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ADB:Danckelman, Eberhard Freiherr von

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Artikel „Danckelmann, Eberhard (Christoph Balthasar) von“ von Bernhard Erdmannsdörffer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 720–725, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Danckelman,_Eberhard_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 07:06 Uhr UTC)
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Danckelmann: Eberhard (Christoph Balthasar) v. D., kurbrandenburgischer Staatsmann, geb. 1643 zu Lingen, † in Berlin 1722. Dieser ausgezeichnete Minister des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, der durch seinen jähen Sturz von ungewöhnlicher Machthöhe herab fast noch bekannter geworden ist, als durch die trefflichen Dienste, die er vorher geleistet hatte, stammte aus der dem Hause Oranien gehörigen Grafschaft Lingen, wo sein Vater oranischer Rath und Landrichter war. Vermöge der Aussicht auf den Uebergang der oranischen Erbschaft an das Haus Brandenburg, die aus der ersten Heirath des großen Kurfürsten entsprang, lag hier der Eintritt in den brandenburgischen Staatsdienst nahe; die sieben Söhne des Landrichters von Lingen sind alle diesen Weg gegangen und auf ihm zu hervorragenden Stellungen gelangt. Den ersten Rang unter ihnen aber nimmt Eberhard ein. Ein früh entwickelter Mensch; nach einer zeitgenössischen Biographie hätte er schon in seinem zwölften Jahre in Utrecht über eine Abhandlung „De jure emphyteusis“ disputirt, dann größere Reisen durch England, Frankreich und Italien unternommen; jedenfalls war er erst 20 Jahre alt, als ihm das Amt zu Theil wurde, das über sein ganzes ferneres Leben entschied. Im J. 1663 wurde er auf Empfehlung des Oberpräsidenten Otto v. Schwerin, der die Erziehung der Kinder des großen Kurfürsten zu leiten hatte, als Lehrer des Prinzen Friedrich angestellt, des nachmaligen Kurfürsten Friedrichs III. Die bis zur Härte energische Natur des Mannes machte sich schon hier geltend: er war ein unerbittlich strenger Lehrer und Erzieher, über dessen Rauheit gegen seinen Zögling die zärtliche [721] Mutter sich gelegentlich beklagte; doch sprachen die Resultate offenbar für ihn; der junge Prinz schloß sich im Laufe der Zeit immer enger an den strengen Lehrmeister an, der ihm einmal in schwerer Krankheit durch rasche Anwendung eines Aderlasses das Leben gerettet haben soll, und auch der große Kurfürst zeigte durch mannigfache ihm erwiesene Ehren, daß er die Verdienste Danckelmann’s zu schätzen wußte. Als 1674 der Kurprinz Karl Emil starb und dem Prinzen Friedrich sich nun die Aussicht auf die Nachfolge eröffnete, wurde damit auch die Stellung Danckelmann’s eine noch bedeutendere; als die Jahre des Unterrichts vorüber waren, wurde er dem Kurprinzen als vortragender Rath zur Seite gestellt und hatte in dieser Eigenschaft seine Geschäfte zu führen, auch wol seine Beziehungen zur Politik zu vermitteln und zu leiten. Doch gönnte dieser allerdings gelegentlich auch anderen Stimmen sein Ohr, und D. scheint nicht verantwortlich zu sein für die bedenklichen Acte einer selbständigen Kronprinzenpolitik, die Friedrich in den letzten Zeiten seines Vaters hinter dessen Rücken beging; die geheimen Verhandlungen mit dem kaiserl. Hofe über die künftige Umstoßung des väterlichen Testamentes und die Unterzeichnung des Reverses über die dann versprochene Wiederabtretung des Schwiebuser Kreises an den Kaiser sind ohne Mitwissen Danckelmann’s vor sich gegangen, der erst längere Zeit nach dem Tode des großen Kurfürsten von diesem Handel erfuhr, dem er schwerlich zugestimmt haben würde.

Wie groß aber doch sein Ansehen bei dem ehemaligen Zögling war, zeigte sich, als dieser 1688 selbst zur Regierung gelangte. Bereits in den ersten Wochen derselben wurde D. zum geheimen Staats- und Kriegsrath ernannt, einige Jahre später erfolgte die Ernennung zum Regierungspräsidenten von Cleve (1692), dann die zum Oberpräsidenten und Premierminister (1695); weiterhin wurde ihm noch die Würde eines brandenburgischen Erbpostmeisters und die Hauptmannschaft zu Neustadt a. D. übertragen, und eine Menge anderer Gunstbezeigungen ließ erkennen, daß der neue Kurfürst sich kaum genug thun konnte im Ausdruck der Dankbarkeit und des Vertrauens, die er für den Leiter seiner Jugend hegte. Wichtiger war, daß D. nun in der That für einige Jahre die Summe der Geschäfte in die Hand bekam – eine jener großen, für eine Zeit lang allmächtigen Ministergestalten, wie das 17. Jahrhundert sie mehrfach kennt, und deren Schicksal nicht selten mit einem tragischen Fall abschließt. Er war schon vor dem Tode des großen Kurfürsten in das Geheimniß der großen Pläne eingeweiht worden, welche die letzte Lebenszeit desselben erfüllt hatten, und die in dem Brechen der französischen Uebermacht in Europa und in der Befreiung Englands von dem Joche der Stuarts ihre wichtigsten Zielpunkte hatten; jetzt trat er nun als dirigirender Minister, wenn auch zuerst ohne den Namen eines solchen, an die Spitze der Geschäfte, um das Begonnene hinauszuführen, und Wilhelm von Oranien, der Genosse dieser Pläne, schätzte in ihm den brandenburgischen Staatsmann, der ihm die beste Garantie dafür zu gewähren schien, daß das Unternehmen in seinem und des großen Kurfürsten Sinne weiter und zu Ende geführt würde. Es gehört nicht an diese Stelle, den Verlauf dieser großen politischen Vorgänge zu schildern; die Befreiung Englands wurde vollbracht, aber der Gang des continentalen Krieges gegen Frankreich entsprach nur wenig den Erwartungen, in denen man den Kampf aufgenommen hatte, und der Friede von Ryswijk brachte weder dem Reich, noch speciell dem brandenburgischen Staate die erhofften Resultate. Während dieser ganzen Zeit stand D. obenan im Rathe des Kurfürsten; es war mitten in den politischen Verwickelungen des Sommers 1695, als Friedrich III. ihn in fast ungewöhnlichen Formen der Vertrauens- und Gnadenbezeugung zum Oberpräsidenten ernannte und ihm damit auch formell die verantwortliche Oberleitung der Geschäfte in die Hand gab. Man darf annehmen, [722] daß nichts wesentliches in dieser Zeit von brandenburgischer Seite geschah, ohne daß D. in erster Reihe dabei betheiligt war. Und nicht allein in den Angelegenheiten der auswärtigen Politik; die innere Staatsverwaltung stand nicht minder unter seiner Leitung und Anregung. Er hatte es abgelehnt, die Direction der Finanzen zu übernehmen, die „seines Talentes und Thuns nicht sei“; thatsächlich kam es doch dahin, daß er sich dieser Aufgabe nicht entziehen konnte, und eine Reihe wichtiger Reformen auf diesem Gebiet sind aus seiner Initiative hervorgegangen; durch peinliche Ordnung und rücksichtslose Strenge ward es dahin gebracht, daß die Finanzen trotz dem kostspieligen Krieg und vielfältigen neuen Ausgaben einen ziemlich günstigen Stand aufzuweisen hatten. Zugleich unterließ D. nicht, der materiellen Lage des Landes die einsichtigste Pflege zu widmen. Der Krieg gegen Ludwig XIV. gab Gelegenheit, sich des drückenden Uebergewichts der französischen Industrie durch scharfe Einfuhrverbote zu erwehren und den heimischen Manufacturen Luft zu machen, während gleichzeitig die protestantischen Refugiés aus Frankreich Capitalien, Arbeitskräfte und neue technische Kenntnisse ins Land brachten. Die Oberleitung des Postwesens, die in Danckelmann’s Händen lag, gewährte die Möglichkeit, für Handel und Wandel wichtige Erleichterungen zu schaffen, und auch für den auswärtigen und Colonialhandel wurden unter eifriger Pflege der brandenburgischen Marine neue Vortheile gewonnen. Am nächsten aber berührten sich die persönlichen Interessen des Fürsten und seines hochgebildeten Ministers in der regen Förderung wissenschaftlicher und künstlerischer Unternehmungen. Die Gründung der Universität Halle, einst schon von dem großen Kurfürsten ins Auge gefaßt, wurde nun vollbracht und dort, wie in der Hauptstadt selbst, dem wissenschaftlichen Leben neue Impulse gegeben; S. Pufendorf, der berufen worden war, das Leben des großen Kurfürsten zu schreiben, erhielt in großartiger Fassung der Aufgabe alle geheimsten Schätze des Archivs zur Verfügung gestellt. In Berlin wurde die Akademie der Künste errichtet, und D., als kunstsinniger Kenner, speciell zum Protector derselben ernannt. Bald entfaltete sich von da her ein reges künstlerisches Schaffen; die Erweiterung und Verschönerung der Stadt wurde in Angriff genommen, die monumentalen Werke Nehring’s und Schlüter’s entstanden oder wurden vorbereitet; Bildhauer und Maler, Kupferstecher und Stempelschneider von Namen strömten herbei und fanden reichliche Arbeit; es entsprach der Neigung Danckelmann’s sowol wie des Kurfürsten, in dieser Richtung mit einer gewissen vornehmen Opulenz, nicht ohne gelegentlichen rivalisirenden Hinblick auf Paris, vorzugehen, und sie durften beide der Meinung sein, daß bei sonst wohlgeordneten Verhältnissen der Staat wol in der Lage sei, dies zu ertragen.

Es war indeß begreiflich, daß auf die fast allmächtige Stellung, die D. jetzt im Vollbesitz des Vertrauens und der Gunst des Kurfürsten einnahm, von vielen Seiten her mit Mißgunst geblickt wurde. Mancher von den alten geschäftskundigen Räthen aus der Schule des großen Kurfürsten mußte, auch wenn er gegen die von D. vertretene politische Richtung nichts einzuwenden hatte (die sich ja durchaus den alten Traditionen anschloß), es doch peinlich empfinden, daß er selbst jetzt von diesem Neuling in die zweite Reihe zurückgedrängt wurde, und besonderen Ingrimm erregte es, wenn man auch die sechs Brüder des Oberpräsidenten alle in einflußreichen Stellen sah: der eine war Gesandter in Wien, ein anderer Präsident des Kammergerichts, ein anderer Kanzler in Minden u. s. f.; sie waren alle notorisch tüchtige und an ihrer Stelle höchst brauchbare Männer, die von ihrem Bruder natürlich um so lieber verwandt wurden, je größere Abneigung ihm sonst aus den Kreisen des alten Beamtenthums entgegengebracht wurde; aber dies hinderte nicht, daß gegen das „Danckelmann’sche Siebengestirn“, das den Staat allein zu regieren unternehme, sich eine immer größere Macht [723] von Haß und Eifersucht ansammelte. Es kam hinzu, daß Eberhard v. D. auch sonst wol allerlei kleinere und größere persönliche Interessen zu verletzen sich nicht scheute; der strenge, ernsthafte Mann, von dem behauptet wurde, daß man ihn selten oder nie lachen gesehen, war unerbittlich im Dienst, und sowie seine persönliche Unbestechlichkeit und Rechtschaffenheit, trotz vielen gegen ihn gerichteten Verläumdungen, außer Zweifel steht, so forderte er rücksichtslos die gleichen Eigenschaften von allen Untergebenen und trug kein Bedenken, gegen manches bequeme Herkommen und manche durch den Gebrauch sanctionirten Laxheiten in dieser Beziehung vorzugehen, bisweilen vielleicht mit einem gewissen hofmeisterlichen Ton der Ueberlegenheit, der an seine frühere langjährige Erziehungsthätigkeit erinnerte, und der darum nicht minder reizte und verletzte, weil er ihn auch dem jetzigen Kurfürsten gegenüber nicht immer abzulegen verstand.

Wenn über einen Mann dieser Art endlich der Tag seines Sturzes hereinbrach, so konnte dieser entweder aus allgemeinen politischen Anlässen oder aus rein persönlichen Motiven erfolgen; in diesem Fall haben, soviel man sieht, die letzteren durchaus überwogen.

Im October 1697 war der Friede von Ryswijk geschlossen worden; zwei Monate später erfolgte die Katastrophe des bis dahin allmächtigen Ministers; aber dennoch wird man die Hauptursache derselben nicht in jenem ungünstigen Friedensschluß zu suchen haben. Eine Veränderung in der Gesinnung des Kurfürsten hatte sich schon einige Zeit vorher angekündigt; die Feindseligkeiten der Gegner hatten sich gemehrt und hatten sich offener hervorwagen dürfen, als es ihnen früher gestattet wurde; D. selbst empfand, daß seine Stellung unsicher zu werden begann und bat wiederholt um seine Entlassung. Sie sollte ihm in sehr unerwarteter Weise zu Theil werden. In den ersten Tagen des December 1697 erhielt er die erbetene Entlassung von seinem Amt als Oberpräsident, zunächst in den gnädigsten Formen und unter Zusicherung einer Pension von 10000 Rthlr. Aber nur wenige Tage später brach das eigentliche Unwetter über ihn herein; der Kurfürst versagte ihm die erbetene Abschiedsaudienz, er erhielt die Weisung, Berlin zu verlassen und sich nach Neustadt zu begeben; kaum war er dort angekommen, so wurde weiter gegen ihn geltend gemacht, daß man einen Mann, der alle Geheimnisse des Staates kenne, unter solchen Verhältnissen nicht auf freiem Fuße und in der Möglichkeit lassen dürfen, ins Ausland zu gehen und seine Kenntniß zu mißbrauchen; die Fülle der Anklagen drängte sich nun hervor; am 20. Decbr. wurde D. verhaftet und nach Spandau abgeführt, von wo er kurz darauf nach der Festung Peitz gebracht und in strenger Haft gehalten wurde. Zugleich wurde der größte Theil seines Vermögens mit Beschlag belegt und die Untersuchung gegen ihn begonnen. Die Acten derselben sind erhalten und neuerdings mehrfach benutzt worden; völlige Klarheit über die Ursachen, die den Sturz des Oberpräsidenten herbeiführten, gewähren sie nicht, so reichlich auch der Strom der Anklagen in der Proceßschrift von 290 Artikeln fließt, welche die Untersuchungscommission zusammenstellte. Ersichtlich ist, daß es sich bei der Beseitigung des Ministers jedenfalls nicht um große allgemeine politische Gesichtspunkte handelte; eine Aenderung des bisher befolgten politischen Systems, namentlich in den Fragen der auswärtigen Politik, war damit weder beabsichtigt, noch folgte sie daraus. Ebenso erweisen sich die Vorwürfe, die gegen D. aus dem übelen Gang der letzten Kriegs- und Staatsactionen, sowie aus der Ebbe in den Kassen nach Beendigung des Krieges hergeleitet wurden, als meistens durchaus unzutreffend; mochte immerhin D. sich hier einzelne Mißgriffe und Eigenmächtigkeiten haben zu Schulden kommen lassen, das, was ihm mit Recht zur Last gelegt werden konnte, stand jedenfalls ganz außer Verhältniß zu der Strenge des Verfahrens und der Härte der Strafe. Dasselbe ist aber von allen [724] anderen Anklagepunkten zu behaupten; was über die Gewaltsamkeit seines Regimentes, über unrechtmäßige Bereicherung, über unerlaubte Begünstigung seiner Familie vorgebracht wurde, zeigt sich zum größten Theil, wenn nicht ganz hinfällig, so doch sehr wenig bedeutend – die Thatsache stellte sich heraus, daß die mit der Führung des Processes beauftragten Richter sich bald selbst außer Stand erklären mußten, auf Grund des vorliegenden Materials ein Strafurtheil auszusprechen. Die Untersuchung zog sich auf diese Weise unerledigt mehrere Jahre lang hin; als sie zu keinem Resultate führte, verfügte endlich König Friedrich I. durch Cabinetsordre, daß die über D. verhängten Strafen nichts desto weniger aufrecht zu erhalten seien.

Es liegt, angesichts dieses Verlaufs, die Vermuthung nahe, daß hinter den officiell genannten Gründen für die Katastrophe Danckelmann’s sich noch etwas anderes verbergen müsse, was namentlich die Härte erklärt, die der Kurfürst jetzt gegen den einst so hoch geehrten Mann zeigte. Man wird den Ausführungen Ranke’s beipflichten müssen, der, gestützt auf englische Gesandtschaftsberichte, es sehr wahrscheinlich gemacht hat, daß neben allen anderen persönlichen Feindschaften, die D. sich zugezogen, es ganz besonders die der Kurfürstin Sophie Charlotte gewesen ist, die seinen Sturz veranlaßte. Das Verhalten des Ministers gegenüber den Interessen der braunschweigischen Hauspolitik, denen die welfische Prinzessin eifrig zugethan war, legte den ersten Grund zu einer Gegnerschaft, die dann immer neue Nahrung fand, die von Danckelmann’s Rivalen, wie Barfus, Fuchs, Dohna u. A. sorgsam genährt, und in die endlich auch der Kurfürst selbst hereingezogen wurde. Es wurde gegen D. der Vorwurf erhoben, daß er geflissentlich die beiden fürstlichen Gatten einander zu entfremden sich bemüht habe, nach seiner Entfernung erst seien sie sich näher getreten, auf diese Weise habe D. sich seine Alleinherrschaft über den Kurfürsten zu erhalten gesucht u. s. f., Anklagen, die, wie sie auch begründet sein mochten, es gewiß begreiflich machen, wenn Sophie Charlotte, die daran glaubte, alles in Bewegung setzte, um den verhaßten Günstling aus dem Wege zu räumen, und mit denen es ihr wol allmählich gelingen mochte, auch ihren Gemahl in die gleiche Stimmung gegen ihn zu versetzen.

Jedenfalls vermochten auch die eifrigen Verwendungen, die Wilhelm III. von England für ihn einlegte, das Schicksal des Unglücklichen nicht zu mildern. Sein Vermögen blieb confiscirt, er selbst in strenger Haft in Peitz. Erst nach fünf Jahren (1702) wurde ihm die Vergünstigung zu Theil, auf eine halbe Meile im Umkreis der Festung sich bewegen zu dürfen; und erst nach abermals fünf Jahren (1707) – Sophie Charlotte war inzwischen gestorben – bei Gelegenheit der Geburt seines ersten Enkels ließ König Friedrich auch dem Gefangenen von Peitz eine beschränkte Amnestie angedeihen; aus seinem confiscirten Vermögen wurde ihm ein kleines Jahrgehalt angewiesen und ihm, unter strengem Verbot jedes Versuchs der persönlichen Begegnung mit dem König, in der Stadt Kottbus ein etwas freierer Aufenthalt gestattet. Als man von ihm verlangte, daß er einen formellen Verzicht auf sein früheres Vermögen aussprechen sollte, erklärte er sich dazu bereit unter der Bedingung einer öffentlichen Unschuldserklärung. Dazu ließ man sich nicht herbei; eine Aussöhnung zwischen ihm und dem König hat niemals Statt gefunden. Dagegen ließ König Friedrich Wilhelm I. es eine seiner ersten Regierungshandlungen sein, den Verbannten zu sich zu berufen (1713); in ausgesuchter Weise gab er ihm seine Achtung zu erkennen und nahm die Rathschläge des Vielerfahrenen für die Anfänge seiner neuen Regierung in Anspruch. Eine Wiederanstellung des nun bereits Siebzigjährigen erfolgte indeß nicht, ebenso wenig wie eine Revision seines Processes und die volle Rückgabe seiner Güter. Er ist in Berlin am 31. März 1722 gestorben.

[725] Für den Charakter des gegen ihn gerichteten Verfahrens ist auch der Umstand bezeichnend, daß gegen seine Brüder, deren Begünstigung ihm von den Gegnern so sehr zur Last gelegt wurde, nichts vorzubringen war; sie sind in den Sturz Eberhards nicht mit verwickelt worden.

Fall und Ungnade zweier Staats-Ministres in Teutschland, aus dem französischen Original übersetzt. Cölln 1712. Christophe comte de Dohna, Mémoires (Berlin 1833). Droysen, Geschichte der preußischen Politik IV, 1 (Leipzig 1867). v. Ranke, Abhandlungen und Versuche I, S. 73 ff. (Leipzig 1872).