Zum Inhalt springen

ADB:Barnim III.

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Barnim III., Herzog von Pommern“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 74–77, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Barnim_III.&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 16:11 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Barnim I.
Nächster>>>
Barnim VI.
Band 2 (1875), S. 74–77 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Barnim III. (Pommern) in der Wikipedia
Barnim III. in Wikidata
GND-Nummer 13873402X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|74|77|Barnim III., Herzog von Pommern|Gottfried von Bülow|ADB:Barnim III.}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=13873402X}}    

Barnim III., Herzog von Pommern, geb. um 1303, † 24. Aug. 1368, Sohn des Herzogs Otto I. und der Elisabeth, Tochter des Grafen Nikolaus I. von Schwerin. Er wurde, obgleich noch nicht ganz zu mündigen Jahren gelangt, von seinem Vater 1320 zum Mitregenten angenommen und ihm eine eigene Hofhaltung eingerichtet, welche 1321, da Otto I. und sein Vetter, Herzog Wartislaw IV. von Wolgast, aus Sparsamkeitsrücksichten auf vier Jahr zu gemeinsamem Hofwesen sich vereinigten, für B. noch aus einem Caplan, einem Ritter als Hofmeister und einem andern als Kämmerling, sechs Stallknechten, vier Kämmerern, einem Küchenmeister, einem Feuerwärter und einem Boten bestehen sollte. Diese Sparsamkeit in der Verwaltung sowol als im Hofhalt war durch die Zeitumstände geboten, die Askanier waren ausgestorben und die Nachbarn rüsteten sich, jeder sein Interesse wahrzunehmen. Unter diesen fühlten sich Otto I. durch seine Abstammung und Wartislaw IV. durch seine Gemahlin berufen, mit einzugreifen, wurden 1321 auch beide durch die Stände der Ucker- und Neumark zu Schutzherren dieser Länder angenommen. Dieser Streit, in welchem B. den ersten praktischen Unterricht in der später mit Glück von ihm geübten Kriegskunst erhielt, endete jedoch sehr bald, da Kaiser Ludwig IV. die Mark und die Oberlehnsherrschaft über Pommern seinem Sohne dem Markgrafen Ludwig übertrug. Von letzterem aufgefordert ihm zu huldigen, weigerten [75] sich Vater und Sohn dessen entschieden, weil sie durch Markgraf Waldemar’s Tod frei gestorben seien. Es kam zum Kriege, in welchem Vater und Sohn ihr Recht soweit behaupteten, daß in dem 1327 zu Stargardt geschlossenen Frieden der Hauptstreitpunkt, die Lehnspflicht, unentschieden blieb. Zur Versöhnung beitragen sollte ein Eheversprechen zwischen B. und Mechtildis, Herzogs Rudolf von Baiern Tochter. Durch diese augenblickliche Beilegung des Kampfes mit Brandenburg gewann B. Zeit, sich der durch den Tod Wartislaw IV. 1326 verwaisten Wolgaster Vettern anzunehmen, deren Vater nach dem Tode des letzten Fürsten von Rügen kraft Erbvertrags und älterer Belehnung des Königs von Dänemark das Fürstenthum in Besitz genommen hatte. Die mecklenburgischen Herzöge, den Todesfall benutzend, hatten jenen dasselbe streitig gemacht, waren aber durch die energische Hülfe, welche die Städte der Wittwe ihres Herrn und den unmündigen Kindern angedeihen ließen, in mehreren Schlachten geschlagen und wurden nun durch Otto’s und Barnim’s kräftige Vermittelung am 27. Juni 1328 zu Brodersdorp zum Frieden genöthigt, bei dem Otto und B. als Vormünder sich ihrer jungen Vettern mit Nachdruck annahmen. Gestachelt durch Papst Johann XXII. ließen die Stettiner Herzoge sich zu neuem Kampfe mit Brandenburg bewegen, 1329 brach der Krieg aus und B. schlug im Verein mit dem Bischof vom Cammin und dem Grafen Hermann von Eberstein die Märker bei Prenzlau. Der Waffenstillstand zu Twenraden, 29. Jan. 1330 endete diese Fehde, doch in Erwartung des Wiederausbruchs stärkten sich die Parteien durch Werbung neuer Bundesgenossen, Otto und B. trugen sogar ihr Land für sich und als Vormünder der Wolgaster Herzoge dem Papst Johann XXII. als Lehne auf und wurden von demselben am 13. März 1331 in Vasallenpflicht genommen. Da aber von dieser Seite wenig reelle Hülfe zu erwarten war, schlossen sie bald darauf mit dem Herrn von Werle, den beiden Herzogen von Mecklenburg und dem Grafen von Schwerin Bündnisse. Der Ausbruch des Krieges zog sich indessen noch bis in den Sommer des nächsten Jahres 1332 hin, noch im Februar muß Friede gewesen sein, da der Markgraf zu dieser Zeit eine Forderung der Herzoge von 6000 Mark durch Anweisung auf die Neu- und Uckermark befriedigt. Auf dem nun folgenden Zuge in die Mark entwickelte B. kein geringes militärisches Talent: ohne zunächst sich auf einen ernsten Kampf einzulassen, wich er den Angriffen des Markgrafen geschickt bald nach dieser bald nach jener Seite aus, ihn durch kleine Scharmützel ermüdend, und auf schnellen Streifzügen das Land verwüstend. Endlich den günstigen Augenblick erfassend, überraschte B. am Sonnabend, 1. Aug. 1332 den Brandenburger am Kremmer Damm, schlug ihn aus dem Felde und verfolgte die fliehenden Märker bis nach Berlin, Alles auf dem Wege sengend und brennend. Durch das Dazwischentreten der benachbarten Fürsten wurde er bewogen, die Feindseligkeiten einzustellen, und den durch den Kaiser vermittelten Frieden anzunehmen, wonach die streitigen Punkte jenem zur Entscheidung vorgelegt wurden. Am 28. Juni 1333 wurden im Landfrieden zu Lippehne die Bedingungen neu bestätigt, doch dauerte es noch über vier Jahre, ehe der Kaiser zu Frankfurt a. M. die Sache in ernstliche Verhandlung nahm und endlich dadurch zum Austrage brachte, daß er seinen Sohn bewog, gegen das Heimfallsrecht seine Ansprüche auf Pommern aufzugeben. Am 13. Aug. 1338 wurden die Herzogthümer Pommern als Reichslehen zum Reiche gelegt. Durch jenes Brandenburg zugestandene Recht sahen aber, und nicht mit Unrecht, die Herzoge von Pommern-Wolgast ihre Erbansprüche gefährdet und auch bei den eigenen Unterthanen fanden Otto und B. in ihrer Forderung, den Eventualhuldigungseid an Brandenburg zu leisten, Widerstand, nur einige der unbedeutenderen Städte erklärten sich auf der Versammlung zu Grimnitz am 27. März 1340 dazu bereit, die größeren sammt [76] vielen Vasallen schlossen sich den Wolgastern an, Abgesandte der Städte des „Orts“ Stettin erschienen auf dem Wolgaster Landtage zu Wollin im Juni 1340, im Jan. des folgenden Jahres 1341 leisteten Stettin und Greifenhagen den Herzögen von Wolgast die förmliche Huldigung. Der Markgraf wird jedoch auf die ihm zu leistende Huldigung verzichtet und die Sache so ihren Ausgleich gefunden haben, denn 1343 hatten sich beide pommersche Herzoge mit ihren Städten wieder ausgesöhnt. – Da B. in diesem Streit erkannt hatte, wie wichtig es für ihn sei, in der bedeutendsten Stadt des Landes festen Fuß zu haben, so schickte er sich (etwa 1344 oder 45) an, an der Stelle seines Hofes auf dem alten Burgplatze in Stettin ein neues Schloß zu bauen, die Bürger, um ihre Freiheit besorgt, vertrieben die Werkleute, mußten indeß 1346 sich nach dem Schiedsspruch des Bischofs von Cammin und des Herzogs Bogislaw V. von Wolgast dazu bequemen, B. an jener Stelle ein festes Steinhaus und binnen Jahresfrist auch eine Capelle zu erbauen, die er dem Pommernapostel S. Otto weihte, zur Collegiatkirche erhob und mit einem Decan und zwölf Kanonikern ausstattete. Dabei ließ er jedoch, nach seines Vaters Otto 1344 erfolgten Tode selbständig geworden, in staatskluger Weise den Gang der politischen Ereignisse nicht aus den Augen und indem er sich an den König Karl von Böhmen, den er persönlich in Znaim aufsuchte, anschloß, erhielt er von diesem am 4. Juni 1348 die Unmittelbarkeit all seiner Reichslehne bestätigt. Zugleich wurde ihm hier die Nachfolge in den Reichslehen der Wolgaster Vettern, sowie die Anwartschaft auf das Fürstenthum Rügen verheißen und an letzteres der Besitz des Reichserbjägermeisteramtes geknüpft. Die Lösung des bis dahin noch bestehenden Lehnsverhältnisses Rügens zu Dänemark war dadurch vollzogen. Mit der Unterstützung, die Karl dem falschen Waldemar gegen das Haus Baiern gewährte, hing auch Barnim’s Verhalten zusammen, der im September 1348 im Verein mit anderen Fürsten die märkischen Grenzen angriff, Theile der Uckermark eroberte und sich daselbst huldigen ließ. Als aber Karl Waldemar fallen ließ und sich mit dem Markgrafen Ludwig aussöhnte, änderte auch B. wieder seine Politik und sicherte sich durch diesen Wechsel bedeutenden Vortheil, denn Ludwig hatte sich mit ihm dahin verglichen, daß bei der Nichterstattung der Kriegskosten seinerseits alles durch B. in der Mark Eroberte diesem verbleiben sollte. So erwarb letzterer im Herbst 1349 den ganzen östlichen Theil der Uckermark, der ihm 1355 durch förmliche Belehnung bei seiner Anwesenheit auf dem Reichstage zu Regensburg durch den Kaiser gesichert wurde. Durch Besiegung eines andern Feindes erwarb er sich von neuem den Ruhm eines geschickten Heerführers: die Herzoge von Wolgast nämlich, denen von Mecklenburg die Ablösung der verpfändeten Aemter Barth und Rügen verweigert worden war und die deshalb zu den Waffen gegriffen hatten, riefen B. gegen den Feind zu Hülfe, der seit Oct. 1351 mit dem Herrn von Werle verbunden, Loitz belagern ließ. Als B. mit einem Heer von Vasallen und Bürgern zum Entsatz herbei eilte, kam es den 25. Oct. d. J. am Schopendamm zur Schlacht, in der die Mecklenburger unter ihrem Anführer Claus Hahn mit großem Verlust geschlagen wurden. – Barnim’s politisches Interesse bewog ihn, seine gewonnene Reichsunmittelbarkeit durch rege Theilnahme an den Reichsangelegenheiten zu bethätigen, außer dem Reichstage zu Regensburg 1355 besuchte er auch den zu Nürnberg 1357, auf welchem er das Privilegium, zehn Erbämter aus seinen Vasallen zu errichten, sowie die Erlaubniß erhielt, das herzogliche Barett zu tragen. Von höherem Werthe jedoch war die Verleihung eines kaiserlichen Cassatoriums aller jener Veräußerungen, durch die seine Vorgänger das fürstliche Domanium geschmälert hatten. Auch die Vormundschaft über seine Gemahlin und Kinder sowie über das ganze Land versprach der Kaiser im Falle des Todes Barnim’s übernehmen [77] zu wollen. Die Furcht vor der Durchführung der durch das Cassatorium erlangten Vollmacht verfehlte nicht, bei seinen Vasallen Unmuth zu erregen, doch hielt B. mit starker Hand die Ruhe aufrecht und schloß gegen ungehorsame Städte oder Landfriedensbrecher Bündnisse mit den benachbarten Fürsten, so 1362 zu Stettin mit den Markgrafen von Brandenburg, den beiden Herzögen von Mecklenburg, dem Bischof von Cammin und den drei herzoglichen Brüdern zu Wolgast. Frohe Spiele und Turniere feierten den Abschluß des Vertrags, durch den B. auch zum Schiedsrichter in den Grenzstreitigkeiten der Vertragenden ernannt wurde. Auch in weiteren Kreisen stand er in Ansehen, so suchte 1363 der Dänenkönig seine Vermittelung zwischen sich und den Hansestädten nach, welche jedoch ohne Erfolg blieb. In Folge dessen entzog B. zum Theil seine Städte dem Bunde. – B. † 24. Aug. 1368 und hinterließ seine Wittwe Agnes, Tochter Herzogs Otto des Strengen von Braunschweig-Lüneburg, und drei Söhne: Kasimir (geb. nicht vor dem 12. Juni 1348), Swantibor, geb. 1351, und Bogislaw, geb. 1355. Schon früh ist er von den pommerschen Geschichtsschreibern mit Vorliebe behandelt worden, und in der That ist seine politische Thätigkeit und die Frucht seiner beinahe 50jährigen Arbeit eine solche, daß der Beiname des „Großen“ nicht ungerechtfertigt erscheint. Ein altes Lied schildert ihn als einen Mann „klein von Leibe“, aber von persönlicher Tapferkeit, und als Heerführer kann man ihm strategisches Talent nicht absprechen, seine Hauptbedeutung aber hat er als Politiker, der mit kluger Ueberlegung seinen Vortheil ersah und mit Festigkeit das vorgesetzte Ziel verfolgte. Nach außen hin war dies Erweiterung seines Herzogthums und Lösung des Lehnsverhältnisses zu Brandenburg, nach innen Befestigung seiner Stellung als Landesfürst und Wiedergewinnung der ihm als solchem zustehenden Rechte. Sein Streben ist von Erfolg gekrönt worden, er hinterließ Pommern seinen Erben nicht nur vergrößert, sondern auch als Reichsland. Für sein Interesse an den kirchlichen Verhältnissen seines Landes spricht nicht nur die Stiftung der S. Ottokirche in Stettin, sondern auch der Umstand, daß er das Landesbisthum in ein Erzstift mit seinem Sitz in der Hauptstadt Stettin umzuwandeln gedachte, ein Plan, von dessen Ausführung politische Händel ihn abhielten. Diese Sorge für die Kirche hinderte ihn nicht, den Uebergriffen des Bischofs von Cammin entgegen zu treten, wo es Noth that, und so war er denn in den Jahren 1355 und 56 von diesem mit der Excommunication belegt, weil er die Geistlichen des Sprengels in ihren Rechten geschützt hatte.

Barthold, Gesch. v. Rügen u. Pommern. Das k. Archiv zu Stettin.