ADB:Egloffstein, August Freiherr von und zu
Ersch und Gruber I. Sect. 31. Bd. S. 225 ff.) geboren. Er verlor seinen Vater frühzeitig und ward bald dem Bruder seiner Mutter, dem preußischen General v. Thüna zu Berlin, zur Erziehung anvertraut. Im Jahre 1784 ward er dem Regimente seines Oheims als Junker einverleibt und nach dem Tode desselben als Lieutenant zum Regiment Lichnowski versetzt; als solcher machte er 1793 und 94 die nicht immer glücklichen Feldzüge in Polen mit, bei Cammin schlug er sich mit einem kleinen Detachement aufs kühnste durch den weit überlegenen Feind. Bald darauf zog er in Weimar die Aufmerksamkeit des Herzogs Karl August so sehr auf sich, daß dieser seine Entlassung aus dem preußischen Dienst erbat, worauf E. am 18. Februar 1795 als Premierlieutenant und Adjutant bei dem weimarischen Contingent angestellt und bereits am 18. Decbr. 1796 zum Capitän ernannt ward.
Egloffstein: August Karl, Freiherr von und zu E., großherzogl. sächs. wirklicher geheimer Rath und Generalmajor, wurde am 15. Febr. 1771 zu Egloffstein in Franken, dem Stammschlosse seiner alten reichsritterschaftlichen Familie (vgl.Während der nun folgenden Friedensjahre wirkte der lebendige Hauch edelsten Daseins und Waltens, der in Weimar von dem Zusammenleben der großen Heroen deutscher Litteratur ausging, auf den jungen Mann, und verlieh ihm eine Würde und einen Schwung, der im späteren Leben ihn unter Noth und Gefahr aufrecht hielt. Im April 1805 zum Major ernannt, benutzte er im J. 1806 die anscheinende Friedensruhe zu einer Reise nach der Schweiz und Paris, als der plötzlich ausbrechende Krieg ihn heimwärts trieb; er erreichte Weimar nur zwei Tage vor der Schlacht bei Jena, machte diese in der nächsten Umgebung des Fürsten von Hohenlohe mit und ward durch eine Wunde genöthigt in Magdeburg zu bleiben. Als dann die sächsischen Herzogthümer dem Rheinbunde beitreten mußten, ward E. vom Herzog Karl August nach Berlin berufen, um mit dem französischen General-Gouverneur Clarke das Erforderliche über die Ausrüstung der weimarischen Brigade zu vereinbaren; in Folge dessen ward er am 20. Jan. 1807 zum Obersten und Brigadier ernannt.
So schmerzlich es ihm auch fiel, gegen seine ehemaligen Kriegsgefährten zu fechten, so hielten ihn doch seine Begriffe von Diensttreue und Subordination aufrecht. Unter dem Oberbefehl des Generals Loison mußte er an der Belagerung Colbergs theilnehmen und nach dem Frieden von Tilsit die Inseln Usedom und Wollin besetzen. Im December 1807 nach Weimar zurückgekehrt, ward er mit seiner Brigade im J. 1809 unter dem Oberbefehl des Marschalls Lefèvre über Salzburg nach Innsbruck beordert, um gegen die hochherzigen Tiroler zu kämpfen. Wesentlich als Vorhut benützt, mußte die sächsische Brigade alle Leiden dieses Feldzugs in ausgedehntester Weise theilen und verlor bei dem Marsch durch die Engpässe bis Oberau 40 Officiere und 946 Mann an Todten und Gefangenen. E. hatte während dieser Bedrängnisse in so ausgezeichneter [681] Weise zu operiren verstanden, daß ihm das Kreuz der Ehrenlegion zu Theil ward. Dann nach Wien berufen, wo das Regiment wieder ergänzt werden konnte, erhielt er zwar die Nachricht von dem abgeschlossenen Frieden, zugleich aber auch die trostlose Bestimmung, mit seiner Mannschaft nach Spanien abzugehen. Nach zweimonatlichem Zuge durch Frankreich traf er am 19. März 1810 in Barcelona ein.
Der allgemeine Aufstand in Catalonien, der Mangel an Lebensmitteln, die unwegsamen Gebirge machten diesen Feldzug zu einem der verderblichsten. In den Schluchten des Montserrat verlor die Brigade gegen 600 Mann; sodann mußte E. mit dem größten Theil seiner Truppen zwei Monate lang die Festung Hostalrich besetzen und hierauf ein großes Convoy nach Barcelona geleiten; nach blutigen Gefechten bezog er ein Lager bei Gerona, um bald darauf die Besetzung dieses Orts zu übernehmen, der fast ununterbrochen von den Spaniern umzingelt war und angegriffen wurde. Seine wiederholten und dringenden Vorstellungen fanden endlich Gehör: am 20. Jan. 1811 marschirte er mit dem kleinen Rest seiner Truppen, nur 22 Officiere und 201 Mann, von Gerona ab, verweilte kurze Zeit in Montpellier, wo er aus den verschiedenen Spitälern Südfrankreichs seine Reconvalescenten an sich zog, und langte endlich am 24. Juni 1811 in der Heimath an.
Das neu organisirte Rheinbunds-Contingent wurde schon im Februar 1812 wieder ins Feld gerufen, zuerst in Hamburg stationirt und dann nach Stralsund beordert, wo E. das Commando übernehmen und die schwedische Garnison als kriegsgefangen nach Frankreich senden mußte. Im September ward der Marsch nach Danzig, im November nach Wilna fortgesetzt. In Oschmiana am 4. December eingerückt, sah er unvermuthet den Kaiser Napoleon im Schlitten an sich vorbeieilen und erhielt hier die erste Kunde von den fürchterlichen Tagen in Moskau und der Auflösung der französischen Armee. E. ward mit seiner Brigade der Nachhut zugetheilt und hatte hier nicht nur alles Elend der Retirade vor Augen, sondern ward auch vor Wilna von überlegener russischer Cavallerie angegriffen, wobei das ganze zweite Bataillon niedergehauen oder gefangen wurde. Er selbst war glücklich genug, mit einigen hundert Mann nach dreitägigem Marsche Kowno zu erreichen. Zu Königsberg wurden die zerstreuten Reste des Regimentes wieder gesammelt und unter fortwährenden Angriffen nach Danzig geführt, wo am 14. Jan. 1813 nur noch 28 Officiere und 350 Mann einrückten. E. ward hier zum Commandanten sämmtlicher Rheinbundstruppen ernannt, die im Laufe der Belagerung bis auf 500 Mann zusammenschmolzen. Bei den verschiedenen Angriffen des Feindes vom März bis September ward E. dreimal verwundet, worauf er das Officierskreuz der Ehrenlegion erhielt. Nach der Capitulation von Danzig wurden die deutschen Truppen entlassen, konnten jedoch erst gegen Ende Januar 1814 ihren Rückmarsch in die Heimathlande antreten. Er brachte nur 3 Officiere und 19 Mann nach Weimar zurück.
Auch jetzt wieder war keine Erholung gegönnt. Bereits waren die zwei Infanterie-Bataillone und die freiwilligen Jäger zu Fuß und zu Pferde, die Weimar damals zum dritten deutschen Armeecorps stellte, ausmarschirt, und E. mußte eilen, sie in Cassel einzuholen, um das Commando der thüringisch-anhaltischen Brigade zu übernehmen. Dieses dritte Armeecorps unter dem Oberbefehl des Herzogs Karl August von Weimar hatte die Bestimmung, die Niederlande zu decken, wo der General Maison mit 20000 Mann noch im Besitze mehrerer Festungen sich befand. E. erhielt den wichtigen Posten von Tournay, der am 31. März plötzlich von dem genannten General mit 13000 Mann angegriffen ward; die Garnison der schwach befestigten Stadt bestand nur aus 2000 Mann, aber drei aufeinanderfolgende lebhafte Sturmangriffe des Feindes wurden tapfer zurückgeschlagen; [682] am folgenden Tage gelang es, eine ansehnliche Verstärkung in die Stadt zu bringen, wodurch Maison zum Rückzug nach Lille genöthigt ward. E. erntete den verdienten Ruhm für diese glänzende Vertheidigung; außer dem Danke im Tagesbefehl und dem russischen St. Georgsorden empfing er von der Stadt Tournay eine ihm zu Ehren geprägte goldene Medaille.
Bald darauf führte der Pariser Friede ihn nach Weimar zurück, aber Napoleon’s Rückkehr von Elba rief ihn im April 1815 noch einmal auf das Feld der Ehre. Seine Brigade, die er als nunmehriger großherzogl. sächs. Generalmajor befehligte, ward zur Belagerung und Einnahme von Mezières und Montmedy, sowie zur nächtlichen Erstürmung von Medybas verwendet. Am 23. Juli gelang es E., bei Sedan eine französische Fahne und einen Adler zu erbeuten. Als Commandant von Charlesville erwarb er sich die innigste Dankbarkeit der Stadt, die ihm später eine kostbare Garnitur Gewehre mit Inschrift weihte. Nach dem zweiten Pariser Frieden führte er im November 1815 seine Truppen in die Heimath zurück.
Demnächst durch Ernennung zum wirklichen geheimen Rath ausgezeichnet, widmete er sich fortwährend seinen dienstlichen Aufgaben mit liebevoller Obhut für das Wohl seiner Untergebenen. Am 15. Septbr. 1834 machte während eines Curaufenthaltes in Kissingen der Tod seinem thätigen Leben ein rasches Ende. – Er hatte sich im Jahre 1808 mit Isabella, Gräfin v. Waldner-Freundstein vermählt. Diese glückliche Verbindung schenkte ihm zwei Söhne und zwei Töchter.
Ein tiefer Ernst und ein glühendes Ehrgefühl beherrschten sein Leben; ungeheuchelte Frömmigkeit und unwandelbare Freundestreue waren Grundzüge seines Charakters. Viele Jahre unter der französischen Fahne kämpfend hat er das deutsche Herz stets rein bewahrt.