Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Konrad, Freiherr von Boineburg

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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Konrad, Freiherr von Boineburg
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 31–32
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Konrad, Freiherr von Boineburg.
Geb. 1494, gest. d. 29. Jan. 1567.


Ruhmgekrönter deutscher Held und Heerführer, Kämpfer und Sieger in der Pavier Schlacht, Georg von Frundsbergs Freund und Nachfolger, Eroberer Roms.

Konrad von Boineburg, wohl auch Bemmelberg nach alter Weise geschrieben, wie ein Theil der Familie sich auch Boyneburg schreibt, entstammte einem berühmten hessischen Adelsgeschlechte; der Vater, Reinhard v. B. zu Bischhausen, war hessischer Rath und Hofmeister. Nach der Zeitsitte, junge Edelknaben an Fürsten- oder doch Grafenhöfen sich für ritterlichen Dienst ausbilden zu lassen, ward Konrad an den Hof des Herzog Eberhard II. von Würtemberg gethan, als er noch im zwölften Jahre stand, und hieß dort »der kleine Heß«, ein Beiname, der ihm durch sein ganzes späteres Heldenleben blieb. Mit Herzog Ulrich von Würtemberg zog Konrad an der Spitze einer Macht von 20,000 Fußknechten 1504 zum Heere des Kaisers Maximilian I. und gegen Philipp von der Pfalz, im folgenden Jahre kämpfte er gegen die Venetianer. Treuer Anhänger seines Herrn, des Herzogs, half Konrad diesem im Jahre 1514 die bäurische Empörung unterdrücken, fiel aber von ihm mit 18 Grafen und Herren ab, als der Herzog jenen Hans von Hutten aus doppelter Eifersucht ermordet hatte, und die Familie, namentlich Ulrich von Hutten, durch ganz Deutschland um Rache schrie, trat dem schwäbischen Ritterbunde bei, und half den Herzog um sein Land bringen.

Das ganze Leben Konrad’s von Boineburg war eine Kette von Heereszügen; er war ein geborener Führer und von unerschütterlichem Muthe beseelt, so daß er durch Tapferkeit, Umsicht und kühne Verachtung der Gefahr an die würdigsten hinan reichte.

Im Jahre 1522 führte Konrad ein Graf Fürstenberg’sches Regiment Landsknechte Franz von Sickingen gegen den Kurfürsten und Erzbischos Richard von Trier zu Hülfe, und knüpfte das Band der Freundschaft mit dem tapfern Georg von Frundsberg, der ihn bewog, mit seinem Volk in kaiserlichen Sold zu treten. Kühn zog nun Konrad 1523 als Führer der Vorhut dem Heere Frundsberg’s voran, überschritt das Wormser Joch, und schlug bei Mailand das Franzosenheer in die Flucht. Nachrückend nahm Konrad Ort um Ort, [Ξ] Pizzighetone, Lodi, Cremona und endlich Genua, wo er indeß eine starke Wunde empfing. Mit dem kaiserlichen Heere und 500 Deutschen, welche Konrad befehligte, 1524 in Pavia eingeschlossen, half er 13 Stürme binnen vier Monaten abschlagen, bis Frundsberg mit dem ersehnten Hülfsheere nahte. Da war Konrad der erste, der mit seinem Volk über die Mauern des Thiergartens brach und am Tage der berühmten Schlacht von Pavia, am 25. Febr. 1525 unmittelbar mit König Franz und dessen Reitern stritt und zur Gefangennehmung des ersterer wesentlich beitrug. Der Kaiser ernannte ihn zum Kriegsrath und gesellte ihn Frundsberg als Generallieutenant (Locoteniente) zu.

Das folgende Jahr schlug Konrad vor Mantua den Herzog von Urbino, brach die Macht der italienischen Liga und rückte unter dem kaiserl. Generalissimus Karl von Bourbon gegen Rom, wo der Papst vor dem deutschen Heere zitterte und die drohende Gefahr mit Geld abzuwenden suchte. Dieses Geld reichte kaum hin, die Ansprüche der spanischen und italienischen Truppen zu befriedigen, die Deutschen sollten, wie immer, leer ausgehen und empörten sich. Frundsberg ward in Folge dieses Ereignisses von einem Schlaganfall betroffen und übergab sein Kommando dem tapfern Stellvertreter, der nun den Oberbefehl über 35 Fähnlein deutscher Landsknechte erhielt und sie Rom immer näher führte, bis es erreicht war, woraus ohne langes Säumen mit 10 Fähnlein Sturm auf die Vorstadt San Spirito gelaufen und diese genommen wurde. Alsbald ließ Konrad die andern 25 Fähnlein nachrücken, gebot die strengste Mannszucht, verbot alles plündern bei Todesstrafe und erstürmte die Vorstadt Janiculum. An einer andern Stelle stürmte Karl von Bourbon und empfing aus Benvenuto Cellini’s Rohre die Todeskugel. Er hatte dem Heere die Plünderung der heiligen Stadt zugesagt – jetzt nach des Hauptführers Fall trat rathlose Bestürzung ein. Die wälschen und spanischen Kriegsobersten, hart an der Innenmauer des ewigen Roms stehend, mochten die Stadt vor Plünderung schützen, des Papstes geheiligte Person nicht preisgegeben sehen. Aber da trat Konrad auf und machte im Kriegsrath geltend, daß das Heer, wenn man es jetzt von Rom zurückziehen wolle, von Rom aus im Rücken und vom Herzog von Urbino, der zum Entsatz heranrücke, von vorn werde angegriffen werden, daß auch die Landsknechte sich nicht ohne weiteres würden zurückführen lassen, sondern, hinsichtlich der Zahlung ihres rückständigen Soldes auf die Eroberung Roms vertröstet, in hellen Aufruhr ausbrechen würden, wie das Leben der Anführer bedroht, und daß endlich deren Gefangennahme und Uebergang des Heeres zum Feinde zu befürchten sein würde. Wollten die Feldherren die Verantwortung aller dieser Möglichkeiten, wenn sie zur Gewißheit geworden wären, auf sich nehmen, so möchten sie den sichern Sieg aus der Hand geben.

Diese Gründe wirkten, Konrad bekam den Oberbefehl, erstürmte mit 30 Fähnlein von allen Truppengattungen ohne Zögern die Sixtusbrücke mitten unterm Feuer der Kanonen von der Engelsburg, und diktirte dem Papst Klemens VII. einen Vertrag, den er mit unterzeichnete. Dennoch erhielten die deutschen Truppen weder ihren Sold, noch durften sie plündern, und der Aufruhr brach los und war schwer genug zu beschwichtigen.

Noch mehr als einmal wurde der tapfere Führer von den schwürigen Deutschen, die in dem fremden Lande sich nicht zurecht fanden und stets verkürzt und betrogen wurden, hart bedroht, und bis zur Giftmischerei trieben die falschen Wälschen ihren Haß; so konnte »der kleine Heß« die Truppen nicht mehr bändigen, er legte das Oberkommando nieder, und Rom erlitt eine fürchterliche Plünderung. Dennoch mußte Konrad den Oberbefehl wieder übernehmen; sein Volk hielt den Papst in der Engelsburg gefangen, bis alles Geld für den rückständigen Sold herbeigeschafft war. Konrad kehrte nach vielen Kämpfen und Beschwerden erst 1550 nach Deutschland zurück, erhielt für seine Ansprüche die kaiserlichen Herrschaften Schädlingen, Ehingen und Berg auf Lebenszeit verpfändet, begleitete den Kaiser auf den Reichstag nach Augsburg, wurde 1531 vom römischen König Ferdinand I. zum Kriegsrath und Feldhauptmann über 12,000 Landsknechte ernannt, zog gegen die Türken und hatte das Unglück, da er 1534 das kaiserliche Heer gegen den Landgrafen Philipp zu Hessen, seinen eigentlichen Landesherrn, und gegen den ehemaligen Freund Herzog Ulrich von Würtemberg führte, bei Lausten aufs Haupt geschlagen zu werden und eine tüchtige Wunde davon zu tragen.

Mit Kaiser Karl V. zog Konrad 1536 zum zweiten male in Rom ein, wohnte später dem Feldzug gegen Frankreich bei, 1542 dem gegen die Türkei (an der Spitze von 84 Fähnlein Fußvolk), rieth zur Einnahme Pesths, zog 1544 abermals mit 22 Fähnlein mit gegen Frankreich, erstürmte und nahm dort mehrere Städte, folgte nach dem Friedensschluß dem Kaiser nach Brüssel, dann auf die Reichstage nach Worms und Regensburg (1545 u. 1546), leistete bei den Unterhandlungen über die Befreiung Philipp’s zu Hessen aus der Haft des Kaisers ersterem wichtige Dienste, so wie dem hessischen Adel, und so war eigentlich der »kleine Heß«, wohin man nur blickte, immer thätig, stets am rechten Platz, stets ein tapferer Held, ein kluger Staatsmann. In der Schlacht bei Mühlberg half er schlagen und siegen; 1552 vertheidigte Konrad Ulm standhaft gegen Moritz von Sachsen und Albrecht von Brandenburg und eroberte die Veste Helfenstein; 1553 leistete er große Dienste in den Niederlanden und zog sich endlich nach dem Friedensschluß zu Cambresis 1559 auf seine österreichischen Besitzungen zurück, wo ihm nach so vielen Stürmen, Zügen und Siegen noch acht Jahre lang ein friedlicher Lebensabend erblühte. Er starb auf Schloß Schälklingen und ruht in der dortigen Pfarrkirche von seinem vielbewegten Kriegerleben aus. Seine Rüstung und sein Bildniß schmücken die Ambraser Sammlung.