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ADB:Augusti, Johann Christian Wilhelm

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Artikel „Augusti, Joh. Christian Wilh.“ von Friedrich August Nitzsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 685–686, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Augusti,_Johann_Christian_Wilhelm&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:01 Uhr UTC)
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Augusti: Joh. Christian Wilh. A., einer der gelehrtesten evangelischen Theologen des 19. Jahrh., welcher sich wenigstens auf dem Gebiete der kirchlichen Archäologie bleibende Verdienste erworben hat, geb. 27. Oct. 1771 in Eschenberga im Gothaischen, wo sein Vater, Ernst Friedrich Anton A., Pfarrer war, † 28. April 1841 als Professor der Theologie in Bonn und Director des rheinpreußischen Consistoriums. Auf dem Gymnasium in Gotha u. A. durch den Unterricht Kaltwasser’s, Manso’s und Doering’s zu den Universitätsstudien vorbereitet, ging er 1790 nach Jena. Die dort durch den Kantianer Reinhold und sodann durch Fichte in Schwung gebrachte philosophische Richtung scheint nicht auf ihn eingewirkt zu haben. Von den in Thüringen heimisch gewordenen Koryphäen der deutschen Poesie und Litteratur aber ist er wenigstens mit zweien, nämlich mit Friedrich Schlegel, den er als gewandter öffentlicher Disputator auf dem Katheder besiegte, und mit Herder in persönliche Berührung gekommen. Mit letzterem theilte er das Interesse für den Orient, welches ihm selbst als dem Enkel eines (1722 freilich zum Christenthum übergetretenen) jüdischen Rabbiners Namens Herschel, (cf. Friedr. Alb. Augusti) gleichsam angeboren war und sich bei ihm hauptsächlich darin beurkundete, daß er, 1798 als Privatdocent in der Jenaer philosophischen Facultät habilitirt, zunächst über orientalische Sprachen Vorlesungen hielt. Im J. 1800 wurde er zum außerordentlichen Professor der Philosophie, 1803 zum ordentlichen Professor der orientalischen Sprachen ernannt. Früchte der betreffenden Studien waren seine „Uebersetzung und Erläuterung einzelner Stücke des Koran“ (1798), sein in Verbindung mit Hoepfner herausgegebenes „Exegetisches Handbuch des A. T.“ (1797–1800), sein „Grundriß einer historisch-kritischen Einleitung ins A. T.“ (1806, 2. Aufl. 1827), seine „Ausgabe der Apokryphen des A. T.“ (1804), endlich sein Antheil an der 1809–14 in Heidelberg erschienenen neuen Bibelübersetzung. An letzterer arbeitete er in Gemeinschaft mit de Wette, hinter dessen Vielseitigkeit und Vielgeschäftigkeit die seinige nicht zurückblieb. Allein die Richtung beider Theologen war eine durchaus verschiedene. Die tiefsinnigen, auf eine durchgreifende Reform des herkömmlichen Glaubenssystems hindrängenden religiösen Ideen, von denen de Wette kaum minder als Fries und Schleiermacher durchdrungen war, lagen A. fern. Dieß zeigt sich in seinen dogmatischen Schriften (besonders in seinem „System der chr. Dogmatik nach dem Lehrbegriff der evangelischen Kirche“, 1809, [686] 2. Aufl. 1825), die einen Supranaturalisten verrathen, welcher zwar als Exeget für die von der Zeittheologie geforderte und auch von ihm selbst geübte Kritik freien Spielraum verlangt, als Dogmatiker aber keine Neuerungen dulden will. Aus Furcht vor modernem Subjectivismus und aus archaistischer Ehrfurcht vor den einmal zu Recht bestehenden Normen und Formen will er sich und Anderen lieber Zwang anthun, als dem noch lebendigen Geiste zutrauen, daß er neue, bessere dogmatische Formen finden könne. Sein archaistischer Sinn, sowie seine Neigung, gefallene geschichtliche Autoritäten wiederaufrichten zu helfen und einen Halt in ihnen zu suchen, offenbart sich auch in andern seiner Werke, die mit seiner Dogmatik in Beziehung standen, namentlich in seiner „Dogmengeschichte“ (1808, 4. Aufl. 1835), seiner Ausgabe der „Loci“ Melanchthon’s (1821), seinem „Corpus librorum symbolicorum, qui in ecclesia reformatorum auctoritatem publicam obtinuerunt“ (1827, 2. Ausg. 1846) und in seiner „Historischen Einleitung in die beiden Hauptkatechismen der evangelischen Kirche“ (1834). Auf keinem Gebiet verrieth sich aber seine in dem bezeichnetem Sinne conservative Geistesrichtung deutlicher, als auf dem der praktischen kirchlichen Fragen. Diese traten namentlich in Bonn an ihn heran, wohin er 1819 als Professor der Theologie berufen wurde, nachdem er, 1808 von der Universität Rinteln zum Dr. theol. promovirt, 1812–19 in der gleichen Eigenschaft in Breslau gewirkt hatte. In Bonn vertheidigte er nicht nur während des Agendenstreites in seiner „Kritik der neuen preußischen Kirchenagende“ (1824), in seiner „Näheren Erklärung über das Majestätsrecht“ (1825) und in seinem „Nachtrag“ zu dieser (1826) vom Standpunkt des Territorialismus aus das unbedingte liturgische Gesetzgebungsrecht der Fürsten, sondern auch in seinen „Bemerkungen über die neue Organisation der evangelischen Kirche des Großherzogthums Hessen“ (1833) gegenüber dem immer lebhafter sich aufdrängenden Bedürfniß nach Sicherstellung, beziehungsweise Einführung der Presbyterial- und Synodalverfassung die nackte Consistorialverfassung. Seine eigentliche Stärke war historischer Sammelfleiß, und dieser befähigte ihn in Verbindung mit dem archaistischen Zuge seines Geistes zu wirklich bedeutenden Leistungen im Bereich der kirchlichen Archäologie. Die einschlägigen Hauptwerke sind seine „Denkwürdigkeiten aus der christlichen Archäologie“, 1817–31, 12 Bde.; sein „Lehrbuch der christl. Alterthümer“[WS 1], 1819; sein „Handbuch der christlichen Archäologie“, 1837, 3 Bde., und seine „Beiträge zur christlichen Kunstgeschichte und Liturgik“, 1841, 2 Bdchn.

Ein Verzeichniß seiner hauptsächlichsten anderweitigen Schriften, welche u. A. die Kirchengeschichte, die Werke der Kirchenväter und die kirchliche Statistik betreffen, gibt Hagenbach im XIX. Band der Herzog’schen Real-Encyklopädie. Als Schriftsteller läßt A. Abrundung und Gedrungenheit, überhaupt technische Sorgfalt vermissen; hingegen fehlt es ihm – abgesehen von der Fülle des Stoffs – weder an Kritik noch an Lebendigkeit der Darstellung. Im Privatleben zeigte er sich als einen gewandten, witzigen Mann von Welt.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Im Original fehlt das schließende Anführungszeichen.