Zum Inhalt springen

Topographia Braunschweig Lüneburg: Kurtze Beschreibung der Fürstl. Julius-Vniversität zu Helmstett

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Topographia Germaniae
Fürstl. Julius-Vniversität zu Helmstett (heute: Universität Helmstedt)
<<<Vorheriger
Helmstett
Nächster>>>
Hertzberg
aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 113–115.
[[| in Wikisource]]
Universität Helmstedt in der Wikipedia
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du unter Hilfe
Link zur Indexseite


[113]
Kurtze Beschreibung der Fürstl. Julius-Vniversität zu Helmstett / vnd was dabey denckwürdiges zu beobachten.

In der Statt Helmstett hat Hertzog Julius zu Braunschweig vnd Lüneburg / Hertzog Heinrichs deß Jüngern Herr Sohn / vnd Successor am Regiment / hochseligen Angedenckens / eine Academiam oder hohe Schule gestifftet / welche von Keyser Maximiliano II. im Jahr Christi 1575. stattlichen privilegiret / vnd folgenden 1576. Jahrs / den 15. Octobr. in Persönlicher Gegenwart deß Illustrissimi Fundatoris, dessen beyden ältisten Herren Söhnen / auch etlicher Gräfflicher Personen / Freyherren / vnd vieler Vornehmer von Adel / vnd anderer Fürstlicher Bedienten / mit sehr herrlich- vnd grossem Gepräng consecriret vnd eingeweihet worden. Vnd ist obbenanter 15. Monatstag Octobris zu solcher solennen Introduction / sonderlich dieser Vrsachen halber / vor andern erkiesen worden / alldieweil selbiger Hertzogen Heinrich Julii dieser hohen Schuel ersten Magnificentissimi Rectoris Natalis gewesen. Es ist dieselbige also fort zu anfangs von Ihrem Herrn Fundatore Academia Julia genant / vnd solcher Nahme in dem Keyserlichen diplomate allergnädigst bestättiget worden / welchem zu folge Sie jedesmahl die Fürstl. Julius-Vniversität / biß auff heutigen Tag / beständig geheissen wird.

Zu mehrer Auffnahm derselben / vnd Bezeugung hoher vnd Fürstl. Affection gegen die freyen Künste / vnd deren Sectatores, hat von Keyserl. Mayest. Hertzog Julius seinen ältisten Herrn Sohn / Heinrich Julium, postulirten Bischoff deß Stiffts Halberstatt / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / zum ersten Rectore auff deroselben allergnädigst constituiren lassen / wobey dann dieses billig zu erwehnen / daß nicht allein für diese Julius-Vniversität / alle die jenige privilegia vnd Immunitäten / mit welchen andere vornehme vnd berühmte Academien / vnd insonderheit vnd benantlich die Bononiensis, Senensis, Patavina, Papiensis, Perusina, Parisiensis vnd Lipsiensis begabt seyn / leichtlich vnd vor andern Potentaten / die zu eben selbiger Zeit bey Keyser Maximiliano II. darumb / aber vergeblich sich bemühet / allergnädigst mitgetheilet / besondern auch auß sonderbarer Keyserlichen Hulde vnd Favor gegen das Fürstl. Hauß Braunschweig / vnd dessen Meriten / dieses dazu gethan worden / daß solcher New privilegirten hohen Schulen Rectores allemahl den Titul vnd die Dignität eines Comitis Palatini haben vnd führen solten / Krafft dessen Sie Macht überkommen / Notarios publicos zu creiren / wie dann auch solches privilegii Gebrauch biß daher allda in steter Observantz vnd Vbung gehalten worden.

Nach Absterben Hertzogen Julii, hat dessen Herr Sohn / Hertzog Heinrich Julius, dieser Academie erste Rector Magnificentissimus, ein sehr herrlich vnd ansehnlich Gebäw / nicht ohne grosse Mühe vnd Vncosten / zu seiner Vniversität Auffnahm vnd Besten erbawen lassen / welches in Gegenwart S. F. Gn. Herrn Sohns / Friderici Ulrici, Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / im Jahr Christi 1612. am 15. Monatstag Octob. solenniter eingeweheiet / vnd JULEUM NOVUM genennet worden. Es ist dieses newe Gebäude / gleich wie auch das alte Collegium, fast mitten in der Statt [114] Helmstett / vnd also der studierenden Jugend daselbst nicht ohnbequem gelegen / An sich selbsten ist es von guten außgearbeiteten Quadersteinen auffgeführet / die longitudo desselben begreifft in sich 128. die latitudo aber 53½. Werckschuch / von aussen sihet man daran in der höhe an den Erckern vnd Giebeln viele statuas auß Steinen / in Mannlicher Lebensgrösse zierlich außgehawen / vnd mit Rüstungen vnd allerhand Waffen angethan / der Thurn / so dabey ist / hat von vnten biß oben an das Dach / einen breiten Windelstein / daß einer zu Pferde wol hinauff vnd runter kommen kan / vnterm Dach aber gehet ein steinern Gang / außwendig rings herumb / von welchem man die gantze Statt Helmstett / vnd das Collegium, auch die vmbligende Wälder / Stätte vnd Dörffer sehen kan. Inwendig deß Julei seynd drey herrliche auditoria zu befinden / deren das vnterste / worinnen die promotiones vnd andere actus solennes, auch der Theologorum vnd Philosophorum lectiones verrichtet werden / die beyden obersten / so auditoria JCtorum vnd Medicorum seyn / an höhe vnd grösse nicht ein geringes übertrifft / Ingesampt aber seynd sie alle drey sehr lustig vnd magnific, wegen künstlicher structur, auch der hohen vnd auff Kirchenart gewölbeten vnd vmbgeschrenckten Fenster / daß man auff Teutschen protestirenden Academien dergleichen Gebäw an grösser Zierligkeit nicht leichtlich finden wird. In dem einen obersten Auditorio ist insonderheit zu sehen deß grossen Antonii sceleton, vnd nach Lebensgrösse gemahltes Bildnuß / auch viele Anatomische herrliche Gemählde / nach einer vollständigen Menschenlänge vnd grösse.

Als Hertzog Friederich Vlrich / Hertzogen Heinrich Julii Herr Sohn / das Regiment angetretten / ist derselbe auff der Professorum, fürnemlich aber deß weitberühmten Philosophi Cornelii Martini vnterthäniges Ansuchen bewogen worden / diese Julius-Vniversität mit einer ansehnlichen Bibliothec, welche dessen Herr Vatter vnd Großvatter mit grossem fleiß / vnd nicht weniger Vnkosten zusammen gebracht / in Gnaden anzusehen / welche auch im Jahr 1619. von Wolffenbüttel nacher Helmstett transferiret / vnd durch vor hochermelt S. Fürstl. Gn. dazu sonderlich deputirte Joannem Peparinum, J. U. D. et Consiliarium Aulicum, vnd Theodorum Bloccium, damals gewesenen geheimbten Cammer- vnd Grentz-Secretarium der Vniversität extradiret worden / welche auch biß hieher in einem sonderlich dazu erbaweten vnd außgewölbeten Gemach / so das Juleum Novum in sich begreiffet / in guter Ordnung wolverwahrlich gehalten wird. Von raren getruckten vnd geschriebenen Büchern finden sich vnterschiedliche denckwürdige Sachen / wie dann (andere manuscripta, Hebraica, Graeca, Latina, Indica et Germanica zu geschweigen) zweene alte volumina verhanden / worinnen das Gesetze Moysis in Hebraischer Sprache auff Pergamen / so schön vnd zierlich geschrieben / daß von etzlichen Juden / der Antiquitäten Liebhabern / einsmals dafür eine gar grosse Summa Geldes ist gebotten worden. So seynd auch in solcher Bibliothec etliche viel hundert Hebreische / Griechische / Lateinische vnd Teutsche matrices, nebst der Schrifftgiesser Instrumenten / dann auch zween überauß grosse globi, einer terrestris, der ander coelestis, welche Hertzog Heinrich Julius zu Prag erkaufft / verhanden / vnd sind beyde mit grosser Kunst vnd Arbeit / (welches dann das denckwürdigste dabey ist) gar sauber mit der Feder gerissen / vnd mit Farben illuminiret.

Nach tödtlichem Hintritt Hertzog Friederich Vlrichs / deß andern Rectoris Magnificentissimi, ist diese Academia Julia. Sieben Fürstlichen Personen / welche alle deß hochselig verstorbenen agnaten, nahmentlich Hertzogen Wilhelmen / Augusto dem Eltern / Julio Ernesto, Ottoni, Friederichen / Augusto dem Jüngern / vnd Georgio anheimb gefallen / vnd haben sich diese allzumahl dergestalt vnter einander verglichen / daß der Rectoratus oder das Directorium von dem einen regierenden Herrn auff den andern / vnd also per vices jährlich die praesentationes der [115] Professorum gleichfalls juxta ordinem devolviret werden solten / Gestalt dann bey solchem Gebrauch die jetzigen regierenden drey Landesfrüsten / als Herrn Hertzogen / Augusti, Hertzog Christian Ludwigs / vnd Hertzog Georg Wilhelmen zu Braunschweig vnd Lüneburg / Fürstl. Fürstl. Fürst. Gn. Gn. Gn. biß dahero allerdings verblieben.

Die Dotation der Fürstl. Julius-Vniversität / oder den Vnterhalt der Professorum vnd Bedienten daselbst betreffend / so hat der in GOtt ruhende Herr Fundator derselben / nicht allein also fort zu anfangs hundert tausent Goldgülden / so bey der Löbl. Wolffenbüttelschen Landschafft hafften / vnd von derselben alljährlich verzinset werden müssen / zugewandt / besondern es hat auch nachgehends Hertzog Friederich Vlrichen Fürstl. Gn. Christmilder Gedächtnuß / solchen dotem stattlich augiret / vnd zu Verbesserung der Professorum Salarien offtgemelter Academie / annoch drey im Fürstenthumb Calenberg belegene Clöster / benantlich Weende / Hilwardshausen / vnd Mariengarten / sampt dero Außhöfen / Fürstmildigst zugelegt.

Zu Vnterhaltung derer Studenten / so von geringen Mitteln / ist bey dieser Academie ein Commune convictorium von 12. Tischen angeordnet / vnd werden zu dessen Erhaltung / die zu dem Stifft S. Aegidii hiebevor gehörige / vnd im Fürstenthumb Wolffenbüttel belegene / wie auch die zu dem verödeten Marien-Closter vor Gandersheim gestiffteten Güter / nebst andern hiezu gewidmeten Vffkünfften angewendet. Ob nun wol bey erlebeten bösen Zeiten / vnd Krieges Vnruhe / vnterweilen gar ein geringes von diesen der Communität zugewendeten Gütern / vnd Zinßgeldern / zu erheben gewesen / so / daß der numerus alumnorum zwar zum öfftern hat müssen verändert vnd geringert werden / dennoch aber ist mehrbesagte Communität biß dahero / wiewol mit grosser Mühe vnd Sorgfalt / in etzlichen Tischen noch erhalten worden / Imgleichen ist die Vniversität selbsten / Zeit währendem Kriege / durch GOttes sonderbahren gnädigen Schutz / noch allemahl bey zimlichen Zustand gefristet / vnd von denen zum öfftern marchirenden / vnd in der nähe logirenden Armeen / mit Einquartierungen / vnd andern militarischen Exactionen / nicht allein verschonet / besondern auch / so wol von Keyserl. als Königl. Schwedischen Majestät / vnd andern kriegenden Partheyen / nicht ohne sonderbaren hohen Nachruhm / Gnädigst vnnd stattlich salvaguardiret worden.

Von berühmten Leuten seynd auff dieser Vniversität nicht wenig gewesen / vnd seynd derselben insonderheit bekant / Joachimus Mynsingerus à Frundeck, Johannes Borchold, Johannes Caselius, Jacobus Horstius, Tilemannus Heshusius, Valentinus Försterus, Reinerus Reineccius, Andreas Cludius, Eberhardus Speckhan / Valentinus Schindler / Duncanus Liddelius, Cornelius Martinus, Henningus Arnisaeus, Henricus Meibomius, Johannes Wolfius, Christophorus Heidmannus, Johannes Stukius, Jacobus Lampadius, Conradus Hornejus, vnd andere mehr / Jetzo bestehet das gantze Corpus in 21. Professoribus, nebst einem lectore lingg. Gallic. et Italicae, vnd seynd der vier Facultäten anjetzo Seniores in Theologicâ, Georgius Calixtus, in Juridicâ, Henricus Hahn, in Medicâ, Jacobus Tappius, dessen Collega Hermannus Conringius, in Philosophica, Christophorus Schrader, vnd ist in nechsten Jahren von den dreyen Regierenden Landesfürsten eine solche löbl. Verfassung dabey gemacht / die so wol ratione docentium als discentium, der Academie vnd dem gantzen Lande sehr vorträglich vnd ersprießlich / vnd wo der Allerhöchste ferner Gnade vnd Friede verleihet / zu nicht geringer Auffnahm gereichen wird.

[T55]