Zum Inhalt springen

Topographia Braunschweig Lüneburg: Closter Michaelstein

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Closter Michaelstein (heute: Kloster Michaelstein)
<<<Vorheriger
Meinersen
Nächster>>>
Moringen
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 155–157.
[[| in Wikisource]]
Kloster Michaelstein in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[T78]
[155]
Closter Michaelstein.

Das Closter Michaelstein in der Graffschafft Blanckenburg / hat daher den Nahmen vnd seinen Vrsprung gewonnen: Es hat in der Graffschafft Blanckenburg in dem Hartzwalde / vor etlichen hundert Jahren / auff einer fast hohen Klippen / vnter welcher ein Crystall klarer Brunn / auß einem schönen Gewölbe herfür quellet / ein Einsiedler oder Kläußner / Volcmarus genant / ein Oratorium gebawet / vnd weil er ein strenges Leben mit beten vnd fasten geführet / hat man Ihn heilig gehalten / vnd S. Volcmar, vnd die Cluß von S. Volcmar genant / diese Cluß hat sich von Jahren zu Jahren gebessert / vnd haben sich mehr Brüder dahin begeben.

Dazu dann viel geholffen / einmahl / daß S. Volckmar auß sonderlicher Schickung Gottes / nahe bey der Cluß einen schönen Marmelsteinen Bruch gefunden / welcher häuffig verkaufft / vnd darauß viel Geldes gelöset worden / (dieser Anbruch hat sich endlich verlohren / vnd findet man nur noch geringe Anzeigung davon) darzu auch dieses kommen / daß daselbst in die Ehre deß Ertz-Engels Michaelis eine Kirche gestifftet / vnd dieselbe die Keyserin Mechtildiß / Keysers Henrici Aucupis Gemahlin / mit vielen Gütern zu Riperingisrode / welches der gemeine Mann Ripperode nennet / vnd ein Dorff nicht weit von S. Volckmar / auff dem Hartz gewesen / Imgleichen ihr Herr Sohn / Keyser Otto der Erste / mit den Gütern zu Ermingerode / welches vulgò Engerode genennet wird / vnd ebenmässig in der nähe gelegen / reichlich dotiret vnd begabet haben / Inmassen allegirtes Keyserl. diploma de anno 956. Non. Decemb. solches sattsam bezeuget.

Nach S. Volckmars Tode / haben seine Brüder von Jungfrawen Marien Grabe (dadurch viel Kranckheiten zu curiren) viel Geldes gelöset / vnd seyn reich worden / hingegen aber von den Hartzraubern an dem Ort fast nicht sicher seyn können. Derhalben sie auff Anleitung zweyer Brüder / auß dem Closter Rieffenstein / mit Raht Rudolphi Episcopi Halberstadensis, vnd Beatricis, Abtissin zu Quedlinburg / vnd Graff Burchards zu Blanckenburg [156] vnd Reinstein ein Closter in Dei Archangeli Michaelis et omnium angelorum, inmassen auch in deren Ehre die Kirche oben auff dem Hartz / zu S. Volckmar / gestifftet gewesen / vff der Cistercienser Orden / an dem Ort / Everhodderode genant / vnten vor dem Hartze / zwischen Blanckenburg vnd Heimburg / Anno 1152. indict. 16. 9. Kal. April. zu bawen angefangen / vnd Michaelstein genant. Dieses Closter liget an einem lustigen Ort / vnd hat gute Gebäude / vnd starcke Mauren gehabt / so aber in dem leidigen dreissig Jährigen Krieg sehr in Abgang gerahten.

Als jetzt hochgedacht Beatrix, die neunte Abbatissin deß Stiffts Quedlinburg / Keysers Friderici Barbarossae Tochter / oder wie Spangenberg in seiner Mansfeldischen Chronick cap. 234. vnd M. Wolfius in seinem Quedlinburgischen M. S. Chronico meynen / seine Schwester / 23. Jahr ihr Stifft löblich regieret / vnd im HERRN selig verschieden / ist Sie zu Michaelstein in die damals neue ClosterKirche im Chor / 1169. begraben / mit diesem epitaphio:

QVIA LUBRICA ET BREVIS CONSTAT VIA HOMINIS PER ME QVISQVE SCIAT: QVAE IN HOC HOSPITIO TENETUR PEREGRINA, ORTA DE STEMMATE REGALI FRIDERICI: NUNC SUM PULVIS ET VERMIS: LECTOR MIHI DEPRECARE QVOD ET TU CUPIS EXPECTARE: PER XXIII. ANNOS ABBATISSA PRAEFUI INCARNATIONIS DOMINI MCLXII. ANNO INDICTIONE VIII. IDIB. JULII.

Diese Kirche ist / nach Anzeige deß noch stehenden einen Giebels / ein groß vnd herrlich Gebäude / auch darin viel Gräfflicher vnd Adelicher Personen / deren etliche auß sonderbarer Devotion / an diesem heiligen Ort ihr Sepultur erwehlet / vnd per Testamentum verordnet / ihre Begräbnuß gewesen. Sie ist aber von den auffrührischen Bauren / Anno 1525. gantz ruiniret / zerbrochen vnd verbrant worden. Darauff man hernach das Capitlhauß / so gewölbet / wieder zur Kirchen verordnet.

Das Closter Michaelstein ist von den Herren Grafen zu Blanckenburg vnd Reinstein / auch andern Herren / sehr reichlich begütert / daher es dann in solch Auffnehmen gerahten / daß es auch ein Hospital für arme Leute neben sich gebawet / welches Hospital hernach Anno 1318. Graff Heinrich von Reinstein von dem Closter Michaelstein ab- vor die Statt Blanckenburg geleget.

Als die Graffschafft Winningen loßstorben / haben die Patres zu Michaelstein dieselbe / mit allen Zubehörungen / vmb vnd für 33000. Gülden erb- vnd eigenthumblich an sich gekauffet. Vnd da die Sültze zu Lüneburg eingehen / vnd sich stopffen / vnd die Statt der vnerschwinglichen Costen halber demselben vorzukommen / vnd wieder zu bawen nicht vermochte / hat diß Closter eine grosse Summa Geldes auffgebracht / vnd der Statt / zu Erbawung der Sültze / vorgesetzet / hingegen dieselbe dem Closter jährlich fünffhundert Rheinische Gülden auß dem Saltzwercke zu geben sich verschrieben.

Wie Graff Conrad von Reinstein Geistlich worden / vnd seine Profession ins Closter gethan / hat er dem Closter etzliche Hueffen Landes / vor Mordorff vnd Calendorff gelegen / conferiret vnd verschrieben / gleich wie anfänglich Graff Burchard zu Blanckenburg / den gantzen Raum vnd Platz deß Dorffes Evergodesrode / worauff das Closter stehet / Anno 1152. gegeben hat / dem Closter Michaelstein den Storfenberg / oder Stoffenberg / bey dem Schlosse / die Lütke Lawenburg genant / zugewandt.

Anno 1299. 10. Cal. Feb. haben Rudolff Dieterich / vnd Heinrich / Gebrüdere von Gaterschleben / dem Closter 518. Marck rein Silber verehret.

Anno 1189. seyn in diesem Closter 24. Chorherren / vnd eben so viel Leyenbrüder gewesen.

[157] Der Catalogus Abbatum ist Anno 1525. im Baurenkriege von Handen kommen. M. Brosenius sehl. Abt deß Closters Michaelstein / in seinen Collectaneis, setzet / daß Er gefunden

Rotyerum, Anno 1150. 1160. indict. 8.
Eberhardum, Anno 1190.
Simonem, Anno 1229. 1262.
Johannem, Anno 1281.
Conradum, Anno 1306.
Bartholdum
, welcher bey Einweihung der newen Kirchen zu Marienroda / Anno 1440. gewesen.

Anno 1457. hat ein Conventualis, Nahmens Antonius Nimphaeus Wernigerodanus gelebet / so die Devastation dieses Closters prognosticiret / vnd auß Marmelstein allerhand schöne Abreit machen können / hat die Schuld der Natur abgeleget Anno 1469. 9. Kal. Martii.

Gregorius Niger, Abt zu Michaelstein / hat Anno 1544. Graff Vlrichen zu Reinstein / das Closter Michaelstein übergeben / damals seyn neben Ihm noch sieben Conventualen im Closter gewesen.

Bald darauff ward Graff Ernst zu Blanckenburg vnd Reinstein zum Abte erwehlet / vnd ist in solcher Qualität dem Closter 22. Jahr fürgestanden.

Anno 1566. übergab Er die Abtey seinem Bruder Caspar Vlrichen / der hat regieret 8. Jahr.

Anno 1574. ward Graff Vlrich / Ernesti filius, Abt / vnd regieret 4. Jahr.

Anno 1578. ward sein Bruder Ernestus, Ernesti filius, Abt / vnd regieret sechs Jahr.

Anno 1584. ward dessen Bruder / Graff Martin / Abt / vnd regieret 13. Jahr.

Anno 1597. ward sein Herr Sohn / Graff Hans Ernst / ein gar junges Herrlein / zum Abt confirmiret / starb Anno 1599. vnd ist mit demselben der Gräfliche Blanckenburgische Reinsteinische Mannstamm erloschen.

Anno 1599. ist Julius Augustus, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / zum Abte bestättiget / hat regieret vngefehr 20. Jahr.

Anno 1619. ist Hertzog Christian der Jünger zu Braunschweig vnd Lüneburg / zum Abte confirmiret / hat regieret 5. Jahr.

Anno 1625. ist D. Wilhelm Böckell / Fürstl. Braunschweigischer wohl meritirter Raht / zum Abte bestättiget / ist Anno 1628. gestorben.

Von der Zeit ist wegen der grausamen Krieges-Vnruhe / die Praelatur vacant blieben / biß Anno 1644. M. Henningus Brosenius zum Abte confirmiret / vnd introduciret worden / welcher Anno 1646. den 28. Aprilis, Todes verblichen / vnd also nur 2. Jahr dem Closter fürgestanden.