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Walther Kabel: Die Wahrheit über Freund Lampe. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 7, S. 222–225

sein, weil sich nicht häufig Gelegenheit bietet, Meister Lampe als Schwimmkünstler zu bewundern. Unser Gewährsmann hat die Erfahrung gemacht, daß der Hase nicht nur vor dem verfolgenden Hunde Wassergräben und Flüsse durchschwimmt, sondern dies auch ganz freiwillig tut, um auf der anderen Seite des Wassers nach reicherer Äsung zu suchen. Viele kundige Weidmänner behaupten sogar, daß er das feuchte Element ganz gern aufsucht. Ein bayrischer Förster erklärt hierzu zum Beispiel folgendes: „Es ist den Jägern in den oft überschwemmten Bruchgegenden wohl bekannt, daß der Hase sich zunächst die ihm zusagende Deckung aussucht, und daß es ihm des weiteren dann vollkommen gleichgültig ist, ob sein Lager handhoch im Wasser liegt oder vollständig trocken ist. Und zwar trifft das nicht etwa nur für die heißen Sommertage zu, in denen ja auch anderes Wild so gern Wasserlachen zur Kühlung aufsucht, sondern ich fand mehrfach Hasen in ziemlicher Anzahl im schönsten Gemisch von Schnee, Eis und Wasser im Schilf sitzen, aus dem sie bei meinem Nahen herausfuhren, daß sie in eine Wolke von Spritzwasser gehüllt waren. Und trotzdem war stets trockener Boden, Ackerland und dergleichen in der Nähe. Auch habe ich beobachtet, daß der Hase bei Waldtreibjagden anstatt geräuschlos auf dem trockenen Moose mit lautem Planschen den Jäger im nassen Bruch anläuft. So unsinnig uns das auch scheint, er wird schon seinen Grund dafür haben, genau so, wie wenn er gewandt und rasch, fast wie ein Fischotter, einen Fluß durchschwimmt. Spaßig ist es nur, daß viele Jäger mit fanatischer Bestimmtheit versichern, wenn der Hasenbalg naß sei, so schlüge das Schrot nicht so gut durch. Es wird wohl aber daran liegen, daß man bei trübem, feuchtem Wetter schlechter schießt oder vielleicht auch das Pulver an Treibkraft einbüßt.“

Schließlich sei hier auch Meister Lampe gegen den ihm nur zu häufig gemachten Vorwurf besonders großer Feigheit verteidigt. Daß er vor seinen Feinden, unter denen hauptsächlich der Mensch und der Fuchs zu nennen ist, das „Hasenpanier“ ergreift – welches Tier täte dies wohl nicht! Anderseits sind Fälle bekannt, in denen Hasenmütter ihre Jungen gegen

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Walther Kabel: Die Wahrheit über Freund Lampe. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 7, S. 222–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Wahrheit_%C3%BCber_Freund_Lampe.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)