ADB:Eschenburg, Johann Joachim
Jerusalem’s, dessen Sohn sein Studiengenosse war, als Hofmeister an das Collegium Carolinum nach Braunschweig. Auf J. A. Ebert’s Wunsch nahm er diesem im J. 1770 den öffentlichen Vortrag über Litteraturgeschichte ab. Im Anfange des J. 1773 wurde ihm die Erziehung des natürlichen Sohnes des Erbprinzen Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, des Grafen von Forstenburg, übertragen und zugleich wurde er zum außerordentlichen Professor am Collegium Carolinum ernannt. Im J. 1777 wurde er an Stelle des Professors Zachariä ordentlicher Professor der schönen Litteratur und der Philosophie, seit welcher Zeit er, neben philosophischen, Vorlesungen über Geschichte der schönen Litteratur und der bildenden Künste, über Archäologie und Mythologie hielt und den in Braunschweig sich aufhaltenden Engländern und Franzosen Unterricht in der deutschen Sprache ertheilte. Im J. 1786 erhielt er den Charakter als Hofrath und im J. 1795 ein Canonicat am St. Cyriacstifte in Braunschweig, dessen letzter Senior er später war. Zugleich wurde ihm die Oberaufsicht über die Censur und die Redaction des Braunschweigischen Gelehrten-Magazins übertragen. Am 15. Novbr. 1817 beging er sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum, bei welcher Gelegenheit er zum Geheimen Justizrathe ernannt wurde. Von den Universitäten Göttingen und Marburg erhielt er Ehren-Doctordiplome, auch war er Ehrenmitglied der Akademien zu Livorno, Leyden und Amsterdam. – Weniger durch die Erzeugnisse eigenen Schaffens, sondern als Ordner und Sammler, wie sich die deutsche Litteratur deren Weniger zu rühmen, hat E. sich um die Wissenschaft die anerkennenswerthesten Verdienste geschaffen. Seine Lehrbücher, unter denen das „Handbuch der classischen Litteratur, Alterthumskunde und Mythologie“, 1783. 8. Aufl., herausgegeben von Lütke 1837 und vornehmlich: „Entwurf einer Theorie und Litteratur der schönen Wissenschaften“, 5. Aufl. von M. Pinder 1836, zu nennen sind, zeichnen sich durch große Uebersichtlichkeit und Ausführlichkeit aus und haben sich trotz der weit vorgeschrittenen Wissenschaft und obgleich seitdem neue Theorien aufgestellt sind, zum Theil noch jetzt in gelehrten Anstalten behauptet. Schätzbar ist die der Theorie hinzugefügte: „Beispiel-Sammlung“, 1788–1795. 8 Bde., in welche er mit seinem Geschmack das Schönste zu wählen verstand. Sein „Lehrbuch der Wissenschaftskunde, ein Grundriß encyklopädischer Vorlesungen“, 1792, erlebte ebenfalls sieben Auflagen. E. war auch einer der ersten, welche das lange vernachlässigte und verkannte Studium der altdeutschen Poesie wieder belebten und die verborgenen und unbeachteten Schätze der altdeutschen Vorzeit wieder ans Licht zogen und auffrischten. Hieher gehören die „Denkmäler altdeutscher Dichtkunst“ 1799 und „Boner’s Edelstein in hundert Fabeln“ 1810, sowie zahlreiche kleinere Arbeiten in verschiedenen Zeitschriften. Besonders groß ist sein Verdienst um Sichtung und Herausgabe des Lessing’schen Nachlasses, zu welcher Arbeit er als Lessing’s Freund und Studiengenosse, so wie durch die ihm eigene Discretion in hohem Grade geeignet war. E. gab auch die Gedichte seines Freundes D. Schiebeler 1773, sowie Zachariä’s hinterlassene Schriften 1781, Ebert’s Episteln 1795 und Hagedorn’s poetische Werke 1800 heraus. Durch gründliche Uebersetzungen aus fremden Sprachen in die deutsche hat er sich ebenfalls Anspruch auf Anerkennung [347] erworben. Ihm verdankt Deutschland die nähere Bekanntschaft mit den damaligen bedeutendsten englischen Schriftstellern im Gebiete der Aesthetik, wie J. Brown, D. Webb, Hurd, Joh. Priestley, Karl Burney, welche er übersetzte und mit Anmerkungen begleitete. Das größte Verdienst erwarb er sich durch seine Uebersetzung der Shakespeare’schen dramatischen Dichtungen („Shakespeare’s Theatralische Werke übersetzt“. Zürich 1775–1784. 13 Bde. Zweite Auflage 1798–1806. 12 Bde.). E. hat das Verdienst, die erste vollständige Uebersetzung geliefert zu haben, und wenn dieselbe auch des metrischen Schmuckes entbehrt und nicht überall die Form ergründet, so ist zu erwägen, daß E., Wieland ausgenommen, welcher vor ihm einige Shakespeare’sche Stücke übersetzt hatte, überhaupt der erste Deutsche war, welcher sich an diese große Aufgabe wagte, und daß Treue in der Uebersetzung und Gründlichkeit in den kritischen Bemerkungen ihn zum Bahnbrecher für alle späteren Uebersetzer Shakespeare’s gemacht haben. – In der Schrift: „Ueber Shakespeare“. 1787. Neue Aufl. 1806, verstand er plan- und lichtvoll die Mängel und Vorzüge des unsterblichen Dichters abzuwägen. Eschenburg’s eigene dichterische Erzeugnisse sind nicht sehr bedeutend. Es fehlte ihm das Feuer der Phantasie und der Geist origineller Frische. Alle seine lyrischen, epischen und dramatischen Versuche z. B. „Comala, ein dramatisches Gedicht“, 1769, „Lucas und Hannchen“, 1768, „Der Deserteur“, 1772, sind wie seine Uebersetzung von Voltaire’s „Zaire“, 1776, längst vergessen, doch erfreuen sich manche seiner religiösen Lieder, wie: „Ich will Dich noch im Tod erheben“ und „Dir trau’ ich Gott und wanke nicht“ einer großen Verbreitung und sind noch jetzt in vielen Gesangbüchern zu finden. – E. schrieb auch, als das Collegium Carolinum in der westfälischen Zeit in eine Militärschule umgewandelt wurde, eine „Geschichte des Collegii Carolini in Braunschweig“, 1812, um der Anstalt, zu deren Blüthe er so viel beigetragen, ein Denkmal der Erinnerung zu stiften.
Eschenburg: Johann Joachim E., Litterarhistoriker, geb. 7. Decbr. 1743 zu Hamburg, † 29. Febr. 1820, studirte, nachdem er das Johanneum und Gymnasium daselbst besucht, seit 1764 zu Leipzig und seit Ostern 1767 zu Göttingen Theologie. Zu Michaelis 1767 kam er auf Veranlassung- Jördens, Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten, Bd. VI. H. Döring, Gallerie deutscher Dichter und Prosaisten, Bd. I. Dr. C. Schiller, Braunschweigs schöne Litteratur in den Jahren 1745–1800. Wolfenbüttel 1845.