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ADB:Arnoldi, Wilhelm

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Artikel „Arnoldi, Wilhelm“ von Franz Xaver Kraus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 593–595, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Arnoldi,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 12. Oktober 2024, 00:48 Uhr UTC)
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Arnoldi: Wilhelm A., Bischof von Trier (1842–64). Am 4. Januar 1798 zu Badem, einem Dorfe in der Eifel bei Bitburg geb., † 7. Jan. 1864, empfing die erste religiöse Anregung von seiner frommen Mutter und hegte schon früh als Kind den Wunsch in den geistlichen Stand einzutreten. Von 1809 bis 1811 besuchte er die Domschule zu Trier, von 1811–14 das Gymnasium und von 1814–21 das Priesterseminar daselbst, wo er am 17. März 1821 zum Priester geweiht wurde. Seine schönen Anlagen, namentlich sein ausgesprochenes Sprachtalent veranlaßte seine Obern, ihn sofort zum Professor des Hebräischen, der biblischen Archäologie und der geistlichen Beredsamkeit zu ernennen, doch scheint ihm das Lehrfach weniger zugesagt zu haben und da zudem seine Gesundheit gelitten hatte, vertauschte er dasselbe mit der Seelsorge, indem er 1826 die Pfarrei Laufeld in der Eifel annahm. Hier lebte er, in dem befruchtenden Umgang mit dem in Wien gebildeten würdigen Pfarrer München zu Buchholz, bis 1831, wo er Stadtpfarrer und Dechant zu Wittlich wurde. Die rege, nach jeder Beziehung musterhafte Thätigkeit Arnoldi’s in seinem Amte lenkte die Aufmerksamkeit des Bischofs v. Hommer auf ihn, als es sich 1833 um die Besetzung der Stelle eines Dompredigers und Theologus handelte. Am 1. März 1834 ward A. dazu ernannt und in’s Capitel aufgenommen, wo er bald neben dem spätern Bischof Müller von Münster und dem Seminarregens spätern Weihbischof Braun als einer der einflußreichsten Mitglieder da stand. Namentlich erwarben ihm seine Festpredigten den Ruf eines vorzüglichen Homileten und große Beliebtheit bei Volk und Klerus. Man hat mehr wie einmal gesagt, A. habe sich zum Bischof gepredigt. Am 11. November 1836 entschlief Bischof von Hommer (s. d.), und A. soll ihn noch auf dem Todesbette bewogen haben, von den mit der preußischen Regierung betr. der gemischten Ehen getroffenen, vom apostolischen Stuhl mißbilligten Vereinbarungen zurückzutreten. Bei der Wahl eines Nachfolgers stellten sich verschiedene Auffassungen des in der Bulle De salute animarum von 1821 den Domcapiteln eingeräumten Wahlrechts bez. der Verclausulirung desselben auf die personae regi gratae heraus, weßhalb A. nebst Müller und Braun sich unterm 24. Jan. 1837 und wiederum am 8. Febr. desselben Jahres nach Rom um Instruction wandten; alle drei wurden, da der Verkehr mit Rom noch nicht freigegeben war, mit einer Ordnungsstrafe belegt. Als dann die Wahl am 1. Mai 1839 endlich stattfand und der Name Arnoldi aus derselben hervorging, erklärte der als Wahl-Commissar fungirende Oberpräsident v. Bodelschwingh, es fehle ihm zur Bestätigung desselben jede Vollmacht. Die Staatsregierung annullirte denn auch sofort das Geschehene und verständigte die Geistlichkeit und die Bewohner Triers, welche um Arnoldi’s Confirmation gebeten hatte, daß sie sich in diese Angelegenheiten nicht zu mischen hätten. Da reichte A. (1. Juni 1840) ohne Vorwissen des Capitels seine Resignation zu Rom ein. Die Regierung, welche ihn als Eiferer, besonders in Dingen der Mischehen perhorrescirt, hatte unterdeß ihre Ansicht einigermaßen zu seinen Gunsten geändert und ihn selbst zur Resignation aufgefordert, da sich dann Alles erledigen lasse. Der Papst nahm die Entsagung an und man vereinigte sich nun auf die Aufstellung einer bischöflichen Candidatenliste, von der die Regierung die personae minus gratae streichen könne, – ein Verfahren, das bekanntlich seither in Preußen beibehalten wurde. Friedrich Wilhelm IV. hatte diesmal die Wahl Arnoldi’s gestattet, und so wurde derselbe am 21. Juni 1842 [594] als Bischof proclamirt. Die Präconisation fand am 22. Juli, die Confirmation am 18. September statt.

Schon bald nach seiner Inthronisation faßte A. den Entschluß, den heil. Rock, der seit 1810 dem Volke nicht mehr gezeigt worden war, der öffentlichen Verehrung auszusetzen. Dieses wichtigste und folgenreichste Ereigniß seines Episcopates ist bekanntlich in der verschiedensten Weise beurtheilt worden. Die Ausstellung, welche am 18. August 1844 begann, sechs Wochen lang währte und zahllose Andächtige (man sagt 1100000) aus Nah und Ferne herbeilockte, gab zu den heftigsten Angriffe auf die Person des Bischofs wie auf die Institutionen der katholischen Kirche Anlaß und rief namentlich die deutschkatholische Bewegung (s. Ronge), den Abfall Ronge’s und einiger anderer Priester und die erbittertste Stimmung unter einem Theil der Protestanten Deutschlands, die sich eben in dem Gustav-Adolf-Verein sammelten, hervor. Arnoldi’s Biograph hat ganz Recht, wenn er bemerkt: „Der Bischof habe einzig und allein die Ehre desjenigen, der dies Kleid ehedem getragen, die größere Verherrlichung Gottes, die Wohlfahrt der Kirche und das Heil der Seelen im Auge gehabt; er hat nur die Förderung christlichen und kirchlichen Sinnes und Lebens dabei bezweckt; er hat an nichts weniger als an eine Demonstration, er hat nur an die Erbauung des Volkes gedacht; er hatte eine viel zu reine Seele und ein zu argloses Gemüth und war dabei zu kindlich fromm, als daß er es auf eine bloße Schaustellung und Entfaltung eitlen Gepränges hätte absehen sollen.“ Gewiß; und ebenso unleugbar ist, daß diese merkwürdige Begebenheit die religiöse Begeisterung thatsächlich aufs höchste entflammte und da einen lebendigen, herzlichen Christusglauben hervorgekehrt hat, wo man ihn vielleicht längst erstorben glaubte. Aber es läßt sich doch billigerweise auch fragen, ob es wohlgethan war, diesen neuerwachten Enthusiasmus sofort in Bahnen zu lenken, welche sich mit der historischen Bildung unserer Zeit kreuzten und den Katholicismus in einen Conflict verwickelten, zu dem sein Wesen nicht hintrieb; und es läßt sich ebenso nicht in Abrede stellen, daß manche unter den bekannten Vertheidigern des heil. Rockes gegen die wissenschaftlichen Angriffe eines Gildemeister und von Sybel das Ansehen der Kirche durch ihren completen Mangel an solidem Wissen und an Kritik schwer und nachhaltig schädigten. A. selbst war kein Gelehrter, weder Historiker, noch Theolog, und er besaß nicht die nöthige geschichtliche Bildung, um sich einen Einblick in Werth und Beschaffenheit der von ihm angerufenen Beweismittel zu verschaffen. Sein reines und edles Gemüth wollte das Beste und er ist gewiß frei zu sprechen, wenn der Katholicismus etwas schwer an den Kosten dieser Devotion einer Particularkirche trug.

Die Errichtung des bischöflichen Knabenconvictes, die Stiftung einer Reihe von Klöstern, als deren besonderer Freund sich A. allzeit bewies (es wurden durch ihn Redemptoristen, Jesuiten, Krankenbrüder, Borromäerinnen und Vincentianerinnen, Ursulinen, Franciscanessen und andere Orden in die Diöcese berufen), fleißige Visitation seines umfangreichen Sprengels bildeten die Hauptsorge der folgenden Jahre. Die erschlaffte Disciplin des Klerus stellte A. durch geregelte, wenn auch immer liebreiche Handhabung der Zucht her. Ein großes und verdienstliches Werk war die unter der Leitung des hochverdienten Canonicus v. Wilmowsky begonnene Restauration und Untersuchung der Domkirche. Ueberhaupt zeigte A. einen regen Eifer für kirchliche Kunst und das Studium der christlichen Alterthumskunde; ein Denkmal dieser seiner Neigungen war der unter ihm entstandene und auch nach seinem Tode wieder zerfallene christlich-archäologische Verein, dessen „Mittheilungen“ (2 Hefte, Trier 1856 und 60) ein Organ für Diöcesangeschichte werden sollten. Der Bischof hielt darauf, daß seine Seminaristen und Geistlichen arbeiteten und forderte oft zum Studium, besonders [595] der heil. Schrift, auf; aber die Lostrennung der Diöcese von der akademischen Bildung, der Umstand, daß die Geistlichen fast ausschließlich in dem Diöcesanseminar gebildet wurden, kam dem wissenschaftlichen Geiste derselben nicht zu gute und ließ Trier, obwol reich an guten Talenten, in Hinsicht seiner wissenschaftlichen Bildung und seiner litterarischen Thätigkeit eine verhältnißmäßig niedere Stelle unter den deutschen Kirchensprengeln einnehmen.

Die Jahre 1848 und 49 fanden A. unter den Verfechtern conservativer Principien neben den übrigen Bischöfen Preußens, wie er denn auch an der Würzburger Bischofconferenz und den daraus hervorgehenden Beschlüssen Theil nahm. Die Limina Apostolorum besuchte er 1852 und 10 Jahre später zum zweiten Male, als die japanesischen Märtyrer canonisirt wurden. 1860 wohnte er dem Provincialconcil zu Köln bei. Eine Erkältung, im Dom bei Gelegenheit der Weihen (19. Dec. 1863) zugezogen, hatte eine tödtliche Erkrankung zur Folge, welcher er am 7. Januar 1864 erlag. Sein Tod wie seine letzte Krankheit waren in hohem Grade erbaulich und eines christlichen Bischofs würdig; auch Ungläubige zeigten sich tief ergriffen. Die Bestürzung, welche das Ableben Arnoldi’s in der Stadt und Diöcese hervorrief, zeigt, wie sehr er verehrt war; und in der That, dem einfachen, demüthigen Manne, der die Würde des Bischofs mit der Taubeneinfalt des Kindes verband, konnte Niemand seine Verehrung versagen. Seine Verwaltung darf man im Ganzen als eine sehr segensreiche bezeichnen, wenn man auch, namentlich in den letzten Jahren, über Arnoldi’s zunehmende Abhängigkeit von seinen nicht immer glücklich inspirirten Rathgebern klagen hörte. Der Restauration des Katholicismus in Deutschland hat A. mächtigen Vorschub geleistet, ohne in dem Grade, wie man gewöhnlich glaubt, den sog. jesuitischen Tendenzen ergeben zu sein. Das ihm von Rom aus gestellte Ansinnen, sein Seminar der Leitung der Gesellschaft Jesu zu übertragen, hat er rundweg zurückgewiesen. – Als Schriftsteller war A. durch eine Reihe salbungsvoller Hirtenbriefe, sonst nur als Uebersetzer (er übertrug die Homilien seines Lieblingsautors, des h. Chrysostomus, ins Deutsche; 6 Bde., Trier und Regensburg. 1852–58, 2. A.) thätig. Der Tod hat ihn an anderen Publicationen gehindert.

J. Kraft, Wilhelm Arnoldi, Bischof von Trier. Ein Lebensbild. Trier 1865. (Der Biograph, jetzt Weihbischof, war ein Freund Arnoldi’s.)