Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae: Sargans
Sarunegans / oder Sarngans / hat vor Zeiten die Sarunetes zu Innwohnern gehabt / von welchen diese Statt / vnd Landschafft / oder vielmehr vom Wasser Sarn / vnd Ganß / den Namen hat / wie Tschudi / so allhie Anno 1530. vnd 33. Landvogt gewesen / darfür helt / vnnd nicht allein die ersten Grafen / sondern auch die Statt in dem Schild eine Ganß führet / Guler. lib. 14. Raetiae fol. 211. Vadianus nennts sanam casam; Auß welchem der Mißbrauch nach vnd nach Sarganß gemacht / vnd auß solchem verböserten Namen folgends das Wappen gezogen sey. Die Statt ligt neben Meyls / am vordersten gegen Mittag herfür gespitzten Eck deß Schalbergs / etwas von der Ebne erhebt / vnd stracks darob ob dem Felsen das Schloß gleiches Namens. Graf Georg von Werdenberg hat solches Ländlein / das etwan zum Reich gehört hat / Anno 1483. sampt dem Schloß / den 7. Orthen / Zürich / Lucern / Vry / Schytz / Vnderwalden / Zug / vnd Glaris verkaufft / die ordentlich einen Vogt dahin schicken / wiewol die Statt Sarganß [63] ihre Freyheiten behält / vnnd auß ihrem Mittel / in Bürgerlichen Sachen / dero eygene Obrigkeit erwehlt / Schultheiß / Gericht vnd Policey hat.
Es gehört in die Landvogtey Sargans das vornehme Closter S. Benedicten-Ordens / Pfeffers / wiewol es in Rhaetier Landschafft / vnd Churer-Bisthumb / zwo Meylen vnter Chur herab / vnnd ein viertel Meyl vom Rhein gelegen / vnd vor Zeiten zum Reich gehört hat / jetzt aber von den Eydgnossen / nemblich der obgedachten 7. Orthen / die deß Klosters Schirm-Herren der Zeit seyn / eximirt wird. Lateinisch wird es von den Rhaetiern Monasterjum apud Favarias, oder Fabarium, genannt. Ligt auff einem hohen Berg / vnnd so man hinauff kompt / ist ein grosse Weite darauff / mit lustigen Wiesen / kühlen Brunnen / vnd grünen Wälden: Vnnd steigen zu beyden Seiten grawsame hohe Berg hinauff / die werden mit einem tieffen / vnd gehen Thal vnterschieden. Es hat der Abbt Rudolph von Bernang / die Kasten-Vogtey dieses Klosters / den Freyherren Alberto von Saxen / Anno 1257. vmb 250. Marck abgekaufft / so Käyser Fridericus II. approbirt / vnnd das Kloster von aller Jurisdiction eines Patronen / oder Advocaten / ledig gezehlet hat. Ein viertel Meyl ferrn von dem Kloster / gegen Mitternacht zu / an dem Gletscher Wasser Caming / ist in der Tieffe / zwischen den Gehen / vnnd hohen Bergen / zu den Zeiten deß Käysers Friderici II. ein Bad / so leydenlich warm / von einem Jäger / genant der Vogler / deß Geschlechts der Carlinen von Hohenbalcken / als er in die vngehewre Klufft / mit sonderlicher Geschicklichkeit / Sorg vnd Gefahr / vber vnd durch die Felsen / Waldrappen außzunehmen / gestiegen / gefunden worden / das ligt also tieff zwischen 2. hohen / vnnd oben zusammen gebogenen Felsen / daß niemand darzu / ohne lange Seyler / hat kommen können. Folgend hat man eine Brück / vnd Weg darzu gemacht / Bad- vnd Wirthshäuser daselbst erbawt / vnd von fernen Landen sich Badgäste dahin begeben: Wiewol man auch vmb den Mittag in den engen Gemachen / eines Liechts bedörfftig gewest / dieweil es in einem solchen tieffen vngehewren Tobel / dardurch das besagte Wasser Caming gantz vngestümm vber die Felsen rauschet / vnd vnder einem finstern hohen Felsen / gelegen ist. Aber An. 1630. hat der Abbt deß gemelten Closters / vnd Herr dieses Pfeffers- oder Pfävers-Bad / so viel Mühe vnnd Vnkosten auffgewendet / daß solches Wasser von dem rechten Vrsprung besser herfür geleytet worden / da er dann einen schönen Baw führen lassen / daß also der Zeit die Badgäste besser accommodirt seyn / vnd mehrern Lust haben können. Dann vorhin da kein Frewd vnd Kurtzweil / ausser in dem Bad / darinn man Tag vnd Nacht gelegen / gewesen. Mehrertheils Leuthe seyn an kein Beth zu ruhen / nimmer kommen. Es erfolget dem Abbt deß besagten Klosters / deme diß Bad gehöret / nicht geringer Nutz darvon / wiewol die 7. Orth löblicher Eydgnoßschafft / doch nicht ohne sondern Widerwillen deß Abbts / wie Gulerus lib. 6. Raetiae fol. 78. b. meldet / etwas Ordnung in diesem Bad bißweilen zugeben pflegen / als die sich der Kasten Vogtey vber das Kloster annehmen / weil solches vnter ihrer Beherrschung in der Land-Vogtey Sargans sich verhält. In Geistlichen Sachen aber ligt diese Abbtey im Cräyß Churer Bistumbs. Es ist das warme Wasser vber alle massen klar / lauter / durchsichtig / als ein klarer Crystall: Were gnugsamb eine Mühlin zu treiben / gehet an im Frühling / vnnd endet sich im Winter / es wächst mit den Kräutern / vnd stirbt mit ihnen. Ist kühler vnd starcker Natur / den erlahmbten vnnd außgearbeiten Gliedern gantz dienstlich / allermeist für die arbeitsame Leuth. Es nimbt hinweg die Contractur / oder Lähme / so vom Zorn oder Wein entspringt / all zittern der Hände vnd Beinen / die Gesücht der Glieder / alte Fieber / den Grieß / vnd reysenden Stein / Gebresten der Nieren / vnd Blatern / alle verborgene Kranckheiten / so zwischen Fleisch vnd Haut ligen: Item all offene Schäden / so vnter den Knien an Schenckeln entspringen / den Krebs / Fistel / sampt den Brust-Geschweren; alle Wunden / so zu frühe / ohn recht natürlich gezogen Fleisch / geheylet worden / alle vbel geheilte Wunden / alle vbel geheylte Beinbrüch / die verrenckte Glieder / vnd die so mit Folteren verderbet seynd / alle vngeheylte Stich / vnd Schüß / alles gestanden vnnd versessen Blut / von fallen stossen / oder schlägen: alle erfrorne [64] Glieder. Es ist diß warme Bad auch gut zu vertreiben den Schmertzen deß Haupts / es stärcket die Gedächtnuß / das Gesicht vnd Gehör / eröffnet die Verstopffung deß Hirns / vnnd der Nerven / als da sein die Fallend-Sucht / der Schlag / der Krampff / etc. Soll auch denen Wassersüchtigen gut vnd fürträglich seyn. Ob aber bey der gedachten newen Wasserleitung nicht die Würckung geschwächt worden seyn mag / davon lassen wir die vrtheylen / so sich dieses heylsamen Bads / vnd Wassers / (so ab Golt vnnd Kupffer kompt / vnd gar keinen Geschmack hat) seydhero gebraucht haben / vrtheilen. Besiehe hievon Münsterum lib. 5. Cosmogr. c. 77. fol. 753. der letzten edition, Stumpf. l. 10. Chron. Helvet. c. 23. Guil. Fabric. Hildanum, de conservanda valetudine, vnnd Augustinum Stöcklin in Nymphaeo B. Virginis Mariae Fabariensis.
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