Zum Inhalt springen

ADB:Ernst Ludwig

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ernst Ludwig, Herzog von Pommern-Wolgast“ von Hermann Müller (Bibliothekar) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 298–300, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ernst_Ludwig&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 04:32 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 6 (1877), S. 298–300 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ernst Ludwig (Pommern) in der Wikipedia
Ernst Ludwig in Wikidata
GND-Nummer 100123937
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|298|300|Ernst Ludwig, Herzog von Pommern-Wolgast|Hermann Müller (Bibliothekar)|ADB:Ernst Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100123937}}    

Ernst Ludwig, Herzog von Pommern-Wolgast, ein Sohn Herzogs Philipp, ward 1539 geboren, anfänglich unter der Leitung von André Magier aus Orléans, später durch Jacob Runge und Balthasar Rhau, sowie auf den Universitäten Greifswald und Wittenberg, woselbst er mit seinem Bruder Barnim auch das Rectorat verwaltete, wissenschaftlich gebildet. Der schönste unter seinen vier Brüdern, neigte er schon als Jüngling zur Schwermuth, sodaß ihm gerathen wurde, sich täglich wenigstens eine Stunde auf der Laute zu üben. Er sprach und schrieb ziemlich gut Lateinisch. Ein lateinischer Brief von ihm an Nicolaus Pontanus steht bei Dähnert, Pommersche Bibliothek Bd. I. S. 102–4. Im Herbst 1565 besuchte er Frankreich und England, unternahm [299] auch mit einem Gefolge von einigen Reitern einen Zug nach Frankreich im Interesse der Condés und Hugenotten, kehrte aber wegen des inzwischen geschlossenen Friedens unverrichteter Dinge wieder nach Hause zurück. Von seinen Reisen hatte er einen gelehrten Franzosen, Claudius Puteanus, mitgebracht, welchen er seine ganze Lebenszeit am Hofe behielt. Als 1569 der hochbetagte, kinderlose Herzog Barnim die Regierung niederlegte, wurde durch Vertrag vom 3. Februar diese auf die fünf Söhne Philipps übertragen, die Stipulationen dieses Vertrages auf dem Landtage zu Wollin 15. Mai 1569 bestätigt und nach dem Landtagsabschiede vom 23. Mai die Succession in der Weise geregelt, daß E. L. mit seinem Bruder Boguslaw die Regierung über die Wolgaster Lande erhielt. Zwei Monate später, 25. Juli, kam in dem einsam gelegenen Kloster Jasenitz ein Erbtheilungsreceß zu Stande, durch welchen eine ins einzelne gehende Erbausgleichung beider Länder festgesetzt wurde. E. L. fand bei dem Antritte der Regierung seine Residenz fast in Trümmern, daher viele Bedürfnisse für deren Restauration, wenig Geldmittel, daneben geizende, karge Landstände, einen zelotischen, zur Opposition geneigten Clerus, und zu dem allen fiel ihm nach der Erbtheilung noch eine Schuldenlast von 50000 Gulden zu. Aller dieser Hemmnisse ungeachtet, begann er sich fürstlich einzurichten, sowie er es auf seinen Reisen im Auslande gesehen hatte, errichtete auch 1574 seiner Mutter Maria von Sachsen einen stattlichen Wittwensitz am Kloster Pudagla. Mit Regentenfähigkeit nur wenig versehen, freigebig überhaupt, besonders aber gegen Beamte, die sein Vertrauen besaßen, verfolgten seine Räthe Ludwig v. Putbus, Christian v. Küssow, Dietrich v. Schwerin, zum größten Nachtheil ihres Gebieters eigennützige, selbstsüchtige Zwecke, besonders mißbrauchte Melchior Normann das in ihn gesetzte Vertrauen und riß die Regierung ganz an sich. Am 21. Octbr. 1577 vermählte E. L. sich mit der schönen Sophie Hedwig, Tochter Herzogs Julius von Braunschweig. Mit der Stadt Stralsund, welche beziehungsreiche Verhältnisse zu Schweden hatte und mit Halsstarrigkeit auch in kirchlichen Dingen ihr vermeintliches Recht behauptete, mit Umgehung ihrer Pflichten gegen den Wolgaster Superintendenten, die neuen Prediger durch den ältesten Stadtpfarrer ordiniren ließ und ein eigenes Consistorium gebildet hatte, nach vielen Streitigkeiten aber zur Begebung ihrer geistlichen Gerichtsbarkeit gezwungen wurde, lebte er in fortwährendem Zwiespalt und suchte sie in ihren Privilegien zu beeinträchtigen, wobei er in einer höchst kleinlichen Weise sie seine fürstliche Gewalt fühlen ließ. Die Erhaltung der Reinheit der lutherischen Lehre ließ er eine seiner angelegentlichsten Sorgen sein. Das strenge Verbot der Anstellung von Geistlichen, welche des Calvinismus verdächtig waren, verwickelte ihn mit in die Schulstreitigkeiten der Theologen, an welchen Theil zu nehmen allerdings auch seine sämmtlichen damaligen deutschen Mitfürsten für eine Ehrenpflicht hielten. Es konnte nicht fehlen, daß E. L. bei den geringfügigen Einkünften aus dem sehr mäßigen Gebietsumfange und der prunkvollen, vergnügungsreichen Hofhaltung, großen Gastereien, Reisen ins Ausland, sowie Neigung zu kostspieligen Bauten, tief in Schulden gerieth. Eine Aenderung zum bessern in dieser Beziehung trat erst ein, als Herzog Ulrich von Mecklenburg, als Bischof von Schwerin, gegen eine Aversionalentschädigung von 10000 Gulden, mittelst Vertrages vom 21. Sept. 1588 zu Ribnitz, den Zehentrechten des Bisthums auf das landfeste Rügen entsagte, ingleichen auf die Gerichtsbarkeit Verzicht leistete. Die Einkünfte des pommerischen Herzogs wurden dadurch beträchtlich vermehrt. In demselben Jahre wurden auch durch den Malchin’schen Grenzreceß die Grenzstreitigkeiten mit Mecklenburg beglichen. Mit seinem Bruder Johann Friedrich von Stettin lebte er in wenig gutem Einvernehmen, da dessen Uebergriffe und sein herrisches Einmischen in die Angelegenheiten der Wolgaster Regierung, sowie andererseitts der [300] Schutz, den die Städte von Pommern-Stettin bei E. L. verfassungsmäßig suchten, ein dauerndes Hinderniß brüderlicher Eintracht war. Johann Friedrichs verschwenderische Hofhaltung und theure auswärtige Reisen erforderten nicht allein hohe Steuerbewilligungen seitens der Stände, sondern er wollte 1588 und 89 auch noch neue Zölle und die Accise einführen. Dem widersetzte sich E. L. energisch und wurde am kaiserlichen Hofe klagbar. Bei der Theuerung des J. 1567 half er durch billigen Getreideverkauf und theilweise unentgeltliche Ueberlassung an die Armen, soviel er konnte, die Hungersnoth lindern. Eine besondere Anhänglichkeit bewahrte der Herzog der Wiege seiner Jugendbildung, der Universität Greifswald, versah sich von hier mit Aerzten, Juristen, Theologen und anderen Beamten. Die Beziehung, in welcher er zu dieser Universität stand, darf man als das persönlichste und dankbarste von seinen Regierungsverhältnissen bezeichnen. Er gab 1571 der Universität eine neue Ordnung, am 20. April 1578 einen neuen Visitationsreceß und half durch Einrichtung einer Druckerei 1581, zu deren Direction Augustin Ferber aus Rostock berufen wurde, sowie durch Anlegung von Papiermühlen einem bislang drückend gewesenen Bedürfniß ab. Besonders vertrat er die Rechte der Universität in den Streitigkeiten mit dem Rathe über die Gerichtsbarkeit, eine Sache, welche damals als großer Ehrenpunkt galt, ließ 1591 auf eigene Kosten und nach eigenem Riß das Collegium Ernestino-Ludovicianum neu bauen, dessen Vollendung er aber nicht mehr erleben sollte. Die letzten Jahre der Regierung dieses gutmüthigen, aber oft inconsequenten, dazu häufig übelberathenen Herzogs wurden durch der Streit mit den Greifswaldern über die Befugniß zur Visitation der städtischen Hospitäler und eine Klage dieserhalb gegen ihn beim Reichskammergericht sehr verbittert. Der Unmuth hierüber, abergläubische Angst, hervorgerufen durch die Prophezeiungen des Arztes und Hofmathematikers Gröpler, Gram und Schwermuth über die Geisteskrankheit seiner jüngsten Tochter Elisabeth Magdalena, die er in kindischem Aberglauben vom Teufel besessen glaubte, daneben starker Hang zur Trunksucht, beschleunigten seinen Tod, welcher zu Wolgast am 17. Juni 1592 erfolgte. Er hinterließ eine junge Wittwe, einen sieben Jahre alten Sohn, Philipp Julius, zu dessen Vormund er im Testament Herzog Boguslaw ernannte, obgleich Herzog Johann Friedrich von Stettin als älterer Bruder eigentlich der Vormund hätte sein sollen, und zwei Töchter, Hedwig Maria und Elisabeth Magdalena.