ADB:Agricola, Georgius
Pet. Mosellanus kräftige Unterstützung fand. Hier betrieb er neben seinen philologischen Studien aufs eifrigste jene der Medicin und der damals mit dieser engverbundenen Physik und Chemie. Nach Mosellanus’ Tode machte er nach damaliger Sitte eine Reise nach Italien, und erlangte daselbst während eines zweijährigen Aufenthaltes den Doctorgrad. Nach seiner Rückkehr glaubte er seinen Wissensdrang am besten dadurch befriedigen zu können, daß er sich in [144] dem damals so erzreichen Joachimsthal inmitten zahlreicher Bergwerke und Hüttenanlagen als Arzt niederließ. Hier konnte er nicht nur „die Lücken in der Heilkunde ausfüllen“, wie er selbst sagt, sondern auch ohne Aufsehen zu erregen die Natur beobachten und sich bei seinem Berufe von den Berg- und Hüttenbauten eine Menge der sonst schwer zu erwerbenden, oft mit dem Deckmantel des Geheimnisses verschleierten Kenntnisse aneignen. Unermüdlich studirte er die aus den Bergwerken gewonnenen Erze, die Art ihres natürlichen Vorkommens und ihrer Gewinnung, beobachtete mit richtigem Verständnisse und großem Scharfblicke, wie die in dem Bergbau gewonnenen Erze durch hüttenmännische Processe zu Gut gemacht wurden und verglich Alles, was er selber beobachtet hatte, mit dem, was die Gesammtlitteratur seit den ältesten Zeiten über diese Gegenstände mittheilte. Wohl geschult durch seine gründlichen philologischen und philosophischen Studien war er an strenge Logik und Systematik gewöhnt und so gelang es ihm bei einem scharfen und kritischen Geist, indem er das selbst beobachtete mit dem seit Alters her bekannten zu verbinden strebte, ein wissenschaftliches System aufzustellen, dem er seit 1528 durch eine Reihe von Publicationen Geltung zu verschaffen suchte. Zuerst veröffentlichte er gleichsam als Einleitung zu seinen späteren Werken: „Bermannus, sive de re metallica dialogus“ 1528, in der classischen Form des Dialogs das erste derartige Werk der neueren Zeit über mineralogische Gegenstände, in welchen A. das reiche, aber wirre Wissen der bergmännischen Erfahrung in ein System zu bringen wußte. Im J. 1530 siedelte er, von Kurfürst Moritz mit einem Jahresgehalt bedacht und zum Historiographen ernannt, nach Chemnitz über, um sich immer tiefer in das ihm lieb gewordene Studium der Bergbaukunde zu versenken. Die Stadt Chemnitz ehrte ihn durch die Wahl zum Stadtphysicus und zum Bürgermeister. Doch scheint ihm im Laufe der Jahre sein von den damals herrschenden religiösen Ansichten abweichendes Verharren beim Alten viele Unannehmlichkeiten zugezogen zu haben; denn seiner Stelle als Bürgermeister wurde er später wieder entsetzt. Diese Wirren veranlaßten ihn, sich vom öffentlichen Leben ganz zurückzuziehen und ausschließlich der Wissenschaft zu leben. Sein Hauptaugenmerk war und blieb auf das Mineralreich gerichtet; doch streifte sein reger Geist auch vielfach das medicinische, ja sogar das historische, theologische und mathematische Gebiet. Von seinen historischen Schriften ist als die hauptsächlichste zu nennen: „Dominatores Saxonici a prima origine ad hanc aetatem“, Fribergae. Als reife Früchte seiner Lieblingsstudien erschienen nach einander mehrere Werke, welche, zumal da sie ein bis dahin fast unberührtes Feld behandelten, das Staunen und die Bewunderung der Zeitgenossen in hohem Grade erregten. So 1544 „De ortu et causis subterraneorum“, in welcher Schrift er die ersten Grundzüge einer physikalischen Geologie niedergelegt und die Ansichten der Philosophen des Alterthums mit einschneidender Kritik zu berichtigen versucht hat; 1545 „De natura eorum, quae effluunt e terra“ und 1546 „De natura fossilium“, die erste systematische und nach den damaligen Kenntnissen vollständige Beschreibung der Mineralien, welche er nach ihrer äußeren Beschaffenheit in Farbe, Durchsichtigkeit, Geschmack, Geruch, Härte, Schwere, äußerer Gestalt, nach ihrem chemischen und physikalischen Verhalten, in einfache und zusammengesetzte, die einfachen wieder in Erden, Concretionen, Steine und Metalle eintheilte; zugleich besprach er ihren ökonomischen Gebrauch und gab ihr Vorkommen an verschiedenen Fundorten an. Auch in dieser Schrift finden wir viele kritische Untersuchungen über die von den Alten aufgestellten und benannten Mineralien. Der Basalt des Plinius (durch einen Schreibfehler für Basanites) wird in dem schwarzen Stein des Schloßbergs von Stolpen wieder erkannt und dieser Name für alle Zeit in die Wissenschaft eingeführt, wie denn überhaupt das von A. aufgestellte System lange Zeit hindurch [145] als das herrschende sich erhielt und im 17. Jahrhundert bei vielen Beschreibungen von Mineralien zu Grunde gelegt wurde. Kentmann, Geßner und Cäsalpien folgten in ihren Schriften dem Vorgange Agricola’s. Weiter folgten 1546 „De veteribus et novis metallis“, 1548 „De animantibus subterraneis“ und 1549 bis 1550 mehrere kleinere Schriften über Gewicht, Maaß und Werth der Metalle etc. (vgl. Jöcher. Adelung). Sein Hauptwerk „De re metallica libri XII“ war 1550 gleichfalls bereits vollendet, erschien aber erst 1556 nach des Verfassers unerwartet rasch erfolgtem Tode und wurde lange als eine Art mineralogische Pandecten betrachtet. Es ist mit vortrefflichen Holzschnitten des Basilius Wehring in Joachimsthal ausgestattet, deren Herstellung jedoch, wie es heißt, Agricola’s ganzes Vermögen verschlang. In der That war es bahnbrechend auf dem Gebiete der Bergbau- und Hüttenkunde. Werner selbst erklärte A. „für den Vater aller Bergwerksgelehrten und für den Schöpfer aller mineralogischen Kritik, dem er selbst sein mineralogisches Streben und Wissen verdanke“. Eine Gesammtausgabe seiner Werke erschien 1550 und 1558 in 2 Theilen zu Basel. Obwol A. in früheren Jahren manche Beweise einer kirchlich-freisinnigen Denkungsweise und duldsamer Gesinnung gegeben hatte, hielt er doch später unerschütterlich am katholischen Glauben fest, selbst nachdem fast die ganze Stadt sich zur neuen Lehre bekannt hatte. Ein heftiger Wortwechsel mit einem Anhänger der neuen Lehre soll die Ursache des Schlaganfalls gewesen sein, der seinen Tod zur Folge hatte. Bei der fanatisch erregten Stadt war er so verhaßt, daß sogar seine Beerdigung in Chemnitz verweigert wurde. Erst 5 Tage nach seinem Tode konnte seine Leiche nach dem 7 Meilen entfernten Zeitz gebracht werden, wo ihm der Bischof eine Grabstätte in der Domkirche einräumte.
Agricola: Georg A. (Bauer), der Vater der Mineralogie, geb. 24. März 1490 zu Glauchau in Sachsen, † 21. Nov. 1555 zu Chemnitz. Ueber seine Jugend ist wenig bekannt, erwähnenswerth aus seiner Knabenzeit ist nur der tiefe Eindruck, den der damals schon großartige Brand des Planitzer Kohlenflötz bei Zwickau auf ihn machte. Er muß sich einer vorzüglichen Erziehung erfreut haben. Denn schon mit 20 Jahren ward er als Rector extraordinarius der griechischen Sprache an der sog. großen Schule zu Zwickau angestellt, trat auch damals schon als philologischer Schriftsteller auf. Der Drang nach Erweiterung seiner Kenntnisse trieb ihn aber nach 2 Jahren weiter nach Leipzig, wo er als Rector bei dem ihm durch Briefverkehr bereits befreundeten Professor der classischen Sprachen- Dr. F. L. Becher, Die Mineralogen G. Agricola und Werner, Freiberg 1819. Fr. Aug. Schmid, Georg Agricola’s Bermannus mit einer Einleitung, Freiberg 1806.[1]
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 145. Z. 27 v. o.: Eine Biographie G. Agricola’s gibt E. Herzog im 4. Heft der Mitteilungen des Altertumsvereins Freiberg 1866. [Bd. 28, S. 807]