Zum Inhalt springen

ADB:Eckhel, Joseph Hilarius von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Eckhel, Joseph Hilarius von“ von Friedrich von Kenner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 633–635, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eckhel,_Joseph_Hilarius_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 21:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Eckhart, Melchior
Nächster>>>
Eckhof (Verweisung)
Band 5 (1877), S. 633–635 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Joseph Hilarius Eckhel in der Wikipedia
Joseph Hilarius Eckhel in Wikidata
GND-Nummer 100118569
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|5|633|635|Eckhel, Joseph Hilarius von|Friedrich von Kenner|ADB:Eckhel, Joseph Hilarius von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100118569}}    

Eckhel: Joseph Hilarius v. E., Numismatiker, geb. 13. Januar 1737 zu Enzesfeld bei Baden in Oesterreich unter der Enns, † 16. Mai 1798. Er, war der Sohn des gräflich Montecuccoli’schen Pflegers Johann Anton v. E. trat mit acht Jahren in die lateinischen Schulen, mit 14 Jahren in den Jesuitenorden in Wien, feierte im J. 1764 seine Primiz zu Hietzing bei Schönbrunn und wurde in den folgenden Jahren als Grammaticallehrer in den Collegiatschulen zu Leoben, Steier und schließlich zu Wien verwendet. In dieser Zeit lag er unter Führung seines Mitbruders, P. Joseph Khell, numismatischen Studien ob, wozu die Granelli’sche Sammlung des Jesuitengymnasiums den Stoff bot; schon 1769 wurde E. zur Ordnung der Sammlung des Grafen Michael Viczay, 1771 jener des Grafen Paul Festetics herangezogen. Als Kränklichkeit ihn nöthigte, das Lehramt niederzulegen, wendete er sich ganz dem Studium der [634] Numismatik zu (1772). In Italien, wohin er von Seite des Ordens zur weiteren Ausbildung in dieser Wissenschaft gesendet wurde, studirte er die Sammlungen in Bologna, Rom und Florenz und errang schnell eine so große Gewandtheit, daß ihn auf Cocchi’s Vorschlag der Großherzog Peter Leopold (nachmals Kaiser Leopold II.) erwählte, um den ausgezeichneten Münzschatz in Ordnung zu bringen, welchen Cardinal Leopold von Medici, jüngster Sohn Cosmo’s II., hinterlassen hatte. Auch das lothringische Cabinet des Großherzogs Franz Stephan (von Lothringen), welches dieser nach Florenz gebracht hatte, ward ihm zugänglich gemacht. Nach zwei Jahren kehrte E. nach Wien zurück, wo inzwischen der Jesuitenorden aufgehoben worden war, und wurde auf die Empfehlungen des Großherzogs von dessen Mutter, Kaiserin Maria Theresia, zum Director der Abtheilung der antiken Münzen des großen kaiserlichen Münz-Cabinetes ernannt (1774), welches wenige Jahre vorher aus verschiedenen getrennt bestehenden Hofsammlungen gebildet und unter Duval’s Oberleitung (s. o. S. 499) gestellt worden war. Nach des letzteren Tode (1776) ward E., der im J. 1775 auch die Lehrkanzel „der Alterthümer und der historischen Hilfsmittel“ an der Universität übernommen, alleiniger Director des Cabinetes und versah dieses Amt, wie die Professur, bis zu seinem Tode.

Durch seine epochemachenden Schriften, welche alle mit Ausnahme der Publication der berühmten geschnittenen Steine des Wiener Cabinetes die griechische und römische Münzkunde betrafen, ist E. der Begründer der wissenschaftlichen Numismatik des classischen Alterthums geworden. Die Mißwirthschaft des Dilettantismus hatte auf ihrem Gebiete in verderblicher Weise gehaust, Systemlosigkeit, Mangel an Kritik und die Zersplitterung der Litteratur hatten eine Verwirrung und ein Mißtrauen hervorgerufen, welche die Bedeutung der Numismatik in ihrem Verhältniß zu anderen Wissenschaften nicht zur Geltung kommen ließen. Mit der ihm eigenen scharfen kritischen Anlage bearbeitete C. die gesammte Litteratur seiner Disciplin, beseitigte Irrthümer und Fälschungen auf Grund seiner eingehenden Studien und verband die Ergebnisse zu einem organischen Ganzen in seinem Hauptwerke, der „Doctrina nummorum veterum“ welche unter mannigfacher Förderung von Seite des Oberstkämmerers, Fürst Rosenberg, kurz vor Eckhel’s Tode fertig gedruckt war.

Ein neues, einfaches, leicht zu beherrschendes System, welches aus den Merkmalen der Münzen selbst die Motive seiner Bildung abstrahirte, die Sicherheit in Zutheilung und Bestimmung der Münzen, die geistreiche, auf umfassender Gelehrsamkeit beruhende Behandlung der verschiedensten Beziehungen der Numismatik zu andern Disciplinen der Archäologie, vorzüglich zur Mythologie, Chronologie und Epigraphik, andererseits die Genauigkeit und Verläßlichkeit der Untersuchungen und die fein unterscheidenden Beobachtungen begründeten den Weltruf dieses bedeutenden Werkes, welches noch heutzutage eine wichtige Rolle in der Archäologie spielt. E. trat damit als würdiger Zeitgenosse in eine Linie mit Heyne und Winckelmann, er schuf die früher mißachtete Numismatik in eine Art von Encyklopädie des classischen Alterthums um, die ein ausgedehntes, viel benütztes Quellengebiet für andere Fächer der Archäologie umfaßt; obwol außerhalb der geistigen Bewegung stehend, welche letzterer einen neuen Aufschwung verlieh, kann er als ein Vorläufer der modernen Specialisten auf diesem Gebiete bezeichnet werden. – Sowie er unvermittelt auftauchte, so ist er auch ohne eine Schule zu hinterlassen dahingegangen, dies wol darum, weil er alle seine Zeit, alle Bemühungen der Vollendung seines großen Vorhabens widmete. – Von seinem Privatleben sind nur wenige Züge aufbewahrt, welche seine zarte Fürsorge für einen armen Freund und seine zahlreichen Geschwister, sowie seine eigene Bescheidenheit bezeugen. Im gewöhnlichen Leben scheint er eher hart und [635] strenge als weichherzig, dabei aber heiter und witzig gewesen zu sein; für seine Charakterstärke ist bezeichnend, daß er die Berufung durch Kaiserin Maria Theresia so tief als eine Errettung aus einer kümmerlichen bedeutungslosen Existenz, wie sie ihm nach der Aufhebung des Ordens drohte, als eine so große Wohlthat durch die ganze Lebenszeit empfand, daß er sich zu den äußersten Anstrengungen verpflichtet hielt, um seinen Dank dafür zu bezeugen; er erfüllte diese Pflicht, obwol er voraus wußte, daß sie sein Leben verkürze; in ihr verschwindet seine Persönlichkeit, er hatte keinen Ehrgeiz, als die Vollendung seines Werkes; er schloß mit der Welt ab, als er es begann, er starb als er es vollendet hatte.

J. v. Bergmann, Pflege der Numismatik in Oesterreich im 18. Jahrhundert, II. Wiener Sitzungsber. 1857. Bd. XXIV. mit Eckhel’s Porträt, Wappen, Facsimile der Unterschrift und Testament. Einen Brief Eckhel’s an die Gräfin von Bentink theilte J. Friedländer in B. Köhne’s Berliner Blätter f. Münz-, Siegel- und Wappenkunde III. (1866) S. 279 mit. – Friedrich Kenner, Jos. Hilarius von Eckhel, ein Vortrag etc. Wien 1871.