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Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Leopold Freiherr von Buch

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Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Leopold Freiherr von Buch
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 41–42
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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Bearbeitungsstand
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Leopold Freiherr von Buch.
Geb. d. 26. April 1774, gest. d. 4. März 1853.


Dieser berühmte und bedeutende deutsche Physiker, Geognost und Geolog wurde zu Schloß Stolpe in der Uckermark geboren, und entschied sich früh für das Studium der Naturwissenschaften. Er begann im Jahre 1790, als er noch kaum das sechzehnte Lebensjahr erreicht hatte, seine höhern Studien auf der Bergakademie Freiberg und war dort einer der fähigsten und fleißigsten Zuhörer und Schüler Werners, knüpfte auch dort bereits den Bund der Freundschaft mit Alexander von Humboldt. Nach einem dreijährigen Aufenthalte in Freiberg begann v. Buch ein ausgedehntes wissenschaftliches Wanderleben, dem er treu blieb bis zu seinen Greisenjahren, auf welchen er mit Bienenfleiß die der Wissenschaft zu Gute gekommenen reichen Erfahrungen dieses Lebens sammelte, und dieselben in gediegenen Schriften niederlegte. Das ganze deutsche Alpenland, die Apenninen, die schottischen Hochlande, die niedrigen Bergzüge Englands, wie die Pyrenäen bestieg und überwanderte der unermüdliche Fußreisende, und spähte überall mit kundigem Blick nach den Gestaltungen der Formationen der Gesteine und Gebirgsarten, nach ihren Schichten, nach den Gründen ihrer Erhebungen oder Senkungen, wie nach jenen mannigfaltigen Ueberresten organischer Gebilde aus den verschiedenen Perioden der Urzeit des Erdballes. Auf diesem anziehenden Gebiete widmete v. Buch zunächst den Ammoniten gründliche Untersuchung und tiefeindringende Forschung, dann den Terebrateln, und andern noch vor ihm nicht so klar enthüllten Versteinerungen ur- und vorweltlicher Conchyliengattungen und Arten. Ueber die Gebilde im deutschen Jurakalk, über die Bildung der Kreidegebirge und Kreideformationen Europa’s und Nordamerikas, wie über die Braunkohlenformationen mit der Fülle ihrer pflanzlichen Ueberreste verdankt ihm die Wissenschaft eben so überraschende, als scharfsinnige Aufklärungen. Leopold von Buchs Geist umfaßte mit überwiegender Kenntniß die ganze deutsche Gebirgswelt, auch die, zu welcher ihn seine Wanderschaft nicht persönlich trug. Er bestimmte die Gesteinarten eines Landstrichs durch Combination. So schrieb er, um davon ein Beispiel anzuführen, an einen Bekannten, der das Rhöngebirge geognostisch zu bereisen und zu untersuchen [Ξ] beabsichtigte: „Westlich der Sinn ist schwerlich etwas anderes als rother Sandstein, es sei denn, daß man von Obersinn gegen Orb gehe. Dann wäre Ihnen vielleicht ein kleiner Abstecher nach Arnstein und Umgebung nicht unmöglich. Ist vielleicht der Gramschatzer Wald ein sandiger Wald wie Lichtenfels und der Hauptmoorwald? Ist der Sandstein roth, der an diesen Punkten bearbeitet wird, wie der von Gambach unter Carlsstadt? Wie liegt der Gyps von Opferbaum? Erobern Sie diese Provinz, sie ist Ihrer Untersuchung würdig, denn diese ist nicht leicht. Wie gern liefe ich nicht an Ihrer Seite, allein wenn ich bedenke, daß ich fast von hier (der Brief ist 1821 in Eichstädt geschrieben) nicht loskomme, und welches Feld von Untersuchungen noch vorliegt, so treibt es mich vorwärts, südlich.“

An einer andern Stelle äußerte Buch: Ich war nie vorher in Muggendorf; denken Sie, wie ich zusammenfuhr, als ich sahe, daß alle Höhlen in diesem körnigen Gestein liegen (wie das des Staffelberggipfels zwischen Lichtenfels und Bamberg), welches man dort Quacke nennt, und welches ich seitdem auch immer so nenne. Im Kalkstein befindet sich nicht eine dieser Höhlen. Diese Quacke ist aber wahrscheinlich Dolomit. Um darüber Belehrung zu erhalten, reise ich nach München. Hier finde ich dieß Gestein immer wieder. Zwischen Baireuth und Nürnberg bildet es die höchsten Kuppen, ausgezeichnete Spitzen und Thürme; auch hier sind seine Formen noch ebenso abenteuerlich kühn, wunderbar, aber seit der Nähe des Altmühlthals liegt oben darauf die Fisch- und Krebsformation, die man gar leicht vom unterm Kalkstein unterscheidet. Man kann daher ohne Mühe vorausbestimmen, wo Fische und Krebse vorkommen, oder nicht etc.

Der große Geognost vollbrachte seine Wanderungen meist allein, ohne lästiges Gepäck, in leichter, ihm bequemer Tracht, und da er unverheirathet geblieben war und keiner Familie angehörte, mit der wünschenswerthesten Unabhängigkeit. Sein Wohnort war Berlin, aber auch seine Umgebung und seine Freunde erfuhren häufig nicht sein nächstes Wanderziel. Er ging ohne zu sagen wohin, einmal von Berlin hinweg und reiste nach den kanarischen Inseln. Er bestieg den Pic von Teneriffa, wie er den Gipfel des Aetna besuchte. Da er über ein schönes Vermögen gebot und einfach lebte, blieben ihm dennoch reichliche Mittel zur Unterstützung wissenschaftlicher junger Talente.

Ein öffentliches Amt nahm von Buch nie an, doch war er königlich preußischer Kammerherr und durch mehrere Orden ausgezeichnet. Ob er jemals den Kammerherrndienst am Hofe wirklich ausgeübt, dürfte zu bezweifeln sein. Er war nicht ohne Eigenthümlichkeiten, Grillen und Schroffheiten, wie sie so leicht selbstbewußter Männer und zumal alleinstehender Hagestolze sich bemächtigen. So fuhr er, wenn er sich zu fahren veranlaßt fand, nie mit der gewöhnlichen Post, um sich nicht der Rücksichtslosigkeit der Tabackraucher auszusetzen, die sich wahlberechtigt glauben, den Mitreisenden mit ihrem Stänkerqualm beschwerlich fallen zu dürfen, selbst gegen das Postgesetz, und that daran, da seine Mittel ihm jede Bequemlichkeit und Extraposten erlaubten, sehr wohl. Ein gewisses barsches Wesen wurde als Zeichen des herangenahten Alters und vielleicht persönlicher übler Laune besonders bei der Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Gotha im Herbst 1852 an ihm bemerkt. Er schien es da u. a. sehr ungern zu hören, wenn man ihn nach dem Befinden A. v. Humboldts fragte; wahrscheinlich wiederholte sich ihm diese Frage in lästiger Weise zu oft, und er schnurrte die unbedacht Fragenden nicht wenig an. Vielleicht auch drückte ihn ein Vorgefühl des nicht mehr fernen Todes, bei welchem ein nervös gereizter Zustand vorherrschte; doch litt der Sterbende nicht lange. Sein Andenken ward in Berlin wie in Freiberg durch würdige Feierlichkeiten geehrt, seine irdische Hülle wurde nach Stolpe in der Gruft seiner Ahnen beigesetzt. Wenig Begüterte weihen sich wie L. v. Buch mit so ausdauerndem Eifer dem fortgesetzten Anbau der Wissenschaft, setzen an sie ihre ganze Zeit, ihre ganzes Leben; ihnen lohnt dann aber auch, gleich ihm, die Ausdauer mit glänzenden Erfolgen und bleibendem Nachruhm.