ADB:Indagine, Johannes de (Astrologe)

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Artikel „Indagine, Johannes ab (de)“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 67–68, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Indagine,_Johannes_de_(Astrologe)&oldid=- (Version vom 27. April 2024, 19:46 Uhr UTC)
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Indagine: Johannes ab (de) I. (von Hagen), Theolog und Astrolog im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Wann und wo er geboren, läßt sich nicht ermitteln und ebenso sind die Nachrichten, welche uns über sein äußeres Leben überliefert sind, mangelhaft und ist sein Vorleben bis zum J. 1522 völlig unbekannt. Seiner Abstammung nach gehört er vermuthlich dem zahlreichen freiherrlichen und gräflichen Geschlechte „von Hagen“ an, das in Niedersachsen, am Rhein, in Thüringen, Pommern und Mecklenburg und fast in allen Gegenden Deutschlands sich ausgebreitet hatte und (Iselin, Lexikon, II. 642–43) seinen ursprünglichen Namen „Hagen“ (von einem Haag oder Hagen, Hain, Busch) in „ab“ oder „de I.“ latinisirte (Albinus, Meißn. Chron., S. 339; Leipz. gel. Zeitg. 1758, S. 771–73). Nachdem er 18 Jahre an verschiedenen Höfen sich aufgehalten, wurde er Decan am St. Leonhards-Stifte zu Frankfurt a/M. und zugleich Pfarrer zu Steinheim a/M. bei Hanau, in der mainzischen Diöcese, in welch’ letzterem Orte er auch meistens wohnte und dieser Pfarre 49 Jahre vorstand. Obgleich katholischer Geistlicher, war er doch nicht Ordensmann, wol aber ein für seine Zeit sehr geschickter und gelehrter Mann und wurde aus diesem Grunde auch als Gesandter an den Papst nach Rom geschickt, um dem damaligen Kurfürsten und Erzbischof Albrecht das Pallium einzulösen. Aber wie für Luther zu gleicher Zeit die Reise nach Rom die erste Veranlassung geworden war zum Abfalle vom Papst, so auch für I. Denn in der seiner Schrift „Introductiones“ vorgesetzten, vom 9. Mai 1522 aus Steinheim datirten Dedication an den damaligen erzbischöflichen Vicar in spiritualibus und Domschulmeister zu Mainz, Doctor Dieterich Zobel, hebt er die Fehler der Kirche nachdrücklich hervor, deren Beseitigung er gerne sähe, und in einem lesenswürdigen Briefe, den er diesem Werke anhängt und der an Otto Brunfels „ex parochia nostra Stainheim. Kal. Julii 1522“ gerichtet ist, gibt er sich ausdrücklich als einen Bekenner der evangelischen Wahrheit kund und bezeugt in warmen Worten seine Liebe zu dem eben aufgegangenen Lichte des Evangeliums. Brunfels selbst lebte fast zwei Jahre bei I. in Steinheim, jedoch hier nicht selbst als Pfarrer (Bd. III. 441), wurde durch ihn vermuthlich ebenfalls dem Studium der Astronomie und Astrologie zugeführt und beide hielten bis zum Tode des letzteren (1534) Freundschaft und Briefwechsel und noch am 1. Juli 1522 schrieb I. an Brunfels einen Trostbrief der Verfolgungen wegen, die dieser zu erleiden hatte. Es kann deshalb auch nicht Wunder nehmen, daß I. dieser Ansichten und Aeußerungen wegen der Haß Roms zu Theil ward und daß Papst Paul IV. dieses sein Buch verdammte und auf den Index setzte. Sein Sterbejahr findet sich nirgends angemerkt. I. war trotz aller Gelehrsamkeit und Frömmigkeit der Astrologie und ähnlichen Wissenschaften sehr ergeben und erlangte hierin bei seinen Zeitgenossen einen solchen Ruf, daß er von diesen [68] als einer der größten Kenner und Eingeweihten betrachtet wurde. Die Schrift, welche er über diese Gegenstände verfaßte, erschien unter dem Titel: „Introductiones Apostelesmaticae … in Chiromantiam, Physiognomiam …“ auf seine Kosten gedruckt, jedoch im Verlage von Joh. Schott zu Straßburg 1522 mit Holzschnitten und seinem Bildnisse, nach Gleichmann aber (Spicileg. I. Scriptor. ad Reform. hist. p. 36) zu Frankfurt bei David Zephelius, seine eigene deutsche Uebersetzung als „Die Kunst der Chiromantzey, vß besehung der hend …“, 1523. Das lateinische Original wurde auch wiederholt gedruckt, zuerst 1551 und nochmals Ursellis 1603 und dasselbe auch von anderer Hand, durch J. F. Hallmayer (Straßburg 1630, 1664) ins Deutsche übertragen. Des Verfassers Leben fiel in eine Zeit, wo in Deutschland, Frankreich und Italien Astrologie und Chiromantie in voller Blüthe standen, lebte doch zu derselben Zeit auch der französische Astrolog Nostradamus (geb. 1503, † 1566), dessen Prophezeiungen in der ganzen Welt das riesigste Aufsehen machten, und obgleich bereits Seb. Brant in seinem Narrenschiff 1494 den Astrologen ihre Stelle angewiesen hatte, so verfaßte gleichwol ein gleichzeitiger Straßburgischer Arzt Lorenz Fries (Eloy, Dict. hist. de la médecine) eine Vertheidigung der Sterndeuterei als Erwiderung gegen Luther’s freimüthige Aeußerungen über diese Afterkunst in dessen Erklärung der zehn Gebote; die Schrift erschien bei dem jeder Confessionspartei dienenden Drucker Joh. Grüninger (Bd. X. S. 53–54) „uff mitwoch vor St. Andreastag 1520“ (Panzer, Ann. I, 446) als „Ein Kurtze schirm der Kunst Astrologia …“ Und so darf es uns denn auch nicht wundern, daß, was speciell die Chiromantie anbelangt, um von anderen Lehrern dieser Kunst zu schweigen, kurz vor Indagine’s Auftreten ein fahrender Doctor, Johann Has, den 13. Juli 1516 an der Kirchthüre zu Freiburg (Schreiber, Geschichte der Universität Freiburg, I. 252) anschlagen ließ, er sei bereit, in seinem Gasthofe diese Kunst auszuüben und zu lehren. Dagegen wurde jedoch sogleich seitens der medicinischen Fakultät mit einem Verbote eingeschritten und der Chiromant fand sich vergeblich in der Senatssitzung vom 18. Juli persönlich ein, die Universität beharrte auf ihrem Beschlusse. Ueber die bereits 1448 abgefaßte, dann zuerst zu Augsburg durch eine unbekannte Officin als einer der ältesten Holztafeldrucke bekannte „Cyromantia“ des Doctor Hartlieb (Bd. X. S. 671), vgl. Guichard im Bulletin de Bibliophile belge, 1840, 187, Dibdin, Decam. I. 143–47, Metzger, Aelteste Druckdenkmäler in Augsburgs, S. 21–22, Ebert, 9309 und über das lateinische Original Gräffe’s Litteraturgeschichte, II. 1, 622. Ein anderes zu Augsburg durch Erhard Ratdolt gedrucktes Buch „Flores Astrologiae“ erschien 1488 und in Italien druckte und zwar zu Padua 1481 mit den Typen (instrumentis) des nach Augsburg zurückgekehrten Ratdolt, Matth. Cerdonis des Mich. Scotus „Chiromantia Scientia naturalis“ und in Bologna erschien 1494 „Anton. Tiburti de Chyromantia lib. III.“

Sinceri Neue Sammlung, 1733, S. 449–51. Dunkel, Nachrichten von verstorbenen Gelehrten, II. 483–84; III. 1019. Boissard, Vitae, II. 203 (mit Bildniß des Indagine). Haller, Bibl. anatomica, I. S. 157 ff. Mülleri Homonymoscop. p. 780. Motschmann, Erfurdia liter. p. 685. Fabricius, Bibl. lat. med. aevi, IV. 247. Freher, Theatr. erudit. clar. p. 98 (mit Bildniß des Indagins).