RE:Genetyllis

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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attische Geburtsgöttin mit Heiligtum in Athen
Band VII,1 (1910) S. 11501151
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Genetyllis, Genetyllides (Γενετυλλίς, Γενετυλλίδες). Genetyllis ist eine attische Geburtsgöttin, welche nach Aristoph. Lysistr. 2 in Athen ein eigenes Heiligtum besaß, das nicht identisch war mit dem Heiligtum der Kolias bezw. Aphrodite Kolias; vgl. Usener Götternamen 124. Die Ansicht von Lugebil De Venere Coliade Genetyllide, Petersburg 1858, 26ff., G. und Kolias seien beides Beinamen eines und desselben Kultes der Aphrodite auf der ἄκρα Κωλιάς, hat schon Preller Jahrb. f. Philol. 1859, 552 zurückgewiesen. Soweit Aristoph. Lysistr. 2 und Nub. 52, wo beidemal G. und Kolias als gleichartige Gestalten unmittelbar nebeneinander stehen, ein Urteil zuläßt, trugen die von Frauen viel besuchten Feste der G. den Charakter der Üppigkeit. Man opferte ihr, ebenso wie der argivischen Geburtsgöttin Eilioneia (s. o. Bd. V S. 2112) und der römischen Genita Mana, Hunde, Hesych. s. Γενετυλλίς = Schol. Paus. I 1, 5, wo zugleich die Göttin als ξενική und ihr Fest als ἑορτὴ τῶν γυναικῶν charakterisiert wird.

Wie neben der Eileithyia eine Mehrzahl von Eileithyiai, neben der Kolias die Koliades, neben Artemis die Artemides erscheinen, so ist oft auch von einer ganzen Gruppe Genetyllides die Rede, Aristoph. Thesmoph. 130 (Hesych. s. Γενετυλλίδες). Lucian. pseudologist. 11, oder von Genetyllides und Koliades nebeneinander, Alkiphr. epist. III 11. Lucian. amor. 42. Gerade für diese Geburtshelferinnen, die gleichzeitig an so manchen Orten den Frauen mit Handauflegen und praktischen Diensten beistehen sollten, lag es nahe, an eine Mehrzahl göttlicher Wesen zu denken, die ihrerseits im Dienste der großen Geburtsgöttin standen, mochte man diese Artemis, Aphrodite oder anders nennen. Nach Pausanias (Ι 1, 5) standen auf der ἄκρα Κωλιάς neben der Statue der Aphrodite Kolias diese Γενετυλλίδες ὀνομαζόμενοι θεαί. Pausanias vergleicht sie mit den Gennaides von Phokaia, andere erklärten sie für τῶν τοκετῶν ἔφοροι im Dienste der Artemis (Schol. Aristoph. Thesmoph. 130 = Suid. s. Γενετυλλίς), allein hier im Kultkreis der Aphrodite Kolias galten sie selbstverständlich als Dienerinnen der Aphrodite; Näheres über diesen Kultkreis s. Art. Kolias.

Das Wesen der Einzelgottheit G. bezeichnen die alten Erklärer durchweg richtig als γυναίκεια θεός ἀπὸ τῆς γενέσεως τῶν παίδων ὠνομασμένη. Aber in dem überflüssigen Bestreben, diese G. mit einer der großen Göttinnen zu identifizieren, gehen sie verschiedene Wege. Jede Göttin, zu der Frauen beten, kann ja von ihnen als Geburtshelferin angerufen werden. So sprechen die einen von einer Athena Genetyllis, Anon. Laur. VIII 9 = Studemund Anecd. I 269. Niket. epithet. [1151] deor. 5 = Westermann Mythogr. 355, 15 (var. Γενετιάς). Andere meinen, G. sei, da man ihr Hunde opferte, der Hekate ähnlich, Hesych. s. Γενετυλλίς = Schol. Paus. I 1, 5. Von der Zusammenstellung der Genetyllides mit Artemis war schon oben die Rede. Die meisten Erklärer aber suchen Beziehungen zur Aphrodite: G. gilt dann bald als Begleiterin der Aphrodite (Schol. Aristoph. Lysistr. 2; Nub. 52; Thesmoph. 130 = Suid. s. Γενετυλλίς), bald für ein Epitheton dieser Göttin (Schol. Lucian. pseudologist. 11; amor. 42). bald lediglich als andrer Name für ἡ τῆς γενέσεως ἔφορος Ἀφροδίτη, Schol. Aristoph. Nub. 52.

[Jessen. ]