Franziska Ellmenreich

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Autor: Rudolf von Gottschall
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Titel: Franziska Ellmenreich
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aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 652-654
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Franziska Ellmenreich.

Verschiedenartig sind die Begabungen der Künstlerinnen, denen es vergönnt ist, auf weitere Kreise eine glänzende Wirkung auszuüben: die einen verdanken diese Wirkung der Hoheit und Majestät des Kothurns und der zündenden Macht tragischer Leidenschaft, die anderen der maßvollen Harmonie einer sympathischen Natur, welche innerhalb der Grenzlinien des Schönen anmuthige Gebilde schafft.

Zu jenen ersten Künsterinnen gehört Charlotte Wolter, zu den letzteren Franziska Ellmenreich, eine jüngere Darstellerin, welche überall, wo sie bisher aufgetreten, einstimmigen Beifall gefunden und sich warme bis zur Begeisterung gesteigerte Sympathien erworben hat. Von Hause aus ein strebsames Talent, mit angeborenem Tact für das Richtige und Zutreffende, von durchaus gefälligen Formen, klug ohne die Aufdringlichkeit eines zergliedernden Scharfsinns, geistreich ohne prahlende Schaustellung eines pikanten Esprits, warm und herzlich ohne sentimentale Ueberschwänglichkeit, war sie auf harmonische Gestaltungen angelegt und durch ihre ganzen Bildungsgang hierin gefördert, sodaß sie stets die schöne künstlerische Mitte behauptete, ohne künstlerischer Mittelmäßigkeit zu verfallen. Bei ihrem rastlosen Fortstreben von Jahr zu Jahr, bei ihrer aufgeschlossenen Empfänglichkeit für alle Anregungen, die ihr von außen zukamen, hat sie jetzt einen Platz unter den hervorragenden Künstlerinnen der deutschen Bühne erreicht, der es wohl rechtfertigt, daß wir einen Blick auf ihren Bildungs- und Lebensgang werfen.

Franziska Ellmenreich stammt aus einer Künstlerfamilie; sie beweist von neuem die Erblichkeit künstlerischer Anlagen, mag auch das Licht des Talents sich in einem Regenbogenspiel mannigfacher Farben brechen. Ihre Großmutter, Friederike Ellmenreich, hat sich als eine der ersten Uebersetzerinnen italienischer Operntexte in weiten Kreise bekannt gemacht; ihr Vater, Albert Ellmenreich, bekleidete einundzwanzig Jahre lang eine erste Stelle als

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Franziska Ellmenreich als Maria Stuart.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.

[654] Charakterdarsteller am Schweriner Hoftheater, bekundete aber auch musikalische Begabung als Componist der Opern „Der Schmied von Gretna-Green“ und der „Gundel“, welche letztere wegen ihrer politischen Tendenz verboten wurde. Noch bekannter war er als Liedercomponist geworden. Franziska wurde am 28. Januar 1850 als Tochter des Schauspieler-Componisten in Schwerin geboren: Anregungen des Theater- und Musiklebens mußten unausbleiblich, obschon die sorgfältig erzogenen Kinder dem Theater gänzlich ferngehalten wurden, doch schon aus der ganzen Atmosphäre, in der sie athmeten, ihnen zuströmen. So kam es denn auch, daß Franziska in aller Stille eine Rolle einstudirt hatte. Es war dies die Selma in „Mutter und Sohn“ der Frau Birch-Pfeiffer. Der Vater prüfte die Tochter, doch wortkarg, wie er war, sprach er sich nicht über den Erfolg der Prüfung aus. Daß dieser nicht ungünstig ausgefallen, konnte Franziska aus dem Eifer entnehmen, mit dem der Vater ihr jetzt manche andere Rollen einstudirte. Es war natürlich, daß er, bei seiner Begeisterung für Musik und seinen Leistungen als Componist, auch für die musikalische Ausbildung der Tochter Sorge trug. Sie nahm Gesangsstunden, die freilich nicht den Zweck hatten und nicht ausreichten, sie zur dramatischen Sängerin auszubilden, aber sie doch für den Vortrag leichter Lieder hinlänglich schulten. Man fand ihre Stimme zwar nicht stark, doch angenehm.

Die kleine Theaterenthusiastin sah sich plötzlich und früh genug am ersehnten Ziele. Kaum confirmirt, noch nicht fünfzehn Jahre alt, trat sie schon auf einer deutschen Hofbühne auf. Es war dies freilich keine große Bühne, immerhin aber ein Theater, das neuerdings mit den größten Hoftheatern gewissermaßen in Concurrenz trat: die Meininger Hofbühne, die damals indeß noch nicht als Hofwanderbühne die alleinseligmachende Lehre vom künstlerischen Ensemble in bewunderter Praxis durch die Lande trug. Die Rollen, welche der kleinen Debutantin zufielen, waren natürlich sehr bescheidener Art. Sie trat zuerst als Brautjungfer im „Freischütz“ auf. Die Aufregung des Lampenfiebers ließ ihr zartes Stimmchen noch dünner und schwächlicher erscheinen, gleichwohl regten sich einige mitleidige Hände. Das war ihr Debut in der Oper, welches wenig Aussicht eröffnete, daß sie den Lorbeer der Primadonna erobern werde. Gleich darauf sah das Meininger Publicum sie im Schauspiele und zwar in kleinen, aber sehr gefährlichen Rollen. Was ist gefährlicher als ein Page im Schauspiele? Je weniger solche Pagen zu sagen haben, desto mehr sieht das Publicum darauf, wie sie es sagen. Die kleinste Anmelderolle hat ihre Klippen: für Pagenrollen sind diese Klippen am schwersten, denn es wird zugleich die ganze Erscheinung kritisirt. Es sind ja meist die angehenden jungen Künstlerinnen, welche sich in diesem schmucken Costüme auf der Bühne präsentiren, ohne recht brilliren zu können, wie in den eigentlichen sogenannten Hosenrollen, aber Pagenrollen sind die Hosenrollen der classischen Tragödie, welche sonst den Geschlechtertausch verschmäht. Darum werden sie mit einer gewissen besondern, oft boshaften, oft allzu wohlwollenden Aufmerksamkeit betrachtet.

Die junge Franziska spielte zwei classische Pagen aus Schiller’schen Tragödien, zuerst den Pagen aus „Maria Stuart“. Das profane deutsche Theaterpublicum wird von der Existenz eines solchen Pagen nichts wissen; denn die Bühneneinrichtung, in welcher das Trauerspiel meistens gegeben wird, hat ihn beseitigt. Doch in Meiningen konnte man schon damals auf ein geduldiges Publicum rechnen, welches den Pokal der elastischen Tragödie bis auf die Neige leert. So schloß man auch „Maria Stuart“ nicht, wie dies fast allgemein üblich ist, mit dem dröhnenden Effect des zur Erde stürzenden Lord Leicester, sondern man gab auch noch die folgenden Scenen, die im Zimmer der Königin Elisabeth spielen. Hier tritt ein Page auf, der als solcher verhältnismäßig viel zu sprechen hat. Franziska glänzte mit diesem gefährlichen Rapport auf der Probe so, daß man ihr auch die Schlußworte der ganzen Tragödie anvertraute, da Graf Kent, der sie eigentlich zu sprechen hat, dem Schiller’schen Genius nicht gerecht zu werden vermochte. Diese Worte lauten bekanntlich:

Der Lord läßt sich
Entschuldigen; er ist zu Schiff nach Frankreich.

Wenige Worte: aber sie berichten eine für Elisabeth niederschmetternde Thatsache und verkünden die Nemesis, welche der Dichter für sie bereit gehalten hat. Und die Schlußworte einer Tragödie, kurz vor dem fallenden Vorhange, welche Verantwortlichkeit! Wenn sie das Publicum in eine heitere Stimmung versetzen, so werden fünf Acte um den Schlußapplaus gebracht.

Franziska feierte einen kleinen Triumph durch das Vertrauen, das man in sie setzte, und sie wußte es auch zu rechtfertigen. Doch sie sollte auch den Revers der Münze kennen lernen. Ihr zweiter Page war der in „Don Carlos“. Das ist nicht blos ein anmeldender Knabe: seine Scenen mit Carlos und der Eboli haben dramatisches Leben. Hier blieb nun die junge Künstlerin stecken, in bedauerlicher rettungsloser Weise. Darüber war sie lange nicht zu trösten, obwohl man ihr aus der Chronik des Theaters zahlreiche Beispiele ähnlicher Unglücksfälle mittheilte, welche sogar großen Künstlern zugestoßen waren. Einen ersten wirklichen Erfolg, der sich zu Hervorruf bei offener Scene steigerte, errang sie in der Rolle des Bärbel in Iffland’s „Jägern“. Nun wuchs ihr Muth! Noch einmal übernahm ihr Vater die Leitung ihres Talentes bei einem dreimonatlichen Sommerengagement, wo sie alle Tage spielte, bedeutende und unbedeutende Rollen, und so die nöthige Routine gewann.

In Mainz wurde sie zuerst für ein bestimmtes Rollenfach engagirt, für das Fach der zweiten Liebhaberin, jedenfalls eines der entsagungsvollsten Fächer der Schauspielkunst, dem gar keine Lorbeern blühen. Man lasse eine hervorragende Künstlerin zwei Jahre hindurch zweite Liebhaberin in Lust- und Trauerspielen darstellen, und über ihren Ruhm wird gewiß bald Gras wachsen. Inzwischen giebt jedes Fach immer einen bestimmten Halt, und der neueste Ukas der Bühnenleiter, durch welchen die Fächer in den Contracten der Schauspieler abgeschafft werden, verdient die entschiedenste Mißbilligung, da er die Darsteller den Launen der Directionen vollkommen preisgiebt, während jedem Engagement doch nach wie vor ein bestimmtes Fachschema zu Grunde liegt, ohne das keine Direction ein Ensemble bilden könnte.

Von Mainz kam Fräulein Ellmenreich nach Cassel, wo sie ebenfalls meistens zweite, aber bisweilen auch erste Liebhaberinnen spielte. Ein Antrag von der Hannöverischen Hofbühne veranlaßt sie zu einem heimlichen Gastspiel in Hannover, da in Cassel niemals Urlaub ertheilt wurde; das Gastspiel führte zu einem Engagement und zwar gleich nach der ersten Rolle der Darstellerin, der Preciosa. Anfangs entsprachen die Verhältnisse nicht den ehrgeizigen Erwartungen der Künstlerin; erst als Marie Seebach die Hofbühne verlassen hatte, öffnete sich ihr ein umfassender Wirkungskreis, der sich von Maria Stuart bis zum Wolfgang Goethe im „Königslieutenant“, von Chriemhilde in den „Nibelungen“ bis zur Margaretha in den „Erzählungen der Königin von Navarra“, von Julie und Desdemona bis zu den Heldinnen kleiner einactiger Salonplaudereien erstreckte.

Im Jahre 1875 verließ Fräulein Ellmenreich die Hannöverische Hofbühne und trat in ein Engagement am Leipziger Theater, das damals unter Friedrich Haase’s Leitung stand. Auch hier füllte sie das Fach der ersten Liebhaberin im Lust- und Trauerspiel mit seltener Vollständigkeit und unermüdlichem Eifer aus und trug nicht wenig dazu bei, das Schlußjahr der Haase’schen Direction zu dem glänzendsten derselben zu machen. Im Jahre 1876 wurde sie von Pollini für das Hamburger Stadttheater engagirt, welches von diesem Director durch das Aufgebot großartiger Mittel und hervorragender Kräfte zu einer seit Baison’s Hinscheiden vermißten Bedeutung gebracht wurde. In dem Künstlerkreise der Barnay und Friedmann nahm sie hier eine ebenbürtige Stellung ein; sie wußten vereint besonders den Sinn für die classische Tragödie und das moderne Trauerspiel wieder zu beleben. Im Frühling dieses Jahres nahm Fräulein Ellmenreich ein Engagement am Dresdener Hoftheater an, wo ihr von Seiten der Kritik und des Publicums die günstigste Aufnahme zu Theil wurde und sie jetzt auf drei Jahre gebunden ist.

Selten hat sich eine Darstellerin einer so großen Beliebtheit in den Kreisen der gebildeten Gesellschaft zu erfreuen gehabt wie Franziska; wenige dürfen sich so glänzender Huldigungen rühmen, wie sie dieser jungen Künstlerin zu Theil geworden sind. Am Tage ihrer Abschiedsvorstellung in Hannover hatte sich ihr Zimmer in einen Bazar verwandelt, so zahlreich waren die Geschenke, die ihr von den angesehensten Damen und Herren Hannovers zu Theil geworden. Die in dieser Stadt anwesende studirende Jugend begleitete nach der Vorstellung ihren Wagen mit Jubelruf in’s Hôtel, wo zu ihren Ehren ein Abschiedssouper veranstaltet [655] war. Die Leipziger Jugend, die in solchen Huldigungen noch mehr Routine und Enthusiasmus hat, spannte nach der Abschiedsvorstellung, die an Hervorrufen und Blumensträußen überreich war, sogar die Pferde aus und zog den Wagen mit der gefeierten Künstlerin nach Hause.

Man könnte bei diesen zum Theil übertriebenen Huldigungen von Familienerfolgen sprechen; eine Darstellerin von Geist, feiner Bildung und tactvollem Benehmen erobert sich überall die Salons und ihre persönliche Beliebtheit überträgt sich auf ihre Leistungen als Künstlerin. Doch bei Fräulein Ellmenreich wäre diese Erklärung einseitig; sie hat überall auch den Beifall des großen Publicums und der Kritik gefunden; in der Liebenswürdigkeit ihres Wesens und der Harmonie ihrer Darstellung liegt der Zauber, der weitere Kreise ebenso für sie gewinnt, wie engere Freundeskreise. Die Hamburger Damen sandten ihr nach Dresden ein kostbares Armband mit der Devise: „Das ewig Weibliche zieht uns hinan“. In der That liegt in diesem ewig Weiblichen das Geheimniß ihrer Erfolge.

Es giebt freilich hochtragische Charaktere, durch welche diese Devise in einer fast ironischen Weise beleuchtet wird, Rollen, in denen das Dämonische und das wild Leidenschaftliche der Frauennatur gewaltthätig zum Durchbruch kommt. Derartige Rollen, wie Medea und Messalina, liegen außer der Sphäre unserer Künstlerin, so sehr sie sonst für Trauerspiel und Lustspiel gleichmäßig begabt ist. Und wenn wir hier die eine Schranke ihres schönen Talentes finden, so ist die andere auf der entgegengesetzten Seite zu suchen: Fräulein Ellmenreich ist eine natürliche, aber sie ist keine naive Schauspielerin. Kindliche Naivetät liegt ihr fern: dazu ist sie zu bewußt, zu klug, zu reflectirend. Zwischen diesen beiden Extremen aber liegt ein weites Feld der Dramatik aller Zeiten, auf denen für ihr darstellendes Talent die schönsten Blüthen wachsen.

Im Lustspiel erfreut sie durch das Gefällige ihrer Erscheinung, die Sicherheit ihres Benehmens, den sinnigen gebildeten Salonton, die Schalkhaftigkeit ihres Spiels. Nehmen wir ihre Katharina von Rosen in „Bürgerlich und Romantisch“ und ihre Adelheid in den „Journalisten“, die weibliche Hauptrolle in zwei der besten deutschen Lustspiele: wie anmuthig verkörpert sie diese gesunden, harmonischen Gestalten! Hier hat man das Gefühl, daß sich Dichtung und Darstellung vollkommen decken. Das Gleiche gilt von allen deutschen Mädchenrollen ähnlichen Schlages in den Lustspielen von Benedix, von Putlitz, Bauernfeld und anderen ähnlich gearteten Dichtern. Wärme des Gefühls charakterisirt bei ihr stets die gehobeneren Stellen des Lustspiels; wo es aber geistreiche Pikanterie des Salontones in ein- oder mehractigen dramatischen Plaudereien gilt, da kommt ihr angeborener Tact für seine Auffassung und glückliches Verständniß ihr in seltener Weise zu statten; sie hat für die zartesten psychologischen Uebergange die Farben auf ihrer Palette.

Auch in der Tragödie hat Fräulein Ellmenreich schöne Erfolge zu verzeichnen; es sind die Rollen der mittleren Tragik, der tragischen Dulderinnen, die sie mit ergreifendem Gefühl und edlem Aufschwung spielt: eine Maria Stuart, als welche unsere Abbildung sie darstellt, eine Hermione im „Wintermärchen“, in welcher Rolle sie einmal in Berlin auftrat und die glänzendste Anerkennung Seitens der Berliner Kritik fand, eine Rutland in „Graf Essex“, eine Katharina Howard und zahlreiche andere Rollen.

Ihr Organ hat zwar nicht markerschütternde Kraft, aber es ist voll, klar und melodisch. Für die geistige Bedeutung der Dichtungen zeigt sie das feinste Verständniß: niemals wird sie mit getragener Declamation, mit dem prunkenden Schleppkleid eines falschen Pathos über unbarmherzig zerrissene Perioden oder durch einander gewirrte Accente hinwegfegen. Logische Mißgriffe, Sinnfehler irgend welcher, auch versteckter Art sind ihr gänzlich fremd. Ebenso fein ist ihr psychologisches Verständnis: meisterhaft weiß sie Monologe zu gliedern, stimmungsvoll zu beleben. Ihr großer Monolog „Katharina Howard“, einer ihrer Glanzrollen, ist ein schöner Beweis hierfür. Und da dem Dichter selbst über die Auffassung und Stellung der von ihm geschaffenen Charaktere ein wohl zu beachtendes Urtheil zustehen muß, so will ich noch hier ihrer Elisabeth in meiner „Amy Robsart“ gedenken, als einer der Rollen, in welcher das Talent der Künstlerin für charakteristische Darstellung am meisten hervortrat. Denn die angebliche, gelehrte, geistvolle pretiöse Königin mit ihrer versteckt auflodernden Leidenschaftlichkeit kam in einer allgemein anerkannten Weise zur Anschauung.

So gehört diese anmuthige, kluge, fein durchgebildete und vielseitige Schauspielerin nicht nur zu den stolzen Hoffnungen unserer Bühne, sondern bereits zu ihren gegenwärtigen Zierden. Das moderne Trauerspiel und Lustspiel darf in ihr eine feinfühlige und glänzende Vertreterin sehen. Natur und Wahrheit sind ihre Devisen; mit Tact und Geist ausgestattet, ergreift sie das Richtige und die Grazien, die ihr nicht ausgeblieben sind, geleiten sie auf anmuthigem Wege zu dem Ziele, das ihrem rastlosen Streben vorschwebt: stets vollendeterer Gestaltung, der auch der Nachruhm nicht fehlen wird.

Rud. von Gottschall.