Bilder aus dem Leben deutscher Dichter/Weltkind und Propheten beim Schmaus in Koblenz
„Götz von Berlichingen“ ist erschienen, die „Leiden des jungen Werther’s“ sind ihm vor Kurzem gefolgt und haben die tiefste und gewaltigste Wirkung geäußert, die je ein Dichterwerk auf das deutsche Publicum ausübte; der Autor, der junge Doctor juris Wolfgang Goethe in Frankfurt a. M., ist der literarische Held des Tages. Aus allen Frauen- und Mädchenaugen in Deutschland fließen ihm in Bächen Thränen der Rührung, des Dankes und der Bewunderung, nicht weniger aus denen empfindsamer Jünglinge. Im simplen weißen Kleide mit Rosaschleifen an Brust und Schultern wandeln zarte Damen, das geliebte schmerzensreiche Buch in der Hand, an des Flusses Ufer und suchen auch wohl hie und da in solchem Aufzug in den Wellen das Ende ihrer Leiden, und gefühlvolle Cavaliere in blauem Frack, gelben Hosen und Stulpstiefeln wälzen düstere Pläne im liebesgramzerrissenen Herzen und liebäugeln mit ihren Pistolen. Vergebens wähnt Herr Nikolai in Berlin mit plumpem nüchternem Spott den Strom zu dämmen. Es bekommt ihm schlecht; denn der, der jene Thränen quellen machte, versteht es nicht minder, solche Trümpfe durch ganz andere zu übertrumpfen und den armseligen Spötter mit einem einzigen humoristischen Keulenschlag zu Boden zu strecken. Des Dichters Herzensthränen, die er einst in Wetzlar weinte, als er sich losriß am letzten Abende und jenen Zettel schrieb: „Er ist fort, Lotte, wenn Du dieses liesest,“ sind längst getrocknet. Er „wandelt“ nicht mehr „in Wüsten, da kein Wasser ist“, wo „seine Haare ihr Schatten sind und sein Blut sein Brunnen“, wie er ehedem noch von Frankfurt nach dem geliebten „teutschen Hause“ an der Lahn schrieb. Er hat sein beliebtes „Hausmittel“ angewandt, um sich zu heilen von Schmerz und Verwirrung, und vortrefflich
[597][598] hat es sich an ihm bewährt. Seine „Generalbeichte“ hat er in einer der herrlichsten seiner Dichtungen abgelegt, und nun ist seine Seele frei, und keine Wolke düstern Grams und finstern Brütens mehr verdunkelt ihren sonnigen Glanz. Während ihm ringsum die empfindsamsten Thränen fließen, lacht er sein übermüthigstes gesundestes Lachen, schreibt er bei einer Flasche Burgunder sein „Götter, Helden und Wieland“ in einer Sitzung nieder und ergießt über alles Schwächliche, Kleine, Marklose, wo es an ihn und seinen Kreis herantritt, die volle Schale seines erbarmungslosen poetischen Spottes, wie in Pater Brey, Satyros, den neuesten Offenbarungen und dem Jahrmarkt zu Plundersweilen.
Dasselbe volle schöne Feuer der Jugend in seinen Adern, dieselbe Gluth in seinem Herzen wie nur damals in der seligen Zeit zu Straßburg, als er sich auf’s Pferd warf und in die verhüllte Mondnacht hinaussprengte auf der lieb bekannten Straße nach Sesenheim hin; aber alles Empfinden und Denken ist so viel reicher und reifer, die innere Gewißheit stolzer und gewaltiger Schöpferkraft so viel sicherer, und mit freier Klarheit schwebt sein Geist über den Dingen, einer Klarheit, von der seine unerreichten Recensionen aus jener Zeit in den Frankfurter gelehrten Anzeigen noch als ein bewundernswürdiges Zeugniß gelten können. –
In jener glücklichen Lebensperiode traf viel Besuch im stattlichen Hause am Hirschgraben zu Frankfurt ein, oft mehr, als es der Frau Rath zuweilen lieb sein mochte, deren Küche und Keller den Ruhm des großen Sohnes theuer genug zu büßen hatten. Jedes Mitglied der großen deutschen Gelehrten-, Literaten- und Dichterrepublik, das Frankfurt passirte, traf natürlich mit dem Autor des Werther zusammen, und selbst in der kühlen, maßvollen und bereits etwas geheimräthlich Goethisch abgefaßten Schilderung jener Zeiten in „Wahrheit und Dichtung“ empfängt man noch auf’s Lebhafteste den Eindruck jenes bunten, wechselnden, unruhigen Treibens mit seinem Kommen und Gehen, mit seinen Reisen und Ausflügen hier- und dorthin, Bekanntschaften, schnell geschlossenen Freundschaftsbünden, Geschäften, Arbeiten und mannigfachsten Vergnügungen, in dessen Wirbel er unaufhörlich hineingerissen wurde, ohne doch von der überlegenen Klarheit seines Kopfs dadurch das Mindeste einzubüßen.
Der liebste und wichtigste dieser Frankfurter Besuche, bei dessen Bericht er noch dreißig Jahre später mit so ganz besonderer Liebe und gemüthvollem Behagen verweilt, ist der von Lavater. Wir brauchen nicht erst zu sagen, welche gefeierte Persönlichkeit Johann Caspar Lavater, der Pfarrer an der Peterskirche in Zürich, einst war, als er den Versuch machte, die Physiognomik d. h. die Deutung des menschlichen Geistes und Charakters aus der Bildung des Gesichts, zur Wissenschaft zu erheben, und durch eine gewisse sentimentale Auffassung des Christenthums für Hunderte von „schönen Seelen“ ein Gegenstand schwärmerischer Verehrung wurde. Die Bekanntschaft beider Männer war bereits längere Zeit vor der persönlichen Begegnung durch einen lebhaften Briefwechsel zwischen Beiden, dem gefeierten Theologen und Propheten und dem Dichter, eingeleitet. Lavater machte eben ernstliche Anstalten zu seiner Physiognomik, deren Einleitung schon früher in das Publicum gelangt war. Dies Unternehmen versetzte die damalige Welt in die tiefste Aufregung, die nicht allein dem Grundgedanken dieser neuen Theorie der Menschenkunde, sondern mehr noch dem eigenthümlichen Umstand entsprang, daß Lavater alle Welt zu einer Art von persönlicher Mitarbeiterschaft heranzuziehen bemüht war. Er wurde nicht müde, von Jedermann, von Berühmten und Namenlosen, Schattenrisse ihrer Profile zur Einfügung in sein Werk zu verlangen, und diesem Appell an die allgemeine menschliche Eitelkeit ist in einer Zeit, wo die Silhouette so üppig wucherte, wie heut nur die photographische Visitenkarte, wohl in überschwänglichster Weise entsprochen worden. Eine der wunderlichsten Schrullen lag jedenfalls einer andern von Lavater ausgehenden Aufforderung an Bekannte und Unbekannte zu Grunde, der: ihm Christusköpfe eigener Zeichnung, gleichgültig, ob der Betreffende überhaupt zeichnen könne oder nicht, zu übersenden. Aus der Art, wie sich der Zeichner den Heiland vorstellte, glaubte Lavater die sichersten Rückschlüsse auf Charakter und Geistesart des Darstellers machen zu können. Dabei scheint er sich des komischen Irrthums völlig unbewußt gewesen zu sein, daß einmal die Phantasie des nicht künstlerisch befähigten oder ausgebildeten Menschen gar nicht eine ganz bestimmte Gesichtsform in ihrer Gesammtheit und ihrem Detail aus sich zu erzeugen und er andererseits noch viel weniger dieselbe ihrer Vorstellung gemäß auf’s Papier zu bringen vermag.
Im Frühling jenes Jahres 1774 hatte er Goethe angekündigt, daß er auf einer vorzunehmenden Rheinreise Frankfurt und ihn selbst zu besuchen gedenke. Die Nachricht verbreitete sich bald und verursachte „die größte Bewegung im Publicum“. Die frommen christlichen Kreise, in denen der Geist des alten Pietismus vielfach noch so lebendig herrschend und wirksam war, sahen mit dringendem Verlangen dem Kommen des begeisterten und begeisternden Herzenskündigers und Predigers entgegen, der von Gott mit der wunderbaren Kunst begnadigt war, in den Gesichtern wie in den Seelen untrüglich zu lesen, der sich eines fast leibhaftig unmittelbaren Verhältnisses mit seinem Herrn und Heiland, des directen thätigen Eingreifens in sein Leben und Sein durch denselben, mit voller reiner Ueberzeugung rühmen zu dürfen glaubte. „Alle waren neugierig einen so merkwürdigen Mann zu sehen; viele hofften für ihre sittliche und religiöse Bildung zu gewinnen; die Zweifler dachten sich mit bedeutenden Einwendungen hervorzuthun; die Einbildischen waren gewiß, ihn durch Argumente, in denen sie sich selbst bestärkt hatten, zu verwirren und zu beschämen, und was sonst alles Williges und Unwilliges einen bemerkten Menschen erwartet, der sich mit dieser gemischten Welt abzugeben gedenkt“. Dann kam er selbst, und mit dem Ausrufe, in dessen wenigen Sylben der ganze Styl der Stürmer und Dränger, der „Kraftgenies“ jener siebziger Jahre zu Tage tritt, mit: „Bist’s“ und „Bin’s!“ von seiner und Goethe’s Seite lagen sie sich in den Armen. Aber „sonderbare Ausrufungen“ Lavater’s verriethen bald jene Täuschung, auf die ich oben hinwies: die Wirklichkeit der Erscheinung entsprach nicht dem selbsterzeugten Phantasiegebilde; er hatte sich den Dichter des Götz und Werther anders zurecht gemacht gehabt, und es kostete Mühe und Scherz genug, ihn mit dem Bilde zu versöhnen, das „Gott und der Natur zu machen nun einmal gefallen habe“. Und wahrlich, diese beiden hatten es in diesem Fall doch gewiß gut genug gemeint und gemacht!
Die Unterhaltungen, die er mit dem Gast führt, und die, deren Zeuge er ist, werden für den Dichter höchst merkwürdig und folgenreich. Er sieht ihn überall „seine Wirkungen in’s Weite und Breite ausdehnen“, durch Belehrung und Unterhaltung die Wohlwollenden bezaubern, die Feindseligen entwaffnen und zurückweisen. „Die tiefe Sanftmuth seines Blicks, die bestimmte Lieblichkeit seiner Lippen, selbst der durch sein Hochdeutsch durchtönende treuherzige Schweizer Dialekt und wie manches Andere gab Allen, zu denen er sprach, die angenehmste Sinnenberuhigung; ja seine bei flacher Brust etwas vorgebeugte Körperhaltung trug nicht wenig dazu bei, die Uebergewalt seiner Gegenwart mit der übrigen Gesellschaft auszugleichen.“
Keinem bedeutenden Manne, der zunächst die idealen Gemüthssaiten zu berühren und in Schwingung zu setzen verstand, hat es je an einem getreuen andächtigen Gefolge zarter Frauen und Weiblein gefehlt, die an seinen Lippen und Augen hingen, den Spuren seiner Tritte folgten und allezeit bereit waren, sei es seine Füße zu salben und mit ihren schönen Haaren zu trocknen, sei es die Stücke Zeugs aus den Polstern zu schneiden, auf denen er geruht, und selbst das kleinste Partikelchen davon als geweihte Reliquie auf dem zärtlichen Herzen zu tragen. Solch eine holde Schaar hat auch den Propheten von Zürich auf Wegen und Stegen umringt. Sie drängten sich in Frankfurt in die Zimmer, die man ihm eingeräumt, und untersuchten besonders mit frommer Aufmerksamkeit das Schlafcabinet, was den Mephistopheles Merck zu der Motivirung veranlaßte: „die frommen Seelen wollten doch sehen, wo man den Herrn hingelegt habe.“
Goethe wollte die Gelegenheit, des Zusammenseins mit dem bedeutenden Manne froh zu werden, so gründlich wie möglich ausnützen. Er schloß sich Lavater an, als dieser seine Reise nach Ems fortsetzte. Von Gesellschaft aller Art umringt, ließ er ihn dort zurück, als ihn seine Geschäfte in die Vaterstadt Frankfurt zurückriefen. Aber hier stand ihm eine neue Unterbrechung seiner Ruhe und Thätigkeit bevor. Ein zweiter Prophet, der mit seinem lebendigen Worte die Welt zu gewinnen, aber zu Zwecken ganz anderer Art dienstbar zu machen gedachte, ein dem ersten in jedem Zuge seines Wesens ganz entgegengesetzt Gearteter traf ein: Basedow. Auch er bedarf keiner Einführung bei unsern Lesern. Die von ihm nach Rousseau’schen Principien zu Dessau begründete, obschon nur kurze Zeit von ihm geleitete Erziehungsanstalt, das Philanthropin, hat, trotz vieler Abirrungen, wesentlich dazu beigetragen, einer naturgemäßern gesündern Pädagogik Bahn zu brechen.
[599] Nichts kann für die schöne Eigenschaft des Goethe’schen Gemüths und Geistes, auch dem Fremdesten sein Recht werden zu lassen und jeder noch so wunderlichen Individualität nicht nur gleichmütiges Ertragen, sondern auch liebevolles Eingehen auf ihre Eigenart zuzuwenden, deutlicher zeugen, als die nahen herzlichen Beziehungen, in welche er sich alsbald zu dem seltsamen und originellen Manne gesetzt hat. Der leidenschaftliche rücksichtslose Ketzer, den Hamburg und Lübeck in den allerchristlichsten Bann gethan hatten, der cynische Verächter jeder geselligen Rücksicht, der rauh und höhnisch, muthwillig selbst das Wohlwollen zerstörte, das ihm und seinem großen Unternehmen, der Reform des Erziehungs- und Unterrichtswesens, entgegengebracht wurde, dieser unreinliche, schönheit- und grazienlose Antagonist seiner eigenen Natur, wurde ihm schnell genug Object eines kaum minder warmen und lebendigen Interesses, als das, mit welchem er den schwärmerischen, glaubensseligen, an Leib und Seele edel und zart gebildeten Schweizer Propheten umfaßt hielt. Basedow hatte damals eben sein berühmtes „Erziehungswerk“, das „Elementarbuch für die Jugend und für ihre Lehrer und Freunde“ mit den Chodowieckischen Kupfertafeln zum Abschluß gebracht, das im Lauf desselben Jahres in Altona erschien. Von thätigen und begeisterten Förderern seiner philanthropischen Lehren in ganz Europa bereits mit bedeutenden Summen zur Ausführung dieses Werks unterstützt, bereiste er nun Deutschland, um mehr und mehr noch die Herzen und ebenso die Beutel zu weiterer Unterstützung der großen Sache, besonders behufs ihrer thatsächlichen praktischen Verwirklichung und Erprobung, zu erschließen. Goethe’n wollten seine Pläne wenig einleuchten, und verkehrter erschien ihm noch die oft so widersinnige Art, mit welcher Basedow seine Gönner weit eher tief zu verletzen, als ihre Gunst zu steigern oder neue bei den Menschen zu erwerben bemüht erschien. Aber das so wenig, als seine mancherlei höchst widerlichen Manieren, selbst die ihn ewig umhüllende Wolke von schlechtem Tabaksqualm und der entsetzliche „Stinkschwamm“, mit dem er seine Pfeife anzündete, konnten ihm die Benutzung der „herrlichen Gelegenheit, sich, wo nicht aufzuklären, doch gewiß zu üben,“ verleiden. – In einem Wagen fuhr er mit ihm in die sommerliche schöne Welt hinein. In Ems fanden sie Lavater; auch dieser bei aller Glaubensstärke und Leidenschaft so milde Mann weiß den Cyniker mit den kleinen scharfen schwarzen Augen unter struppigen Brauen, dem höhnischen Lachen, der rauhen Stimme, der schlechten Perrücke auf dem trotzigen Kopf wohl zu ertragen und in seiner Tüchtigkeit zu schätzen. Die seltsam zusammengefügten Drei leben in bester Eintracht ein an Genuß und hochfliegender Geisteserregung überreiches Leben.
Mit fast jugendlichem Behagen, das jeden Leser mit ergreift, schildert der sechzigjährige Dichter die Scenen jener tollen Tage seiner brausenden Jugend, die Lust, den Uebermuth, mit dem er den süßen Schaum des Daseins schlürfte, und die herrliche feurige Rüstigkeit des Geistes, die ihn in jeder Pause „nach rasch durchrastem Tanze“ auf der Stelle im tabaksqualmigen Zimmer des Philosophen alle höchsten Fragen des Gedankens zu discutiren befähigt. Sie fahren zusammen die Lahn herunter. In Koblenz, wo sie landeten, war der Zudrang groß, jede der drei Berühmtheiten erregte in ihrer Art Antheil und Neugierde. Dort an der Mittagstafel des Hotels fand jene heitere charakteristische Scene statt, welche unser Holzschnitt illustrirt, anlehnend an Goethe’s eigne poetische Schilderung derselben in Knittelversen, welche sie unsterblich gemacht hat.
„Zwischen Lavater und Basedow saß ich bei Tisch meines Lebens froh.“ Ersterem mochte der zudringende Eifer seiner Verehrer und Verehrerinnen nur geringe Muße lassen, sich mit dem Hauptzweck eines Diners zu beschäftigen. Mit „einem Pfarrer an seiner Seit’“ ist er gar bald in eifrigen Erörterungen begriffen. Ueber dem unerschöpflichen Lieblingsthema aller inspirirten Propheten, der Offenbarung Johannis, dem Buch mit sieben Siegeln, hat er schnell genug Speise und Trank vergessen; er „entsiegelt die Siegel kurz und gut, wie man mit Theriaksbüchsen thut,“ und malt das ganze himmlische Jerusalem, als ob er es gemessen und aufgenommen hätte, „dem hocherstaunten Jünger vor“. Wie mögen die anwesenden frommen und schönen Seelen, Damen und Cavaliere, sich um den vom Herrn Berufenen und Erwählten geschaart und dem sanften Strom seiner heiligen Rede gelauscht haben! Sein junger übermüthiger Freund an seiner linken Seite aber „war indeß nicht weit gereist, hatte einen Salmen aufgespeist.“ Und diesem wieder zur Linken war auch Vater Basedow auf sein altes Steckenpferd gestiegen, hatte „einen Tanzmeister an seiner Seit’“ gepackt und all seine verfehmten und verdammten Ketzereien über die Kindertaufe und andere Dogmen zum Entsetzen der rechtgläubigen Seele dieses und der übrigen Tischnachbarn ausgekramt. Alle Protestationen: „es wüßte ja ein jedes Kind, daß es in der Bibel anders stünd“, verfangen nicht gegen den heterodoxen Eiferer, und – auch er hat Glas und Teller kaum berührt, während der große Realist neben ihm „behaglich unterdessen hat einen Hahnen aufgefressen.“
„Und nun nach Emmann weiter ging’s
Mit Geist- und Feuerschritten.
Prophete rechts, Prophete links,
Das Weltkind in der Mitten.“
so schrieb er gleich darauf in ein Stammbuch und bewahrte uns so für immer die Erinnerung an diesen „wunderlichen Mittagstisch“ und an die Laune und überschäumende Jugendlust des „herrlichen Gottesmenschen“, der dort zu Tafel saß. –
Welche verschiedene Bedeutung für die Nachwelt war dem in Koblenz schmausenden Triumvirate bestimmt! Lavater, der schwärmerisch Verehrte, der Vielumdrängte, der Angebetete, ist schon lange vergessen, sein großes Werk, die Arbeit seines Lebens, verstaubt ungelesen in den Bibliotheken; Basedow, der feurige, excentrische Jünger Rousseau’s, der Vorläufer Pestalozzi’s – wer denkt noch seiner, wenn auch manche seiner Ideen und Anregungen uns zu gute gekommen sind und fruchtbringend wirken für die Generationen nach uns, – das Weltkind aber, das in Mitten saß, zwischen dem Propheten rechts und dem Propheten links, der überschäumende junge Frankfurter Doctor Juris und Advocat, ist unser gewaltiger Dichterkönig geworden, der nimmermehr vergessen und – nimmermehr übertroffen werden wird, so lange die deutsche Zunge klingt.