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ADB:Ebel, Johannes

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Artikel „Ebel, Johannes“ von Hugo Delff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 519–524, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ebel,_Johannes&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 16:21 Uhr UTC)
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Ebel: Johannes E. ward geboren 4. März 1784 und starb 18. Aug. 1861. Sein Vater war zur Zeit seiner Geburt Pfarrer in Passenheim in Ostpreußen, ging aber 1797 nach Königsberg, um das Predigeramt an der dortigen polnischen Gemeinde zu übernehmen. In Königsberg besuchte E. das altstädtische Gymnasium, das damals unter Leitung des Sohnes von J. G. Hamann stand, und bezog 1801 die Universität, um Theologie zu studiren. Zu ernster und gewissenhafter Auffassung seiner Aufgabe angelegt, erregten die zahlreichen damals erhobenen populären und wissenschaftlichen Einwendungen gegen die Bibel und das biblische Christenthum bei ihm die lebhaftesten Bedenken und Sorgen, und er sehnte sich nach einer Aussicht, die es ihm möglich machte, seinen Glauben mit der Vernunft in Einklang zu bringen. Da hörte er von einem Manne, dem diese Versöhnung wunderbar gelungen sein sollte. Alsbald suchte er diese Bekanntschaft, die für ihn so folgenreich und verhängnißvoll werden sollte. Es war J. Heinrich Schönherr, geboren zu Angerburg in Ostpreußen 1771, gestorben in Königsberg den 15. Octbr. 1826. Ueber diesen merkwürdigen Mann sei hier – da er doch eigentlich nur durch Ebel’s Anlaß zu allgemeinerer Bedeutung gelangte – sofort einiges nöthige beigebracht. Von einem unruhigen, voreiligen und selbstklugen speculativen Triebe beseelt, hatte derselbe den Schulunterricht nur flüchtig durchlaufen, war dann anfangs zur Erlernung eines Gewerbes bestimmt, doch zum Universitätsstudium übergegangen und hatte sich hier, wiewol als Jurist inscribirt, besonders in philosophischen Collegien herumgetrieben. Kant jedoch befriedigte ihn nicht, er gab ihm nicht die gewünschten positiven Aufschlüsse und seine strenge Methode langweilte ihn. Er ging deshalb davon, zog von Ort zu Ort und besuchte so auf kurze Zeiten Greifswald, Rostock, Rinteln, Leipzig und Jena. In Rinteln soll ihm auf [520] einem Spaziergange die Grundidee seines merkwürdigen Systems zuerst wie durch Inspiration aufgegangen sein. Er hat nie aufgehört, ihm Erkenntniß einer speciellen Offenbarung zuzuschreiben, und legte sich insofern die Würde eines Propheten bei, der er später auch durch seine Haltung, Kleidung, Haartracht und andere äußerliche Zeichen zu entsprechen suchte. Sein System nun, wenn man es so nennen soll, beruht auf dem Grundsatz des Dualismus. Die Principien alles Seins (Elohim) sind zwei Grundwesen, ein thätiges männliches – ein leidendes weibliches, Feuer und Wasser. Ihre gegenseitige Action ist das Wort oder der Ton, und alles ist daher durch das Wort geschaffen. Ein Urwesen, meinte er, erkläre nichts; denn ohne Reaction sei keine Thätigkeit, kein Bewußtsein. Die erste Descendenz des Urlichts und des Urwassers nun war Lucifer. Er war der Canal, durch den das Licht ausströmen und in weiteren Kreisen fortwirken sollte. Aber er behielt die Lichtkräfte neidisch für sich. Dennoch hatte die Schöpfung ihren Fortgang und der Mensch entstand. Aber dieser ward von Lucifer verführt. Daher kam eine allgemeine Verfinsterung über die Welt, im besondern ward im Menschen das Blut verfinstert und die reine Harmonie seiner Kräfte zerstört. Christus verbreitete in seinem vergossenen Blut die ursprüngliche Gerechtigkeit wieder durch das Ganze. Das Schönherr’sche System ist, wie schon aus dem bisherigen leicht zu entnehmen, völlig sensualistisch. Die Sensation ist ihm die Wurzel alles Seelenlebens, sie ist die Reaction, auf der das Bewußtsein und alle geistige Thätigkeit beruht, die Gedanken sind ebenfalls nur ihre letzten Reflexe – alle Wirkung ferner ist nur Bewegung und zwar räumliche, alle Wirklichkeit nur eine in Raum und Zeit bestimmte – schließlich die Sittlichkeit nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Seligkeit, als dem höchsten Zweck aller Creaturen. Noch wäre zu erwähnen, daß nach Maßgabe seiner Principien sich ihm die Menschen in Licht- und Finsternißnaturen, unter diesen in Haupt- und Nebennaturen scheiden (vgl. Grundzüge der Erkenntniß der Wahrheit aus H. Schönherr’s nachgelassenen philosophischen Blättern. Leipzig 1852). Nach Königsberg zurückgekehrt, nährte er sich anfangs als Hauslehrer, bis es ihm gelang, Freunde für seine mit dem Pathos eines Propheten vorgetragene Lehre zu gewinnen, durch deren Unterstützung er von da an nun ganz seinem angeblichen Berufe leben durfte.

E. suchte also und fand die Bekanntschaft dieses wunderlichen Mannes und war lange Zeit eine Hauptzierde seines Jüngerkreises, mit dem er jeden Mittwoch Abend den Offenbarungen des Propheten lauschen durfte. Nachdem er dann 1804 zunächst sein Universitätsstudium abgeschlossen, erhielt er anfangs eine Anstellung am altstädtischen Gymnasium als Collaborator, nahm dann bei den Söhnen des Reichsburggrafen zu Dohna auf Schlodien eine Stelle als Hofmeister an und ward 1807 von diesem in Hermsdorf als Pfarrer eingesetzt. 1810 verließ er diese Stellung wieder, um in Königsberg das Amt eines Predigers und Lehrers der Religion, Geschichte und hebräischen Sprache bei dem Friedrichs-Collegium zu übernehmen. Einsprüche und Anfeindungen seiner Obern, die hier und schon in Hermsdorf ihn verfolgten und die ihn wegen seiner philosophischen Privatmeinungen und wegen seiner Theilnahme an der mit der Kirchenlehre unvereinbaren Schönherr’schen Meinungen zur Rechenschaft zogen, wurden durch die Zeugnisse anderer competenter und weniger parteiischer Personen paralysirt, und als sie einmal bis zum geistlichen Ministerium in Berlin vordrangen, hier besonders durch den Einfluß Schleiermacher’s vereitelt. So konnte E. 1816 von der größten Gemeinde der Stadt, der altstädtischen, zum Prediger und Seelsorger gewählt werden. Die folgenreiche und verdienstvolle Wirksamkeit, die er in diesen seinen beiden Stellungen in Königsberg entfaltete, ist durch unverdächtige Zeugnisse hinreichend festgestellt. Mochte er in der Art, wie er sich [521] trug, manches auffallende haben, so war doch sein Auftreten ohne Prätention und seine Behandlung der Personen nüchtern und unparteiisch. Die Aufrichtigkeit des Glaubens, die aus ihm sprach, die Milde des Geistes, die von ihm ausging, zogen unwillkürlich an und übten namentlich einen großen und bleibenden Einfluß auf das weibliche Geschlecht. Er übte die weise Politik, seine philosophischen Privatmeinungen ganz von seinen öffentlichen Lehren auszuschließen; seine Predigten, von denen er zuerst 1823 einige unter dem Titel: „Die Weisheit von Oben“ im Druck herausgab (1835 folgten „Die Treue. Predigten nach dem Bedürfniß der Zeit“. Außerdem 1825 bei Perthes in Hamburg: „Ueber gedeihliche Erziehung“, 1835 „Die apostolische Predigt ist zeitgemäß“ in demselben Verlag) – seine Predigten also unterscheiden sich nur dadurch von andern evangelischen Predigten, daß sie so zu sagen christlicher sind, als diese gemeinhin, indem sie der Gefühlsseligkeit wie der supponirten Zaubermacht des sogenannten Glaubens sich widersetzen und vor allem auf eine Besserung, Reinigung der Gedanken und Neigungen, auf Läuterung und Heiligung des Herzens dringen. In den bewegungsvollen Zeiten der Freiheitskriege und den nächstfolgenden Jahren soll seine Wirksamkeit in Königsberg besonders eine segensreiche gewesen sein.

Schönherr hatte unterdessen einen neuen unfehlbaren Weg zur Vollendung des inneren Menschen gefunden, der in einer groben und abstrusen Ascetik bestand. Dagegen widersetzte sich E. und es kam endlich zum Bruch. So ward nun umsomehr E. Mittelpunkt eines besonderen Kreises, es sammelte sich um ihn eine kleine Zahl auserwählter Seelen, zu denen er in nähere vertrautere Beziehung treten durfte, und die zu ihm wie zu ihrem Meister und Hirten hinaufschauten. Mochte sich hier eine Abstufung allmählich machen, einige dem Meister näher gezogen werden, andere weniger seines Vertrauens werth gefunden worden sein oder dieses gesucht haben, im besonderen soweit es das Schönherr’sche System betraf – und mochten bei den Theilhabern des engsten Kreises die schon erwähnten Kategorien Schönherr’s zur Bezeichnung der Abstufungen füglich gefunden sein, so ist doch wol zu glauben, daß dies alles sich auf natürliche Weise ergeben habe und daß es keineswegs auf eine Absonderung, also eine Sectenbildung abgesehen worden, ja auch etwas wie eine geheime organisirte Gesellschaft vorhanden gewesen sei. Zu den ausgezeichneten Genossen dieses Kreises gehörten nun vor allem Frauen der edelsten Herkunft, voran Ida verw. Gräfin v. d. Gröben (dritte Tochter des Oberpräsidenten v. Auerswald, verlor ihren Gemahl in der Schlacht bei Lützen, zog sich danach von der Welt auf die Besitzung ihres verstorbenen Mannes in Schlesien zurück und gerieth in einen Zustand der Apathie, aus der sie der Zauber der Persönlichkeit Ebel’s, als er auf einer 1816 mit Schönherr unternommenen Reise auf ihrem Gute einkehrte, erweckte. Mit ihm kehrte sie dann zur Freude ihres Vaters nach Königsberg zurück. Sie schrieb „Die Liebe zur Wahrheit“, Stuttg. 1850), Evelina Ernestine v. Bardeleben, ihre Schwester (später von ihrem Gemahl geschieden, der sich darauf mit einer Tochter des Nachfolgers und Schwiegersohns v. Auerswald’s, v. Schön, verehelichte. Sie schrieb für ihren Vater gegen Schön: „Ein Blick auf die einstige Stellung der Oberpräsidenten Auerswald und Schön“, Stuttg. 1844), Minna v. Derschau, später Gräfin v. Kanitz in erster Ehe, Emilie Freiin v. Schrötter – dann der Prediger an der Habersberger Kirche G. Heinrich Diestel (geb. 30. Juli 1785 zu Belgard in Pommern, wo sein Vater Superintendent war; studirte von 1801–4 in Königsberg Jura, und nachdem er auf dem Lande als Hauslehrer fungirt, seit 1809 daselbst Theologie; wurde 1814 unweit Königsberg Landpfarrer, 1818 daselbst Militärprediger und Lehrer an der Divisionsschule, 1827 Prediger bei der Haberbergischen Kirche. [522] Seine letzte Schrift bewegte sich auf neutralem Gebiete: „Die rationelle Sprachforschung auf ihrem gegenwärtigen Standpunkte“, Königsberg 1845. Er starb in Königsberg den 20. Juli 1854). Ernst Graf von Kanitz, königl. preußischer Tribunalrath, Dr. Rogge, Professor der Jurisprudenz (gest. in Tübingen), Gutsbesitzer E. v. Hahnenfeld, Graf v. Finkenstein, Professor der Medicin Sachs, Stud. theol. v. Tippelskirch, Pflegesohn des Grafen Kanitz, endlich seit 1822 auch Hermann Ohlshausen, der ein Jahr vorher nach Königsberg gekommen war.

Allein bald ergaben sich Zerwürfnisse. Ohlshausen, der allerdings von vorn herein mehr für ein herrenhutisches Christenthum eingenommen[WS 1] gewesen und mehr als billig Gewicht auf kirchliche Orthodoxie gelegt zu haben scheint, zog sich zurück – angeblich in Folge des Ministerialrescripts vom J. 1826, welches vor Mysticismus und Separatismus warnte. Ihm folgte Tippelskirch. Die Trennung reifte den inneren Gegensatz. Ohlshausen schrieb „Christus der einige Meister“, in dem die Einsprache gegen das von E. geforderte Streben nach einer „angeblichen“ Vollkommenheit vielleicht ebenso unberechtigt, als der Tadel des hierarchischen Despotismus und der gewaltthätigen Suprematie eines Menschen wol nicht ohne Grund zu sein scheint. Diese und andere Agitationen trugen ihm von der scharfen Feder und streitfertigen Zunge Diestel’s Entgegnungen ein, die es ihm erwünscht erscheinen ließen, durch eine Berufung nach Erlangen aus diesen Wirren befreit zu werden. Auch Tippelskirch verließ Königsberg und zog nach Berlin, von wo er bald eine einträgliche Pfarrstelle antreten konnte. Es durfte nicht eben schön genannt werden, wenn er von da aus fortfuhr, seinen Wohlthäter durch Zeitungsartikel zu verunglimpfen. Sachs, von Geburt Israelit, war durch E. getauft worden. Wie es scheint, ein Mann von nicht eben strenger Gewissenhaftigkeit, ja man könnte vielleicht sagen, eine im Grunde frivole Natur, hatte er den einflußreichen Kreis weniger aus Bedürfniß gesucht, als um sich in seiner Carriere zu fördern. Es müssen scandalöse Data seines Lebens vorgelegen haben, welche nach manchen vergeblichen Bemühungen, den Gefallenen zur wirksamen Besserung zu bewegen, die Ebel’sche Gesellschaft endlich veranlaßten, ihn zu excludiren. Damit hatte sie sich einen Feind gemacht, der es mit den Mitteln nicht eben sehr genau nahm und keine Rücksichten kannte. Die eigentliche Katastrophe aber ward erst durch einen Conflict mit dem Grafen v. Finkenstein herbeigeführt, der schließlich, nachdem sich neue Differenzen bereits erheblich geltend gemacht, durch die pecuniären Verlegenheiten zum Ausbruch kam, die ihm von seiner Schwester, der zweiten Gattin des Grafen Kanitz, in Betreff ihres von ihm bislang verwalteten Erbes bereitet wurden. Ein Mensch von heftiger, übersprudelnder Gemüthsart richtete er an eine junge Verwandte, die durch die Gräfin Gröben in den Ebel’schen Kreis eingeführt werden sollte, eine Warnungsepistel, welche die entehrendsten Beschuldigungen gegen E. in Bezug auf die Beziehungen, die er zu den oben genannten Damen seines Vertrautenkreises habe, enthielt. Das junge Mädchen gab das Schreiben den beschuldigten Frauen und diese veranlaßten Diestel zu einer Antwort, welche durch ihre Maßlosigkeit den Grafen hinwiederum bewog, eine Injurienklage gegen Diestel einzureichen.

E. hatte bei seinem prononcirten Standpunkte natürlich außerdem auch viele Gegner, selbst ja namentlich auch unter seinen Vorgesetzten, die nur auf Gelegenheit warteten ihm beizukommen. Auch dem Oberpräsidenten v. Schön war der jetzt gegebene Anlaß willkommen. Von exclusiver Verstandesrichtung, Verehrer und Kenner des Kant’schen Kriticismus war ihm alle Mystik, Pietismus und was dahin gehört in der Seele zuwider. Die gespannten Beziehungen, in die er zu seinen Schwägerinnen gerathen war, durfte er auf den Ebel’schen Einfluß zurückführen. Persönliche Motive also kamen dazu. Vielleicht auch politischer Antagonismus mischte sich ein. Von seiner Feindschaft gibt die Bezeichnung „Mucker“ [523] Zeugniß, die bis heute für die Ebel’sche Gesellschaft landläufig geblieben ist. Nachdem nun von den ordentlichen Gerichten Diestel wegen schwerer Ehrenbeleidigung verurtheilt worden, ging die Sache des übrigen Inhalts der eingereichten Schriftstücke halber an das Consistorium über. Die Mitglieder desselben, Schön an der Spitze, welchen dieselben zur Entscheidung übertragen wurde, gehörten ausschließlich der rationalistischen und liberalen Richtung an. Allein die Anschuldigungen Finkenstein’s konnten von ihm nicht erhärtet werden. Da bot Sachs sich an. Die Angeklagten protestirten gegen diesen Zeugen und gaben endlich eine Schrift zu den Acten, in der sich Sachs in Form einer Privatbeichte selbst der haarsträubendsten Sachen schuldig bekannt hatte. Sachs, gefragt, ob er dies als seine Handschrift erkenne, konnte es nicht leugnen, erklärte jedoch, die gemachten Angaben erdichtet zu haben, weil er gedrängt worden sei und gefällig sein wollte. Darauf ward er als Zeuge zugelassen und gab nun über die in diesen Kreisen geübte christliche Ascetik, auch in Bezug auf das Verhältniß der Gräfin Gröben zu E. die compromittirendsten Enthüllungen zu Protokoll. E. und Diestel wurden jetzt, unter später eingeholter Zustimmung des Cultusministeriums, dem jener Zeit Altenstein vorstand, von ihren Aemtern suspendirt. Die Sache ging nach Berlin. 1835 hatte der Proceß begonnen, 1839 erfolgte die Entscheidung vom Criminalsenat des Kammergerichts zu Berlin. In diesem Erkenntniß waren die Anklagen, die einen criminellen Charakter hatten, und die sich außer wie gesagt auf geheime Unzucht auch auf Störung des Familienfriedens und ein gewisses frommes Lügensystem bezogen, als unerwiesen abgelehnt und das Strafverfahren lediglich auf die schuldigbefundene Sectenstiftung begründet. Derenwegen wurden E. und Diestel definitiv ihrer Aemter entsetzt, dazu für alle öffentlichen Aemter ferner unfähig erklärt, und außerdem E. als der Anführer mit Detention in einer öffentlichen Strafanstalt belegt, so lange, bis er überzeugende Zeichen einer bessern Sinnesart kund geben werde. Allein schon im nächsten Jahre wechselte das Regime. Friedrich Wilhelm IV. bestieg den Thron und Eichhorn übernahm das Cultusministerium. Der Proceß wurde nun einer Revision unterzogen. Am 2. Februar ward der Urtheilsspruch des Oberappellationssenats des Kammergerichts publicirt, der die beiden Prediger von der Anschuldigung der Sectenstiftung freisprach und es lediglich wegen grober Verletzung ihrer Amtspflicht bei der einfachen Amtsentsetzung verbleiben ließ. E., begleitet von der Gräfin Gröben, die sich von ihrem geliebten Lehrer nicht trennen wollte, verließ Königsberg und begab sich schließlich nach Ludwigsburg in Württemberg, wo er seine Tage beschloß. 1837 hatte er noch in Gemeinschaft mit Diestel die Schrift: „Verstand und Vernunft im Bunde mit der Offenbarung Gottes“, eine Apologie des Schönherr’schen Systems, herausgegeben. 1854–56 erschien von ihm „Die Philosophie der heil. Urkunde des Christenthums“ in drei Heften. Der Streit über Schuld und Unschuld der Ebelianer wurde 1868 durch das frivole Buch des Engländers Hepworth Dixon: Spiritual wives wieder erneut. Es zeigte sich, daß auch nach so manchen Jahren die Leidenschaft der Parteien keine gerechte Unterscheidung zuließ.

Erbkam, Schönherr und seine Anhänger in Herzog’s theolog. Encyklopädie Bd. XIII. Ohlshausen, Lehren und Leben des Königsberger Theosophen. 1834. (A. Fr. Wegenern), Zuverlässige Mittheilungen über Schönherr’s Leben und Theosophie sowie über die sectirerischen Umtriebe zu Königsberg in Illgen’s Zeitschrift für histor. Theologie. 1838. Bd. VIII. Kanitz, Aufklärung aus Actenquellen über den 1835/42 zu Königsberg gef. Religionsproceß. Basel und Ludwigsburg 1862. Diestel, Ein Zeugenverhör im Criminalproceß gegen die Prediger E. und D. Leipzig 1838. E. v. Hahnenfeld,[524] Die religiöse Bewegung zu Königsberg. Braunschweig 1858. Staats- und Gesellschaftslex. Herausg. von Wagener, 1861, im Artikel „Ebel“.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: eigenommen