ADB:Donellus, Hugo

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Artikel „Donellus, Hugo“ von Roderich von Stintzing in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 331–332, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Donellus,_Hugo&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:12 Uhr UTC)
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Donellus: Hugo D. (Hugues Doneau), Jurist, geb. am 23. Decbr. 1527 zu Chalons sur Saone, † zu Altdorf am 4. Mai 1591, aus angesehener Familie, ging, nachdem er in Toulouse studirt hatte, in seinem 20. Lebensjahre nach Bourges, wo Baro und Duaren als Vertreter einer veredelten Rechtswissenschaft wirkten, ward hier 1551 zum Doctor jur. promovirt und in demselben Jahre vom Canzler L’Hospital zum Professor ernannt. Mit Duaren durch wissenschaftliche Richtung und persönliche Neigung eng verbunden, stand er in scharfem, feindseligem Gegensatze zu seinen großen Collegen Franz Balduinus und Jakob Cujas. D. war strenger und eifriger Calvinist und vertrat mit dem ihm befreundeten Franz Hotomanus muthig die Sache der Hugenotten unter den Gefahren der Religionskriege, während Cujas sich neutral zu halten suchte und Balduin eine zweideutige Rolle spielte. Nach der Bartholomäusnacht (1572) mußten er und Hotomanus fliehen; er entkam seinen Verfolgern unter dem Schutze deutscher Studenten, die sich ihm während seines Wirkens in Bourges von jeher mit Vorliebe angeschlossen hatten, und gelangte nach Genf. Bourges, bisher der Sammelplatz der großen französischen Juristen, verlor seine bisherige Bedeutung; nur Cujas, der es schon 1566 verlassen hatte, kehrte 1575 zurück. D. hat sein Vaterland nicht wiedergesehen. Seiner bedrängten Lage in Genf entriß ihn eine Berufung nach Heidelberg, wo er am 17. Febr. 1573 sein Amt antrat und glückliche Jahre verlebte (er verheirathete sich hier mit Susanne Bouchette [Mondekens], die ihn überlebte), bis die Bedrückung der Calvinisten in der Pfalz durch Ludwig VI. ihn nöthigte, 1579, die unter glänzenden Bedingungen ihm angetragene Professur an der neu gegründeten Universität Leyden anzunehmen. Trotz mancher Reibungen, welche der Gegensatz seiner streng calvinistischen Richtung zu den in den Niederlanden herrschenden kirchenpolitischen Grundsätzen veranlaßte, ließ er sich bestimmen, Berufungen nach Altdorf (1582) und Heidelberg (1583), wo der Calvinismus wieder zur Herrschaft gelangt war, nicht Folge zu leisten. Indeß gerieth er, in die Streitigkeiten der Parteien verwickelt, in den Verdacht, sich an den Leicester’schen Umtrieben betheiligt zu haben, und ward am 25. Aug. 1587 ohne Gehör seiner Stelle entsetzt. Seine Beschwerden über das form- und grundlose Verfahren blieben erfolglos, da man sich eines durch persönliche Autorität mächtigen Gegners entledigen wollte. Gegen Ende des Jahres knüpfte der Rath von Nürnberg neue Verhandlungen [332] mit ihm an, um ihn für Altdorf zu gewinnen. Am 30. Mai 1588 traf er in Nürnberg ein und hielt am 8. Aug. seine Antrittsrede in Altdorf. Er verlebte hier seine letzten Jahre, als hochberühmte Notabilität empfangen und gefeiert, zu deren Ehre der Nürnberger Rath 1590 eine Denkmünze schlagen ließ, in vertrauter Freundschaft mit seinem ehemaligen Schüler Scipio Gentilis, entging aber nicht den Intriguen seines mißgünstigen Collegen Hubert Giphanius, der 1590 nach Ingolstadt abzog. – D. war eine groß angelegte Persönlichkeit, von männlicher Entschiedenheit und stolzer Haltung, der seine religiöse und wissenschaftliche Ueberzeugung in allen Lagen des Lebens muthig vertrat. In der Rechtswissenschaft ist er neben Cujas die bedeutendste Erscheinung des 16. Jahrhunderts, steht aber zu diesem im Gegensatze dadurch, daß er gegenüber der philologisch-antiquarischen Richtung die systematische Synthese (ars juris) als wissenschaftliches Ziel verfolgt, dem die gelehrte Exegese nur als Hülfsmittel zu dienen hat. Sein bedeutendstes Werk, die „Commentarii juris civilis“, ein ausführliches System des Privatrechts und Processes, hat er in Altdorf zur Hälfte vollendet. Die beiden ersten Bände erschienen 1589 und 1590, den dritten hinterließ er druckfertig, Gentilis edirte ihn 1595 und fügte die folgenden 2 Bände nach den, in früheren Jahren fast vollendeten Vorarbeiten Donellus’ hinzu. Der systematische Gedanke durchdringt das Ganze bis in seine einzelnen Theile, welche sich ihm mit classischer Sicherheit der Synthese als nothwendige Glieder ergeben. So baut er die einzelnen Rechtssätze, die er den Quellen unmittelbar entnimmt, vor uns auf und an dem systematischen Faden reiht er die Aussprüche der Quellen zur gegenseitigen Erläuterung und Ergänzung an einander. Mit dem Bemühen aber, die fortlaufenden logischen Fäden zu zeigen und die innere Verbindung im Bewußtsein des Lesers zu erhalten, hängt die Breite und Umständlichkeit zusammen, welche man nicht ohne Grund seiner Darstellung vorwirft. – Seine Methode ist das Vorbild der systematischen Civilistik unseres Jahrhunderts in Deutschland geworden, dagegen nicht von entscheidendem Einflusse auf die nächste Folgezeit gewesen. Die breite, rein dogmatische Deduction, welche sowol die Casuistik, als auch die Erörterung fremder Meinungen verschmäht, entsprach nicht dem in Deutschland überwiegenden Bedürfniß. O. Hilliger in Jena († 1619) unternahm es in seinem „Donellus enucleatus“ (1610. 1613 2 Voll. 4°) einen mit Allegationen aus 523 Autoren ausgestatteten Auszug der Commentarii herzustellen, wodurch er dieselben zwar in gewissem Sinne brauchbarer machte, aber auch die wissenschaftliche Schönheit des Werkes zerstörte. – Außer der Leichenrede von Scipio Gentilis, sowie den Biographien von Buder, Vitae ICtorum und Zeidler, Vitae profess. juris Altdorfin., welche Donellus’ Schriften angeben, ist vor Allen zu vgl. Eyssell, Doneau. Dijon 1860 und Stintzing, H. Donellus in Altdorf, 1869.