ADB:Curcelläus, Stephan

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Curcelläus, Stephan“ von Heinrich Heppe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 645–646, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Curcell%C3%A4us,_Stephan&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 06:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Curalt, Robert
Nächster>>>
Curio, Jakob
Band 4 (1876), S. 645–646 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juni 2014, suchen)
Étienne de Courcelles in Wikidata
GND-Nummer 123209803
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|4|645|646|Curcelläus, Stephan|Heinrich Heppe|ADB:Curcelläus, Stephan}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=123209803}}    

Curcelläus: Stephan C. (de Courcelles), wurde am 2. Mai 1586 zu Genf, wohin sein Vater Firmin de C. wegen der Verfolgungen des Protestantismus von Amiens geflohen war, geboren. Frühzeitig verwaist, machte er seine ersten Studien unter der Leitung des dem starren Orthodoxismus abholden Professors der Theologie Karl Perrol zu Genf, worauf er die Akademien zu Zürich und Basel besuchte und dann nach Köln und Heidelberg ging, an welchem letzteren Orte er unter dem berühmten Godofredus juristische Studien machte. Von da wollte er nach Holland gehen; allein er hörte, daß Arminius, für den er sich schon damals interessirte, gestorben sei, weshalb er sich nach Frankreich begab, wo er 1614 als Prediger der kleinen reformirten Gemeinde zu Fontainebleau ordinirt ward. Die Sehnsucht nach der Heimath veranlaßte ihn 9 Jahre später die Predigerstelle zu Amiens anzunehmen, wo er zwei Jahre blieb, aber durch die an ihn gerichtete Aufforderung, sich zu den Dortrechter Synodalbeschlüssen zu bekennen, sehr beunruhigt ward. Schließlich verstand sich zwar C. zu der ihm zugemutheten Unterschrift, jedoch mit ausdrücklichem Vorbehalt, indem er in die Verdammung [646] der Arminianer nicht einwilligen zu können erklärte. Tief erregt legte er endlich sein Amt zu Amiens nieder und übernahm die Predigerstelle in dem Dorfe Helmanre in der Picardie, hernach in Vitri, wo er fast 10 Jahre gelebt hatte, als er 1625 seine geliebte Gattin Johanna v. Beaulieu-Leblanc sterben und mit ihr sein ganzes bisheriges Lebensglück in den Tod hinabsinken sah. Raschen Entschlusses legte er seine Predigerstelle nieder und begab sich, um fernerhin mit der Dortrechter Glaubenslehre unverworren sein zu können, nach Amsterdam, wo er, von Episcopius freundlichst aufgenommen, sich anfangs als Corrector einer Druckerei und Uebersetzer einiger Schriften Des Cartes’ kümmerlich ernährte. Nach dem 1643 erfolgten Tode des Simon Episcopius wurde er zu dessen Nachfolger am Remonstrantischen Seminar zu Amsterdam erwählt, an welchem er nun eine außerordentlich rührige Lehrthätigkeit entfaltete, bis eine überaus schmerzliche Steinkrankheit seinem Leben ein Ende machte. Zuvor hatte ihn der Magistrat von Amsterdam noch durch die ganz ungewöhnliche Verleihung des Ehrenbürgerrechts ausgezeichnet. Seine Leistungen auf dem Gebiete der exegetischen und mathematischen Theologie kommen auch noch heutigen Tages für die wissenschaftliche Forschung in Betracht. Die dogmatische Polemik des C. hatte ihren Ausgangspunkt in seiner Bestreitung der reformirten Lehre von der Particularität der Gnade (nicht aber in einer ihm mit Unrecht vorgeworfenen Anzweiflung der Trinitätslehre). Von da aus kam C. zu einer wesentlich deistischen Weltanschauung, welche eine göttliche Causalität in der Bewirkung menschlicher Handlungen nicht kennt (vgl. Twesten, Vorlesungen über die Dogmatik II. 1. S. 162 ff.). Dieselbe vertheidigte er den orthodoxen Reformirten gegenüber mit demselben Eifer, mit dem er z. B. gegen den Lutheraner Musäus die Ueberzeugung von einem möglichen Seligwerden der Heiden und der ungetauft sterbenden Kinder verfocht. Seine bekannteste Arbeit ist seine schöne Handausgabe des Neuen Testaments (in 12°), die von ihm nach dem Elzevirischen Texte mit Benutzung zweier Pariser Handschriften hergestellt und 1658 zu Amsterdam (4. Ausg. 1698) veröffentlicht wurde. Nach dem Tode des berühmten reformirten Theologen David Blondel gab er dessen französisch geschriebene Untersuchungen über die Päpstin Johanna unter dem Titel „Diatribe de Johanna papissa“ lateinisch heraus und trug dadurch zur Begründung eines sicheren Urtheils über diesen controversen Punkt in der protestantischen Welt wesentlich bei. Auch veranstaltete er eine Ausgabe der Werke des Simon Episcopius, deren ersten Band er mit einer Biographie desselben 1650 erscheinen ließ. Seine (leider unvollendet gebliebenen) „Institutiones religionis christianae“ und seine „Synopsis ethices“ sind in der (von Philipp Limborch veranstalteten) Gesammtausgabe seiner Werke (Amsterd. 1675 fol.) abgedruckt. Dieselbe enthält zugleich einen (von seinem Nachfolger am Remonstrantischen Seminar, A. Poelenburg, verfaßten) Abriß seines Lebens.

Vgl. Senebier, Histoire littéraire de Genève, Tom. II. p. 166 ss., wo sich die litterärischen Arbeiten des C. verzeichnet finden.