ADB:Ernst August I.
Johann Ernsts III., welcher mit seinem älteren Bruder Wilhelm Ernst die Regierung gemeinschaftlich führte, bezog er schon in seinem 15. Jahre die Universität Halle, wo er bis 1705 blieb, um dann nach Jena überzusiedeln. Seit dem Herbst 1706 bereiste er die Niederlande und Frankreich, und nachdem im Juni 1707 sein Vater gestorben war, kehrte er 1708 nach Weimar zurück; im folgenden Jahre ward er volljährig und Mitregent seines Oheims, hatte jedoch von dieser Stellung nur Täuschungen und Verdrießlichkeiten aller Art, da der alte Herr die Zügel nicht aus der Hand gab; die Streitigkeiten zwischen den beiden Fürsten steigerten sich zuletzt bis zu dem Grade, daß im J. 1723 ein kaiserliches Protectorium ergehen mußte, um Ruhe und Friede wieder herzustellen. – Im J. 1716 vermählte sich E. A. mit der [318] verwittweten Herzogin Eleonore Wilhelmine von Sachsen-Merseburg, geb. Prinzessin von Anhalt-Köthen, und nach deren im J. 1726 erfolgten Tode zum zweiten Male (1732) mit der Prinzessin Sophie Charlotte Albertine von Brandenburg-Baireuth, die 1747 gestorben ist. Beide Ehen waren mit Kindern gesegnet. – Ein besonderes Verdienst um sein Haus und sein Land erwarb sich E. A. durch die Verhandlungen, in Folge deren er das Recht der Primogenitur in seinem Hause einführte; sie gelangten im J. 1725 zu einem gedeihlichen Ende. Im J. 1728 ward er durch den Tod seines Oheims Wilhelm Ernst zur Alleinregierung seiner Lande berufen. Nachdem er anfangs, wol in Folge von Kränklichkeit, die Regierung im Geiste seines Vorgängers fortführte, ließ er seit 1730 seiner Neigung zu Glanz und Pracht die Zügel schießen und übertrieb namentlich seine Militärliebhaberei. Im J. 1733 stiftete er den Orden der Wachsamkeit oder vom weißen Falken, um seiner Treue und Ehrerbietigkeit gegen Ihre Römisch kaiserl. Majestät einen Ausdruck zu geben. Doch vernachlässigte er auch in der Administration und der Gesetzgebung nicht, eine strenge Aufsicht zu führen, und ward darin von seinem Minister Reinbaben bis 1739 vortrefflich unterstützt. Eine besondere Vorliebe wandte er den kirchlichen Verhältnissen zu und zeigte sich im allgemeinen als duldsam. Eine Kirchenordnung vom J. 1730, eine Schulordnung vom J. 1733 beweisen sein Interesse für diese Zweige der Verwaltung. Auch in der Pflege der Justiz schritt er mit verschiedenen Verordnungen ein, welche den Unterthanen zu gute kamen. Die Art und Weise wie der Herzog im Verwaltungswege den Verkehr, die Industrie und die Agrarverhältnisse im Lande zu regeln und zu heben suchte, bietet manches Interessante dar. Die Holzcultur ward gepflegt, daneben aber der Passion für die Jagd und der selbstherrlichen Lust am Soldatenspiel die meiste Zeit geopfert. Doch gab es außerdem noch die Neigung zur Alchymie und zu geheimen Zauberkünsten, die ihm viele Enttäuschungen und Kosten verursachte. Dergleichen Beschäftigungen führten ihn auch zu theosophisch-philosophischen Betrachtungen, welche schließlich zu einer Schrift sich krystallisirten, welche im J. 1742 erschien, zwar anonym aber mit seiner Namenschiffre und der Ansicht seines Lustschlosses Belvedere versehen. – Verschiedene Schlösser, welche er theils neu erbaute, theils umbauen ließ, erhalten sein Andenken im Lande. Er starb 19. Jan. 1748 zu Eisenach, wo er sich vorzugsweise gern aufhielt, nachdem ihm dieses Herzogthum im J. 1741 nach dem Tode des letzten Herzogs Wilhelm Heinrich angefallen war. Die Nachfolge ging über auf seinen unmündigen elfjährigen Sohn Ernst August Constantin, welcher 1755 die Selbstregierung antrat, aber bereits 1758 starb und seine Wittwe Anna Amalia als Regentin zurückließ, welche dann 1775 ihrem Sohne Karl August die Regierung übergab.
Ernst August, Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach. Unter den verschiedenen Fürsten in Deutschland, welche in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bei eignem Verstande dennoch sich darin gefielen, eine Copie Ludwigs XIV. zu sein, zeichnet sich der Herzog E. A. von Sachsen-Weimar und Eisenach durch vielerlei originelle Eigenthümlichkeiten aus. Geb. 19. April 1688, als ältester Sohn- S. Ernst August, Herzog von Weimar-Eisenach. Culturgeschichtlicher Versuch von Karl Freiherrn v. Beaulieu-Marconnay. Leipzig. Verlag von S. Hirzel. 1872.