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reisen gedenke. – Ich glaube, diese Frage war der Hauptzweck seines Kommens. Der Nebenzweck aber der, mich von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen, nachdem er umsonst in der Blücherstraße von etwa halb acht an darauf gewartet hatte, daß ich meine Wohnung verlassen und ihm so Gelegenheit geben würde, mich draußen genauer betrachten zu können. In dieser Zwischenzeit wird ihm dann der Einfall gekommen sein, persönlich bei mir vorzusprechen – unter einem Vorwand, den er wahrscheinlich für sehr gelungen hält. – Gewiß, Bollschwing, der mich ja im Klub gesehen haben muß, wenn ich mich auch nicht auf ihn bei der Menge der eingeführten Gäste besinne, wird Blenkner eine genaue Beschreibung von mir gegeben haben. Und nachmittags finden wir dann Bollschwing in der Blücherstraße, wo er doch nur meinetwegen sich stundenlang aufgehalten haben wird. – Was geht aus alledem mit unfehlbarer Sicherheit hervor? Sehr einfach: ein so übergroßes Interesse dieses Freundespaares an dem Manne, der sich anmaßt, das Geheimnis des Sees zu ergründen, daß man notwendig auf den Gedanken kommen muß, diese beiden Herren stehen zu dem Geheimnis in irgend welchen nicht ganz einwandfreien Beziehungen, die sie veranlaßt haben, mir jene etwas stark auffällige Aufmerksamkeit zu schenken. Kurz: sie fürchten mich, wollen daher wissen, wann und ob ich verkleidet fahren werde, und – geben sich alle Mühe, mich schon vor meiner Abreise so etwas dadurch ängstlich zu machen, daß sie – den Kommissar und den Professor für den Zeitungsbericht erfinden. Ich sage – erfinden! Mich hatte es nämlich stutzig gemacht, daß Blenkner heute vormittag bei uns erklärte, auch ihm wäre so etwas Ähnliches mal „zu Ohren gekommen“. Er gebrauchte vorsichtigerweise diese Worte, um sich nicht festzufahren. Mir fielen sie aber auf, da er doch als Neffe des Schloßherrn von Szentowo ohne Zweifel sehr genau über jene Unfälle hätte unterrichtet sein müssen und nicht behaupten durfte, ihm wäre dergleichen nur „zu Ohren gekommen“! – Ich wollte sofort Gewißheit haben und ließ mich mit dem Gemeindevorsteher in Szentowo telephonisch verbinden, bat um strengste Diskretion und fragte nach dem Kommissar und dem Professor, die beinahe auf dem See

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)