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ADB:Grüninger, Johann

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Artikel „Gruninger, Johannes“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 53–55, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gr%C3%BCninger,_Johann&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 23:23 Uhr UTC)
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Gruninger: Johannes G. (Grüninger), Straßburgischer Buchdrucker zwischen 1484–1528. Sein eigentlicher Name war Johann Reinhard, er nannte sich jedoch zufolge der Sitte der damaligen Zeit nach seinem Geburtsorte Grüningen in Schwaben, unterzeichnete sich aber auch als Greninger, Grunynger, Grieninger, Grienunger, Greininger, de Gruninger, auch zuweilen „Johann Reinhard alias Gruninger“, oder„ oder „cognomento Gruninger“. Ueber sein äußeres Leben ist uns wenig bekannt, ein Schicksal, das fast alle Buchdrucker jenes Zeitalters betroffen hat, und wir wissen nur von ihm, daß er, wie nicht wenige Druckherren seiner und der folgenden Zeit Magister und (Jul. Rathgeber in Sybel’s histor. Zeitschr. 1877, S. 460) ein Gesinnungsgenosse Thomas Murner’s war, dessen Pamphlet „Nova Germania“ gegen Wimpfeling er auch in Druck nahm. Auch ist er nicht zu verwechseln mit einem gleichzeitigen Straßburger Drucker „Marcus Reinhardi“ (Schöpflin, Vindicia typogr. p. 104–5) so wie mit einem Magister Heinrich Grininger (Groninger), welcher (Waldau, Beytr. zur Gesch. d. Stadt Nürnberg IV, S. 237) zu Ende des 15. Jahrhunderts in Nürnberg als öffentlicher Lehrer der Oratorie und Poesie angestellt war und im J. 1500 eine „Epitome de generibus nominum“ edirte; Hans Müller in seiner Zimmern’schen Chronik (III, 280, 9–10) gedenkt eines Mannes zu Heudorf in der Grafschaft Möskirch, genannt „Claus Grieninger“, der möglicherweise zu der Sippe des Buchdruckers gehörte. Seine Officin hatte G. (K. Schmidt, Straßb. Gassen-Namen S. 147) in der Schlauchgasse und sie bestand noch unter seinem Namen gegen das Ende des 16. Jahrhunderts, wo (Röhrich, Gesch. der Reformation im Elsaß III, S. 127) einer seiner Nachkommen „Johannes Grüninger, der Buchdrucker“ zugleich mit Cyriacus Spangenberg (1590) u. A. als Mitglied der Straßburger Meistersängerzunft genannt wird. Der Sohn des Gründers dieser Firma jedoch, Bartholomäus, war nach Colmar ausgewandert, aus dessen Presse (Schöpflin, Vindicia typogr. p. 117) die „Missa secundum veterem usum Ecclesiae Constantinopolitanae“ 1540 in 4. und „Ambrosii Kempfii Evangelia ac Epistolae“ (deutsch) 1543 in Fol. hervorgingen. Der jetzige Inhaber der ursprünglichen Firma ist der Buchdrucker Karl Heitz. Ueber Gruninger’s Buchdruckerzeichen aus den Jahren 1499 und 1509 vergl. Rothscholz, Insignia Typograph. Sect. IV, 51. Unter den Buchdruckern Straßburgs zeichnet sich G. auf das vortheilhafteste aus durch die beträchtliche Anzahl von Werken, die aus seiner Presse hervorgingen und von denen die meisten ihrer charakteristischen Holzschnitte wegen, die er von tüchtigen Meistern, wie Pilorin, Urs Graf, Baldung, Weyditz, H. Schäuffelin u. A. in einer eigenen Werkstätte für Holzschneidekunst anfertigen ließ, noch heute geschätzt werden. Man hat früher und noch bis in die neueste Zeit (Marchand bis Falkenstein) die Zahl seiner [54] Druckwerke stabil auf 44–45 angegeben, aber schon Schöpflin (Vindiciae typogr. p. 107) bemerkte, daß das Marchand’sche Verzeichniß lange nicht vollständig sei und das G. von allen Straßburger Druckern am längsten und am fleißigsten gearbeitet habe. Und in der That hat, nachdem schon Eschenburg (Denkmäler S. 93–94) diese Zahl vermehrt hatte, Weller allein (Repertor. typogr. S. 462–56 und Supplem. S. 61) 52 Drucke verzeichnet und es dürfte wol kaum einem Zweifel unterliegen, daß weitere Forschungen zu Wien, Helmstädt und Wolfenbüttel diese Zahl noch erhöhen werden. Wenn jedoch die meisten Werke Gruninger’s durch äußere Eleganz sich auszeichnen, so sind dieselben doch nicht immer frei von Druckfehlern und namentlich von solchen, die sich auf das Druckjahr beziehen, und gerade solche Versehen haben in den Annalen der Buchdruckergeschichte Epoche gemacht und große litterarische Fehden hervorgerufen. So trägt die Biblia aurea veteris et novi testamenti die Jahreszahl M. CCCC. LXVI. anstatt 1496 und das Buch: Von dem cirurgicus (Bl. 128a) gar die Jahrzahl 1397 statt 1497. Indessen zeichnet sich Gruninger’s Presse nicht allein durch solche Fehler aus, denn viele andere Drucke anderer Pressen des 15. und des ersten Viertels des 16. Jahrhunderts sind überreich an falschen Jahrzahlen. Das Reformatorium vitae morumque clericorum, Basil. 8. trägt als Druckjahr 1444 statt 1494; Tondalus vysioen. Antw. 4. 1472 statt 1482; Decor. Puellarum. Venet. N. Jenson) 1461 statt 1471; Libellus de modo confitendi, Antw. 1400 statt 1490 oder 1500 und des Ulmischen Druckers H. VarnierParacelsi wundtartzney“ entziffert sogar als Druckjahr 1036 (D. D. XXXvj) anstatt 1536 und so noch mehrere andere. Gruninger’s erstes 1483 gemeinschaftlich mit einem andern gedrucktes Werk ist: „Petri Comestoris Historia Scholastica Veteris et Novi Testamenti“, gr. Fol. Unter den folgenden zeichnen sich besonders zwei aus, das erstere durch seine vortrefflichen Holzschnitte, das andere (durch Jac. Locher besorgte), weil es nicht nach bereits gedruckten Texten abgedruckt, sondern nach in Deutschland aufgefundenen Manuscripten bearbeitet wurde: „Terentius cum directorio vocabularum et sententiarum … et commentariis D. J. Ascencii“ 1496. Fol. rep. 1499. Fol.; „Horatii Flacci Uenusini poete lirici opera“ 1498. Fol. Auch sein „Cl. Ptolomaei Geographia (communibus Joh. Koberger). Anno M. D. XXV.“ gr. Fol. mit vielen Holzschnitten kann als eins seiner Hauptwerke bezeichnet werden. Bemerkenswerth ist bei G., daß, während seit 1519 die meisten Straßburgischen Druckherren (Joh. Knoblauch, M. Flach, Joh. Herwagen und vor Allem Wolf Köpfel [Cephalaeus] u. A.) die reformatorischen Schriften mittels ihrer Pressen zu verbreiten suchten, G. der einzige war, welcher die Gegenschriften in Verlag nahm; bei ihm namentlich und ausschließlich erschienen die groben Schmähschriften gegen Luther, welche Th. Murner, Hier. Gebwiler u. a. ausgehen ließen. Daß er des ersteren Buch „Nova Germania“ gegen Wimpfeling druckte, wurde bereits erwähnt, aber er hatte sich auch deshalb (Strobel, Gesch. des Elsasses, III, S. 528. 564) am 21. Aug. 1502 bei dem Rathe mit einem Eide zu verpflichten, die ganze Edition zu Hause zu behalten und bei Verlust seiner ganzen Existenz nichts davon zu verkaufen ohne des Rathes Wissen und Willen, „wenige nur waren abgegeben und sechshundert vorräthige wurden confiscirt und hierauf zernichtet“ (Jung, Beiträge zur Gesch. der Reformation, II, S. 246–47). Eine der allergröbsten aber von ihm gedruckten theologischen Schriften ist die des Cochlaeus (datirt vom November 1524): „Ein heilsamer Tractat S. Cypriani … (Weller, Repert. typogr. S. 320), worüber Röhrich a. a. O. S. 230 nachzulesen ist. Daß aber deßungeachtet bei G. der mercantile Vortheil seiner religiösen Anschauung die Wage hielt oder die letztere noch überstieg, beweist, daß zu gleicher Zeit auch ein Theil von S. Brant’s und Geiler’s [55] Schriften, auch J. Pauli’s Schimpff und Ernst (1522) so wie der Freidank und sogar Bebel’s Facetien 1508 ff. (vgl. meinen Aufsatz über Bebel in Herrig’s Archiv Bd. 40 S. 47–87) aus seiner Presse hervorgingen, und das ebenso 1520 die gegen Murner selbst gerichtete und später sogar auf den bairischen Index (Mon. 1569. 4. Bl. Ea.) gesetzte derbe Spottschrift „Karsthans“ bei ihm und nicht bei Prüß gedruckt worden ist, hat Röhrich (a. a. O. I, S. 120) mehr als wahrscheinlich gemacht. Freilich „Mag doch ein ieder frumer wol bedencken, das ich mit meiner hantierung dis vn and’er trück mein narung suchen muß“ – entschuldigt er sich am 4. Novbr. 1522 im Kolophon der Murner’schen Schrift „Ob der Kunig vß engelland ein lügner sey oder der Luther“, 1522. 4. (Berlin).

Vgl. außerdem Marchand, Diction. histor. I. p. 288–294. Biographie Univers. T. 18. p. 566–67. Stöber, Die Emeis G. v. Kaisersb. S. 6.