm zerschmetterte, während dieselbe Kugel einen andern Kämpfer todt niederstreckte. Götz mußte die Hand sich abnehmen lassen und lag lange leidend in der Stadt Landshut, bis er heil ward und eine kunstvolle mechanische Hand ihm, übel genug, die verlorene ersetzte, wodurch ihm der Beiname Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand zu Theil wurde. Nach wie vor blieb Götz beim Kriegs- und Reiterhandwerk, machte auf offenem Felde Bekanntschaft mit Görg von Frundsberg und Franz von Sickingen, wurde aber weder der Schwager des einen noch des andern, wie vielfach irrig geschrieben und geglaubt worden ist. Daß ritterliche Befreundete sich gegenseitig Schwager nannten, war eine zeitgemäße Höflichkeitsformel, so nannten sich die Fürsten häufig in Briefen: lieber Ohm, Schwager, Bruder, Sohn, Gevatter u. dgl., ohne daß stets dieß Verhältniß wirklich stattfand. Götz fuhr fort, bald dem, bald jenem um Sold zu dienen, und so fehdete er eine Reihe von Jahren [Ξ] hindurch gegen den Landgrafen von Leuchtenberg, gegen Cöln, gegen die Grafen von Hanau, gegen das Geschlecht der Waldstromer in Nürnberg. Er fing Leute und Wagen weg, erhob Brandschatzung, und zog sich endlich wegen offenen Landfriedensbruches die Reichsacht zu, bis der Span vertragen ward und Götz wieder ruhig nach Hause ziehen durfte. Als der Bauernlärm des sogenannten »armen Conrad« aufkam, leistete Götz seinem Landesherrn, dem Herzog Ulrich von Würtemberg, mit 30 reisigen Knechten Zuzug gegen die Aufwiegler und half den »armen Kunz« zu Paaren treiben. Im Jahre 1515 befehdete der biedere Götz den Kurfürsten von Mainz, überfiel einen Zug mit Kaufmannsgütern, erbeutete 8000 Gulden, brandschatzte oder zerstörte hie und da Schlösser und Gehöfte, nahm den mainzischen Rath und Diener Grafen Philipp II. von Waldeck persönlich gefangen und schleppte ihn durch vieler Herren Länder nach Jarthausen, von wo aus Götz für »Zehrungs- und Reisekosten« ein Lösungsgeld von 8100 Gulden heischte, das des Grafen Sohn erlegte, und damit den greisen Vater befreite. Auch diese Fehde ward geschlichtet und vertragen, und dann leistete Götz Franz von Sickingen Kriegshülfe gegen Worms, obschon er nicht persönlich an dessen Zuge Theil nahm. In dieser Zeit erwarb Götz von dem erbeuteten Gelde das schöne Schloß Hornberg am Neckar, bezog und bewohnte es und schrieb sich fortan stets: Goß oder Gottfried von Berlingenn (so, nicht Götz v. Berlichingen) uf Hornbergk. Er setzte wohlgemuth Reiterei und Fehderei in alle Wege fort, vertheidigte mit großer Tapferkeit nach der Vertreibung des Herzogs Ulrich dessen ihm anvertrautes Schloß Möckmühl und wurde, nachdem ihm bei völliger Unmöglichkeit längerer Vertheidigung endlich die Belagerer freien Abzug zugesichert hatten, treuloser Weise gefangen genommen und nach Heilbronn gebracht, wo er über eine Nacht in einen Diebsthurm gelegt wurde. Und obwohl Georg von Frundsbera und Franz von Sickingen redlich das ihrige thaten, den Freund zu erledigen, so gelang dieß dennoch nicht, und Götz mußte in leidlicher Hast bis zum Jahre 1522 zubringen, bis er sich mit 2000 Gulden lösen konnte. Jetzt begab er sich auf sein Schloß Hornberg und lebte seiner Familie. Er war zweimal vermählt. Die erste Gemahlin war Dorothea von Sachsenheim, die zweite Dorothea Gailing von Wiedersheim. Seine Familie war eine zahlreiche, er hatte 8 Söhne und 5 Töchter, doch pflanzte nur ein Sohn das Geschlecht fort. Die Ruhe auf der neuen Stammburg lenkte des tapfern Ritters Auge hinweg von den Schwertfehden auf die des Geistes, die durch Ulrich von Hutten, wie durch Luther und andere reformatorische Zeitgenossen entbrannten, und er neigte sich in seinem Innern der Lehre Luther’s mit freudigem Beifall zu – wie man sagt und annimmt – denn in des Ritters Selbstbiographie steht von Luther, vom Glauben, Lehre u. dgl. kein Sterbenswort. Da kam durch Luther’s mißverstandenes Wort von der geistigen Freiheit einestheils, anderntheils durch wirklich allzu harten Druck hervorgerufen, der landschädliche Bauernkrieg, der gegen Fürsten und Ritter Karst und Dreschflegel zu Waffen stempelte und erhob. Ritter Götz von Berlichingen genoß, ganz gegen seinen Willen, das zweideutige Glück, volksthümluh zu sein; er war ein Ritter wie andere und es fiel ihm nicht im entferntesten ein, das Nichtsnutze Treiben und Gebaren der Bauern gut zu heißen. Zudem nahmen sie ihm sein Schloß Hornberg ein, darin seine Frau als Wöchnerin lag, begehrten seiner als eines kriegskundigen Hauptmannes, und er war rathlos, ob er dem Pfalzgrafen, seinem Nachbar und früheren Herrn, zu Hülfe reiten oder dem Rufe der Bauern Folge leisten sollte, denn die Bauern waren wie sie immer sind, wenn der Aufruhrgeist über sie kommt, nach Götzes eigenem Ausdruck, »alle voll Teufel«, und Götz wünschte ihnen, daß statt seiner »der Teufel ihr Hauptmann werde«. Das alles half ihm aber nichts, er wurde – gleich vielen andern fränkischen Fürsten, Grafen und Herren – in den Bauernbund gezwungen, und mußte des tollen Haufens Hauptmann werden, obschon er wünschte, »lieber im ärgsten türkischen Thurme zu liegen, als bei dem Gefindel«. »Frei und gut rund« schlug Götz den Bauern ihr Ansinnen ab, zu ihnen zu halten, »denn ihre Handlung und seine Handlung, und ihr Wesen und sein Wesen wären so weit von einander, als der Himmel von der Erden« – es half alles nichts; Götz blieb nur die Wahl, zu dem toll gewordenen Volke zu halten oder aber todtgeschlagen zu werden, und er suchte nun als Bauernführer nur Schaden zu verhüten und die Wiederkehr solcher Greuel zu verhindern, wie sie zu Weinsberg und an andern Orten des Schwaben- und Frankenlandes verübt worden waren. Als oberster Feldhauptmann des Bauernheeres zog Götz mit vor Würzburg, wurde von den ihm mißtrauenden Bauern mit dem Tode bedroht, entging aber glücklich der Gefahr und überließ die Aufwiegler dem verdienten Schicksal und der rächenden Hand der Vergeltung durch den schwäbischen Bund und die vereinte Fürstenmacht. Eine Menge Briefe Götzes, die noch vorhanden sind, enthalten ausführliche Rechtfertigungen seines Verhaltens im Laufe dieser bedrohlichen Zeit, allein man nahm ihn dennoch in Haft und er mußte das unfreiwillige Bauernbündniß mit zwei Jahren Kerker büßen, nach welcher Haft er eine strenge Urphede beschwören mußte und auf die eigene Burg gleichsam festgebannt wurde, bis Kaiser Karl V. ihm die volle Freiheit wieder gab und ihn zu einigen Feldzügen verwendete, auf denen jedoch dem alternden Ritter versagt blieb, Ruhmeslorbeeren zu pflücken. Von da ab blieb Götz friedlich zu Hause auf Burg Hornberg, starb nicht nach Freiheit seufzend im Gärtchen am Thurm zu Heilbronn, sondern ruhte gemächlich aus von seinem vielbewegten Leben, beschrieb es treulich und treuherzig, so gut er konnte, und erreichte das hohe Alter von 82 Jahren. Er starb zu Hornberg und wurde im berliching’schen Erbbegräbniß im Kloster Schönthal beigesetzt, ihm auch ein stattliches Monument daselbst errichtet, das ihn in Lebensgröße kniend und betend darstellt.