„O Weihnacht und kein Kind im Haus“

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Textdaten
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Autor: Friedrich Hofmann
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Titel: „O Weihnacht und kein Kind im Haus“
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 832–834
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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['835] „O Weihnacht und kein Kind im Haus!“ Die unter dieser Ueberschrift in Nr. 47 der „Gartenlaube“ ausgesprochene Bitte unseres Vertrauensmannes in der Waisenversorgung ist nicht überhört worden. Zahlreiche Briefe sprechen ihre Freude darüber aus und verlangen das angekündigte Programm des zu gründenden Waisen-Schutz-Vereins. Dennoch müssen wir jener allgemeinen noch eine besondere Bitte nachfolgen lassen.

Wir müssen nämlich die niederdrückende Bemerkung machen, daß gerade die Herzen, nach denen der Ausruf unserer Ueberschrift ganz besonders hinzielte –, die Herzen kinderloser Ehegatten doch nicht wirksam genug davon berührt worden sind. Denn wenn auch auf diesen Artikel hin viele Anmeldungen erfolgten, so kam doch leider dabei auf zehn arme Waisen erst ein Elternpaar! Ist denn die Bescherung, mit welcher kinderlose Ehegatten sich gegenseitig überraschen, so befriedigend, daß sie gern die Wonne entbehren, ein unter dem Christbaume jubelndes Kind an die Brust zu drücken? – Sollte wirklich die Pflege von „Liebhabereien“ einem gebildeten Menschen das Liebhaben eines Kindes ersetzen? Freilich, wer nie dem Aufblühen der Blume des kindlichen Geistes gelauscht, hat das Schönste im Leben nicht gesehen, und so kann ihm wohl die Sehnsucht darnach fremd sein.

Und wie rasch vermehrt das Unglück die Zahl der armen Waisen! Da steht ein Geschwisterpaar, ein Knabe von sechs, ein Mädchen von vier Jahren: binnen fünf Tagen sind ihnen Vater und Mutter gestorben. Was wartet ihrer, wenn Niemand sich ihrer erbarmt? Sie kommen von den liebewarmen Elternherzen fort in’s kalte Waisenhaus, und zwar im glücklichen Fall, wenn ein solches sich für sie öffnet und sie nicht an „Mindestfordernde“ in „Ziehe“, das heißt dem Elend preisgegeben werden.

Wir haben dieses Pärchen nur als ein Beispiel hingestellt; aber unsere Liste solch armer Waisen von 13/4 bis 12 Jahren, Mädchen und Knaben, ist noch gar lang!

Möchte doch in diesen Tagen, wo die Weihnachtsstimmung alle fühlenden Menschen erhebt, unsere Bitte als ein recht innig flehender Klageruf in die Herzen, die wir meinen, dringen: „O Weihnacht und kein Kind im Haus!“ Fr. Hfm.