Zum Inhalt springen

ADB:Bock, Cornelius Peter

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bock, Cornelius Peter“ von Franz Xaver Kraus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 763–766, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bock,_Cornelius_Peter&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 21:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 2 (1875), S. 763–766 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Cornelius Peter Bock in der Wikipedia
Cornelius Peter Bock in Wikidata
GND-Nummer 116214023
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|763|766|Bock, Cornelius Peter|Franz Xaver Kraus|ADB:Bock, Cornelius Peter}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116214023}}    

Bock: Cornelius Peter B., geb. zu Aachen 8. Juni 1804, † 18. Oct. 1870; stammte aus einer alten und angesehenen patricischen Familie der Stadt, in welcher er seine erste Ausbildung erhielt. Seine akademischen Studien machte er auf der neugegründeten Bonner Universität, dann zu Heidelberg und Freiburg i. Br. Bestimmenden Einfluß auf ihn übten vor allem Niebuhr, Hug, damals die Hauptzierde der Freiburger Hochschule, und Görres, welchen B. bei einem längeren Aufenthalt in Straßburg kennen gelernt hatte. Schon in seinen Studienjahren betheiligte sich B. mit poetischen und litterarischen Beiträgen an mehreren der damals aufkommenden rheinischen Zeitschriften und Almanachen, und zwar unter dem Namen „Christodorus“ und im Geiste jener gerade damals die Jugend beherrschenden romantischen Richtung. Bald zog es ihn nach Italien, in welchem er drei Jahre (1826–29) zubrachte, vorzüglich mit archäologischen und romanischen Studien befaßt. Seine freundschaftlichen Beziehungen zu Eduard Gerhard brachten ihn in Verbindung mit dem 1828 zu Rom gegründeten Institut für archäologische Correspondenz. Im Frühling 1829 kehrte er nach Aachen zurück, wo unterdessen sein Vater gestorben war und ihm wie seinem einzigen Bruder, dem im J. 1861 verstorbenen Joh. Aegidius B., ein nicht unbedeutendes Vermögen hinterlassen hatte. Nachdem B. eine Zeit lang in der Heimath zugebracht, ward er am 28. Dec. 1831 provisorisch zum außerordentlichen Professor für das Lehrfach der Alterthumskunde an der Universität Marburg ernannt, seine definitive Ernennung zum außerordentlichen Professor erfolgte am 6. April 1833, aber schon am 28. Jan. 1834 reichte er dem Ministerium ein Entlassungsgesuch ein, welches er mit der Unzulänglichkeit der litterarischen Hülfsmittel, der unzureichenden Vorbereitung der Studierenden und deren geringer Anzahl, die „dem unbesoldeten Lehrer keinen Ersatz gewähren könnten für die Hingabe seiner Habe und Zeit, die er ihnen widme“, motivirte. Dieser Schritt scheint mit den damals am kurhessischen Hofe ausgebrochenen und auch die akademischen Kreise zu Marburg berührenden Mißhelligkeiten zusammengehangen zu haben. Wiederum kehrte B. nach Aachen zurück, wo er im Hause seines Bruders sein eigentliches Daheim hatte, bis er 1840 nach Brüssel übersiedelte. Hier verheiratete er sich am 10. Dec. desselben Jahres mit Fräulein Josephine Isabelle Ghislaine Lefebvre, der geistvollen Tochter eines belgischen Staatsmannes: es war seine zweite Ehe: seine erste Gattin hatte er wenige Wochen nach der Hochzeit schon verloren. Diese Ehe und der Werth seines hohen Charakters wie seines Wissens brachte B. in Belgien in Beziehung zu den besten und edelsten Kreisen: er ward membre associé der Brüsseler Akademie, betheiligte sich lebhaft an deren Publicationen, wie an Ausgrabungen verschiedener Art, von den belgischen Autoritäten geehrt und häufig zu Rathe gezogen. Da seine Studien sich von jeher mit Vorliebe der Geschichte und den Alterthümern seiner Vaterstadt zugewandt hatten, so konnte es nicht fehlen, daß Aachen den größten Nutzen daraus zog. Die „Schutzschrift für die unverletzte Erhaltung des deutschen Krönungssaales“ oder das „Rathhaus zu Aachen“, 1843, war von großer Bedeutung für die damals ins Auge gefaßten und seither, wenn auch keineswegs ganz im Sinne Bock’s, durchgeführte Restauration des berühmten Baues. Bock’s Forschungen über „Karls des Großen Grabmal“, 1837, führten zu Nachgrabungen nach der Grabgruft des Kaisers, die sich nicht mehr constatiren [764] ließ, aber auch zur Auffindung der Gebeine Karls in dem prachtvollen Reliquiar aus der Zeit der Staufer. Während seine litterarische Thätigkeit und die von ihm in Belgien behauptete Stellung ihm schöne Tage verhießen, raffte am 13. Sept. 1846 der Tod auch seine zweite Gemahlin im jugendlichen Alter von 30 Jahren hinweg und zerstörte das ganze Glück seines Hauses. Trauernd verbrachte B. noch eine Zeit lang in Brüssel, dann hielt es ihn nicht mehr dort und er kehrte nach Deutschland zurück, um sich ein neues Leben zu gründen. Anfangs wanderte er vielfach, brachte einige Zeit in Stuttgart zu, wo er vorzüglich mit Stälin, Hack und Wolfg. Menzel verkehrte, dann in Grätz in Oesterreich, bis er sich endlich in Freiburg i. Br. niederließ (1858) und eine Anstellung als Professor honorarius an der dortigen Universität erhielt. Die Vorlesungen, welche er hier von 1858–70 hielt, erstreckten sich vorzüglich auf das Gebiet der altchristlichen Litteratur- und Kunstgeschichte, die spätere römische Kaisergeschichte (welche stets den eigentlichen Mittelpunkt seiner gelehrten Thätigkeit gebildet hatte), aber auch auf moderne Geschichte und französische wie italienische Litteratur (besonders Dante, seinen Lieblingsschriftsteller). Die Fülle seines Wissens, sein belebter, oft begeisternder Vortrag – er sprach immer frei und in gewählter, genau präparirter Form – zogen eine Menge Zuhörer an und zählten weitaus zu den besuchtesten, ohne daß B. dafür die entsprechende Anerkennung wurde. Wenn dies den Abend seines Lebens mehr als einmal verbitterte, so waren die Jahre, welche er in Freiburg zubrachte, doch im ganzen sehr angenehm. Die Anhänglichkeit der akademischen Jugend, ein Kreis ausgewählter Freunde, vor allem aber das glückliche Ehebündniß, welches er als das dritte mit der Freiin Elise de Fabert eingegangen, entschädigten B. mehr als reichlich. Trotz seiner unausgesetzten geistigen Anstrengung versprach eine kräftige Constitution ihm noch ein langes Leben, als ein Schlaganfall im Winter 1869 die Seinigen erschreckte: der Anfall ging vorüber, aber es blieb ein ausgesprochenes Herzleiden zurück, das B. zwar die Wiederaufnahme seiner akademischen und litterarischen Wirksamkeit gestattete, aber doch Besorgnisse einflößte: da verschlimmerte sich im Spätsommer 1870 ein anfangs ungefährlich scheinender, vielleicht falsch behandelter Darmkatarrh plötzlich zu einer Entzündung der Eingeweide, welcher der treffliche Mann am 18. Oct. unterlag. Bis zum letzten Augenblicke geistesgegenwärtig, starb B., wie er gelebt, als ein seiner Kirche treu ergebener Katholik. Er hatte, an den Erinnerungen seiner Jugend festhaltend, für sich und die Gesellschaft alles Heil im Katholicismus erkannt, und diese Ueberzeugung bildete den Hintergrund seines gesammten geistigen Lebens. In der Auffassung der kirchlichen Fragen aber stand er wesentlich auf dem Standpunkte seines kurz vor ihm verewigten Freundes Montalembert[WS 1]. Mit tiefem Schmerz hatte er der Entwicklung der kirchlichen Dinge in den letzten Jahren vor seinem Tode zugesehen, das Ueberhandnehmen des Absolutismus, den Verfall der Wissenschaft innerhalb der so heiß von ihm geliebten Kirche aufs tiefste betrauert, mehr als einmal diese Zustände mit seiner beißenden, geistvollen Satire gebrandmarkt. In der Politik zählte B. zu den Anhängern der sogen. großdeutschen föderalistischen Richtung, er konnte sich mit dem J. 1866 und dessen Ergebnissen nie befreunden. Als Gelehrter besaß B. sehr allgemeine und sehr ausgebreitete Kenntnisse, beherrschte aber einige Gebiete, wie die altchristliche und karolingische Litteratur, die spätrömische und byzantinische Geschichte in einer Weise, die in der Gegenwart schwerlich ihres Gleichen hatte. Leider ist sein Hauptwerk, die „Topographie und Geschichte von Constantinopel“ – die Arbeit seiner Lebens – nicht ganz vollendet oder vielleicht nicht druckfertig: eine Clausel seines Testamentes soll, was noch bedauernswerther ist, die Publication desselben sowie seiner übrigen litterarischen Hinterlassenschaft (darunter eine Geschichte der [765] bilderstürmenden Kaiser, eine Abhandlung über die Lex Dei, über Cyprian’s Lib. de unitate ecclesiae, über Römische Kaisergeschichte u. s. f.) untersagen. Obwol so die Hauptfrucht der Bock’schen Forschungen für die gelehrte Welt so gut wie verloren, bleibt dieselbe doch im Besitze einer Reihe von kleineren Schriften, welche sämmtlich eine ausgesuchte Erudition sowie eine glückliche, wenn auch nicht selten zu kühne Combinationsgabe verrathen. Sie sind, mit Ausnahme einiger wenigen („Karls des Großen Grabmal“, 1837; „Der Baumeister des Aachener Doms“, 1837; „Für die Erhaltung eines alten Baudenkmals“, 1837; „Ueber die Parkanlagen beim Palaste Karls des Großen“, 1838) zunächst in verschiedenen Zeitschriften erschienen. So in Lersch’s Niederrh. Jahrbuch („Albertus Aquensis“, 1843; „Die bildlichen Darstellungen in Ingelheim“, 1844), in den Bulletins de l’Académie zu Brüssel („L’Amphithéatre de Constantinople“, 1849. 1850; „Les dernières solennités des jeux capitolins à Rome“, 1850; „Notice sur plusieurs ouvrages d’Art antique“, 1847; „L’Eglise abbatiale de Nivelles“, 1850; „Sur un mémoire de M. Griffith concernant les proportions affectées par des Romains dans la construction du Temple de Vesta à Tivoli“, 1851; „Mémoire sur l’Eglise des Apôtres et les Tombeaux des Empereurs à Constantinople“, 1849). In dem Annuaire de la Bibliothèque royale de Belgique (Bruxelles 1851) erschienen „Lettres à M. L. Bethmann sur un ms. de la Bibliothèque de Bourgogne intitulé Liber Guidonis“. Die Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinland (Bonn) enthalten: „Die Reiterstatue des Ostgotenkönigs Theoderich“ (1844); „Die Säule von Cussy, ein Denkmal des K. Probus[WS 2]“ (1845), und Bock’s letzte größere Arbeit, wieder „Ueber die Reiterstatue Theoderichs“ (1871). In den Sitzungsberichten der philosophisch-historischen Classe der kaiserl. königl. Akademie der Wissenschaften zu Wien 1858 ist abgedruckt: „Historische Ergebnisse eines archäologischen Fundes in Croatien“. Zwei Jahre vorher waren „Unedirte Fragmente des Boethius“ (1856) erschienen, und um dieselbe Zeit gab B. einen Anhang zu Weiß’ Leben Alfreds des Großen. Während seiner Freiburger Lehrthätigkeit unterstützte B. mit Vorliebe die auf Erforschung der älteren kirchlichen Kunst gerichteten Bestrebungen in seiner Nähe, und so erschienen eine Reihe von Aufsätzen in dem Freiburger Diöcesan-Archiv („Die bildlichen Darstellungen der Himmelfahrt Christi vom 6. – 12. Jahrh.“, 1866; „Eine Reliquie des Apostels der Deutschen oder Aenigmata s. Bonifacii“, 1868) und den Freiburger Christl. Kunstblättern („Der Bildercyclus in der Vorhalle des Freiburger Münsters“, 1862; „Die Kreuzpartikel zu St. Trudpert“, 1863; „Ein Schaugefäß des Freiburger Münsterschatzes“, 1867; „Die Kapelle des heil. Grabes zu Constanz“; „Die Portalsculpturen der Kirche der Benedictinerabtei Petershausen bei Constanz“; „Die bildliche Ausschmückung des alten Doms zu Köln“; „Dies irae“; „Die göttliche Komödie und die Sculpturen der Vorhalle des Münsters zu Freiburg“; „Die beiden Triclinien Leo’s III. im Lateran“; „Die Kirche des heil. Polyeukt zu Constantinopel“, 1868; „Die Basilika des Junius Bassus“; „Ein Kirchenbau des heil. Gregor von Nyssa“; „Die Basilika und das Kloster von Theveste“; „Das Portalrelief an der Altstädter Kirche zu Pforzheim“; „Die Statuen der sieben freien Künste in der Vorhalle des Freiburger Münsters“; „Die Kirche S. Lorenzo maggiore in Mailand“; „Das Kreuz als Signatur des christlichen Kirchenbaues“, 1869; „Die Engelwache am Münsterportal zu Freiburg“; „Die Basilika des Reparatus“; „Das Labyrinth in S. Michele zu Pavia“; „Die Byzantinische Frage“; „Die älteste Kirchenstiftung eines germanischen Heerführers“, 1870). Außerdem betheiligte sich B. an dem von Reusch herausgegebenen Theologischen Litteraturblatt (Bonn) mit mehreren beachtenswerthen Beiträgen („Ueber die römerfeindlichen Bewegungen im Concil im 3. Jahrh.“. über die „Mirabilia urbis [766] Romae“, 1870), sowie mit einigen Vorträgen an den Verhandlungen der katholischen Vereine zu Aachen 1862, zu Trier 1865). In früheren Jahren, namentlich während seines Aufenthaltes in Belgien, hatte er auch eine seiner Zeit sehr beachtete, wenn auch unbekannt gebliebene journalistische Thätigkeit entwickelt.

Nekrolog von A. v. Reumont in der Augbs. Allg. Ztg. 1870, Nr. 322 Beil. und von demselben die Notice sur C. P. Bock, associé de l’Académie royale de Belgique; Extr. de l’Annuaire de l’Académie, Bruxelles 1872.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Charles de Montalembert (1810–1870), französischer Publizist und Historiker; vgl. Wikipedia.
  2. römischer Kaiser von 276–282; vgl. Wikipedia.