Stunden der Andacht/Vorwort des Verlegers

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« Vorwort Stunden der Andacht Gebet beim Eintritt in das Gotteshaus »
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[XI]
Vorwort des Verlegers.

Seit einer Reihe von Jahren erschienen in meinem Verlage sowohl Gebet- als Lehrbücher für Israeliten, welche nicht nur beim geehrten Publikum freundliche Aufnahme fanden, wie es wiederholte starke Auflagen beweisen, sondern auch von den größten Gelehrten und den geachtetsten Blättern und in neuester Zeit auch manche von dem hohen k. k. Unterrichtsministerium zu Wien empfohlen wurden.

Im Jahre 1846 habe ich ein Gebetbuch für israelitische Frauenzimmer, verfaßt von dem rühmlichst bekannten Gelehrten Dr. M. Letteris, in Verlag genommen,[1] das für immer mein Eigenthum bleibt, wovon ich bereits fünf Auflagen veranstaltete.

In meinem unablässigen Bestreben, dem geehrten Publikum stets Zeitgemäßes und Ausgezeichnetes zu bieten, gebe ich wieder ein Gebetbuch heraus, das hoffentlich als etwas Neues und Gelungenes anerkannt werden wird. Es ist das erste Mal, daß eine hochgebildete Frau als Verfasserin eines Andachtsbuches für Wochen-, Fest- und Fasttage in allen Verhältnissen des weiblichen Lebens auftritt. Ihr Werk hat schon im Manuscripte die beifälligste Beurtheilung der angesehensten Gelehrten gefunden, welche es mit dem Bemerken empfahlen, daß ein so vollständiges Gebetbuch für öffentliche und häusliche Andacht, so glücklich ausgeführt, noch nicht erschienen, daß dessen gemüthliche, Geist und Herz ansprechende Gebete, so wie die [XII] religiösen Betrachtungen über sich selbst, über Gott und die Ewigkeit, die es bringt, unübertrefflich seien. Die Verfasserin dieses Andachtsbuches hat den Beweis geliefert, daß eine Frau die beste Dolmetscherin des weiblichen Herzens ist, daß eigene reiche Erfahrung, Selbstempfundenes, die ganze weibliche Eigenthümlichkeit dazu gehören, das weibliche Herz zu verstehen und seinen frommen Bedürfnissen ganz zu genügen. Die andächtigen Herzensergießungen dieses Gebetbuches tragen das Gepräge der Ursprünglichkeit, sie sind in den Lagen niedergeschrieben, für welche sie bezeichnet sind; sie lehren, wie man bei freudigen, wie bei trüben Erlebnissen zu dem allmächtigen Schöpfer des Weltalls, dem Lenker des Schicksals, dem allgütigen Anordner unseres Wohles emporzublicken und auf ihn zu vertrauen habe; sie flößen Trost und Muth, Hoffnung und Ausdauer ein; sie lehren die wechselvollen Geschicke und Begebenheiten des weiblichen Lebens mit Geduld und Würde zu ertragen, und die wahre Bestimmung dieses Lebens zu erkennen und zu erfüllen; sie beweisen ferner, daß keine Stunde im Leben heilsamer ist, als die stille Ruhestunde der Andacht, wo im treuen Nachhalle des bewegten Herzens wahre Worte den Lippen entströmen, um sie treu und wahr dem heiligen, liebenden Allvater im Himmel anzuvertrauen. Aber auch noch einem längst gefühlten Bedürfnisse hat die begabte Verfasserin dieses höchst gelungenen Werkes damit abgeholfen, daß sie demselben einen Anhang über Hauspädagogik der Mütter und Frauen hinzufügte, der seiner Nützlichkeit und Trefflichkeit wegen gewiß allgemein willkommen sein wird.

Da dieses einzig in seiner Art dastehende Andachtsbuch in der neuen Auflage auch eine prachtvolle typographische Ausstattung erhalten hat, so erscheint es auch als eines der schönsten Geschenke für Israels Frauen und Mädchen.

Daß diese zweite Auflage eben so freundliche Aufnahme finde, ist der sehnlichste Wunsch

des Verlegers

Prag, im Monat Elul 5617.

Wolf Pascheles.     


  1. Siehe die Besprechungen des Dr. Julius Fürst „Sabbathblatt”, des Dr. Jellinek „Allg. Zeitung des Judenthums” des Dr. Philippsohn.