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das soeben Gehörte. – Schade, daß der echte Harst nicht hier war. Der hätte vielleicht aus Schimmecks recht vielseitigen Angaben manches Wichtige herausgefunden. Schraut versuchte dies auch, aber umsonst. Er sah nur das eine mit aller Deutlichkeit: das Geheimnis des Sees wurde immer verworrener. – Wie sollte man wohl Blenkner und Bollschwing dazu in irgend eine Beziehung bringen? – Da begann Schimmeck wieder, der inzwischen ein paar Nägel in den hölzernen Pflug geschlagen hatte: „Richtig – eins fällt mir noch ein, Herr Harst, was für Sie vielleicht auch ganz interessant ist. Im letzten Herbst ist der Familienschmuck der ersten Gattin unseres Gutsherrn gestohlen worden. Der Diebstahl wurde von dem Grafen ganz zufällig entdeckt. Die Schmucksachen lagen in einem geheimen Wandfach in seinem Arbeitszimmer, das er selten öffnete. Als er’s nach einigen Wochen wieder mal tat, fand er das Schloß zerstört vor, und der Schmuck war verschwunden. Unser Gendarm hat diese Sache untersuchen müssen. Aber natürlich kam nichts dabei heraus. Seit dem Diebstahl waren ja schon Wochen vergangen, wenigstens seit dem Tage, als der Graf das Wandfach zum letzten Mal geöffnet hatte. Es wußte ja auch niemand so recht, wann die Schmuckstücke verschwunden waren. Einen Verdacht gegen irgendwen konnte der Graf auch gar nicht äußern. – Ja, Herr Harst, – und nun will ich Ihnen schließlich auch noch als letzte anvertrauen – aber Sie dürfen um Himmelswillen zu keinem Menschen ein Wort darüber äußern – daß ich persönlich der Ansicht bin, die jetzige Gräfin dürfte bei diesem Diebstahl nicht ganz unbeteiligt sein. Eine Nichte meiner Frau ist im Schlosse nämlich beim Güterdirektor in dessen Bureau beschäftigt – als Gutssekretärin. Sie hat nun mal ein paar Worte eines leisen Gesprächs zwischen Bollschwing und seinem Intimus Blenkner aufgeschnappt. Und aus diesen Worten habe ich mir zusammengereimt, daß die beiden Herren die Gräfin Tilla auch nicht für harmlos halten, was den verschwundenen Schmuck anbetrifft. Anderseits geht hier im Dorfe so ein Getuschel um, Herr von Blenkner wäre der Dieb, was der reinste Unsinn ist. Die Nichte meiner Frau meint, die Gräfin hat an diesem albernen Gewäsch

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Walther Kabel: Zwei Taschentücher. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zwei_Taschent%C3%BCcher.pdf/69&oldid=- (Version vom 1.8.2018)